Bücherkränzchen 2.0

Begonnen von Steffi, 27. März 2018, 13:05:42

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Christiane

Hallo in die Runde,
unter Euch sind doch Leute, die auch außerhalb des Forums auf anderen Plattformen schon Leserunden mitgemacht haben. Hattet Ihr das auch schon mal via WhatsApp gemacht? Wie habt Ihr das dort organisatorisch gemacht, dass die verschiedenen Buchabschnitte zusammenhängend diskutiert werden? Hier kann man ja die Unterpunkte in einem Leserundenthread nutzen. Aber sowas gibt es bei WA nicht, oder?!
Staunt euch die Augen aus dem Kopf, lebt, als würdet ihr in zehn Sekunden tot umfallen. Bereist die Welt. Sie ist fantastischer als jeder Traum, der in einer Fabrik hergestellt wird.
Ray Bradbury (1920 - 2012)

SilkeS.

Hallo Christine,

ja, meine letzten Leserunden waren nur noch über WA.
Es lieft so, wie auch hier, eben nur meist in mündlicher Form.
Es gibt eine WA Gruppe & das Buch wird in Leseabeschnitte eingeteilt und und dazu gibt es einen Beitrag, damit jeder das weiß.

Dann verabredet man wie man sich zum Start, zum Austausch, also ob man für den LA 1,2  etc. Tage braucht.
Zwischendurch kann natürlich trotzdem geschreiben werden, wenn man z.B. Rechercheergebnisse des LA teilen will, z.B. Bilder, Musik etc.

Bevor es dann zum Besprechen (meist gibt es Sprachnachrichten), geht, wird oben drüber geschrieben, dass man nun was zum aktuellen LA postet, einfach damit man sich nicht ausversehen spoilert, wenn man die Nachricht abhört und evtl. noch nicht so weit ist.
Oder es es wird drüber geschrieben, dass man jetzt speziell auf xyz -NAchricht eingeht, oder dass es zu dem oder dem Thema noch was zu sagen gibt...
jed größer die Gruppe um so wichtiger ist das, finde ich.
Bei kleineren Gruppen ist das einfacher.

Ich hoffe ich habe das nun irgendwie verständlich rübergebracht.

Gruß Silke
Mein Blog
Mein Blog - Kommtar erwünscht

Christiane

Ja, schon. Ihr schreibt quasi eine Abschnittsüberschrift, an der man sich orientieren kann. Und darunter kommen dann die Wortbeiträge zu dem Abschnitt.

Aber solche Unterkapitel mit eigener Chronologie, ohne das anderes dann dazwischen käme, das geht bei WA nicht. Wenn ich es richtig verstanden hab?!
Staunt euch die Augen aus dem Kopf, lebt, als würdet ihr in zehn Sekunden tot umfallen. Bereist die Welt. Sie ist fantastischer als jeder Traum, der in einer Fabrik hergestellt wird.
Ray Bradbury (1920 - 2012)

Inge78

Zitat von: Christiane in 04. April 2024, 23:39:50Ja, schon. Ihr schreibt quasi eine Abschnittsüberschrift, an der man sich orientieren kann. Und darunter kommen dann die Wortbeiträge zu dem Abschnitt.

Aber solche Unterkapitel mit eigener Chronologie, ohne das anderes dann dazwischen käme, das geht bei WA nicht. Wenn ich es richtig verstanden hab?!

Nein, das geht nicht, man wartet quasi aufeinander

Ich mache auch Leserunden bei "Reado", dieser Bücher - App, da gibt es dann auch richtige Abschnitte, die angelegt werden,das klappt auch ganz gut
Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore

Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
(aus "ES" von Stephen King)

Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf

Esmeralda

Bei mir sind folgende eBooks kürzlich eingezogen:

Filiz Penzkofer - Alles im Grünen oder Wie ich die Kette der Beschissenheit durchbrach

ZitatIn einer unfreiwilligen Berliner WG des «Betreuten Wohnen e. V. Hermannplatz» wohnen: a) Rabea, die bei ihren häufigen Panikattacken gern Vogelstimmen nachahmt, vorzugsweise Kraniche, b) Queen Tiger, selbst ernannte Ebay-Voodoo-Hexe, die in der Wohnung Liebeszauber mithilfe von abgenagten Hühnerknochen ausübt, und c) Musti, ein syrischer Geflüchteter, der seine Deutschkenntnisse mit (knapp danebengegriffenen) Redewendungen aufpeppen will. Die drei haben wirklich nichts gemeinsam, bis die grantige Hauseigentümerin vermeintlich stirbt. Und sie davon überzeugt sind, die Leiche samt ihrem Mops beiseiteschaffen zu müssen. Dass dabei alles schiefgeht, was schiefgehen kann, ist vorprogrammiert. Warum die drei trotz allem schließlich als Held und Heldinnen der Stadt gefeiert werden, wissen sie selbst nicht so genau. Aber dass sie von nun an nichts mehr auseinanderbringen kann, schon.


Jule Heiland - Schicksalsjahre. Die Frauen vom Neumarkt

ZitatDresden ist vollkommen zerstört. Die junge Lotte gehört zu den Frauen, die die Stadt mit bloßen Händen wieder aufbauen. So sehr sich Lotte nach einem Neuanfang sehnt, so verzweifelt ist sie auf der Suche nach ihrem Geliebten. Als sie eines Abends einen jungen Mann vor dem Tod bewahrt, kehrt ihre Zuversicht zurück: Jakob weckt in ihr Gefühle, die sie verloren geglaubt hatte. Doch das Schicksal greift auch nach dieser Liebe, und erst Jahrzehnte später wird Lottes Enkelin Hannah die Wahrheit über ihre tragische Familiengeschichte erfahren...


Anne Prettin - Der Ruf des Eisvogels

Zitat21 Gramm, so viel wiegt eine Seele, weiß Olga. Ungefähr so viel wie der Eisvogel, in dem die Seele ihrer Mutter fortlebt, ewig und drei Tage. Das zumindest behauptet ihr Großvater, obwohl er Arzt ist und doch eigentlich an Wissenschaft glaubt. Er ist es auch, der Olga die Wunder der Natur erklärt und in ihr die Liebe zur Medizin weckt. Denn der kühle, distanzierte Vater hat kein Verständnis dafür, dass Olga die Welt mit eigenen Augen sieht.
Dann bricht der zweite Weltkrieg in die Idylle der Uckermark ein. Die Achtzehnjährige muss fliehen, und nichts ist mehr, wie es war. Erst fünfzig Jahre später kehrt sie mit Tochter und Enkelin zurück ...


Felicitas Prokopetz - Wir sitzen im Dickicht und weinen

ZitatValerie hat nicht die einfachste Beziehung zu ihrer Mutter. Am besten klappt es, wenn die beiden einander nur selten sehen. Doch eine Krebsdiagnose schafft neue Tatsachen - vom einen Tag auf den anderen muss Valerie für ihre Mutter da sein, ganz gleich, wie schwer ihr das fällt. Und sie bekommt es mit der Angst zu tun: Was, wenn dies tatsächlich das Ende ist? Als zeitgleich Valeries Sohn beschließt, ein Schuljahr im Ausland zu verbringen, droht ihre Welt vollends aus den Fugen zu geraten.


Iris Wolff - Lichtungen

ZitatZwischen Lev und Kato besteht seit ihren Kindertagen eine besondere Verbindung. Doch die Öffnung der europäischen Grenzen weitet ihre Lebensentwürfe und verändert ihre Beziehung für immer. Voller Schönheit und Hingabe erzählt Iris Wolff in ihrem großen neuen Roman von zeitloser Freundschaft und davon, was es braucht, um sich von den Prägungen der eigenen Herkunft zu lösen.

Als der elfjährige Lev über Wochen ans Bett gefesselt ist, wird ausgerechnet die gescheite, aber von allen gemiedene Kato zu ihm ans Krankenbett geschickt, um ihm die Hausaufgaben zu bringen. Zwischen dem ungleichen Paar entsteht eine unverbrüchliche Verbindung, die Lev aus seiner Versteinerung löst und den beiden Heranwachsenden im kommunistischen Vielvölkerstaat Rumänien einen Halt bietet. Ein halbes Leben später läuft Lev noch immer die Pfade ihrer Kindheit ab, während Kato schon vor Jahren in den Westen aufgebrochen ist. Geblieben sind Lev nur ihre gezeichneten Postkarten aus ganz Europa. Bis ihn eines Tages eine Karte aus Zürich erreicht, darauf nur ein einziger Satz: »Wann kommst du?«
Life is too short to read bad books. 

Kathrin

Das erste Buch klingt spannend, Esme. Bin gespannt, was Du dazu sagen wirst.
Rock the Night!

Esmeralda

Zitat von: Kathrin in 11. April 2024, 08:27:07Das erste Buch klingt spannend, Esme. Bin gespannt, was Du dazu sagen wirst.
Ich werde bestimmt hier berichten.  :flirt:
Life is too short to read bad books. 

sisquinanamook

Sagt mal, habt ihr von dem Buch hier schon gehört?
Es wurde in einem Podcast angesprochen und ich finde, dass es total spannend klingt:

Percival Everett: James

ZitatJim spielt den Dummen. Es wäre zu gefährlich, wenn die Weißen wüssten, wie intelligent und gebildet er ist. Als man ihn nach New Orleans verkaufen will, flieht er mit Huck gen Norden in die Freiheit. Auf dem Mississippi jagt ein Abenteuer das nächste: Stürme, Überschwemmungen, Begegnungen mit Betrügern und Blackface-Sängern. Immer wieder muss Jim mit seiner schwarzen Identität jonglieren, um sich und seinen jugendlichen Freund zu retten. Percival Everetts ,,James" ist einer der maßgeblichen Romane unserer Zeit, eine unerhörte Provokation, die an die Grundfesten des amerikanischen Mythos rührt. Ein auf den Kopf gestellter Klassiker, der uns aufrüttelt und fragt: Wie lesen wir heute? Fesselnd, komisch, subversiv.

Es ist die Geschichte von Huck Finn aus der Perspektive des entflohenen Sklaven Jim.



Viele Grüße
Daniela

Kathrin

Ich habe von dem Buch noch nicht gehört, Daniela. Aber das klingt echt spannend. Aber wenn ich von Huck höre, werde ich eh immer gleich sentimental und muss an die alte Serie mit Brigitte Horney als Tante Polly denken. Und die Titelmelodie hab ich auch direkt wieder im Ohr. Ich habe die Serie so geliebt ...
Rock the Night!

Inge78

Zitat von: sisquinanamook in 16. April 2024, 12:08:06Sagt mal, habt ihr von dem Buch hier schon gehört?
Es wurde in einem Podcast angesprochen und ich finde, dass es total spannend klingt:

Percival Everett: James

ZitatJim spielt den Dummen. Es wäre zu gefährlich, wenn die Weißen wüssten, wie intelligent und gebildet er ist. Als man ihn nach New Orleans verkaufen will, flieht er mit Huck gen Norden in die Freiheit. Auf dem Mississippi jagt ein Abenteuer das nächste: Stürme, Überschwemmungen, Begegnungen mit Betrügern und Blackface-Sängern. Immer wieder muss Jim mit seiner schwarzen Identität jonglieren, um sich und seinen jugendlichen Freund zu retten. Percival Everetts ,,James" ist einer der maßgeblichen Romane unserer Zeit, eine unerhörte Provokation, die an die Grundfesten des amerikanischen Mythos rührt. Ein auf den Kopf gestellter Klassiker, der uns aufrüttelt und fragt: Wie lesen wir heute? Fesselnd, komisch, subversiv.

Es ist die Geschichte von Huck Finn aus der Perspektive des entflohenen Sklaven Jim.





sagt mir nix, würde mich aber auch neugierig machen
Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore

Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
(aus "ES" von Stephen King)

Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf

Inge78

Wusstet ihr, dass ihr als NRW Bürger einmal im Jahr 6 Bücher für eine Pauschale von 12 € bei der Landeszentrale für politische Bildung bestellen könnt?
Keine Ahnung ob das in anderen Bundesländern auch geht
Ich schaue mich da jetzt mal um

https://www.politische-bildung.nrw.de/publikationen/titelverzeichnis
Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore

Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
(aus "ES" von Stephen King)

Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf

sisquinanamook

Zitat von: Inge78 in 19. April 2024, 16:09:08
Zitat von: sisquinanamook in 16. April 2024, 12:08:06Sagt mal, habt ihr von dem Buch hier schon gehört?
Es wurde in einem Podcast angesprochen und ich finde, dass es total spannend klingt:

Percival Everett: James

ZitatJim spielt den Dummen. Es wäre zu gefährlich, wenn die Weißen wüssten, wie intelligent und gebildet er ist. Als man ihn nach New Orleans verkaufen will, flieht er mit Huck gen Norden in die Freiheit. Auf dem Mississippi jagt ein Abenteuer das nächste: Stürme, Überschwemmungen, Begegnungen mit Betrügern und Blackface-Sängern. Immer wieder muss Jim mit seiner schwarzen Identität jonglieren, um sich und seinen jugendlichen Freund zu retten. Percival Everetts ,,James" ist einer der maßgeblichen Romane unserer Zeit, eine unerhörte Provokation, die an die Grundfesten des amerikanischen Mythos rührt. Ein auf den Kopf gestellter Klassiker, der uns aufrüttelt und fragt: Wie lesen wir heute? Fesselnd, komisch, subversiv.

Es ist die Geschichte von Huck Finn aus der Perspektive des entflohenen Sklaven Jim.





sagt mir nix, würde mich aber auch neugierig machen

Ich hab es jetzt bei meinem Buchladen bestellt. Ich werde gern berichten.
Viele Grüße
Daniela

Inge78

Artikel zum 01.05. in der Rheinischen Post (Online kann man die als Abonennt schon abends vorher lesen)
von Tobias Jochheim

So viele Bücher, so wenig Zeit

Warum kaufen wir mehr Bücher, als wir lesen, sodass der Stapel der ungelesenen immer höher wird? Zehn gute Gründe für das Laster mit dem hübschen japanischen Namen Tsundoku.


Ich kann alles erklären. Genauer gesagt: Den Bildband mit den verstörend hypnotischen Aufnahmen von Atomtests in meiner unverbindlich-freundlichen weißen Billy-Regalwand. Und die Werke daneben über das Glücksspiel im Wilden Westen, die Kulturgeschichte des Bleistifts, die Historie der neueren neuseeländischen Pressefotografie. ,,Dem Käse seine Olle: Marktgeschichten vom Niederrhein". Eine erschöpfende Betrachtung des Spieler-Jahrgangs 1984 in der nordamerikanischen Sportliga NBA. ,,Zeitenwandel – Seitenwandel", die Chronik der Würzburger Lokalzeitung Main-Post zwischen 1945 und 1995. Das hellblaue, fast quadratische Büchlein mit den besten Werken des Jahres 2008 von Karikaturist Jürgen Tomicek. Das dunkelrote über die seltsamsten Rugby-Partien aller Zeiten. Und, vielleicht am seltsamsten von allen: ,,111 Gründe, Energie Cottbus zu lieben".

Es gibt Gründe für die zwei Dutzend Karl-May-Bände in meinem Besitz und die knapp 300 ,,Lustigen Taschenbücher" mit Comics von Donald Duck und Co. Für die zwei Reiseführer zu nicht existenten Ländern, die je drei Kulturgeschichten der Farbe Blau und der Kalaschnikow, die vier erstaunlich unterschiedlichen Biografien des Basketballtrainers Bob Knight, die fünf Werke über den Exzentriker John Z. DeLorean und sein frühes Auto-Startup. ,,Frank Sinatra ist erkältet" steht gleich fünfmal in meinem Regal.

Und ich liebe sie alle.

Aber danach fragt ja keiner. Umso zwangsläufiger aber fragen vor allem Kinder (übrigens selten wertneutral, sondern meist mit entweder schwer ehrfürchtigem oder leicht bedauerndem Unterton): ,,Hast du die alle gelesen?"

Diese Frage habe ich lange als eine rhetorische verstanden: Denn selbstverständlich hat man, habe ich alle Bücher aus meinem eigenen Besitz gelesen. Bis auf ein paar wenige vielleicht, nämlich jene, die übergangsweise auf dem ,,Ungelesen"-Stapel liegen, neuerdings offenbar auch ,,S.U.B." oder halbironisch ,,Pile of Shame" genannt, also: Stapel der Schande.

Aber wenn ich ehrlich bin, verhält es sich etwas anders. Der ,,Cappuccino-Mann" Bruno Maccallini offenbarte, die Älteren werden sich erinnern, stets mit Genuss: ,,Isch 'abe gar keine Auto!" Ich gestehe: Ich habe gar keinen Ungelesen-Stapel. Das höchste der Gefühle ist, dass die unberührten Exemplare quer im Bücherregal liegen, statt hochkant dort zu stehen. Und selbst diese Unterscheidung hebe ich meist früher oder später auf – betont unauffällig, selbst wenn ich allein im Raum bin.

Es verhält sich nämlich so: Die absolute Zahl der von mir zwar erworbenen, aber eben (noch?) nicht gelesenen Bücher wird niemals kleiner. Sie bleibt nicht einmal gleich, weil ich nicht nur sozusagen eine Bugwelle an Ungelesenem vor mir herschiebe – wobei ja wenigstens der Anteil ungelesener Werke automatisch sänke.

Die schmutzige Wahrheit ist, dass ich unter einem schweren Laster leide: Mit Begeisterung kaufe ich Bücher, die ich dann aber längst nicht alle lese. Wieder und wieder und wieder. Mindestens monatlich. Eher häufiger. In Japan ist das Phänomen schon seit rund 150 Jahren unter dem hübschen Begriff ,,Tsundoku" (ein Kofferwort aus ,,Stapel" und ,,Lesen") – und nicht verpönt.

Der amerikanische Fabrikant und besessene Büchersammler Alfred Edward Newton deklarierte mit heiligem Ernst: ,,Ich halte den Kauf von mehr Büchern, als man vielleicht lesen kann, für nichts Geringeres als das Streben der Seele nach der Unendlichkeit; es ist das Einzige, was uns über die sterblichen Tiere erhebt."

Und Umberto Eco erhob den ungelesenen Teil seiner privaten Büchersammlung zu einer ,,Antibibliothek" – der Begriff ist irritierend, mindestens schwer gewöhnungsbedürftig, aber liebevoll gemeint. Nassim Nicholas Taleb erläuterte Ecos Ansicht in ,,Der schwarze Schwan" wie folgt: ,,Gelesene Bücher sind längst nicht so wertvoll wie ungelesene." Folglich sollte eine Bibliothek ,,so viel von dem, was man nicht weiß, enthalten, wie der Besitzer angesichts seiner finanziellen Mittel (...) hineinstellen kann".

Hübscher Nebeneffekt: Die Vergegenwärtigung all dieses ,,bekannten Unbekannten" in der eigenen Privatbibliothek mahne zu Demut angesichts der praktisch unendlichen Menge des noch unbekannten Unbekannten da draußen.

Meine persönlichen Gründe für den Besitz so vieler ungelesener Bücher sind profaner:

1. Ich mag Bücher. So sehr, dass ich nicht anders kann, als regelmäßig neue anzuschaffen. Und zwar letztlich unbelastet davon, wie groß (oder eben klein) die Chance ist, dass ich dazu kommen werde, sie zu lesen – in dieser Woche oder den nächsten Ferien oder überhaupt irgendwann. Daher das Grundproblem.

2. Ich mochte Bücher schon als Kind. Daher Karl May und die Lustigen Taschenbücher, wobei man die literarische und inhaltliche Überlegenheit Letzterer im direkten Vergleich gar nicht stark genug betonen kann. ,,Der Schatz im Silbersee" und Co. aber erinnern mich an warme Stunden mit meinem Opa im kalten Altenbeken.

3. Ich schreibe. Von Berufs wegen also muss und darf, kann und soll ich viel lesen. Über meine Themen und solche, die es werden sollen. Daher die Bücher über den Niederrhein, die Kalaschnikow und alle möglichen Aspekte des Basketballsports. Sowie natürlich jene Werke über den Journalismus an sich und solche, die an eigene Stationen erinnern (,,Fuldaer Zeitung" 2008/09, ,,Main-Post" 2012/13). Apropos: Die paar wenigen Bücher, an denen ich selbst mitgeschrieben habe, bleiben genauso oft ungelesen wie alle anderen auch. Gleiches Recht für alle.

4. Ich habe ein Faible für Skurriles. Daher der Atomtest-Bildband (,,Armageddon: Ein Aufschrei in Bildern"), die Reiseführer-Persiflagen (,,Molwanien", ,,San Sombrero") sowie die Anleitungen von Gavin Praetor-Pinney zum meditativen wie formvollendeten Beobachten von Wolken und Wellen. Das dünne ,,Advanced Do-it-yourself Brain Surgery and Other Big Jobs" musste ich allein des bekloppten Titels wegen haben. Ich bereue nichts. Und ,,Motherfucker: Die Geschichte der Mutter aller schmutzigen Wörter" habe ich zwar noch nicht durchgelesen, aber zumindest angefangen. Es ist erstaunlich tiefgründig und lehrreich.

5. Ich unterstütze Autorinnen und Autoren, die ich kenne. Nehmen wir an, Ihr Nachbar, Ihre Arbeitskollegin oder ein guter Studienfreund schriebe ein Buch – das würden Sie doch kaufen, weitestgehend unabhängig vom Inhalt? In meinem Fall haben sich als Folge von Grund 3 viele Kolleginnen und Kollegen angesammelt, denen ich mich freundschaftlich verbunden fühle. Daher unter anderem ,,111 Gründe, Energie Cottbus zu lieben" über den gleichnamigen Fußballverein aus der Niederlausitz, 700 Kilometer von meinem Niederrhein entfernt.

6. Ich unterstütze kleine Buchläden. In meiner Heimat den ,,Bücherkoffer" Geldern, auf Familienbesuch den ,,Posthof" in Ibbenbüren, im Urlaub die ,,Bücherinsel" in Horumersiel oder ,,Herr Heilmann – Gute Bücher" in Bamberg. Daher – ach, wo soll ich anfangen?

7. Ich unterstütze kleine Verlage. Mairisch zum Beispiel, Matthes und Seitz oder auch März. Daher die Kurzgeschichtenbände mit den schönen Namen ,,Krill" und ,,Albuquerque" oder ,,Das Buch vom Schleim" aus der fantastischen Reihe ,,Naturkunden", die auch Hasen, Heringen und Hechten, Moosen, Kakteen und Tannen Tribut zollt und ,,Verrufene Tiere" rehabilitiert.

8. Ich kaufe preisbewusst. Es beißt sich zugegeben mit den Gründen 6 und teils auch 7, aber: Wenigstens die Kosten habe ich im Griff. Stichwort ,,Secondhand" (auch online), was den literarischen Überfluss wenigstens ein Stück weit nachhaltig macht. In Bezug auf kiloschwere, regulär sündteure Bildbände, sind jährliche ,,Sales" der entsprechenden Verlage günstig/gefährlich. Daher etwa das Architektur-Fotobuch ,,CCCP" über ,,kosmische kommunistische Konstruktionen".

9. Auch meine Freunde und Verwandten mögen Bücher. Ein nicht unwesentlicher Teil meiner Bücher sind, solange sie sowohl neu gekauft als auch noch ungelesen sind, potenziell immer auch Geschenke. (Zur Selbstdisziplinierung enorm hilfreich ist die Vorgabe, dass bei einem explizit als Geschenk angeschafften Buch mindestens ein konkreter Empfänger zwingend existieren muss.) Daher das fünffache Vorhandensein von ,,Frank Sinatra ist erkältet" von Star-Journalist Gay Talese. Der sollte ein Porträt von Frank Sinatra schreiben, kam partout nicht direkt an ihn heran – reiste ihm aber umso hartnäckiger hinterher und sprach mit mehr als einhundert (!) Menschen aus dessen Umfeld. Ein Meisterwerk, ein Glanzstück des literarischen Journalismus. Schreiben zumindest alle. Gelesen habe ich es leider noch nicht.

10. Ich bin vielseitig interessiert. Daher alle anderen Bücher, die durch keines der bisherigen Argumente abgedeckt sind. Apropos: Just bei Beginn der Arbeit an diesem Text habe ich einem geschätzten Kollegen endlich das Standardwerk ,,Döner – Eine türkisch-deutsche Kulturgeschichte" abgequatscht, auf das ich schon lange ein Auge geworfen hatte. Billy ächzt, aber ich jubiliere.
Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore

Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
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Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf

Tara

Wie wahr, wie wahr!
Sometimes you just need to lay on the couch and read for a couple of years.

With freedom, books, flowers and the moon, who could not be happy? Oscar Wilde