China Miéville: Das Gleismeer

Begonnen von Kathrin, 15. Juni 2017, 13:00:26

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Kathrin

[isbn]3453315405[/isbn]
Das Gleismeer
China Miéville
Fantasy
Seiten: 399
Verlag: Heyne Verlag

Inhalt:
Willkommen an Bord

Sham lebt in einer Welt, in der das freie Land zwischen den Städten eine gefährliche Wildnis ist. Nur die Züge verkehren auf einem dynamischen und sich ständig verändernden Schienennetz zwischen den Siedlungen. Als Sham auf einem der Züge, dem Medes, anheuert, beginnt das Abenteuer seines Lebens. Denn die Medes-Crew hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Wesen zu jagen, die die Natur zu einer tödlichen Gefahr machen: Nager und Kleintiere von monsterartiger Größe. Sham ahnt nicht, auf was er sich einlässt ...

Meine Meinung:
Nachdem ich Anfang des Jahres mit ,,Un Lon Dun" meinen ersten Roman von China Miéville mit totaler Begeisterung gelesen hatte, war klar, dass ein weiterer Roman des Autors nicht lange auf sich warten lassen würde. Und so griff ich kurz danach schon zu ,,Das Gleismeer", ein Roman, der so völlig anders ist als ,,Un Lon Dun", mich Sicherheit ebenso abgedreht und durchgeknallt in seinen Ideen, aber irgendwie auch erwachsener und nicht ganz so faszinierend.

Das Buch erinnert stark an den alten Klassiker ,,Mobi Dick" von Herman Melville, auch wenn Kapit'n Naphi mit ihrer Mannschaft einem riesigen Maulwurf über das von Miéville erschaffene Meer aus Eisenbahnschienen verfolgt. Trotzdem ertappe ich mich immer wieder dabei, dass der Film in meinem Kopfkino auf echte Ozeane wechseln will, vielleicht weil die alte, heißgeliebte Verfilmung mit Gregory Peck als Käpt'n Ahab zu präsent in meinem Kopf ist. Nicht nur wegen der alten Verfilmung holpert mein Kopfkinofilm ab und zu. Dies liegt meiner Meinung auch an oftmals allzu detailverliebten Beschreibungen der Szenerie durch den Autor. Grundsätzlich mag ich solche Details zwar sehr, aber hier gibt es Passagen, da beschreibt er seitenlang die unterschiedlichen Züge und ihre Mannschaften, wo der Film stehen bleibtt, weil einfach nicht wirklich  was passiert. Ich hatte sogar teilweise das Gefühl, dass er trotz aller Ausführlichkeit nicht wirklich konkret wird oder dass sich mir der Sinn von so mancher Beschreibung für die Geschichte wirklich erschließt. Da hat der Autor Tempo aus der Geschichte genommen, was nicht nötig gewesen wäre, denn die Geschichte lässt keine Fragen offen,

Sham als Hauptfigur ist mir zwar auf Anhieb sympathisch, aber wirklich hängen geblieben ist er nicht bei mir. Auch bei den anderen Figuren des Romans dauert es lange, bis ich sie auseinander halten kann. Natürlich gibt es wichtige Charaktere, die im Gedächtnis bleiben, aber unwichtige Randfiguren verschwimmen doch gerade zu Beginn sehr miteinander.

Ca. 30 Seiten vor dem Schluss, war die Geschichte für mich eigentlich schon zu Ende erzählt und ich habe mich wirklich gefragt, was und Miéville auf den letzten 30 Seiten ncoh erzählen will. Und dann dieses grandiose Ende, mit dem er sich eine Tür für eine Rückkehr zu Sham und seine Welt offen gelassen hat. Überraschend und toll gemacht.

Auch wenn ich von ,,Das Gleismeer" nicht ganz so begeistert bin, wie von ,,Un Lon Dun", werde ich sicherlich bald weitere Bücher des Autors lesen. Ich liebe seine total verrückten Ideen und was er daraus weiterspinnt. Da muss ich einfach weitere Welten entdecken.

Bewertung:
[note2]
Rock the Night!

Inge78

Ich habe "Das Gleismeer" auch endlich endlich gelesen

Moby Dick ist dieses Mal kein Wal, sondern ein riesiger Maulwurf, der Käpt´n ist eine Frau und überhaupt bereisen wir das Gleismeer auf Zügen und nicht auf Schiffen. Steam Punk vom Feinsten.

Auch ich kenne und liebe "Un Lon Dun" vom Autor und hatte zu Beginn so meine Probleme mit dem "Gleismeer"
Die Ideen sind toll aber irgendwie waren mir ALLE Personen viel zu sperrig und zu wenig zugängig. Und zwischendurch zog sich die Handlung. Zu viel Beschreibungen der tollen Erfindungen, der tollen Artefakten, die man finden kann, zu wenig Story.
Und dann wieder kommt Miévielle mit so genialen Ideen um die Ecke, dann blitzt dieser wunderbar schräge Humor durch, dann liebe ich das Buch wieder.

Spannend wird es zum Schluß, da flogen die Seiten auch nur so dahin

[note3+]
Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore

Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
(aus "ES" von Stephen King)

Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf