Die Tore der Welt - Ken Follett

Begonnen von Lannie, 28. Juli 2008, 10:28:40

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Lannie

[isbn]3785723164[/isbn]  Verlag: Lübbe
ISBN: 3-785-72316-4
Seiten: 1295
Ausgabe: Hardcover
Preis: € 24,95
ET: 03.2008

England im Jahre 1327

Es ist der Tag nach Allerheiligen. In der Stadt Kingsbridge trifft sich im Schatten der Kathedrale das Volk. Vier Kinder flüchten vor dem Trubel in den nahe gelegenen Wald. Dort werden sie Zeugen eines Kampfes – und eines tödlichen Geheimnisses. Merthin, ein Nachfahre von Jack Builder, dem Erbauer der Kathedrale, hat dessen Genie und rebellische Natur geerbt. Sein starker Bruder Ralph strebt den Aufstieg in die Ritterschaft an. Caris, Tochter eines Wollhändlers, hat den Traum, Arzt zu werden. Gwenda, Kind eines Taglöhners, will nur ihrer Liebe folgen. Und da ist noch Godwyn, Caris' Vetter, ein junger Mönch, der entschlossen ist, Prior von Kingsbridge zu werden. Koste es, was es wolle. Ehrgeiz und Liebe, Stolz und Rache werden den Weg dieser Menschen bestimmen. Pest und Krieg werden ihnen das Liebste nehmen, was sie besitzen. Glück und Unglück werden sie begleiten Doch sie werden die Hoffnung niemals aufgeben. Und immer wird der Schwur sie verfolgen, den sie an jenem schicksalhaften Tage leisteten ...    

Meine Meinung

,,Die Tore der Welt" handelt wie schon ,,Die Säulen der Erde" in der fiktiven englischen Stadt Kingsbridge, nur etwa 150 Jahre später. Begeistert von ,,Die Säulen der Erde", musste ich natürlich die Geschichte der Nachkommen von Jack und Tom Builder und Aliena lesen. Gespannt und voller Vorfreude habe ich mich als auf ,,Die Tore der Welt" gestürzt und wurde leider herb enttäuscht.

Zwar liest sich der Roman wirklich zügig und angenehm, die Seiten fliegen nur so dahin, und man taucht schnell in die Geschichte ein, aber leider lässt die Handlung über weite Strecken zu wünschen übrig. Ich hatte häufig das Gefühl, einen billigen, zusammen gestückelten Abklatsch von ,,Die Säulen der Erde" in der Hand zu halten, ,,Die Säulen der Erde" in einem anderen Gewand. Statt einer Kathedrale wird eine Brücke gebaut, statt einem freundlichen und fähigen Prior gibt es dieses Mal einen unfähigen und intriganten, dafür ist der Bischof umgänglich. Die Hauptfiguren wirken wie aus ,,Die Säulen der Erde" entsprungen, nur mit anderen Namen, anderer Haarfarbe oder anderem Beruf. Durch die Handlung zieht sich kein roter Faden und was die Protagonisten alles erdulden müssen oder erleben dürfen, hat mich doch sehr häufig an die Daily-Soaps im Fernsehen erinnert. ,,Die Lindenstraße" ist dagegen nahezu realistisch.
Während ich die erste Hälfte wirklich noch gerne gelesen habe und sie auch noch spannend und interessant fand, war ich von der zweiten über weite Strecken entnervt. Das Muster ist einfach immer das gleiche: Intrige wird geplant und wird letztendlich vereitelt und dann geht's in die nächste Runde. Das Buch ist dadurch viel zu vorhersehbar und zum Schluss hin einfach langweilig und nervtötend. Leider konnte Ken Follett nicht einmal die größte Pestwelle der Geschichte optimal und ergreifend umsetzen. Auf ein paar Seiten versucht er zwar, Angst und Panik greifbar zu machen, kehrt dann aber recht zügig zu seiner eigentlich Handlung zurück und lässt die Pest nebenher laufen, als wäre sie nichts weiter als eine harmlose Grippe. Hier hätte man viel mehr heraus holen können, ergriffen war ich eigentlich nie. Und wenn ich schon dabei bin, architektonische Beschreibungen beherrscht Ken Follett immer noch nicht. Beim Brückenbau hatte ich große Schwierigkeiten, mir das Unternehmen vorzustellen. Auch Schlachten kann der Autor nicht beschreiben, zumindest nicht fesselnd. Ich liebe gute Schlachtszenen, bei Ken Follett war ich nur gelangweilt und überhaupt nicht ergriffen. Schade, denn gerade Schlachten bieten so viel spannendes Potential.

Die Figuren sind recht eindimensional, entweder schwarz oder weiß, Grautöne sucht man vergeblich. Keine der Figuren konnte mich so richtig in ihren Bann ziehen, mit keiner habe ich wirklich mit gefiebert. Emotionen kamen bei mir keine auf. Allerdings sind die Protagonisten recht lebendig und es sind auch durchaus sympathische Figuren darunter.

Bedauerlicherweise fehlt auch diesem Roman ein erklärendes Nachwort, da entschädigt die Karte von Kingsbridge im Einband nur wenig.

Fazit: Wer diesen Roman unbedingt lesen möchte, sollte die Erwartungen etwas herunter schrauben und vor allem auf die Taschenbuchausgabe warten.

Meine Bewertung

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Liebe Grüße
Lannie aka Cait

The Viewfinder

Kathrin

uuuuuh, und ich hab das HC noch daheim rumstehen und es reizt mich ja so gar nicht mehr...ich fand ja schon den re-read von "Die Säulen der Erde" nicht mehr so prickelnd und wenn ich das hier jetzt lese, Lannie...uuuuuh, ich glaub, das Buch wird zu einer RUB-Leiche...uuuuuh

lg
kathrin
Rock the Night!

Lannie

Süße, das tut mir ehrlich Leid!  :-B
Wenn Du schon nicht mehr viel mit dem Re-Read anfangen konntest, dann wirst Du hieran kaum Deine Freude haben. Verschenken?
Liebe Grüße
Lannie aka Cait

The Viewfinder

wingfoot

Nur nicht den Mut verlieren, gib der Sache doch erstmal eine Chance, Kathrin. Vielleicht bist du ja anderer Meinung als Lannie? Ein (virtueller) Bekannter von mir fand das Buch flüssiger als "Säulen der Erde", schreibt er hier. Ich hab die ungekürzte Hörbuchfassung schon gekauft und werd ihm auf jeden Fall eine Chance geben.
Liest gerade:
Christian Zaczyk- Was uns auf die Palme bringt. Aggression im Alltag
Oscar Wilde- The Picture of Dorian Gray


"Schweigsam und unschuldig breiten sich die Bücher im ganzen Haus aus und es gelingt mir nicht, sie aufzuhalten." - Carlos M. Dominguez

Annette B.

Hallo ihr Lieben,

also wenn ich mir Lannie`s  Rezi so durchlese, dann denke ich, dass ich meinen Bücherschrank lieber nicht mit diesem Werk belaste. :flirt:
Ich habe das Buch "Die Säulen der Erde" von Ken Follett wirklich gerne gelesen und hatte auch schon die Fortsetzung auf meiner Einkaufsliste, aber das streiche ich jetzt lieber mal und besorge mir dann bei Gelegenheit das Buch oder HB aus der Stadtbücherei! Dann brauche ich mich nicht ärgern, wenn mir das Buch wirklich nicht gefallen sollte. :zwinker:
Vielen Dank Lannie für diese schöne und ausführliche Rezi. :schmusen:
Liebe Grüße
Annette
Liebe Grüße Annette

Kathrin

Hm, wingfoot, ich glaube Lannie und ich haben da schon einen ähnlichen Geschmack und ich bin einfach Gablé-verwöhnt, was dicke hist. Schinken angeht. Mir hat bei "Die Säulen der Erde" so einiges nicht gepasst. Zum Beispiel fand ich auch die hist. Hintergrundinfos nicht besonders sensationell...ernsthaft, das was er da reingepackt hat, hätte ich auch ergooglen können. Nichtsdestotrotz werde ich dem neuen Buch irgendwann mal eine Chance geben, allerdings sicherlich nicht in einer LR, ich glaube da könnte mir das Buch ggf. nur noch mehr verkrätzt werden. Vielleicht wäre das das richtige Buch für einen Strandurlaub oder so. Hab "Die Säulen der Erde" beim ersten Mal auch am Strand gelesen...vielleicht würde das ganz gut passen. Mal schauen. ich will dem Buch auf alle Fälle irgendwann eine Chance geben, nur kann das halt noch dauern.

lg
kathrin
Rock the Night!

Susanne

Irgendwie bekomme ich immer mehr den Eindruck, daß es ganz gut war die LR zu canceln. Da ich schon mit "Den Säulen der Erde" nicht komplett glücklich war.
Manche Bücher sollten einfach keine Fortsetzung bekommen.

Liebe Grüße
Susanne

Annette B.

Hallo Susanne

Zitat von: Susanne]Manche Bücher sollten einfach keine Fortsetzung bekommen.

Stimmt, das kann ich voll Unterschreiben!!! :fivel:

Das gleiche habe ich gestern noch zu Lannie gesagt/geschrieben, nachdem ich ich ihre Rezi zu dem Buch "Die Spur der Hebamme" von Sabine Ebert gelesen hatte.
Das erste Buch: "Das Geheimnis der Hebamme" war wirklich gut und auf die Fortsetzung hätte man auch bei dem Buch locker verzichten können als Leser/ Leserin!!!! :rollen:
Liebe Grüße
Annette
Liebe Grüße Annette

Kathrin

Meine Meinung:
,,Die Tore der Welt" ist die indirekte Fortsetzung von Ken Folletts Erfolgsroman ,,Die Säulen der Erde". Indirekt deshalb, weil es 150 Jahre nach den Ereignissen von ,,Die Säulen der Erde" spielt, allerdings auch im fiktiven Ort Kingsbridge. Wir treffen auf Nachkommen bekannter Figuren und auch der Bau/ Weiterbau der Kathedrale ist wieder das zentrale Thema.

Ich habe mich sehr gefreut, als es 2008 hieß, dass es die langersehnte Fortsetzung von ,,Die Säulen der Erde" geben werde. Ich habe ,,Die Tore der Welt" blind gekauft und zur Einstimmung und in ungeduldiger Vorfreude auch ,,Die Säulen der Erde" noch einmal gelesen...und war dabei schon ernüchtert. Denn mit einigen Jahren ,,Erfahrung" im Bereich historischer Romane fallen mit bei Ken Follett Schwächen auf, die mich letztlich lange davon abgehalten haben, ,,Die Tore der Welt" zu lesen.

Knappe 6 Jahre hat es schließlich gedauert, bis ich dem Buch eine Chance gegeben habe und trotz aller Kritikpunkte, die ich habe, schafft es Ken Follett irgendwie mich bei der Stange zu halten und das Buch zu beenden. Aber überzeugt hat es mich nicht.

Hauptkritikpunkt sind für mich die absolut klischeehaften, eintönigen Figuren. Nach zwei Kapiteln in dem knapp 1300-dicken Schinken ist mir klar, wer zu den Guten und wer zu den Bösen gehört und was wem zustoßen wird. Ken Follett ist mit seiner sehr reißerischen und gewaltvollen Erzählweise für mich leider total vorhersehbar. Ein Ken Follett hat es wirklich nicht nötig, jedes Klischee, das man mit historischen Romanen in Verbindung bringt, auch auszukosten. Teilweise ist mir seine Geschichte auch zu weit hergeholt und dadurch unglaubwürdig. Mag ja sein, dass ein historischer Roman eine selbständig denkende, aufmüpfige weibliche Hauptfigur braucht, damit die moderne Leserin von heute sich mit ihr identifizieren kann. Aber muss Caris wirklich lesbisch oder bi sein und dann auch noch allein, nur begleitet von ihrer Freundin Mair, dem König und somit auch dem Krieg nach Frankreich folgen? Als ob der König in so einer Lage einen Kopf für die Probleme der Nonnen in Kingsbridge haben würde.

Schade finde ich auch, dass manche Episoden und auch Figuren irgendwie im Sande verlaufen, nicht wirklich weitererzählt werden, bzw. nicht wieder auftauchen. Das macht die Episode/ die Figur in meinen Augen sinnlos.

Neben den baulichen/ architektoischen Details beim Kathedralen-Weiterbau, die mich schon in ,,Die Säulen der Erde" genervt haben, fand ich auch die vielen Sinn- und Schreibfehler absolut ärgerlich. Falsche Namen, falsche Verwandtschaftsverhältnisse, Rechtschreibe- und Grammatikfehler ... das muss doch wirklich nicht sein. Das muss einem Lektorat oder wem auch immer doch auffallen. Das fällt mir doch auch auf!

Hinzu kommt, dass ,,Die Tore der Welt" im Prinzip die gleiche Geschichte erzählt, wie ,,Die Säulen der Erde", nur halt 150 Jahre später und mit anderen Figuren. Das war in meinen Augen unnötig, selbst wenn Ken Follett damit dem Wunsch seiner Fans nach einer Fortsetzung nachgekommen ist. In meinen Augen sollte er bei Krimis/ Thrillern im Stil von ,,Der dritte Zwilling" bleiben, das fand ich absolut lesenswert!

Bewertung:
[note4+]
Rock the Night!