Der Historiker - Elizabeth Kostova

Begonnen von Lannie, 08. Januar 2008, 10:41:56

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Lannie

[isbn]3833303948[/isbn]   Verlag: Bvt
ISBN: 3-8333-0394-8
Seiten: 832
Ausgabe: Taschenbuch
ET: 10.2006
Preis: 12,90


Kurzbeschreibung


Ein junges Mädchen findet in der Bibliothek ihres Vaters ein Konvolut mit vergilbten Briefen. Das Geheimnis um den Vater und das Schicksal der Mutter verbinden sich zu einem Drama, das weit in die Vergangenheit zurückreicht. Die Briefe fragen nach der Herkunft von Vlad dem Pfähler, dem Urbild der Dracula-Legende. Eine atemberaubende Suche in Klöstern, Bibliotheken und Archiven beginnt, bei der Grausamkeiten Draculas zutage treten, die sich bis heute fortsetzen ...

Meine Meinung

,,Der Historiker" ist eine ganz besondere Vampirgeschichte über Dracula. Irgendwie hatte ich mit einem Roman gerechnet, der den Leser ab und an in die Vergangenheit führt, z.B. durch Rückblenden. Aber ich bekam etwas ganz anderes. Erzählt wird die Geschichte aus mehreren Perspektiven und zu verschiedenen Zeiten: 1930er, 1950er, 1970er Jahre und Anfang des 21. Jahrhunderts. Dabei verzichtet die Autorin auf eine chronologische Erzählweise. Die einzelnen Erzählstränge, -perspektiven und –zeiten sind gekonnt miteinander verwoben und wechseln beständig das ganze Buch über. Jeder Erzählstrang ist für sich unglaublich spannend, so dass der Spannungsbogen selten abreißt. Nur hin und wieder habe ich mir gewünscht, die Autorin hätte ihre Geschichte etwas gestrafft. Das ist aber auch der einzige Kritikpunkt meinerseits.

Elizabeth Kostova erzählt äußerst packend und vor allem anschaulich. Das gesamte Buch lief wie ein Film vor meinem geistigen Auge ab. Ereignisse, Figuren, Städte und Landschaften konnte ich mit detailliert und lebhaft vorstellen. ,,Der Historiker" hat mich von der ersten Seite an gefesselt und es ist sehr schwer, das Buch zum Schlafen zur Seite zu legen. Es gibt keine lange Vorgeschichte, im Gegenteil, die Autorin kommt ziemlich schnell zur Sache. Dabei sind ihre Figuren ungeheuer sympathisch und in ihrem Handeln sehr lebendig, glaubwürdig und facettenreich. Keine hat sich in den Vordergrund gespielt. Sie alle haben einen Platz in meinem Herzen gefunden, sogar Dracula hatte seine sympathischen Züge.

Die Geschichte beruht sowohl auf historisch belegten Fakten, Vampirlegenden und der eigenen Phantasie der Autorin. Die Handlung hat mich unheimlich neugierig gemacht, so dass ich mich quer durchs Web gegoogled habe, um weitere Informationen über Personen und Orte zu erhalten.
,,Der Historiker" hat mir eindeutig sehr viel Spaß gemacht. Die besondere Art des Romanaufbaus und der Verarbeitung der Dracula-Legende wird mir deutlich und lange in Erinnerung bleiben. Der Roman hat mich mehr als einmal mit unerwarteten Wendungen überrascht und während des Lesens hatte ich nicht nur eine Gänsehaut. Ich hoffe sehr, dass Elizabeth Kostova uns bald wieder mit einem so großartigen Roman beglücken wird.

Bewertung

[note2+]
Liebe Grüße
Lannie aka Cait

The Viewfinder

ClaudiC

Schön, dass dir das Buch so gut gefallen hat. Ich fand es damals auch super. Hier im Forum haben, glaube ich, schon zwei Leserunden dazu stattgefunden und die Teilnehmer waren recht zwiegespalten über das Buch.

Was mir am besten gefallen hat, war dieser unterschwellige Schauer. Bis gegen Ende war ich mir nämlich nicht sicher, ob wir es hier tatsächlich mit dem echten Dracula zu tun bekommen, oder ob sich alles natürlich erklärt oder ein alter Geheimbund dahinter steckt oder oder oder. Mich hat es zwischendurch immer wieder schön gegruselt und nebenbei noch etwas über den "realen, historischen" Dracula zu lernen fand ich einfach gut.

Von mir daher

[note1]

Lannie

ZitatWas mir am besten gefallen hat, war dieser unterschwellige Schauer.

Da kann ich Dir nur zustimmen. Ich hab mich stellenweise so schön gegruselt.
Liebe Grüße
Lannie aka Cait

The Viewfinder

Marja

Meine Meinung

Jetzt habe ich im Rahmen des SUB - Wettbewerbs endlich "Den Historiker" geschafft, und leider bin ich nicht so restlos begeistert. Dabei finde ich es unheimlich schwer, zu sagen, was mich genau gestört hat. Die eigentlich Handlung, die stete Suche nach dem Grab Drakulas, war wunderbar aufgebaut, jeder Schritt war absolut nachvollziehbar und es hat Spaß gemacht, die vielen verschiedenen Orte, die auf dieser Suche aufgesucht werden, kennenzulernen.
Aber gleichzeitig ist Kostovas Stil dermaßen langatmig, dass ich mich ständig durch irgendwelche Passagen durchgequält habe, in der Hoffnung, das bald etwas Spannendes passieren würde. Vielleicht ist das für mich der Schwachpunkt: neben diversen Reisen passiert einfach nicht wirklich viel, und dafür fand ich 800 Seiten denn doch ziemlich umfangreich.
Auch die Charaktere waren mir nicht auf Anhieb sympathisch, sie werden alle als Historiker eingeführt und bestechen zu Beginn durchgehend durch ihr methodisches Arbeitsverhalten. Trotzdem, zum Ende des Buches hatte auch ich jeden einzelnen liebgewonnen. Nur mit unserer Ich - Erzählerin, dem jungen Mädchen, habe ich mit schwer getan. Da wir sie nie durch die Augen eines anderen sehen und auch sie selbst äußerst selten mal ihre Gefühle erwähnt, bleibt sie seltsam konturlos. Ich war auch nach 800 Seiten außerstande, ihr auch nur eine Charaktereigenschaft eindeutig zuzuschreiben. Allerdings konnte sie mir so auch nicht unsympathisch werden. :->

Insgesamt war es also eine ziemlich zähe Lektüre, aber ich bin trotzdem nicht traurig, den "Historiker" jetzt gelesen zu haben. Klingt ziemlich wiedersprüchlich, ich weiß, aber genau so kam mir dieser Roman vor. :kopfkratz:

Bewertung

[note3+]

Bücherhexe

Mich interessiert einfach alles, was mit Dracula zu tun hat und deswegen habe ich dieses Buch natürlich auch gelesen. Das ist nun aber auch schon wieder sehr viele Jahre her und Rezis habe ich damals noch nicht geschrieben. Ich weiß aber, dass ich total begeistert war von der Geschichte.
Und ich habe mir vorgenommen, das Buch noch mal zu lesen, vielleicht jetzt vor Halloween.
Was ich rette geht zu Grund, was ich segne muss verderben.
Nur mein Gift macht dich gesund. Um zu leben musst du sterben.
(Musical: Tanz der Vampire)

Bücherhexe

Hier meine Rezi aus 2018:

Ich habe dieses Buch bereits einmal gelesen, das ist mehr als zehn Jahre her. Nun war es Zeit für einen Re-Read, der perfekt in den Oktober passte. Auch beim zweiten Mal bin ich begeistert vom wunderbaren Schreibstil, den Bildern, die beim Lesen im Kopf entstehen und der erzählten Geschichte allgemein.

Es geht darum, dass ein junges Mädchen in der Bibliothek ihres Vaters, eines Historikers, ein Päckchen vergilbter Briefe findet. In diesen Briefen geht es um die Herkunft von Vlad dem Pfähler, dem wahren Dracula und dem Vorbild von Bram Stokers berühmter Romanfigur. Als ihr Vater verschwindet, ist es für das Mädchen keine Frage, dass sie sich auf die Suche nach ihm machen muss, denn sie hat schon ihre Mutter verloren, als sie klein war. Zusammen mit einem Studenten der Oxford-Universität begibt sie auch auf Spurensuche und folgt den Hinweisen in Briefen und Aufzeichnungen ihres Vaters. Hier erfährt sie alles über die Jagd ihrer Eltern nach Dracula, ihre atemberaubenden Reisen in die Türkei, nach Ungarn, Rumänien und Bulgarien. Über ihre Suche nach dem wahren Grab von Vlad dem Pfähler.

Auch dieses Mal fällt wieder auf, dass im ganzen Buch nicht einmal der Name des Mädchens erwähnt wird. Ihre Kapitel sind in der Ich-Form geschrieben und ansonsten heißt es nur "Meine Tochter" oder "Kind". Auch ihr Vater heißt nur "Paul", es fällt nie der Nachname.

Wie schon oben geschrieben, hat die Autorin einen wunderbaren und sehr anschaulichen Schreibstil. Die Länder und Städte, Bibliotheken, Kirchen und Archive werden beim Lesen lebendig. Alles ist sehr atmosphärisch beschrieben. Das gilt besonders für die Szenen, in denen Dracula auftaucht, z. B. nachts in der verfallenen Burg oder in der Bibliothek unter der Krypta.
Und es ist deutlich, dass sie für ihren Roman sehr intensiv über Vlad Dracula recherchiert hat, sowohl über die historische Figur, als auch über die Vampirlegenden auf dem Balkan. Tatsächlich gibt es die Legende, dass der Woiwode auf einer Klosterinsel im Snagov-See begraben wurde. Aber Wissenschaftler fanden dieses Grab leer vor. Perfektes Futter für den Vampirmythos. ;-)

Große Actionszenen sucht man hier vergeblich, aber von Anfang bis Ende ist die Geschichte spannend und fesselnd erzählt. Über allem schwebt die ständige Bedrohung und die Frage: Ist Dracula tatsächlich am Leben? Ist er tot? Oder untot?

Vlad Dracula war sicher ein brutaler und blutrünstiger Herrscher, aber letztendlich wollte er nur eins: sein Land vor der Übernahme der Osmanen bewahren, sein Volk beschützen. Und der, der er später war, wurde er durch seine Gefangenschaft bei den Osmanen.

Ich kann diesen Roman jedem empfehlen, der sich für die Dracula-Legende interessiert und allen, die einfach perfekt unterhalten werden wollen, gerade in den dunklen Herbst- und Wintermonaten.

:Box1: :Box1: :Box1: :Box1: :Box1: :Box1:
Was ich rette geht zu Grund, was ich segne muss verderben.
Nur mein Gift macht dich gesund. Um zu leben musst du sterben.
(Musical: Tanz der Vampire)