Frauenbilder in Outlander

Begonnen von Kawaise, 02. Dezember 2015, 18:46:33

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Kawaise

Hallo zusammen,

ich bin neu in diesem Forum und bedanke mich, dass ich so schnell aufgenommen wurde. Ich habe vor kurzem einen Artikel über die Frauenbilder in Outlander geschrieben, in dem ich mich v. a. auf die Serie beziehe: http://www.satt.org/gesellschaft/15_11_outlander.html. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen und freue mich über Feedback!

Steffi

Hallo!

An sich finde ich Deinen Text interessant, aber man merkt, dass Du die Buchserie nicht kennst, weil die Schlüsse, die Du über Geillis ziehst, sind leider falsch.  :-> Das liegt aber daran, dass Du vermutlich nur die Serie und somit nur den ersten Band kennst. Ich verrate jetzt erstmal nichts, weil ich nicht weiß, ob Du Dir da die Spannung nehmen willst.

Ein zwei Fehlerchen sind mir aufgefallen... Claire heißt Randall und nicht Randell und Jamie heißt Fraser und nicht McKenzie bzw. am Anfang McTavish, weil er ja unter seinem echten Namen gesucht wird.

Etwas merkwürdig fand ich Deine Sichtweise der Frau in "Herr der Ringe". Natürlich ist es richtig, dass Frauen in den Büchern eher eine untergeordnete Rolle gespielt haben, aber wenn sie auftauchten wie im Falle von Arwen, hatte ich nicht das Gefühl, dass Tolkien sie verteufelt. Und besonders im Film ist das ja noch weniger vorhanden, weil Peter Jackson gerade die Rolle Arwens ausgebaut hat (bzw. sie mit einer anderen Elbin vermischt hat). Auch Eowyn und Galadriel sind starke Frauen, die im Falle von Galadriel sogar der Versuchung widerstehen, den Ring an sich zu nehmen. Das Orks mehr oder weniger gezüchtet werden (vor allen Dingen die Uruk-hais) lässt für mich keine Rückschlüsse darauf zu, dass Autor und/oder Regisseur damit die Rolle der Frau verteufeln wollten. Das ist für mich doch arg weit hergeholt.

Ich stimme auch nicht mit Dir überein, dass Claire ihre Rolle als Frau mit der Zeitreise aufgibt. Auch am Anfang (also vor der Szene mit der Wolle), ist sie störrisch und nicht immer bereit ihr eigenbestimmtes Handeln aufzugeben. Deswegen eckt sie ja auch oft an und wird ständig beobachtet. Sie ist offensichtlich anders als alle Frauen und vermutlich hätte sie weniger Schwierigkeiten gehabt, hätte sie sich mehr angepasst, als sie es tut.

Das klingt jetzt sehr negativ, aber an sich fand ich Deinen Text sehr interessant und bietet - wie man ja gerade sieht - viel Platz für tolle Diskussionen.

Liebe Grüße,
Steffi
Ich lese gerade:
Steve Cavanah: Zu wenig Zeit zum Sterben
Taylor Jenkins Reid: Daisy Jones and the Six
Heidi Furre: Macht
        als nächstes auf dem SUB
Lea Stein: Altes Leid
Faith Jones: Ungehorsam


Kawaise

#2
Hallo Steffi,

danke, dass Du Dir Zeit genommen hast, den Artikel zu lesen. Auch Deine Kritik halte ich für wichtig, denn ich lege viel Wert darauf, meine Gedanken und Meinung jederzeit redivdieren zu können. Daher nehme ich Deine Bemerkungen durchaus ernst.

Du hast recht, ich hab' mich in erster Linie auf die erste Staffel bezogen und kenne die Bücher auch nur bis zum Band 2. Der Artikel bezieht sich v. a. auf die Verfilmung in der 1. Staffel. Ich bin nicht der Meinung, dass Tolkien Arwen oder Galadriel verteufelt, es ging mir explizit um die Darstellung der Orks, weil bei ihrer Darstellung das Prinzip der Weiblichkeit eine große Rolle spielt. Das hängt wiederum damit zusammen, dass sie eng mit der Erde und der Geburt aus ihr heraus in Verbindung stehen. Diese zwei Elemente (sie beziehen sich auf das Prinzip der Natur, das aus einem Kreislauf des Lebens und Sterbens besteht, der in der Erde beginnt, wieder [vorläufig] endet und von neuem beginnt) gehen zurück auf die Vor- und Frühzeit der Menschheitsgeschichte, also dem Zeitpunkt im Paläolithikum, in dem sie das Prinzip der ersten Religion und damit auch der ersten menschlichen Zivilisation waren. Dieses Prinzip ist das Sinnbild des Weiblichen und verbirgt sich meiner Meinung nach auch in dem Bild, das Tolkien bzw. (ich beziehe mich eher auf die Filme) Peter Jackson zeichnet, wenn er die Orks als das absolut Böse darstellt. Natürlich muss man diese Sicht nicht teilen, ich finde aber, dass hier eine Parallele besteht. Der Hauptunterschied zwischen Herr der Ringe und Outlander ist mit Blick auf die Frauenbilder doch, dass uns Herr der Ringe hauptsächlich aus der Sicht eines Mannes, also in einem Monomythos im Stile der Odyssee von Homer, erzählt wird. Er trifft zwar auf weibliche Figuren, die sich für ihn einsetzen, aber diese weiblichen Figuren haben keinen unbeschränkten Handlungsspielraum, Arwen steht unter dem strengen Blick ihres Vaters (ein klares Zeichen des Patriarchats) und auch Galadriel kann (wenn ich mich recht entsinne) nicht endgültig aus ihrem Reich, dem Wald hinaus, um unabhängig zu handeln (so wie Calypso auf ihrer Insel). Gegenüber Frodo tritt sie v. a. in der Rolle der Mutter auf. Aber auch das ist wiederum eine Reduzierung ihrer Rolle. Ich möchte nicht sagen, dass Galadriel nicht mehr ist als eine Mutter. Eben gerade nicht. Aber dass sie mehr ist, wird meines Erachtens nicht ausreichend gewürdigt. Das Weibliche hat sehr viele Seiten, das Mütterliche, ja, auch das "Todbringende". Es gibt noch sehr viel mehr Seiten des Weiblichen, die alle auf das ganzheitliche Prinzip des Weiblichen zurückgehen, das ich oben kurz skizziert habe. Genau das ist es, was in der heutigen Mythenverarbeitung (und Herr der Ringe, Matrix und Star Wars sind nichts anderes als die moderne Verarbeitung eines Mythos) kaum geschieht. Eowyn ist wieder ein anderes Thema. Kurz gesagt: "Die monogame heterosexuelle Ehe ist das übliche Verhaltensmuster in Tolkiens Welt" (Friedhelm Schneiderwind), siehe http://www.villa-fledermaus.de/flamfrau.pdf. Das heißt, dass zumindest ein Teil des Handlungsspielraums der Frau auf das der Ehefrau bzw. Mutter beschränkt ist. Zumindest stellt es die Verfilmung so dar. Dass die Frauen in Wahrheit mehr sind als das, ist klar. Man mag diese Sichtweise für feministisch halten, aber es ist zunächst eine objekte Beobachtung. Claire ist ja gerade nicht mehr DIREKT an ihre Ehe gebunden (emotional allerdings schon). Für sie heißt das allerdings, dass sie Entscheidungen selbst treffen muss bzw. darf. Sie ist ständig im Handlugszwang. Beispielsweise benutzt sie nach kurzem Nachdenken wieder ihren Mädchennamen, sie entscheidet auch selbst, ohne sich mit jemandem zu beraten, bei Jamie zu bleiben als er sie zum Steinkreis bringt. Natürlich ist das eine emotionale Entscheidung, aber eben eine eigene. Arwen hingegen muss sich mit ihrem Vater beraten, denn er möchte nicht, dass sie vom Krieg betroffen ist und schickt sie mit anderen Elfen in das Elfenreich, wo sie geschützt ist. Obwohl sie das selbst gar nicht möchte. Was Outlander so besonders macht, ist, dass die Serie die Frau nicht nur in Bezug zu einem Mann darstellt, sondern (wenn auch nicht in ewig langen Szenen, sondern nur angedeutet) auch den inneren Kreis der Frauen darstellt: Geillis und Claire haben eine Art Schwesternschaft, es werden wiederholt Frauen bei der Arbeit gezeigt, bei der kein Mann anwesend ist (nicht nur beim Wolle walken). Das sind zwar letztlich keine zentralen Szenen, aber der Blick auf die Rolle der Frau hat hier meiner Meinung nach etwas durchaus Würdevolles, indem man sich die Arbeit machte, genau hinzuschauen, was die Frauen eigentlich so treiben, wenn sie gerade nicht bei einem Mann sind. Bei Herr der Ringe fehlt dieses Element, bzw. mir ist keine Szene bekannt, in der die Frauen unter sich gezeigt werden.

Mein Kritikpunkt an so einer modernen Form der Mythenverarbeitung ist, dass nicht die echten, alten Mythen herangezogen werden (die aus der Zeit des Paläolithikums), sondern die klassisch-antiken Varianten, die immer eine aus patriarchaler Sicht umgedeutete Variante der ursprünglichen Versionen sind. Und bei denen kommt die Frau häufig schlecht weg. Das ist allerdings ein komplexes Forschungsgebiet, in dem ich mich selbst gerade erst anfänglich vortaste und forsche.

Ich wollte mit dem Artikel auch nicht zum Ausdruck bringen, dass Claire mit der Zeitreise ihre Rolle als Frau aktiv aufgibt, sondern, dass ihr ihre bisherige Rolle (v. a. der der Ehefrau) genommen worden ist. Wenn ich mich recht erinnere, stellt sie in einer Folge (mit ihrer Stimme) fest, dass sie sich entscheiden muss, wer sie jetzt sein möchte. Und selbst, falls ich mich irren sollte, ist offensichtlich, dass sie nach der Zeitreise keinen festen Platz in der Gesellschaft (mehr) hat, sondern quasi vom McKenzie-Clan mitgeschleppt wird und sich erst wieder eine Rolle erarbeiten muss, indem sie die Burgbewohner von Burg Leoch als Heilerin unterstützt.

Das sind soweit meine Gedanken zu Deinen Kritikpunkten. Ich gebe Dir Recht, dass sich bei den Namen Fehler eingeschlichen haben. Es ist halt niemand perfekt. :)

LG,
Nadine