Kathrins Wanderbuch 2023 - Ein Spiegel für mein Gegenüber

Begonnen von Kathrin, 06. Februar 2023, 11:55:27

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Tara

Und jetzt noch meine Rezi, dann mach ich das Buch versandfertig

Spoiler

Ein Spiegel für mein Gegenüber von Nadire Biskin
Ist wahrlich kein einfach zu lesendes Buch.
Das Buch spricht die zerrissene Identität von Huzur an. Huzur, die zwischen verschiedenen Welten und Identitäten lebt. Sie sieht sich in Deutschland nicht als Deutsche an und in der Türkei nicht als Türkin. Deutsche sehen in ihr die Türkin, aber die Verwandtschaft in der Türkei sieht sie auch nicht mehr als ihresgleichen an, sondern als ,,Deutschländerin".
Das Buch zeigt ganz deutlich, dass Huzur dadurch nicht weiß wer sie ist, wem oder was sie sich zugehörig fühlen kann und soll. Diese Zerrissenheit lässt bei ihr keine logischen Aktionen mehr zu, sie schlägt wild in jede Richtung aus und versucht in ihrem eigenen Schmerz auch ihre Mitmenschen zu verletzen.
Vor kurzem bin ich im Internet auf den Begriff ,,Racial Impostor Syndrom" gestoßen.  Diese Definition beschreibt meiner Meinung nach exakt was dieses Buch aussagt. Die Identitätskrise in die die Menschen stürzen wenn sie das Gefühl haben nirgends Zugehörig zu sein.
https://www.vice.com/de/article/93bn7e/racial-impostor-syndrom-wenn-du-dich-zwischen-den-welten-fuhlst

Das Buch war wirklich nicht einfach zu lesen, aber die widersprüchlichen Gefühle und die daraus entstandenen seltsam erscheinenden Aktionen kann ich gut verstehen.
Was mir an dem Buch aber nicht gefallen hat ist, dass die Autorin inkonsequent in ihrem Schreibstil war. So wurde mal gegendert, mal nicht. Und zwischendurch hat sie auch versucht ein paar ,,woke" Ansätze einzubringen, die irgendwie auch nicht gepasst haben.

Insgesamt ist das Buch deswegen etwas durchwachsen.
Ich gebe eine 2-.




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Sometimes you just need to lay on the couch and read for a couple of years.

With freedom, books, flowers and the moon, who could not be happy? Oscar Wilde

Kathrin

Spannende Rezi, Tara. Ich bin extrem gespannt, wie das Buch letztlich mir gefallen wird. Kann es so gar nicht einschätzen.
Rock the Night!

Tara

Jetzt ist das Buch unterwegs zu Christiane!
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With freedom, books, flowers and the moon, who could not be happy? Oscar Wilde

Christiane

Liebe Tara, liebe Kathrin,
gerade ist das Wanderbuch hier gelandet. Das klingt richtig spannend und wird sicher Teil meiner Urlaubslektüre.
Danke natürlich auch für all die Beigaben - hach, Päckchen bekommen macht echt Spaß  :funkey: .
Und 'Daisy Jones' werd ich auf alle Fälle auch nochmal durchblättern!
Staunt euch die Augen aus dem Kopf, lebt, als würdet ihr in zehn Sekunden tot umfallen. Bereist die Welt. Sie ist fantastischer als jeder Traum, der in einer Fabrik hergestellt wird.
Ray Bradbury (1920 - 2012)

Tara

Das ging ja wieder flott!

Genau, Daisy hab ich auch total gerne nochmal durchgeblättert und geguckt was ihr geschrieben habt!
Sometimes you just need to lay on the couch and read for a couple of years.

With freedom, books, flowers and the moon, who could not be happy? Oscar Wilde

Kathrin

ich bin gespannt, was Du zu dem Buch sagen wirst, Christiane :knuddel:
Rock the Night!

Christiane

#36
Oh man, ich muss mich endlich mal an die Rezi machen  :rotwerd: . Für mich ist es immer blöd, wenn ich die Rezi nicht sofort schreiben kann - dann bin ich nämlich ganz großartig im Prokrastinieren  :rollen:  :dong: .
Ich hab das Buch ja schon im Urlaub gelesen, aber dann sind wir heim gefahren und seither war immer was los  :nixweiss1: .
Aber ich kann auf jeden Fall schon mal auf die Schnelle verraten, dass es von mir 10 von 15 Punkten bekommen hat.
Staunt euch die Augen aus dem Kopf, lebt, als würdet ihr in zehn Sekunden tot umfallen. Bereist die Welt. Sie ist fantastischer als jeder Traum, der in einer Fabrik hergestellt wird.
Ray Bradbury (1920 - 2012)

Christiane

So, nachdem ich das Buch schon Anfang des Monats gelesen hatte, hab ich mich nun endlich an die Rezi gemacht:

Spoiler
Mein Eindruck:
Dies Buch bekam ich über unsere Wanderbuchrunde in die Hände und fand das Thema gleich interessant. Man erlebt im Laufe des Buches Huzur sowohl in der Heimat ihrer Familie, der Türkei, als auch in ihrem Geburtsland Deutschland. Sehr gut konnte ich fühlen, wie zerrissen sich Huzur zwischen den Kulturen, zwischen den unterschiedlichen Anforderungen an sie fühlt. Sie ist kein sympathischer Mensch. Ihre Reaktionen sind häufig schwer nachvollziehbar, sind in meinen Augen überzogen. Aber ich konnte auch sehen, dass vieles davon aus ihrer Zerrissenheit und ihrem fehlenden Selbstbewusstsein herrührt. Sie geht ständig wie auf Zehenspitzen durch ihr Leben, fühlt sich damit dann nicht wohl sondern fremdbestimmt, ist davon genervt, reagiert deshalb total irrational und übertrieben und erscheint in einem Teufelskreis gefangen, dem sie nicht entfliehen kann.

Ich fand die Einblicke in das Leben in der Türkei spannend, da ich darüber recht wenig weiß. So groß die Unterschiede zwischen den Kulturen auch sein mögen, in einem scheinen sie sich leider dann doch sehr ähnlich: es gibt jede Menge Vorurteile und Ressentiments gegen Menschen aus anderen Ländern und Kulturen. Hier wurde dem Leser immer wieder der Spiegel vorgehalten, wurden die Vorurteile in unserer Gesellschaft um so deutlicher im Lichte der Vorurteile, die anderswo herrschen. Das fand ich sehr gelungen auch in dem Aspekt, dass man das ,natürlich' bei anderen immer eher sieht als bei sich selbst.
Schade fand ich, dass ich öfter mal das Gefühl hatte, Dinge zu verpassen, Angedeutetes nicht wirklich zu verstehen. Beispiele dafür sind die verschiedenen Redewendungen oder Sprichwörter, die mir so gar nichts sagten. Als hätte die Autorin das Buch eher für andere Menschen mit diesem Migrationshintergrund geschrieben. Da fehlten mir die Erklärungen, egal ob im Roman eingewoben oder in Form eines Anhangs – das waren verschenkte Möglichkeiten wo man als Leser mehr kulturellen Austausch hätte erfahren können. Auch einige andere Szenen (u.a. das ,Kopftuchgate') wurden mir zu wenig ausgearbeitet. Da kann man vieles nur vermuten und daher die folgenden Dinge kaum noch nachvollziehen.
Im zweiten Teil des Buches, als Huzur die kleine Hiba findet und zu sich nimmt, wird Huzurs Verhalten teils leider sehr absurd und übertrieben. Wenn die Autorin da mehr Maß gehalten hätte, wäre die Geschichte deutlich glaubhafter geblieben. Die Gefühle kann man wohl nachspüren, bei den Fakten wird es aber teilweise schon wirklich unglaubwürdig (wenn Huzur sich fragt, ob sie das Auffinden des Kindes zeitnah den Behörden melden muss statt es ,einfach zu behalten').
Zudem bleiben am Ende eigentlich nur offene Fragen zurück. Ein Buch, das viele Probleme, Missstände, Vorurteile anreißt, aber leider nicht einmal Lösungsansätze vorschlägt. Nein, ich erwarte kein Patentrezept. Aber Ideen, die man durchdenken und diskutieren könnte, eben auch aus der Sicht von Menschen mit Migrationshintergrund und insgesamt einen runderen Abschluss der Geschichte hätte ich mir schon gewünscht. Für mich liest sich das Ende, als wäre das Buch der erste Teil einer Trilogie, dem Band 2 und 3 fehlen.

Als Note vergebe ich eine 2-, da ich einige Grundideen des Buches wirklich gut dargestellt finde und auch wenn es kein ,Wohlfühlbuch' ist, kann man als Leser doch Denkanstöße mitnehmen. Mir hat dabei allerdings sehr geholfen, dass mein Mann das Buch kurz zuvor auch gelesen hatte und ich so einen Diskussionspartner hatte, mit dem ich über das Buch direkt sprechen konnte.

Note: 2-  :Box1:  :Box1:  :Box1:  :Box1:  :Box_grau1:
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Anfang der Woche schick ich das Buch dann auf den Weg zu Silke.
Staunt euch die Augen aus dem Kopf, lebt, als würdet ihr in zehn Sekunden tot umfallen. Bereist die Welt. Sie ist fantastischer als jeder Traum, der in einer Fabrik hergestellt wird.
Ray Bradbury (1920 - 2012)

Inge78

Gute Rezi , sehr passend zu dem Buch
Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore

Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
(aus "ES" von Stephen King)

Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf

Christiane

Sodele, heute hab ich es endlich auf die Post geschafft - das Buch ist unterwegs zu Dir, Silke. Ich bin total gespannt was Du mit dieser Geschichte anfängst.
Staunt euch die Augen aus dem Kopf, lebt, als würdet ihr in zehn Sekunden tot umfallen. Bereist die Welt. Sie ist fantastischer als jeder Traum, der in einer Fabrik hergestellt wird.
Ray Bradbury (1920 - 2012)

SilkeS.

Sorry, ganz vergessen hier Bescheid zu geben:
Paket ist am Freitag schon bei mir angekommen.
Buch kenne ich garnicht.  :nixweiss1:
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Christiane

Da bin ich aber beruhigt! Hatte schon überlegt, dass ich heut mal bei Dir nachfragen muss und hab gehofft, dass es einfach in Deinem trubeligen WE untergegangen war.  :flirt:
Ich kannte das Buch vorher auch gar nicht.
Staunt euch die Augen aus dem Kopf, lebt, als würdet ihr in zehn Sekunden tot umfallen. Bereist die Welt. Sie ist fantastischer als jeder Traum, der in einer Fabrik hergestellt wird.
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SilkeS.

Hallo zusammen,

so, ich habe nun auch mit diesem Buch beginnen, was die ganze Zeit aufgrund Leihfriste, WEihnachtsbücher hinten runtergefallen ist.
Habe heute morgen mal kurz reingelesen, die ersten  27 Seiten gelesen.
Ich habe von dem Buch noch nicht gehört  und wußte nicht recht worauf ich mich einlasse.
Bislang finde ich es noch recht anstrengend, dieses bemüht "wir Türken/Ausländer" müssen gefallen/uns anpassen/es allen Recht machen...  streng mich ziemlich an. Ich bekomme auch noch keinen wirklich Überblick wo wir genau sind: Türkei(weil Muezzin ruft) oder Deutschland (wenn ja, wo sind spielt das Buch - Berlin?)

Es hat eine Weile gedauert, bis ich mich eingelesen habe. Sollte aber der Stil so weitergehen, bin ich froh, dass das Buch keine 200 Seiten hat...


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SilkeS.

Ich bin sage und schreibe "Schon" auf Seite 56 . Der Erzählstil ist ziemlich anstrengend und ich merke dass ich mich doch anstrengend muß auch wirklich mitzubekommen, was ich da lese.
Könnte aber auch sein, dass es grad der falsche Zeitpunkt ist, denn so zwischen den letzten Arbeitstagen, Wegfahr-/Geschenke-/Weihnachtsfeier-Streß ist das keine wirklich entspannende Lektüre. Ich nehme es aber mit nach Dresden und hoffe dass ich da bessere Konzentration für den Plot finde.
Es ist ja zum Glück nicht so dick.

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Kathrin

Zitat von: SilkeS. in 21. Dezember 2023, 08:24:55Ich bin sage und schreibe "Schon" auf Seite 56 . Der Erzählstil ist ziemlich anstrengend und ich merke dass ich mich doch anstrengend muß auch wirklich mitzubekommen, was ich da lese.
Könnte aber auch sein, dass es grad der falsche Zeitpunkt ist, denn so zwischen den letzten Arbeitstagen, Wegfahr-/Geschenke-/Weihnachtsfeier-Streß ist das keine wirklich entspannende Lektüre. Ich nehme es aber mit nach Dresden und hoffe dass ich da bessere Konzentration für den Plot finde.
Das mit der besseren Konzentration für den Plot kommt mir gerade sehr bekannt vor. Ich war gestern kurz davor mein aktuelles Buch abzubrechen, weil ich gestern im Zug so gar nicht reingekommen bin. Heute morgen im Bett lief es dann deutlich besser. Es gibt wirklich Bücher für die man mehr Konzentration und Ruhe braucht. :knuddel:
Rock the Night!