Böse Mädchen/ The Wives of Bath - Susan Swan

Begonnen von wingfoot, 16. September 2013, 17:16:51

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wingfoot

[isbn]349222041X[/isbn]  [isbn]1862071373[/isbn]

Inhalt:

Gegen ihren Willen kommt die junge Mary (genannt Mouse) auf's Internat. Ihre Schüchternheit und ihre Rückgratverkrümmung (die sie nach ihrer Mutter Alice getauft hat und mit der sie Gespräche führt) erleichtern ihr Leben und das Finden neuer Freunde auch nicht gerade -  bis ihre Zimmergenossin Paulie anfängt ihr zu vertrauen und sie in ihre Geheimnisse einzuweihen.

Meine Meinung:

Das Cover der deutschen Ausgabe und die Inhaltsangabe bei amazon sind eine Frechheit, hier hat jemand nix kapiert. Ich bin mehr als froh, dass ich die englische Ausgabe habe. Ich bin über den Film "Lost and Delirious" auf das Buch gekommen und war überrascht von den großen Unterschieden- angenehm überrascht bisher, ich hoffe, das hält an, wenn ich den Film mal wieder sehe.

Eine spoilerfreie Rezension zu schreiben ist nicht ganz einfach, doch da schon das zweite Kapitel ein Prozessprotokoll ist, das klar macht, dass Paulie im Laufe des Romans ein ernsthaftes Verbrechen begehen (oder sich zumindest eines ernsthaften Verbrechens verdächtig machen) wird, kann ich das wohl verraten. Das ist übrigens imho eine der großen Stärken des Romans: Die abwechslungsreiche Art, wie er erzählt wird. Da ist Mouse' eigene Erzählstimme aber auch ihre Dialoge mit Alice, Träume, ihre Briefe an ihr Idol Präsident Kennedy, Briefe anderer Personen und die Prozessprotokolle. Die Geschichte wird gewissermaßen von vorne und hinten aufgerollt und man muss sich als Leser ständig orientieren. Das könnte anstrengend sein, wenn es nicht so gut gemacht wäre und in so mundgerechte kleine Kapitel-Happen zerteilt wäre. Für mich ist es trotzdem ein Buch, das ich definitiv mehrfach lesen muss, um ihm gerecht zu werden. Da steckt einfach zu viel drin, um es auf einmal erfassen zu können. Gerade Paulies Tragödie- wo hat sie der Realität dann komplett den Rücken gekehrt? Wo war der Punkt, wo man ihr noch hätte helfen können und wie? Fragen über Geschlechterrollen, Individualität und Identität drängen sich auf und dadurch, dass man nur Mouse' vorsichtige aber doch klar subjektive Erzählung hat, bekommt man keine leichten Antworten aufgedrängt sondern muss sich selbst welche suchen.

Fazit:

Ich bin sehr froh, dass ich dieses Buch endlich gelesen habe und werde es bestimmt noch öfter tun. Buch und Film lassen sich völlig unabhängig voneinander genießen - sie zu vergleichen könnte aber noch eine besondere (wissenschaftliche  :-> ) Herausforderung sein.

[note1]
Liest gerade:
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"Schweigsam und unschuldig breiten sich die Bücher im ganzen Haus aus und es gelingt mir nicht, sie aufzuhalten." - Carlos M. Dominguez