Die Tochter des Bischofs - Richard Dübell

Begonnen von Kathrin, 29. April 2007, 19:54:58

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Kathrin

   Verlag: Ehrenwirth
ISBN: 343103084X
Seiten: 541
Ausgabe: Hardcover
Preis: € 22,00

[isbn]343103084X[/isbn]

Kurzbeschreibung:
Aquitanien, im Frühjahr 1183. Die Zeiten sind nicht die besten für das fahrende Volk. Den Menschen ist der Frohsinn vergangen. Zu nah ist die Gefahr einer Hungersnot, zu hart die Hand des englischen Königs, der das Land besetzt hat. Zu viel bittere Wahrheit liegt in den Spottliedern, die gesungen werden. Raymond, Sänger und Geschichtenerzähler, ist auf der Suche nach einem Brotgeber – seine letzte Hoffnung ist der Bischof von Poitiers. Tatsächlich hat dieser auch Arbeit für ihn, doch nicht die, die Raymond sich erhofft hat. Er soll des Bischofs Assistenten Firmin ausfindig machen, der spurlos verschwunden ist. Gleichzeitig bittet der ehrgeizige Ritter Robert Ambitien um Raymonds Mithilfe, auf seinem Besitz ein Fest zu organisieren. Während sich der Burgherr um die Gunst des Bischofs bemüht, bahnt sich zwischen seiner Frau Suzanne und Raymond mehr an als nur die ferne Liebe, von der die Troubadoure schwärmen. Es fällt Raymond schwer, sein Herz an die Suche nach dem bischöflichen Assistenten zu wenden. Doch als der erste Mord entdeckt wird und Raymond ahnt, dass Firmin der Täter gewesen sein könnte, erkennt er auch, dass er mehr als nur sein Herz brauchen wird, wenn er nicht selbst Schaden nehmen will. Alle Indizien sprechen dafür, dass Raymond den Mord begangen hat. Raymond wird klar, dass er in eine Sache verwickelt ist, die dramatischer ist als alle seine Erzählungen. Doch wie soll er das Ende einer Geschichte beeinflussen, von der er nicht einmal den Anfang kennt? Alles, was er hat, ist der Hinweis auf einen Engel mit wundertätigen Händen ...

Meine Meinung:
"Die Tochter des Bischofs" von Richard Dübell fiel mir als wunderschönes Hardcover-Mängelexemplar in meine Hände und landete direkt mit so manch anderem HC-Mängelexemplar-Schnäppchen in meinen RUB und das schon vor bestimmt 2-3 Jahren. Dass es so lange in meinem RUB ausharren musste ist schon fast unverzeihlich, denn ich bin wirklich überzeugt von dem Buch und auch vom Autor Richard Dübell, von dem ich schon vor einigen Jahren "Der Jahrtausendkaiser" mit große Begeisterung gelesen habe.

Wie wir es von Ehrenwirth-Hardcovern gewohnt sind, ist auch dieser Roman wieder ein wunderbar aufbereitetes Hardcover, mit Personenregister und sehr interessanten Kurzbeschreibungen der Personen (als Beispiel: Henri II Plantagenet: Noch König von England, Graf von Anjou, Herzog der Normandie, derzeitiger Ehemann von Aliénor von Aquitanien. Hat in seinem Leben drei schwere Fehler gemacht: seinen ältesten Sohn voreilig gekrönt, sich Thomas Beckett zum Feind gemacht und seine Frau mit der schönen Rosamonde betrogen), Nachwort des Autors, Quellenangabe, wunderbare Illustrationen des Autors und auch auf dem Festeinband selbst (also unter dem Schutzeinband) ist ein Spielmann abgebildet.

Das Nachwort des Autors hätte allerdings auch gut ein informatives Vorwort sein können. Ich persönlich fand es hilfreich, dass ich die Geschichte von Aliénor von Aquitanien und ihrem Mann bereits kannte, so waren mir die innen- und außenpolitischen und gesellschaftlichen Umstände der Zeit einfach klar und als Hintergrundinformation für diesen historischen Krimi nicht unwichtig. Der Roman spielt in Aliénors Heimat Aquitanien, früher die Heimat der Troubadoure und amour fine, jetzt zerrissen und am Boden durch die Kämpfe des englischen Königs Henry II gegen seine Gemahlin (Aliénor) und seine Söhne und natürlich hat die Situation dort auch Einfluss auf die Romanfiguren. Auch wenn Aliénor, ihr Gatte und ihre Söhne im Personenregister auftauchen, so spielen sie leider im Buch selbst keine Rolle, tauchen zumindest nicht in der Handlung auf. Schön wäre es gewesen auf alte Bekannte zu treffen, aber auch ohne sie fängt Richard Dübell die Atmosphäre in Aquitanien Ende des 12. Jahrhunderts wunderbar ein.

Diese Atmosphäre wird direkt auf der ersten Seite des Buches spürbar: ein weiterer verregneter Tag, eine Gaukler- und ein Pilgergruppe treffen aufeinander, eine der Gauklerinnen verliert ihr neugeborenes Baby, ein unsympathischer Mönch verweigert dem toten Kind die Nottaufe. Und inmitten dieser Menschenansammlung die Hauptfigur des Romans, Raymond, le Railleur, direkt und auf Anhieb präsent, zeigt Pepp, Witz, Sarkasmus, Ironie aber auch Anteilnahme und hat sofort mein Leserherz erobert. Raymond hat als Sänger Existenzangst und sieht in Bischof Bellesmains seine letzte Chance auf eine glücklichere Zukunft. Sein Beiname, le Railleur (=der Spötter) passt wie die Faust aufs Auge, er ist ein Zweifler, leicht ketzerisch veranlagt, verfehlt auch die größten Fettnäpfe nicht, ist nicht immer erfolgreich mit den Geschichten, die er erzählt. Mit Sätzen wie "Raymond grinste, obwohl er sich noch immer fragte, warum er sich einmischte", "Nun sollte ich aber wirklich meinen Mund halten" oder "Raymond fühlte sich schuldig, als ob er das, womit er noch gar nicht angefangen hatte, bereits vermasselt hätte" wird er vortrefflich beschrieben, damit spielt er sich mitten in mein Herz, nicht der strahlende Ritter auf dem weißen Pferd, sondern ein Charakter mit Ecken und Kanten, der sein Maul nicht halten kann und nicht immer geschickt agiert und eher vom Pech verfolgt ist.

Überhaupt gefallen mir die Figuren in diesem Roman sehr sehr gut! Ich finde sie alle unheimlich gut dargestellt, vielleicht ist einem der eine vielleicht nicht sympathisch, aber dennoch sind sie alle an sich faszinierend, sehr lebendig dargestellt, nicht schwarz-weiß, sondern bunt, schillernd, alle Sparten von Arm bis Reich...wie heißt's so schön: Der Herrgott hat 'nen großen Tiergarten...und Richard Dübell bedient sich dessen ;-) Lieblinge können sich für mich nicht herauskristallisieren, so viele eroberten direkt mit dem ersten Auftreten mein Herz.

Wie die Figuren empfinde ich auch die Sprache und den Erzählstil Dübells sehr lebendig, was natürlich durch die gelungenen, lebendigen Dialoge, wie wir sie z.B. auch von Rebecca Gablé so lieben, sehr verstärkt wird. Klare Bilder, klare Atmosphäre, erinnert von der Atmosphäre/ Stimmung an Filme wie "Der Name der Rose" oder "Der Tag des Falken". Allerdings hatte ich zwischenzeitlich das Gefühl, dass der Autor nicht recht in die Pötte kommt und ein bissl viel drumherum erzählt, aber ich habe ja schon geschrieben, dass ich die politischen Hintergründe für wichtig erachte und das Ausschweifen den Roman dadurch auch einfach rund machen.

Sehr gut gefallen hat mir, dass Dübell nicht einfach nur einen historischer Krimi geschrieben hat, sondern diesen mit einer bittersüßen Liebesgeschichte in der bunten, leider nicht mehr so prall gefüllten Welt der Troubadoure und Gaukler, gepaart hat. Wir bekommen Spannung, Liebe, Lieder, Gedichte und tolle Figuren und alles ist sehr stimmig. Der Krimi hält den Leser zum Spekulieren an, auch wenn der Buchtitel vielleicht schon ein wenig zu viel verrät. Teilweise ist die Handlung, die Wendungen des Krimis vorhersehbar, was aber egal ist, wenn es denn gut erzählt wird. Mir fiel est wirklich schwer, das Buch aus der Hand zu legen!

Bewertung:
[note1]

lg
kathrin
Rock the Night!

Lena

Hi Kathrin,

also dieses Buch ist nach Deiner absolut positiven Bewertung ganz nach oben meiner WL geklettert.
Ich habe gerade ein wenig bei Amazon gestöbert und der Jahrtausendkaiser von RD hört sich auch sehr vielversprechend an.

Lieben Gruß
Lena
Ich lese:
Rebecca Gable: Das Spiel der Könige