Rebecca Gablé - Die fremde Königin

Begonnen von nirak, 02. Mai 2017, 18:24:11

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nirak

[isbn]978-3431039771[/isbn]

historische Details wunderbar mit einer fiktiven Geschichte verwoben

Gaidemar wächst mit dem Wissen auf, nicht zu wissen, woher er stammt, er ist ein Bastard. Von seiner Herkunft weiß er nichts. Er erhält aber eine gute Ausbildung an den Waffen und gehört bald der Elitetruppe des Königs, den sogenannten Panzerreitern, an. Dann bekommt er den Auftrag eine italienische Königin aus der Gefangenschaft zu befreien. Hierbei handelt es sich um Königin Adelheid, die in Garda von ihren Widersachern festgesetzt wurde. Gaidemar ist von Anfang an von der Königin fasziniert, doch sie muss Otto heiraten. Er bleibt aber als ihr Vertrauter in ihrer Nähe und steigt in ihrer Gunst. Doch die Bedrohung für Adelheid und auch für den König ist noch lange nicht vorbei.

,,Die fremde Königin" ist Band zwei in der Reihe um Kaiser Otto und seine Familie. Diese Geschichte beginnt im Jahre 951 mit einer dramatischen Flucht der Königin Adelheid, die so ungewöhnlich ist, dass sie eigentlich nur der Fantasie einer Autorin entsprungen sein könnte, wenn da nicht die historischen Tatsachen wären. Später in ihrem umfangreichen Nachwort erklärt Frau Gablé, was wirklich ihre Fiktion ist und was der Wahrheit entspricht, der Leser darf überrascht sein. In diesem Teil liegt der Schwerpunkt auf Königin Adelheid. Sie ist die zweite Frau von König Otto, ihr Leben und ihre Beziehung zu Otto werden geschildert.

Einmal mehr hat die Autorin historische Details wunderbar mit einer fiktiven Geschichte verwoben. Sie hat es geschafft deutsche Geschichte lebendig werden zu lassen und mich gleichzeitig dabei wunderbar unterhalten. Vielleicht ist ihr Erzählstil im Laufe der Jahre ein bisschen zu modern geworden, so schreibt sie zum Beispiel auf Seite 194 von einer ,,Panne" als nicht alles für die Ankunft des Königs auf einer Burg vorbereitet war, oder spricht später von ,,mit Glacéhandschuhen anfassen". Sicherlich Ausdrücke, die damals noch nicht so wirklich bekannt waren, aber der Geschichte jetzt auch nicht dramatisch schaden. Das geschichtliche Wissen, das die Autorin hier mit den Lesern teilt, ist ziemlich umfangreich und detailliert geschildert. So macht es Spaß in Geschichte abzutauchen.

Ihre Protagonisten sind dabei mit allem ausgestattet, was einen Charakter ausmacht. Sie wachsen an ihren Aufgaben und nicht jeder ist gleich als gut oder böse zu durchschauen. Intrigen werden gesponnen, Schlachten geschlagen, gewonnen und verloren, aber immer so geschildert als wäre man direkt dabei. So macht das Lesen einfach Spaß.
Auch ist hier alles vorhanden, was ich von einem historischen Roman erwarte. Spannende Unterhaltung, interessante Charaktere, einfach eine gute Geschichte.
Am Ende bleibe ich mit dem Gedanken zurück, warum hat dieses Buch nur 760 Seiten? Ich würde jetzt gern noch mehr von Adelheid, Otto und ihren treuen Vasallen lesen.

[note2+]

Steffi

Danke für die tolle Rezi! Werde ich auch gleich auf die Hauptseite posten!  :kuss2:
Ich lese gerade:
Steve Cavanah: Zu wenig Zeit zum Sterben
Taylor Jenkins Reid: Daisy Jones and the Six
Heidi Furre: Macht
        als nächstes auf dem SUB
Lea Stein: Altes Leid
Faith Jones: Ungehorsam


Kathrin

Ich hoffe, dass ich nächste oder übernächste Woche ebenfalls eine Rezi beitragen kann, nur leider wird die nicht ganz so gut ausfallen, wie die von Karin. Ich bin leider wieder eher enttäuscht von RG, wenn auch auf hohem Niveau. Habe noch ca. 270 Seiten zu lesen.

LG
Kathrin
Rock the Night!

nirak

@Kathrin: Ich habe das Buch ja in einer Leserunde gelesen und da waren auch nicht alle 100% zufrieden. Ich habe auch lange überlegt ob ich doch nur ein 2 statt einer 2+ gebe. Ihr Erzählstil ist ja doch recht modern geworden. Bin gespannt auf deine Meinung  :schmusen:

@ Steffi: Danke für das Lob  :rotwerd:

Kathrin

So, und hier nun endlich, endlich auch meine Meinung zu "Die fremde Königin":

Mit ,,Die fremde Königin"  verlässt Rebecca Gablé, die Grande Dame der historischen Romane, die englische Geschichte und lässt ihre Leserschaft ein zweites Mal in die Welt des deutschen Kaisers Otto, dem Großen eintauchen. Erzählt wird die Geschichte von Gaidemar, einem Bastard, der als treuer Gefolgsmann von Adelheid, Ottos zweiter Gemahlin, die zweite Hälfte von Ottos Herrschaft hautnah miterleben darf.

Wer die Autorin, wie ich, seit der Veröffentlichung ihres ersten großen historischen Romans ,,Das Lächeln der Fortuna" beobachtet und sich auf jedes neue Buch von ihr freut, das in schöner Regelmäßigkeit alle zwei Jahre im Herbst erscheint, kann die verlagspolitischen Gründe für den vorgezogenen Erscheinungstermin im April vielleicht verstehen, nur leider hat es dem Buch nicht gut getan.

Auch wenn sich das Buch gewohnt flüssig liest, gut unterhält und dem Leser die deutsche Geschichte näher bringt, die einem im Geschichtsunterricht weniger interessiert hat, konnte es mich doch nicht in seinen Bann ziehen, wie manch anderes Werk der Autorin. Dies liegt vor allem an den handelnden Figuren. Otto der Große war mir schon in erste Teil der Mini-Serie ,,Das Haupt der Welt" deutlich zu unnahbar, was zu seiner Rolle als Herrscher des Reiches zwar passen mag, allerdings fehlt es ihm an Charisma. Auch seine neue Königin lässt mich ziemlich kalt. Da trauere ich seiner ersten Frau ganz schön nach.

Auch mit der fiktiven Hauptfigur Gaidemar hatte ich lange Zeit meine Probleme, zumal er auch lange nicht so im Zentrum des Geschehens steht, wie jeder andere Warinham oder Helmsby vor ihm. Vor allem nach dem klar ist, wessen Sohn er ist, hatte ich viel mehr von ihm erwartet. Mit der Zeit lerne ich mich aber mit ihm zu arrangieren und mit etwas Nachdenken muss ich auch zugeben, dass seine Charakterisierung und auch seine Unnahbarkeit dem Leser gegenüber irgendwie doch passen. Schließlich hat er als Bastard nie die bedingungslose  Liebe von Eltern erfahren und vermutlich die ersten 20 Jahre seines Lebens unbewusst und leider auch erfolglos die Geborgenheit einer echten Familie gesucht Umso wundervoller ist dann die erste Begegnung mit seiner Halbschwester, die eine ganz wunderbare Mischung ihrer Eltern ist, die wir in ,,Das Haupt der Welt" kennen und lieben lernen durften. Gerade das Wiedersehen mit einigen alten und geliebten Figuren aus dem Vorgängerroman habe ich mit Freudentränen in den Augen miterlebt. Wobei mich auch Gaidemars Bursche Miro von der ersten Sekunde an begeistert hat. Und dies noch einmal mehr, weil mich Rebecca Gablé mit ihm komplett überrascht und auf dem falschen Fuß erwischt hat. Mit dieser besonderen Wendung hatte ich so gar nicht gerechnet.

Neben den eher schwächeren historischen Figuren fehlt es diesem neuen Roman von Rebecca Gablé leider auch in anderen Belangen an Tiefe. Gaidemars angebliche Liebe zu Königin Adelheid ist für mich nur schwach spürbar, genauso wie seine Freundschaft zu Prinz Liudolf. Auch der Hass von Henning, seines Zeichens Bruder des Kaisers, auf Gaidemar ist nicht wirklich zu spüren. Da heißt es am Anfang, Gaidemar hätte sich in ihm einen großen und mächtigen Feind erschaffen, aber wirklich tief geht dieses Feindschaft in meinen Augen nicht. Ich bin wirklich der Meinung, dass das Buch mit seinen gerade mal 763 Seiten, aufgrund der vorgezogenen Veröffentlichung im April kürzer ausgefallen ist, als vielleicht ursprünglich von der Autorin geplant. Es gibt Kapitel, die unerwartet abrupt enden und bei denen meiner Meinung nach Handlung fehlt, die dann im Anschluss nur knapp in wenigen Sätzen  erwähnt wurde. Der Obergau war dann der absolut kitschige Schluss, bei dem ich nur noch die Hände vor dem Kopf zusammenschlagen konnte, auch wenn ich natürlich Gaidemar und seiner Angebeteten alles Glück dieser Welt gönne.

Ich frage mich echt: liegt es an mir und meinen Ansprüchen an die Autorin?  Oder liegt es am Genre hist. Romane allgemein? Aber was soll ich bitte lesen, wenn mich noch nicht einmal mehr Rebecca Gablé begeistern kann? Auch wenn ich das Buch immer noch lieber mochte als den letzten Waringham-Roman, und es hier immer noch Meckern auf hohem Niveau ist, bin ich dennoch der Meinung, die Autorin kann es besser!

Bewertung:
[note2-]
Rock the Night!

Annette B.

Ich habe gestern zufällig im Radio dieses Interview mit Rebecca Gablè gehört und fand es schon sehr interessant was sie zu ihrem neuen Buch "Die fremde Königin" erzählt.

Vielleicht habt ihr ja mal Lust euch dieses Interview mal in Ruhe anzuhören. :winken:
Hier der Link

   Interview mit Rebecca Gablé

Liebe Grüße Annette

Kathrin

Danke für den Link, Annette. Ich höre da am Wochenende mal rein.

LG
Kathrin
Rock the Night!

Inge78

Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore

Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
(aus "ES" von Stephen King)

Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf