Pergamentum - Heike Koschyk

Begonnen von Lannie, 09. Januar 2010, 15:23:48

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Lannie

[isbn]978-3-352-00772-9[/isbn] Verlag: Rütten & Loening
ISBN: 978-3-352-00772-9
Seiten: 426
Ausgabe: Hardcover
ET: 08.2009
Preis: € 19,95

Eine junge Frau kämpft gegen einen teuflischen Feind. Sie muss einen Mörder finden, um das Erbe Hildegards von Bingen zu bewahren – und den Untergang der ganzen Christenheit zu verhindern. An einem Abend im Jahr 1188 klopft ein Mönch, ausgemergelt und mit fratzenhafter Miene, an die Pforte des Klosters Eibingen. Die Nonnen glauben, der Antichrist sei gekommen. Doch es ist Bruder Adalbert, früher ein gern gesehener Gast bei der seligen Hildegard von Bingen. Am nächsten Morgen liegt der Mönch tot im Skriptorium, in der Hand ein rätselhaftes Pergament. Gegen ihren Willen soll die Adelige Elysa als zukünftige Novizin den Mord aufklären. Als sie das Kloster erreicht, brennt die Kirche und eine Nonne wird tot aufgefunden. Der einzige Hinweis ist das Pergament, auf dem Worte in der Geheimsprache Hildegards abgefasst sind. Bald ahnt Elysa, dass es nicht nur um einen Kampf zwischen Gut und Böse, sondern um das Überleben der gesamten christlichen Welt geht...

Meine Meinung


Hildegard von Bingen ist für mich nur ein vager Begriff, und ich muss offen gestehen, viel weiß ich nicht über diese berühmte Äbtissin und Visionärin. Von daher hat es mich wirklich sehr gereizt, einen Roman zu lesen, der sich mit ihr befasst. Meine Wahl fiel auf ,,Pergamentum" von Heike Koschyk. Auch wenn sich dieser Roman nicht direkt mit dem Leben Hildegards beschäftigt, sondern mit einem Geheimnis, das sie geschaffen hat und nach ihrem Tod aufgedeckt werden soll, bekommt man, wenn auch einen recht kleinen, so doch guten ersten Eindruck von dieser historischen Persönlichkeit.

Elysa von Bergheim ist auf dem Weg zur heimatlichen Burg, um ihren Bruder als Statthalterin zu vertreten. Begleitet wird sie von dem Kanonikus Clemens von Hagen, der etwas ganz anderes im Sinn hat, als Elysa zu ihrem Bruder zu bringen. In dem von Hildegard von Bingen gegründeten Filialkloster in Eibingen geschehen teuflische Dinge; Morde geschehen und Brände brechen aus. Und das ausgerechnet, während man die Heiligsprechung Hildegards anstrebt. Clemens von Hagen möchte den Geschehnissen auf den Grund gehen und verhindern, dass die Ereignisse an die Öffentlichkeit kommen, die eine Heiligsprechung unmöglich machen würden. Da er sich nicht frei im Nonnenkloster bewegen kann, schleust er die kluge Elysa als Anwärterin ein. Sie soll nun den mysteriösen Morden und Ereignissen nachgehen, während er selbst einer ganz anderen Spur folgt. Denn er weiß mehr, als er zu wissen vorgibt...

Der Einstieg in ,,Pergamentum" fiel mir äußerst leicht, der Schreibstil ist flüssig und recht angenehm zu lesen, auch wenn mir, vor allem zu Beginn, die Logik im Verhalten der Protagonisten fehlte. Der Aufbau gefiel mir wirklich gut, da sich die Kapitel, in denen Elysa ermittelt, mit denen abwechseln, in denen Clemens von Hagen seiner Spur nachgeht. Dadurch kommt eine beständige Spannung zustande, die bis zum großen Finale nicht abreist. Sprachlich fühlte ich mich rundherum wohl, da die Autorin äußerst bemüht war, auf zu moderne Begriffe zu verzichten.

Schon nach den ersten Seiten wird deutlich, dass es sich bei diesem Roman um einen historischen Krimi handelt und obwohl ich eher wenig Krimis, und wenn dann ausschließlich historische, lese, hat mit der Roman unheimlich viel Spaß gemacht und bis zum Ende tappte ich im Dunkeln, wer in welcher Art und Weise hinter den verschiedensten Ereignissen steckt. Einfachere Zusammenhänge haben sich mir hingegen deutlich schneller erschlossen, als den Protagonisten, was ich ein wenig schade finde. Gerade weil Elysa als äußerst klug und logisch dargestellt wird, hätte ich mir gewünscht, dass sie die richtigen Schlüsse ebenso schnell wie der Leser zieht.
Über Hildegards Leben erfährt man leider recht wenig, oft recht bruchstückhaft, insgesamt aber verständlich, da alles Wesentliche für die Handlung seinen Platz im Roman gefunden hat. Da dieser Roman nicht das Ziel verfolgt, Hildegard von Bingen dem Leser näher zu bringen, bekommt man zwar kein Gesamtbild dieser berühmten Äbtissin und Visionärin, so doch einen interessanten Eindruck, der die Neugier weckt und dazu anregt, mehr über sie zu lesen.
Die Handlung fand ich großartig und äußerst spannend erzählt. Es gibt keine Längen und der Roman ist am Ende in sich schlüssig und ohne offene Fragen. Ich habe das Buch zum Schluss sehr zufrieden zurück ins Regal gestellt. Allerdings hat das Religiöse einen sehr hohen Stellenwert und so wurden – für mich persönlich – zu viele Bibelzitate und Zitate der Hildegard von Bingen in den Dialogen untergebracht. Ich muss gestehen, es gab den ein oder anderen Dialog, dem ich nicht konzentriert folgen konnte. Vor allem wenn Clemens von Hagen sich auf religiöse Dispute einlässt, habe ich mich dabei ertappt, dass ich diese Ausführungen nur noch überflog. Äußerst interessant fand ich hingegen die Darstellung der verschiedenen Blickwinkel auf die Ereignisse im Nonnenkloster. So trifft der Leser während der Aufklärung der Morde und Brände auf Scholastiker, Fanatiker, Exorzisten und abergläubische Nonnen, was neben großer Spannung auch eine Menge Abwechslung in die Handlung bringt.

Die Figuren haben mich allesamt überzeugt. Nicht nur von Elysa war ich hingerissen, sondern auch von einigen Nonnen, die ebenso wie die Protagonistin unglaublichen Facettenreichtum aufweisen und mich begeistern konnten. Clemens von Hagen, ein intelligenter und äußerst liebenswerter Mann der Kirche, hat mich fasziniert, und ich habe es genossen, ihn auf seinem Abenteuer zu begleiten. Ich konnte mit den Figuren wunderbar mitfiebern, mit ihnen leiden, mich mit ihnen freuen und habe eine sehr enge Beziehung zu einigen Charakteren aufbauen können, so dass ich auch äußerst emotional an der Handlung teilgenommen habe. Heike Koschyk hat Figuren geschaffen, die nicht nur restlos überzeugen können, sondern im Gedächtnis des Lesers haften bleiben und eine große Anziehungskraft auf den Leser ausüben.

Für die Leser, die sich nicht mit der deutschen Geschichte auskennen, fehl in meinen Augen ein Glossar, da sich die Autorin auch auf Ereignisse bezieht, die in der Vergangenheit liegen und damit nicht weiter in der Handlung erläutert werden. Ebenso haben zahlreiche Fachbegriffe aus dem Klosterleben und der Geschichte ohne weitere Erklärung Eingang in den Roman gefunden. Und auch die Geheimsprache der Hildegard von Bingen, die ,,Lingua Ignota", hätte durchaus ein Glossar verdient, um dem Leser einen besseren Eindruck davon zu verschaffen. Ich kam zwar auch ohne Glossar sehr gut zurecht, aber ich kann mir gut vorstellen, dass der ein oder andere Leser darüber etwas verzweifelt und erstmal Sekundärliteratur oder das Internet bemühen muss. Dass es eine Karte der Region gibt, in der Clemens von Hagen seiner Spur folgt, fand ich eine schöne Idee, auch wenn ich sie kaum bemüht habe. Das Nachwort der Autorin hingegen ist äußerst nützlich und aufschlussreich, da man als Leser erfährt, welcher Antrieb hinter dem Roman stand, was Fiktion und was historisch verbürgt ist.

Fazit

Insgesamt konnte mich ,,Pergamentum" bis auf ein paar Kleinigkeiten, die meinem persönlichen Geschmack nicht ganz getroffen haben, rundherum überzeugen. Ich hatte kurzweilige und spannende Lesestunden, bin auf Figuren getroffen, die mich faszinieren und begeistern konnten. Ich möchte diesen Roman jedem Freund historischer Kriminalromane wärmstens empfehlen. Heike Koschyk ist durch ,,Pergamentum" für mich ein Name geworden, den man sich merken sollte.

Meine Bewertung

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Liebe Grüße
Lannie aka Cait

The Viewfinder