Wimscheider, Anna: Herbstmilch - hier: Hörbuchfassung, ungekürzt

Begonnen von Dante, 12. Dezember 2023, 11:41:09

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Dante

Autorin: Anna Wimschneider
Gesprochen: Maria Singer
Verlag: SAGA Egmont; 24.09.2019; ungekürzte Version
ASIN: B07Y8MQYJM

Artikelbeschreibung:
Zitat"Herbstmilch" ist die Lebensgeschichte der Bäuerin Anna Wimschneider - ein Dokument des 20. Jahrhunderts, das vom Schicksal der kleinen Leute handelt, von Menschen, die im Schweiße ihres Angesichts ihr Brot verdienen und ihr Leben bewältigen, aufrecht und unerschütterlich.

Anna Wimschneider, 1919 bis 1993, lebte über viele Jahrzehnte auf einem kleinen Bauernhof in der Nähe von Pfarrkirchen in Niederbayern. Ihre Lebenserinnerungen mit dem Titel "Herbstmilch", die 1984 erschienen sind, wurden über Nacht zum Bestseller und von Joseph Vilsmaier erfolgreich verfilmt. Bis heute sind sie ein berührendes Zeugnis.

Mein Fazit:
"Bewegend" ist etwas, das viele Rezensionen mit diesem autobiographischen Werk nennen. Ich hätte das Buch vielleicht besser gelesen, denn ich empfand die erzählende Maria Singer als eher schleppend und ich habe die Hörgeschwindigkeit erhöht ...

Alles beginnt mit dem Tod der Mutter im Wochenbett, von da an muss sich Maria um Geschwister und Haushalt kümmern. Die Brüder und andere wie z.B. Pfarrer, Mesnerin, die sogenannten "Saubauern" oder später die Schwiegermutter benehmen sich, dass man die Faust in der Tasche ballen will. Doch Maria ist zäh ...

Als 13jährige z.B. muss sie Geschäfte abwickeln (Ziegen bestmöglich verkaufen), entgeht aus eigener Kraft einer Vergewaltigung, wehrt sich erfolgreich gegen Schläge durch den Pfarrer ... durch die ruhige, nüchterne Erzählweise muss man sich bei der einen oder anderen Szene bewusst vor Augen halten, wie entsetzlich ihr Leben war ... Todesängste bei der ersten Periode, denn die Mutter war ja schließlich auch gestorben.  ...

Wie entbehrlich die Zeiten ware, sieht man an Passagen, in denen sie sich freut z.B. über ein gebrauchtes Rad oder eine Hose, die man heutzutage nach ihren Worten "Liebestöter" nennen würde. Oder der Menstruationsgürtel, den sie geschenkt bekommt von der Krämerin ...

Albert schließlich bringt ein wenig Sonne in ihr Leben, gewohnt nüchtern berichtet Anna Wimscheider "später hat er auch mit mir schlafen dürfen; es war ein großes Erlebnis". (Meine "IKEA-Anleitungen für Beischlaf" sind detaillierter ...). Gefreut hat mich, dass die Anfang zwanzigjährige Anna ihn 1939 als Ehemann bekommen durfte, auch wenn es zur Folge hatte, dass sie sich um vier weitere Verwandte, u.a. diese schreckliche Schwiegermutter, kümmern muss. Albert muss, weil keiner der Verwandten zur Partei gehörte, als einziger in den Krieg ziehen.

Ich will nichzt zuviel vorwegnehmen, daher nur: bewundernswert, wie sie sich während der Kriegsjahre verhalten hat ... Kriegsversehrt zurückgekehrt ist der Mann später nur bedingt eine Hilfe auf dem Hof. Erst kommen die Panzer der Amerikaner ... 15-20 Mann schlurchen durch die Gegend ... dann die "fleißigen Sudetendeutschen" "in ganzen Zügen", die von boshaften Nachbarn schikaniert wurden ...

Und dann kommt doch 'mal Emotion in die Erzählweise, als Albert mit seiner Mutter abrechnet ... als sie erzählt von der Pflege der Schwiegertante ...
Ihr Lebensfazit ... ich finde es traurig ...

Beeindruckende Handlung, die eine weniger nüchterne und hin und wieder weniger langatmige Erzählung verdient hätte.

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Instagram: @susanne_pilastro_autor

Annette B.

Zitat von: DanteIch hätte das Buch vielleicht besser gelesen,

Ich glaube mit dieser Einschätzung liegst du Goldrichtig. :bang:
 
Vor vielen Jahren habe ich Anna Wimscheider als Ehrengast in einer "Jahresrückblick" Sendung gesehen. Da hatte sie ihr Buch grade veröffentlicht und die Bestsellerlisten damit erklommen.
Ich habe mir daraufhin ihr Buch gekauft und gelesen.
Ganz ehrlich, ich habe Stellenweise Rotz und Wasser geheult, denn mit dem Buch kommen die furchtbaren Situationen, die Anna ertragen musste, ungemein deutlich vor dem inneren Auge des Lesers an.

Gut das du diese Rezi geschrieben hast, denn womöglich wäre ich noch auf die Idee gekommen mir dieses HB noch einmal anzuhören. 
Liebe Grüße Annette