Der Silberne Falke - Katia Fox

Begonnen von Lannie, 15. Oktober 2008, 16:06:17

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Lannie

[isbn]978-3-404-15987-1[/isbn]  Verlag: Lübbe
ISBN: 978-3-404-15987-1
Seiten: 560
Ausgabe: Taschenbuch
ET: 04.2009
Preis: € 8,95

Das Buch erschien bereits im
September 2008 als HC im Bücherclub

Kurzbeschreibung

England 1184

Der zwölfjährige William wünscht sich nichts sehnlicher, als Falkner zu werden. Doch Standesschranken und der Wunsch der Mutter sprechen dagegen: William soll dereinst die elterliche Schmiede übernehmen. Aber dann kommt der Tag, an dem der Falke des Königs auf der Jagd ausreißt, und William bietet sich die Chance seines Lebens...

Meine Meinung

,,Der Silberne Falke" ist die direkte Fortsetzung von ,,Das Kupferne Zeichen" und somit der zweite Teil der von Katia Fox angelegten Trilogie. Auch wenn man den ersten Teil keineswegs gelesen haben muss, um die Fortsetzung zu verstehen, würde ich doch dazu raten mit ,,Das Kupferne Zeichen" zu beginnen. Danach kann man einfach mit einem völlig anderen Verständnis und Hintergrundwissen an ,,Der Silberne Falke" heran gehen.

Von der ersten Seite an liest sich das Buch zwar gut und auch interessant, aber leider zunächst nicht so richtig flüssig. Zum Glück gibt sich das im Laufe der Handlung und man kann in einen runden, sprachlich schönen Schreibstil abtauchen und letztendlich das Buch auch nicht mehr aus der Hand legen.

Auch war ich zu Beginn etwas skeptisch, ob ich mit einer männlichen Hauptfigur und dem Thema Falknerei zurecht kommen würde. Aber die Skepsis verflog schnell, da es Katia Fox gelungen ist, mit William einen glaubwürdigen und äußerst lebendigen Protagonisten zu schaffen, der mit seiner Leidenschaft für die Falknerei sogar mich anstecken konnte. Die Handlung ist zwar nicht immer hundert prozentig glaubwürdig, aber die Autorin bemüht sich, die Ereignisse zum Großteil realistisch darzustellen. Was mir sehr gut gefallen hat, Katia Fox schont den Leser nicht. Oft muss man sich von lieb gewonnen Figuren überraschend verabschieden und mehr als einmal hatte ich doch einen recht dicken Kloß im Hals. Aber genau das macht diesen Roman glaubwürdig.
Der historische Hintergrund ist verständlich eingebunden, allerdings nicht sehr stark ausgeprägt. Als Leser erfährt man nur das über politische Entwicklungen und Ereignisse, was auch der einfache Mann zu der damaligen Zeit vermutlich hätte aufschnappen können. Zwar hätte ich gerne intensiver über die historischen Ereignisse des 12. Jahrhunderts gelesen, aber ich kann nachvollziehen und akzeptieren, dass sich die Autorin für diesen Weg entschieden hat. Auf jeden Fall gewinnt der Roman so deutlich an Authentizität.
Leidenschaftlich und lebendig erzählt die Autorin ihre Geschichte. Spannend, manchmal etwas vorhersehbar, aber oft auch überraschend entwickelt sich die Handlung. Das Ende ist rund und hat mich zufrieden zurück gelassen. ,,Der Silberne Falke" konnte mich immer fesseln, mich zutiefst bewegen und berühren, und das deutlich häufiger und intensiver als ,,Das Kupferne Zeichen", weswegen mir ,,Der Silberne Falke" letztendlich auch besser gefallen hat. Ich war hier emotional äußerst stark involviert und musste an einer bestimmten Stelle nicht nur weinen, sondern regelrecht Rotz und Wasser heulen. Wer also nah am Wasser gebaut hat, sollte Taschentücher bereit legen.

William ist ein sehr menschlicher und authentischer Charakter. Katia Fox schreibt ihm nicht nur Stärken zu, sondern auch viele Schwächen, was ihn unheimlich sympathisch und greifbar macht. William ist bei weitem kein Superheld, auch nicht nur gut, liebevoll, hilfsbereit und großmütig. Er kann kleinlich und nachtragend, engstirnig und rachsüchtig sein, dennoch hat er sich mit Leichtigkeit in mein Herz gespielt.
Auch die übrigen Figuren haben mich meistens überzeugen und verzaubern können. Katia Fox hat sich viel Mühe gemacht, ihnen realistisches Leben einzuhauchen. William Marshal (hier: Guillaume le Maréchal ) hat mich ganz besonders fasziniert. Dank ,,Das Kupferne Zeichen" habe ich ein Faible für diesen Ritter entwickelt. Leider kam er in diesem Roman - im Gegensatz zum ersten Teil - ein wenig zu kurz, aber laut Autorin wird er im letzten Teil der Trilogie die Hauptrolle einnehmen, was mich natürlich unglaublich freut.
Allerdings ist der Bösewicht leider einer der ganz typischen und überzogenen Gattung. Gerade ihn empfand ich viel zu eindimensional, mehr Facetten hätten ihm und sicherlich auch der Handlung gut getan. Sobald er auf der Bildfläche erschien, waren die kommenden Ereignisse meist voraus zu ahnen. Schade!

Ein kleines Manko ist das fehlende Glossar. Gerade zu Beginn wirft die Autorin mit Fachbegriffen aus der Falknerei nur so um sich. Zwar werden diese (beim ersten Erwähnen) erklärt, aber ich konnte sie mir beim besten Willen nicht alle auf Anhieb merken. Hier hätte ich gerne eine Möglichkeit zum Nachschlagen gehabt. Aber ein ausführliches und aufschlussreiches Nachwort der Autorin und eine Karte von England konnten mich ein wenig entschädigen.

Meine Bewertung

[note2+]
Liebe Grüße
Lannie aka Cait

The Viewfinder

Kathrin

Hier nach langer langer Zeit mal wieder eine Rezi von mir:

Besser hätte das Lesejahr 2014 gar nicht starten können. Katia Fox entführt mich mit ihrem zweiten Roman ,,Der silberne Falke" in eine Zeit und in ein Land, in dem ich mich sehr wohlfühle: ins mittelalterliche England. Und wenn eine Geschichte so gut umgesetzt ist, dann ist es wie Heimkommen. Es trifft genau in mein Leserherz und in meine Seele und nimmt mich total gefangen.

Das große Thema des Romans ist die Falknerei und wie schon in ihrem Erstling ,,Das kupferne Zeichen" um die Schmiedin Ellenwore, hat sich Katia Fox sehr gut in die Falknerei eingearbeitet und bringt mir somit nicht nur spielerisch etwas über die englische Geschichte bei. In einem Vorwort weist sie auf einen Falknerei-Glossar am Ende des Buches hin, den ich oft konsultiert habe. Durch diesen Glossar waren für mich die teilweise etwas unbeholfen wirkenden Erklärungen im Text überflüssig. Wenn ich richtig informiert bin, war der Glossar jedoch nicht immer Bestandteil des Buches und ist erst bei einer späteren Ausgabe des Buches ergänzt worden.

Ein weiterer Kritikpunkt für mich ist der Bösewicht der Geschichte, Williams Gegenspieler Odon, der mir deutlich zu böse und zu extrem geraten ist. Seine Handlungen und sein Werdegang sind vorprogrammiert und nicht neu. Der einzige Pluspunkt an ihm ist, dass er sich um seinen Bastard-Sohn kümmert. Das rechne ich ihm hoch an.

Auch wenn sich das Buch extrem rutschig liest, finde ich es an der ein oder anderen Stelle etwas holprig bzw. übereilt. Dies gilt für das Ende, aber auch für die erste Zeit, in der William in seine neue Rolle als Lord hineinwächst. Mehr Seiten hätten dem Buch sicherlich an der ein oder anderen Stelle gut getan bzw. es noch runder wirken lassen.

Nichtsdestotrotz liebe ich dieses Buch und das liegt vor allem an ein paar ganz wundervollen Figuren. Da ist zunächst König John I (John Ohneland). Ich habe zwar keine Ahnung, ob das Bild, das die Autorin von ihm gezeichnet hat, allzu realistisch ist, aber ich finde es gut, dass sie aus ihm nicht den bitterbösen Teufel gemacht hat, wie man ihn so oft in anderen Romanen findet, denn ich finde ihn als König und Figur extrem spannend. Wie schon so oft gesagt hätte ich gerne eine Romanserie über Henry II und seine Gemahlin Aelinor und deren Söhne, und zwar gerne im Stil einer Rebecca Gablé, sprich nahe an den Königen dran. Diese Zeit ist für mich die spannendste und faszinierendste in der englischen Geschichte.
Auch wenn ich die Hauptfigur William, Ellens Sohn, sehr mag, so sind mir doch seine erste große Liebe Enid und auch sein bester Freund Robert noch viel mehr ans Herz gewachsen. Gerade bei Enid und ihrer Geschichte war zwar auch einiges für mich vorhersehbar, aber dennoch hat mich ihr Schicksal fix und fertig gemacht. Wie sehr hätte ich mir gewünscht, die Zeit anhalten zu können, damit sie für immer mit William glücklich sein könnte. Auch Robert liebe ich sehr. Einen besseren Freund als ihn kann man sich für William nicht wünschen, so tragisch seine Geschichte auch ist.

Die Geschichte und Entwicklung  des Buches ist an sich für mich nicht neu, einiges ist vorhersehbar oder nicht immer ganz rund, und dennoch war dieses Buch für mich ein absolut wunderbares Leseerlebnis. Ich habe jede Seite genießen können und war von Anfang an ganz nah bei den Figuren und habe selten so viel und heftig geweint wegen einem Buch wie hier. Mein Leserherz würde das Buch gerne in den Bücher-Olymp heben, aber die kleineren Mängel lassen mich dann doch zögern.

[note2+]
Rock the Night!