Was ist anspruchsvolle Literatur?

Begonnen von Steffi, 16. August 2007, 13:18:36

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Steffi

Hallo Ihr Lieben!

Oha...der Betreff klingt vielleicht schon abschreckend, was?  :umfall:

Tja, leider Gottes ist das Wohl auch die Schuld der Medien und der sogenannten Feuilettons. Hui...anspruchsvolle Literatur... da braucht man ein paar graue Zellen mehr als ich zur Verfügung habe und eigentlich...hm...ich hab doch gar nicht Germanistik studiert. Und so schimpfen wie der Reich-Ranitzki kann ich auch nicht und so schnell reden wie die Heidenreich schon mal gar nicht (allerdings kann ich bestimmt schneller tippen!  :flirt: )

Nun, aber was ist anspruchsvolle oder zeitgenössische Literatur wirklich? Was wohl stimmt, das sie zweifellos nicht nur unterhalten will (aber meistens eben auch das!!!!), sondern auch noch andere Ansprüche erfüllt. Gesellschaftskritik, schöne und ausgefeilte Sprache, etc. sind nur einige Beispiele dafür.

Auch hier mal eine Liste von Autoren, die mir spontan so einfallen:

Jazuo Ishiguro
Sylvia Plath
Dorothy Parker
Richard Yates
Patrick Süskind
Jeffrey Eugenides
Robert Schneider
Thornton Wilder
Bernhard Schlink
J.D. Salinger
Siegfried Lenz
Ernest Hemingway
Max Frisch
Truman Capote
Paul Auster
Carson McCullers
Philip Roth
Jonathan Franzen, etc. etc. etc.

Wie man sieht sind es Autoren, die sowohl Mitte des 20. Jahrhunderts gelebt haben, als auch zeitgenössische Autoren.

Genau wie bei den Klassikern, sollte man versuchen sich von den Vorurteilen, die diesem "Genre" anhaften, frei zu machen. Einfach mal ausprobieren und eigene Erfahrungen machen und nicht gleich alles verteufeln.

Liebe Grüße,
Steffi
Ich lese gerade:
Steve Cavanah: Zu wenig Zeit zum Sterben
Taylor Jenkins Reid: Daisy Jones and the Six
Heidi Furre: Macht
        als nächstes auf dem SUB
Lea Stein: Altes Leid
Faith Jones: Ungehorsam


Wuschl*

Huhu Steffi,

wenn es um anspruchsvolle Literatur geht, dann muß ich an dieser Stelle einfach einhaken und (Du ahnst es) dringendst auf die irischen Literaten, vorneweg natürlich James Joyce hinweisen.

Aber natürlich auch William Butler Yeats, Oscar Wilde, Samuel Beckett, George Bernard Shaw und Seamus Heaney. Wobei die Nobelpreisträger und Wilde durchweg leichter zu lesen sind als Joyce - das ist schon ziemich herbe Kost *stöhn*
Aber auch soooo schööön :-))

Liebe Grüße,
Wuschl
uro nun luceo

Kati

Also nix für mich  :->
Bernhard Schlink hab ich mal probiert, das war schreckelich  :rollen:

LG Kati

Steffi

Hallo Kati!

Das ist aber das, was ich meine - nur weil Du Schlink furchtbar fandest, musst Du zum Beispiel nicht zwangsläufig auch z.B. Hemingway doof finden.

Du fandest doch auch dieses Einhorn-Buch von Tanith Lee ganz schrecklich und liest doch trotzdem noch Fantasy, oder?

Wobei  - bevor das falsch rüberkommt - jeder soll natürlich das lesen, was er möchte. Ich lese zum Beispiel ganz selten Horror und hier muss sich niemand dafür rechtfertigen, wenn er keine Klassiker liest, aber eben auch nicht, wenn er welche liest!  :->

:schmusen:
Steffi
Ich lese gerade:
Steve Cavanah: Zu wenig Zeit zum Sterben
Taylor Jenkins Reid: Daisy Jones and the Six
Heidi Furre: Macht
        als nächstes auf dem SUB
Lea Stein: Altes Leid
Faith Jones: Ungehorsam


Tecil

Mh, also mir ist es recht egal was man gelesen haben sollte und was nicht weil Weltliteratur, tz

Anspruchsvoll ist für mich das Pseudo für schwer, also viele Seiten, guter Satzbau, kein 0815, Sprachstil eher gehoben, wobei mir Der Wurm Ouroboros noch immer so sehr im Magen liegt das ich bis heute nicht durch bin, hüstel.
Und vor allen Dingen eine gute Storie!

Für mich würde auch Clavell dazu gehören.

LG Tecil

Kati

#5
Zitat von: Steffi in 16. August 2007, 19:20:05
Hallo Kati!

Das ist aber das, was ich meine - nur weil Du Schlink furchtbar fandest, musst Du zum Beispiel nicht zwangsläufig auch z.B. Hemingway doof finden.

Du fandest doch auch dieses Einhorn-Buch von Tanith Lee ganz schrecklich und liest doch trotzdem noch Fantasy, oder?

Wobei  - bevor das falsch rüberkommt - jeder soll natürlich das lesen, was er möchte. Ich lese zum Beispiel ganz selten Horror und hier muss sich niemand dafür rechtfertigen, wenn er keine Klassiker liest, aber eben auch nicht, wenn er welche liest!  :->

:schmusen:
Steffi

Ja du hast schon Recht.
Ich versuche mir das Thema gerade mit Hörbüchern ein bisschen näher zu bringen.
Eine Bekannte hat mir eine ganze Kiste geschickt, die ich jetzt durchhören kann. Klassiker sind auch dabei.
Wäre ja schon schade, wenn man einiges verpasst.... aber der Reiz nach einem Klassiker zu greifen ist halt nicht so da.  :->

EDIT:
Darf ich noch erwähnen, dass ich während der Schulzeit "Effi Briest" geelsen hab und ich es richtig gut fand ... das hatte ich irgendwie verdrängt.
Es ist also noch nicht alles verloren  :-)

LG Kati

lizielisa

Hallo!
Ich weiß, eure Diskussion ist schon eine Weile her, aber man kann zu dem Thema noch einiges hinzu fügen...
Das Problem, was viele auch abschreckt, ist glaube, dass viele der Werke, die als anspruchsvoll oder auch Klassiker gelten, aus einer anderen Zeit stammen. Natürlich ist es dann auch weniger leicht dem inhalt zu folgen, sieht man sich Shakespeare oder z.B. Gryphius an, da kann man schon Probleme mit der Sprache allein bekommen. Doch ist Shakespeare vom Inhalt her immer noch aktuell, ganz im Gegensatz zu Gryphius (mit dem konnte ich so gar nichts anfangen...) Aber sind gleich alle Texte, die heute von Kritikern gelobt werden, anspruchsvoll? Und finden sich nicht noch mehr, als die, die sich in der Fachpresse befinden? Ist ein Text von Walter Moers weniger wertvoll oder anspruchsvoll, nur weil er sich mit Fantasyliteratur befasst? Und wo wir gerade schon bei der Fantastischen Literatur sind: warum war das bei E.T.A. Hoffmann noch anspruchsvoll, ist es aber heute nicht mehr?
So kann man lange weiter fragen. Irgendwann landet man da, wo man immer hin kommt: Wer bestimmt denn eigentlich, was hohe Literatur ist, was als anspruchsvoll zu gelten hat, ja, was in den Kanon aufgenommen wird? Es gibt bestimmte Richtlinien, nach denen Leselisten für die Universitäten, Schulen erstellt werden, das denken sich Professoren, Kritiker usw. aus, Leute, die im Literaturbetrieb arbeiten. Und niemand kann da ganz objektiv sein. Finde ich. Ich habe mir vor einiger Zeit die Leselister von Reclam gekauft. Auf 201 Seiten steht da, was man gelesen haben sollte. Aber warum sollte man von den Autoren und Werken, die dort aufgeführt worden sind, ausgerechnet diese lesen? Im Vorwort wird von den 4 Autoren auf Folgendes hingewiesen:
"Unabweisbar ist, daß [...] das Bedürfnis nach Hilfestellung im Gewirr der Weltliteratur bei Schülern und Studenten ungebrochen fortbesteht. Die zahlreichen Ratgeber vom Typ 'Was Germanisten lesen sollten', wie sie vor allem an Universitäten - offiziell oder nicht  im Umlauf sind, belegen dies mit hinlänglicher Deutlichkeit. Die vorliegende 'Leseliste' schließ an dieses Bedürfnis an, führt jedoch weiter. Worauf sie abzielt, ist nicht die Vorbereitung des Benutzers auf institutionell definierte Ansprüche (Prüfungen) und auch nicht der Hinweis auf das, was einer kennen müßte, der als Abiturient oder Dr. phil. mitreden wollte. Als Nebeneffekt soll dies nicht stören - ausschlaggebend bleibt jedoch das Ziel, die Dynamik der Literaturgeschichte in markanten Werken zu benennen und besser erfassbar zu machen."
Noch da? Ja, sehr langes Zitat und eigentlich sagen sie nur aus, dass sie die wichtigsten Werke der Literaturgeschichte zusammengefasst haben. Also haben sich 4 Leute hingesetzt und beschlossen, was da hineingehört. Ich sehe das anders, hätte einige hinzugefügt, andere weggelassen, aber das sieht ja auch jeder anders und das ist kurz gesagt: gut so! Um wieder zurück zu kommen - und damit ich mich hier nicht verzettel und den Faden nicht verliere - es gibt ziemlich schöne Bücher, die auch sehr leicht zu lesen sind, welche zur hohen Literatur gehören. Auch die Schauerliteratur gehört dazu, ebenso die Fantastische (Hauptsache die Autoren waren die Richtigen).
E.T.A. Hoffmann ist ein gutes Beispiel. Er wurde zum Teil richtig verschrieen, hatte Anhänger und Ablehner. Goethe fand, er würde nur Schund schreiben. Und Goethes Werther war z.B. ein Bestseller, vergleichbar mit den Biss Büchern heutzutage. Das Büchlein war so schnell vergriffen, dass der zweite Druck in geänderter Form stattfinden musste, da das Original von goethe nicht mehr vorlag. Dazu gab es die berühmten Nachahmer, die sich in Werther-Manier das Leben nahmen und solche, die die selbe Kleidung trugen. Und damals gab es ebenfalls schon Merchandising-Produkte. Teller und Tassen, auf die Werther und Lotte gemalt waren. Also, man glaubt es kaum, ein Hype wie heutzutage und trotzdem Weltliteratur!
Ich denke man sollte das alles nicht so eng sehen. Alles ist immer Ansichtssache.
LG!

jaqui

Hallo lizielisa,

ich bin auch kein wirklicher Kanonleser, aber ein Kanonschauer  :-> Was bedeutet, dass ich mir sehr viele Kanons gerne anschaue und da sieht man eines ganz deutlich. Viele Werke kommen immer wieder vor, zumindest die Autoren davon.

Ich denke nicht dass es eine Willkür einiger Autoren ist einen Kanon aufzustellen sondern dass es sehr oft darum geht welche Werke auch 70 Jahre nach dem Tod des Autors gerne gelesen werden. Und das sind eigentlich eine ganze Menge.

Bei den heutigen Büchern müsste man sich demnach fragen: Was lesen unsere Urenkel noch?? Und so sehr ich die Biss-Bücher oder Harry Potter auch liebe, kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, dass die in 100 Jahren noch immer verschlungen werden.

Zum Thema Klassiker: Ich liebe Klassiker, schaffe aber nicht mehr als einen im Monat (wenn überhaupt). Ich brauche nach einem Klassiker immer eine Pause von diesem Genre weil sie schon anstrengender zum lesen sind. Bei einem Fantasybuch oder einem Krimi kann ich mich entspannt zurück lehnen und das Buch genießen. Bei einem Klassiker aber muss ich wirklich mitdenken. Das hört sich jetzt bescheuert an, so als ob man bei den anderen Büchern nicht auch denken müsste, aber ich hoffe ihr wisst was ich meine. Man muss sich mehr anstrengen, muss genauer lesen und mehr nachdenken was der Autor denn gemeint haben kann.

Früher habe ich um die Klassiker einen großen Bogen gemacht, heute nicht mehr. Ein Mann hat einmal in einem anderen Forum gemeint: Alles eine Frage des Alters. Ich neige dazu ihm Recht zu geben  :->

Katrin

lizielisa

Hi Katrin!

Ich meine auch nicht, dass es eine rein willkürliche Auslese ist. Und natürlich werden Bücher auch nach über 100 Jahren noch gelesen, weil sie gut oder Klassiker sind. Aber: werden sie nur gelesen, weil sie irgendwann einmal in den Kanon gekommen sind und da drin stecken und deshalb als wichtig angesehen werden? Weisst du, das ist eine Art Teufelskreis. Meine Englisch-Proffesorin meinte: Die Autorin, die sie in der Bibliothek finden sollte, hat wunderbare Bücher geschrieben. Sie wurde jedoch nicht in den Kanon aufgenommen und deshalb wird ihrem Werk keine Beachtung geschenkt. Von Daher: Kanon=Beachtung, Beachtung=Kanon. Was war zuerst da?
Ich glaube ich habe die Klassiker früher fast noch lieber gelesen als heute. Also vor meinem Studium hat mir das mehr Spaß gemacht, weil ich das Buch einfach genießen konnte. Während des Studiums fand ich es meistens furchtbar, genau das lesen zu müssen, was der Prof meinte und das Buch so zu zerpflücken. Jetzt, nach meinem Studium, habe ich endlich wieder Zeit und auch Muße mich damit zu beschäftigen. Aber du hast Recht, bei vielen Büchern der hohen Literatur muss man sein Gehirn mehr anstrengen. Daher wohl auch anspruchsvoll... Ich würde trotzdem nicht sagen, dass diese Bücher mehr geschätzt werden sollten. Einige der tollsten Bücher, die ich kenne gehören zur Jugend- und Kinderliteratur, sind überhaupt nicht anstrengend zu lesen und dennoch - wie ich finde - äußerst wertvolle Literatur... Aber ich glaube, so darf man gar nicht anfangen zu denken, was wertvoll und was nicht ist. Was ich sagen will ist, dass anspruchsvoll nicht unbedingt auch wertvoll sein muss.
Christina

jaqui

Zitat von: lizielisa in 12. April 2010, 13:35:29
Aber: werden sie nur gelesen, weil sie irgendwann einmal in den Kanon gekommen sind und da drin stecken und deshalb als wichtig angesehen werden? Weisst du, das ist eine Art Teufelskreis. Meine Englisch-Proffesorin meinte: Die Autorin, die sie in der Bibliothek finden sollte, hat wunderbare Bücher geschrieben. Sie wurde jedoch nicht in den Kanon aufgenommen und deshalb wird ihrem Werk keine Beachtung geschenkt. Von Daher: Kanon=Beachtung, Beachtung=Kanon. Was war zuerst da?

Tja, das ist wohl wie die Frage nach dem Huhn und dem Ei  :->
Aber auf alle Fälle sehr interessant und von mir als Laien sicher nicht zu beantworten.

Und das anspruchsvoll nicht immer wertvoll heißen muss, da hast du wohl recht. Ich kenne anspruchsvolle Bücher, die ich nie im Leben ein zweites Mal lesen würde und auch genug für mich wertvolle Bücher, die sicher nicht den Anspruch anspruchsvoll haben.

Katrin