Mukherjee, Abir: Ein angesehener Mann

Band 1 Sam Wyndham Serie

Originaltitel: A Rising Man
Verlag:
Heyne
erschienen:
2017
Seiten:
512
Ausgabe:
Taschenbuch
ISBN:
3453421736
Übersetzung:
Jens Plassmann

Klappentext:

Kalkutta 1919 – die Luft steht in den Straßen einer Stadt, die im Chaos der Kolonialisierung zu versinken droht. Die Bevölkerung ist zerrissen zwischen alten Traditionen und der neuen Ordnung der britischen Besatzung.

Aus dem Ersten Weltkrieg zurückgekehrt, findet sich Captain Sam Wyndham als Ermittler in diesem Moloch aus tropischer Hitze, Schlamm und bröckelnden Kolonialbauten wieder. Doch er hat kaum Gelegenheit, sich an seine neue Umgebung zu gewöhnen. Denn ein Mordfall hält die ganze Stadt in Atem. Seine Nachforschungen führen ihn in die opiumgetränkte Unterwelt Kalkuttas – und immer wieder an den Rand des Gesetzes.

Rezension:

Dieser Tage eine innovative historische Krimireihe zu finden, ist nicht ganz so einfach. Entweder man wandert im Mittelalter oder im viktorianischen England umher. Beides lese ich wirklich sehr gerne, aber dennoch ist es eine Freude, wenn mal etwas anderes übersetzt wird. Und ich bin besonders froh, dass ich nach dem etwas unspektakulärem Titel dann doch auch  noch den Klappentext in der Verlagsvorschau angeschaut habe, denn ansonsten wäre mir wirklich ein exzellenter Serienauftakt durch die Lappen gegangen.

In Abir Mukherjees historischem Krimi stimmt einfach alles. Das Setting, die Figuren, der Schreibstil, der Kriminalfall, die Verflechtung mit politischen und historischen Fakten und – soweit ich das beurteilen kann – die vorzügliche Übersetzung von Jens Plassmann. 

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Morrell, David: Der Opiummörder

Band 1 Quincey Serie

Originaltitel: Murder as a fine art
Verlag:
Knaur
erschienen:
2015
Seiten:
528
Ausgabe:
Taschenbuch
ISBN:
3426517531
Übersetzung:
Christine Gaspard

Klappentext:

1854, London: Ein grausamer Ritualmörder versetzt die ganze Stadt in Angst und Schrecken. Detective Shawn Ryan verdächtigt den opiumsüchtigen Schriftsteller Thomas de Quincey. Mit seiner Abhandlung „Der Mord als eine schöne Kunst betrachtet“ hatte dieser kurz zuvor einen Skandal ausgelöst und seinen Ruf als Enfant terrible gefestigt. Als sich Ryans Verdacht als falsche Fährte erweist, schließen sich die beiden zu einem kongenialen Ermittlerpaar zusammen. Schon bald führen ihre Nachforschungen in höchste politische Kreise und in die Schattenwelt des Opiumschmuggels.

Rezension:

Der kanadische Autor David Morrell nimmt sich im Auftakt seiner historischen Krimiserie eines wahren Falles an. Auch die Hauptfigur Thomas de Quincey hat es wirklich gegeben und der Autor macht daraus einen süffigen, spannenden und atmosphärischen historischen Kriminalroman.

Mir war David Morrell vor diesem Roman vollkommen unbekannt. Allerdings merkt man schon nach wenigen Seiten, dass hier ein erfahrener Schriftsteller am Werke ist. Da er zumindest in Amerika mit diversen Thrillern und der Erfindung von „Rambo“ ein extrem populärer Autor ist, verwundert dies nicht. Wenn ich ehrlich bin, hätte ich vermutlich das Buch nicht angefasst, hätte ich das mit „Rambo“ vorher gewusst. :mrgreen:

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Horowitz, Anthony: Das Geheimnis des weißen Bandes

Band 1 Holmes & Watson Reihe

Originaltitel: House of Silk
Verlag:
Insel
erschienen:
2011
Seiten:
350
Ausgabe:
Hardcover
ISBN:
3458175431
Übersetzung:
Lutz-W. Wolff

Klappentext:

Am Abend eines ungewöhnlich kalten Novembertages im Jahr 1890 betritt ein elegant gekleideter Herr die Räume von Sherlock Holmes‘ Wohnung in der Londoner Baker Street 221b. Er wird von einem mysteriösen Mann verfolgt, in dem er den einzigen Überlebenden einer amerikanischen Verbrecherbande erkennt, die mit seiner Hilfe in Boston zerschlagen wurde. Ist der Mann ihm über den Atlantik gefolgt, um sich zu rächen? Als Holmes und Watson den Spuren des Gangsters folgen, stoßen sie auf eine Verschwörung, die sie in Konflikt mit hochstehenden Persönlichkeiten bringen wird ? und den berühmten Detektiv ins Gefängnis, verdächtigt des Mordes. Zunächst gibt es nur einen einzigen Hinweis: ein weißes Seidenband, befestigt am Handgelenk eines ermordeten Straßenjungen …

Rezension:

In den letzten Jahren an Sherlock Holmes vorbeizukommen, war wohl fast unmöglich. Sowohl die beiden neueren Hollywoodverfilmungen mit Robert Downey Jun., sowie Benedict Cumberbatch‘ moderne Interpretation von Sherlock in der gleichnamigen BBC Serie, haben Arthur Conan Doyles Detektiv wieder zum Thema gemacht. Ich gestehe, ich kenne die Originalromane (noch) nicht, bin aber seit „Basil, der Mäusedetektiv“ von Walt Disney von Holmes und Watson (aka Basil und Dr. Wasdenn) fasziniert. Mit gerade einmal neun Jahren hatte ich zwar eine Heidenangt vor Professor Rattenzahn und vor allen Dingen vor dem gruseligen Greifer, aber schon damals hat mich das Flair des alten Londons gefangen genommen.

So habe ich 2011 nicht lange gezögert, als bei Insel „Das Geheimnis des weißen Bandes“ von Anthony Horowitz erschien. Zum ersten Mal überhaupt bekam ein Autor Unterstützung vom Arthur Conan Doyle Literary Trust. Tja und dann lag es über drei Jahre ungelesen auf meinem Bücherstapel, bis mich das kürzliche Erscheinen des zweiten Bandes wieder daran erinnerte und ich es endlich zur Hand nahm und sich dann zu einem meiner Jahreshighlights 2014 entpuppte.

An diesem Buch ist so ziemlich alles perfekt. Angefangen von der liebevollen äußeren Gestaltung des Hardcovers. Blütenweiße Seiten und ein schwarzer Leinenband mit geschwungener weißer eingeprägter Schrift, der sich allein schon beim Berühren nach der guten alten Zeit anfühlt. Tut Euch einen Gefallen und kauft Euch dieses Buch nicht als ebook und auch nicht als Taschenbuch!

Ich kann nicht abschließend beurteilen, in wie weit Horowitz den Ton der ursprünglichen Geschichten um Sherlock Holmes trifft. Da ich aber gerade den ersten Originalroman „Eine Studie in Scharlachrot“angefangen habe, würde ich nach den ersten Seiten sagen, er hat es wohl ziemlich gut hinbekommen. Sherlock ist ein merkwürdiger, wenngleich genialer kluger Kopf. Eigenbrötlerisch und geheimnisvoll sieht er Zusammenhänge, wo ein normaler Mensch vermutlich nie welche sehen würde. Faszinierend, wie sich dann am Ende alles zusammfügt.

Die Handlung besteht aus mehreren Strängen, die erst einmal nichts miteinander zu tun haben und ehrlich gesagt, habe ich mich noch auf den letzten 50 Seiten gefragt, wie Horrowitz das Geflecht aus Verrat, Mord und Schuld zusammenfügen will. Aber er tat es und das auch noch überzeugend. Ich bin ehrlich gesagt nicht auf die Lösung des Falles gekommen, fand das Ende jedoch sehr schlüssig und vor allen Dingen nicht aus dem Hut gezaubert. Es ergibt einfach alles seinen Sinn.

Dabei gelingt es dem Autor die viktorianische Zeit farbenfroh oder sagen wir besser nebelverhangen zum Leben zu erwecken und diese in so manch packende Wendung zu integrieren. Soziale und gesellschaftliche Missstände werden aufgezeigt, die am Ende ihren fürchterlichen Höhepunkt finden.

Watson ist ein formidabler Chronist der Geschehnisse und ein guter Biograph, der Holmes Eigenarten bis ins kleinste Detail wiedergeben kann. Dabei wird auch die ungewöhnliche Freundschaft zwischen den beiden fühlbar und bei Horrowitz hat sie durchaus innige Momente, wie sie bei Doyle höchstens angedeutet wurden. Auch Holmes selbst ist trotz aller Verschrobenheit ein fast liebenswerter Zeitgenosse, der sowohl Mitleid als auch freundschaftliche Zuneigung zeigt. Hier unterscheidet sich der Horrowitz-Holmes vielleicht vom Doyle-Holmes. Er wirkt in „Das Geheimnis des weißen Bandes“ einfach ein bisschen weniger unnahbar und soziopathisch, verliert dabei aber nicht seine Genialität und Außergewöhnlichkeit. Holmes-Puristen werden dies vielleicht nicht mögen. Auf der anderen Seite, wo bliebe die schriftstellerische Freiheit und vor allen Dingen Horriwitz‘ eigene Stimme, wenn er einfach nur ein Plagiat aufs Tapet gebracht hätte.

Stilistisch ist das Ganze so wunderbar verpackt, dass man nicht weiß worauf man sich mehr freuen soll. Auf Watsons ausufernde, aber niemals langweilige Beschreibungen von Geschehnissen und Personen oder auf so manchen skurrilen Dialog, der die Eigenarten jeder Figur aufs Herrlichste zu Tage bringt.

Für mich ist Anthony Horrowitz erster Ausflug in die Welt von Sherlock Holmes eine perfekte Hommage an den Klassiker, aber eben auch genug Eigenes, um es zu einem eigenständigen Werk zu machen und ich hoffe, es wird noch weitere Fälle geben. Ich ziehe jedenfalls vor Begeisterung meine Deerstalker-Mütze vor der Leistung des Autors.

Note: 1

Loibelsberger, Gerhard: Todeswalzer

Verlag: Gmeiner
erschienen:
2009
Seiten:
414
Ausgabe:
Taschenbuch
ISBN:
383921467X

Klappentext:

Wien 1914. Zeitgleich mit Erzherzog Franz Ferdinand wird ein junger Mann ermordet. Inspector Nechyba kehrt aus seiner Kur zurück nach Wien, um die Ermittlungen zu übernehmen. In einer Atmosphäre des patriotischen Wahns und der Kriegshetze sucht er einen Serienmörder, der im Huren- und Zuhältermilieu sein Unwesen treibt. Während die Schlachten des Ersten Weltkriegs beginnen, kommt Joseph Maria Nechyba einer traumatisch gestörten Persönlichkeit auf die Spur, die ihre Opfer gnadenlos abschlachtet.

Rezension:

Ich habe mich sehr auf diesen Roman gefreut, vor allem, weil durch die Pressestimmen auf dem Klappentext auch Altwiener Rezepte und Kaffeehausatmosphäre versprochen werden. Da fragt man sich doch, ob Journalisten nur schreiben oder auch lesen. Von der Kaffeehausatmosphäre war nämlich leider nur am Rande etwas zu spüren, nämlich dann, wenn der dicke Kommissar wieder einmal essen geht. Das tut er sehr oft. So oft, dass es dem Leser zu den Ohren rauskommt. Hat der Autor hier einen Textbaustein verwandt, den er zigmal geringfügig variiert, um eine gewisse Seitenanzahl vollzubekommen?

Nechyba, die Hauptfigur und Ermittler in diesem Krimi ist mir eher unsympathisch. Er ist nicht nur ein Fresssack, sondern auch ein Schläger und voll von Vorurteilen. Außerdem empfand ich ihn als zu modern für einen Roman, der im Jahr 1914 spielt.  Daher kam bei mir auch nur wenig vom versprochenen Wiener Schmäh, dass ich normalerweise recht charmant finde, an. Der Vollständigkeit halber sei aber erwähnt, dass auf jeder Seite mehrere Begriffe und Aussagen im Wiener Dialekt auftauchen. Diese sind in der Regel mit einer Fußnote erklärt. Echte Wienfans kommen daher schon auf ihre Kosten. Auch Örtlichkeiten werden mehrfach benannt, aber leider kaum beschrieben. Mit alten österreichischen Familiennamen kenne ich mich leider nicht aus, vielleicht belehrt mich ja jemand eines besseren. Aber mir kamen die Namen wenig authentisch vor. Nechyba, Karminsky, Pospischil. Hieß man so früher wirklich?

Der Kriminalfall an sich ist unspektakulär. Das Ende ist wenig originell, aber wenigstens nicht voraussehbar. Gelacht habe ich allerdings an einer Stelle, die ich hier kurz zitieren möchte:

„Sind sie der Herr Graf?“
Der Große gab ihm einen Rempler und ergänzte: „Der Fotograf wollte er sagen.“

Sprachlich finde ich den Roman interessant aufgrund des großen Teils im Wiener Dialekt. Ansonsten ist er nicht übermäßig anspruchsvoll. Ich denke aber trotzdem dass er einen gewissen literarischen Anspruch hat, der über gewöhnliche Unterhaltungsliteratur hinausgeht. Ich habe immer wieder an Gerhard Roth „Am Abgrund“ denken müssen. Ach ja, auf dem Klappentext steht, dass die Handlung während des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs spielt. Das stimmt. Und Loibelsberger fügt auch ein letztes Kapitel und einige wenige Passagen ein, in denen der Krieg eine Rolle spielt. Für die Haupthandlung ist dies jedoch völlig irrelevant.

Was hier größtenteils wie ein Verriss klingt, ist in Wirklichkeit keiner. Ich habe mich beim Lesen, es waren ja auch nur wenige Stunden, nicht gelangweilt. Aber ein weiterer Loibelsberger kommt mir erstmal nicht in den SUB.

Note: 3-

Riedt, Kirsten: Rolandsrache

Verlag: Emons
erschienen:
2012
Seiten:
303
Ausgabe:
Taschenbuch
ISBN:
3897059959

Klappentext:

Anna wird zur Halbwaise als ihr Vater bei einem Überfall ums Leben kommt. Damit ihre Mutter nun nicht in den Schuldenturm kommt entschließt sich Anna dazu in eine Vernunftehe mit Claas einzuwilligen. Gleichzeitig will sie aber die Arbeit ihres Vaters fortsetzen. Er war ein Bildhauer der an einem geheimnisvollen Auftrag arbeitete. Ihr Gatte Claas ist damit einverstanden, zunächst. Denn auch den Überfall möchte Anna aufgeklärt wissen.

Rezension:

Der Erzählstil von Kirsten Riedt ist leicht zu lesen und so war ich schnell in der Geschichte und in Bremen des Jahres 1404 angekommen. Die Protagonisten wie Anna oder ihr Mann Claas wurden mir schnell zu Vertrauten und so konnte ich mit Anna mitfiebern was den Anschlag auf ihren Vater betraf. Wobei man Anna schon als ziemlich stur bezeichnen könnte. Sie hat oft versucht ihren eigenen Willen durchsetzten und ihr Mann Claas konnte zusehen wie er damit klar kam. Mir hat es aber Spaß gemacht die Beiden dabei zu beobachten und zu sehen wie sie ihren Alttag bewältigten und gleichzeitig versuchten den Anschlag auf den Vater zu klären und seine Arbeit zu beenden. Zudem hat die Autorin auch den Alltag der Bildhauer dieser Zeit gut beschrieben und ich hatte ein lebhaftes Bild vor Augen.

Der Kriminalfall an sich war logisch aufgebaut und nachvollziehbar. Mit einigen Irrungen und Wirrungen und interessanten Details. Gut gefallen hat mir, dass hier Fiktion und Wahrheit gekonnt miteinander verwoben wurden und ein spannender Kriminalfall aus der Geschichte Bremens dadurch wiedergegeben wurde.

Mein Fazit: „Rolandsrache“ ist ein historischer Krimi der mich gut unterhalten hat. Er ist spannend, interessant und eine kleine Liebesgeschichte gibt es auch. Jedem, der gern mal was über die Geschichte Bremens lesen möchte, kann ich es nur empfehlen und allen anderen die gern historisch lesen kann ich es auch nur ans Herz legen. Mir hat es sehr gut gefallen und ich hoffe noch des Öfteren etwas von Kirsten Riedt zu lesen.

Note: 1