Nur ein Gerücht - Sabine Kornbichler

Begonnen von Tintagel, 22. September 2007, 18:41:23

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Tintagel



[isbn]3426627191[/isbn]

Carla Bunge hat sich den Traum erfüllt, den viele Frauen träumen – sie hat einen Hof an der Ostsee gepachtet und aus ihm einen gut laufenden Reiterhof gemacht. Doch nach fünf Jahren erfolgreichen Betreibens ihres Unternehmens treten plötzlich Schwierigkeiten auf.

Reiten, Pferde, Widersacher

Mit ein bisschen Startkapital, viel Arbeit und noch mehr Herzblut sowie einem guten Schuß Enthusiasmus hat Carla es geschafft und ihren Reiterhof nicht nur zum Leben erweckt sondern auch zum Besten Pensionsstall weit und breit gemacht. Ihre Kunden sind mehr als zufrieden, die Pferde in ihrem Betrieb gesund und munter und im Büro liegt eine Warteliste für freie Pferdeboxen, die sich sehen lassen kann. Nach fünf Jahren scheint sie endlich am Ziel ihrer Träume angelangt, wenn da nicht noch ein paar Kleinigkeiten wären.
Zum einen gibt es Ärger mit ihrem besten Freund, der die Nase davon voll hat, nicht mehr als eben dieses zu sein. Zum anderen taucht plötzlich Melanie, die Schwester eines alten Schulkameraden, auf dem Bungehof auf und bittet Carla um einen großen Gefallen. Mit Melanie scheint ein Sturmtief über dem Reiterhof aufzuziehen, plötzlich ist nichts mehr so wie es war. Schatten der Vergangenheit tauchen wieder auf, Carlas Vater liegt im sterben und der Hofbesitzer möchte den Pachtvertrag Jahre vor Ablauf der Pacht kündigen. Zu allem Überfluss werden üble Gerüchte über den Reiterhof publik und als dann auch noch die Vierbeiner zu schaden kommen, scheint so als müsste sich die junge Frau beugen und den Hof verlassen. Doch dann erwacht ihr Kampfgeist und Carla räumt ordentlich in ihrem Leben auf...

Das ganze Ausmaß der Katastrophe

Carla Bunge ist eine junge Frau, die ihren Lebenstraum – einen eigenen Reiterhof zu betreiben - verwirklicht hat und sich nun am Ziel all ihrer Träume wähnt. Nach einer nicht eben leichten Kindheit und einigen Schicksalsschlägen ist es ihr gelungen ihr Leben so zu gestalten, dass sie sich darin endlich wohl und wichtig fühlt. So lernt der Leser die Hauptperson aus Sabine Kornbichlers Roman Nur ein Gerücht kennen. Doch wie immer sieht man das ganze Ausmaß der Katastrophe nicht auf den ersten Blick. Und das gilt hier ausnahmsweise sowohl für die Protagonistin als auch für den Roman an sich.

Die Autorin befasst sich in diesem Buch in erster Linie damit, die Vergangenheit ihrer Protagonistin aufzuarbeiten. Das an sich wäre unter Umständen noch interessant gewesen, wenn sich Carla Bunge nicht schon auf den ersten Seiten als äußerst widersprüchlicher Charakter entpuppen würde. Einerseits mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen verankert hängt sie andererseits mit dem Kopf in den Wolken und sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Handelt sie zu Anfang noch wie man es sich von einer erwachsenen Frau vorstellt, gewinnt ihr Tun bald eine Eigendynamik. Was relativ harmlos mit dem verschwinden von Sätteln und Reitutensilien beginnt, geht bald weiter und wird zu einer ernstlichen Gefahr für ihre Pferde. Der Leser bekommt schnell von ihr den Eindruck, sie fühle sich über alle Zweifel erhaben und habe für jedes Problem eine Lösung. Das an sich wäre nicht schlimm, wenn sie sich bei der Problemlösung nicht wieder in eine vierzehnjährige verwandeln würde, die sich nicht die Mühe macht, die Dinge im Zusammenhang zu sehen. So ist es dem Leser schon auf den ersten hundert Seiten klar, wer für die vielen verschiedenen Vorkommnisse auf ihrem Hof die Verantwortung trägt, während Carla noch weitere zweihundertfünfzig Seiten Zeit braucht, um den Tellerrand zu schauen.

Längen trotz flüssigen Lesens

Trotz des einfachen Stils des Buches, welcher den Leser dazu einlädt dieses Werk innerhalb kürzester Zeit wegzulesen, gibt es auf den dreihundertfünfzig Seiten mehrmals Längen, die frustrieren. Meistens werden diese Längen durch die Vergangenheitsbewältigung der Protagonistin verursacht, die zwar wichtig für die Handlung sind, aber nur mäßig interessant für den Leser umgesetzt wurden. So bleibt ein entnervtes aufseufzen Seitens der Leserschaft nicht aus, wenn sich Carla wieder einmal über ihre ehemaligen Klassenkameraden aufregt oder sich in Selbstmitleid suhlt. Ein weiterer – durchaus interessanter Eckpunkt der Geschichte – hätte ihr Vater sein können. Doch auch hier wird es dem Leser vergällt, sich weiter mit diesem Teil aus Carlas Vergangenheit auseinander zusetzen, weil es eine dreißigjährige Frau nicht schafft, sich von dem Schubladendenken einer Jugendlichen zu entfernen.

Charaktere und ihre Wandlungen

Charaktere mit Ecken und Kanten geben einem Roman erst das gewisse etwas und lassen sie für gewöhnlich Glaubhaft erscheinen. Doch hier wurde es eindeutig übertrieben. Carla entwickelt sich, je weiter man in die Geschichte des Romans eintaucht, von einer überausfähigen Geschäftsfrau in eine naive, egoistische und vor allem selbstherrliche Frau, der man es einfach nicht mehr abnimmt, einen Betrieb wie ihren Reiterhof alleine führen zu können.

Die kleine Liebesgeschichte, die im B-Plot des Buches läuft, kann auch nichts mehr reißen. Der Mann, dem es schließlich gelingt in Carlas Herzen den Platz einzunehmen, der ihm schon von der ersten Seite des Buches an gebührt, bleibt bis zum Schluss seltsam Konturen- und vor allem Farblos.
Das gleiche Schicksal ereilt auch die anderen Protagonisten dieses Buches. Sie sind zwar da, aber zu packen bekommt man sie nicht. Sie bleiben für gewöhnlich hinter einem dunstigen Schleier verborgen.

Wendy lässt grüßen

Alles in allem gesehen ist es ein eher mäßiges Buch, das man nicht gelesen haben muss. Es zieht nicht und es ist auch nicht dazu angetan, Frauen davon zu überzeugen, ihren Traum vom eigenen Reiterhof Wirklichkeit werden zu lassen. Es erinnert viel mehr an einen Wendy – Comic, nur das diese Geschichte hier weniger Bilder und dafür mehr Text beinhaltet.


Note: 4

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