Buchrebellin Forum

Storica => Euer historische Romane SUB => Thema gestartet von: Xandi in 05. Januar 2009, 20:22:16

Titel: Reden wir mal über Histos im Allgemeinen
Beitrag von: Xandi in 05. Januar 2009, 20:22:16
Hallo Liebe Histo-Freunde!

Ich möchte hier mal einige Sachen anbringen, bzw. über Gefühle reden, die mich immer beschleichen, wenn ich einen Histo lese.
Um herauszufinden, ob ihr auch so denkt, fühlt, es so seht wie ich, oder ganz anders seit!

Gerade les ich "Die Tochter der Wanderhure".  Möchte aber gleich dazu sagen, daß folgende Punkte mich schon länger interessieren.
Mir nur jetzt erst der Gedanke gekommen ist, das auch zu posten.
Es soll also nicht als Kritik verstanden werden. (Falls Iny oder Gheron dies hier lesen sollten.)  :zwinker:

Wie immer in historischen Romanen werden wir Frauen wie ein Stück Vieh bertachtet. Sie hatten damals nix zu melden, mußten kuschen,
wurden verprügelt, vergewaltigt usw.
Warum war das damals so? Oder besser, war es wirklich so?
Warum haben die Frauen es sich gefallen lassen? (ich weiß, mit manchen wird immer noch so verfahren; aber das ist ein anderes Thema)

Bei meinem Lesestoff gerade, werden Mägde vergewaltigt und die stehen auf, wischen sich mit Gras trocken und tun so, als ob nix geschehen wäre.
War das damals wirklich so an der Tagesordnung, wie für uns (ich überzeichne das jetzt mal) das Bedienen des Staubsaugers?

Die Jungfernschaft der adeligen Mädchen wurde gehütet, weil sie sonst keinen Mann mehr heiraten konnten.
Wollte aber ein höherer Adeliger ihren Körper in seinem Bett spüren, war das kein Problem. Da stieg das Ansehen auf einmal!
Es wurde sogar gefördert, ein Betthaserl eines Höherrangigen zu sein.
Irgendwie ist das doch krank, oder?

Einige Forumsmitglieder haben schon gesagt, daß sie aus diesem Grund die Finger von Histos lassen. Weil sie diese Zweischneidigkeit nicht vertragen.
und diese Scheinheiligkeit.

Wie seht ihr das?
Was ist Eure Meinung zu diesen Fragen?
Oder habt ihr auch Fragen?
Das sind jetzt nur Beispiele; mit etwas Überlegen fällt mir sicher noch was ein.

Ich hoffe, damit eine angeregte Diskusion zum Laufen gebracht zu haben.
Und freue mich auf Eure Wortmeldungen
Xandi
Titel: Re: Reden wir mal über Histos im Allgemeinen
Beitrag von: Kathrin in 05. Januar 2009, 20:58:49
Hallo Xandi,

da stellst Du aber interessante Fragen und Thesen auf, und ich glaub mit meinem ersten Antwortposting hier hab ich bestimmt auch noch lange nicht alles dazu gesagt, was ich letztlich dazu zu sagen haben werde. Da ergibt sich viel aus der Diskussion, denke ich dann.

Zitat von: Xandi in 05. Januar 2009, 20:22:16
Gerade les ich "Die Tochter der Wanderhure".  Möchte aber gleich dazu sagen, daß folgende Punkte mich schon länger interessieren.
Mir nur jetzt erst der Gedanke gekommen ist, das auch zu posten.
Und dennoch würde mich brennend interessieren, was Du schon so alles an Historischen Romanen gelesen hast. Weil sich da in meinen Augen schon die Spreu vom Weizen trennt. Ich lese ja hauptsächlich hist. Romane und ich lese sie nach wie vor gerne :flirt: Ich hab's jetzt grad echt nicht so parat, Süße, was Du so alles liest und wie viele und vor allem welche hist. Romane Du schon gelesen hast.

Zitat von: Xandi in 05. Januar 2009, 20:22:16
Wie immer in historischen Romanen werden wir Frauen wie ein Stück Vieh bertachtet. Sie hatten damals nix zu melden, mußten kuschen,
wurden verprügelt, vergewaltigt usw.
Das ist für mich genau so ein Punkt, wo ich dann schon gerne von Klischee rede bei hist. Romanen, wenn auf jeder zweiten Seite eine Frau vergewaltigt wird. Ich sag Dir ganz ehrlich, dass jeder hist. Roman bei mir einen Pluspunkt bekommt, der ohne das auskommt! Und jeder Roman bekommt von mir einen Extrapunkt, wo eine unauserzählte Sexszene mehr prickelt, als Szenen, wo ich jede Einzelheit mitbekomme  :-> Es geht halt auch wirklich anders und es gibt durchaus schöne hist. Romane über starke Frauen, die dieses Rollenbild, das du oben beschreibst nicht erfüllen. Wobei mir da jetzt grade hauptsächlich Romane über Figuren wie Kleopatra, Maria Stuart, Elisabeth I, Catherine Parr einfallen, das waren alles Herrscherinnen bzw. Frauen von Königen und bei denen versteht es sich vielleicht fast schon von selbst, dass sie anders auftreten, als wie von Dir oben beschrieben. Dennoch, es gibt auch fiktive weibliche Romanfiguren, die anders sind. Wunderbare Frauen meiner Meinung nach findest Du in den Büchern von Brigitte Riebe (zumindest in den dreien, die ich von ihr kenne) und auch bei Rebecca Gablé sind die fiktiven weiblichen Figuren eher weniger duckmäuserisch (ich sag nur Blanche aus "Das Spiel der Könige"... wobei die ja auch Probleme mit ihrem Ehemann hatte und der auch wirklich ein Schwein war)

Zitat von: Xandi in 05. Januar 2009, 20:22:16
Warum war das damals so? Oder besser, war es wirklich so? Warum haben die Frauen es sich gefallen lassen? (ich weiß, mit manchen wird immer noch so verfahren; aber das ist ein anderes Thema)
Grundsätzlich war die Rolle der Frau damals denke ich schon ein anderes, als heute. Ich denke, wir würden uns das heutzutage weniger bzw gar nicht mehr gefallen lassen, aber wir haben heute auch andere Möglichkeiten uns zu wehren. Dennoch denke ich, dass das auch ein wenig Sache des Standes damals war. Aber grundsätzlich muss ich mich über den ganzen Punkt glaube ich heute nacht vorm Einschlafen erstmal ein wenig müdegrübeln :->

Zitat von: Xandi in 05. Januar 2009, 20:22:16
Bei meinem Lesestoff gerade, werden Mägde vergewaltigt und die stehen auf, wischen sich mit Gras trocken und tun so, als ob nix geschehen wäre.
War das damals wirklich so an der Tagesordnung, wie für uns (ich überzeichne das jetzt mal) das Bedienen des Staubsaugers?
Ich glaube, das ist so eine Sache was ich eben meinte von wegen Stand. Ich weiß nicht was für Chancen ein Magd gehabt hätte, ihren Vergewaltiger anzuzeigen. Wenn's ihr Herr war, dann wird er sie unter Druck gesetzt haben, dass sie ihre Arbeit verlieren könnte.

Ich meld mich später, in den nächsten Tagen nochmal dazu, mal schauen, was an Diskussionsstoff hier so reinkommt. Wie gesagt, ich muss über Deine Fragen noch ein wenig nachdenken. Was ich aber grundsätzlich für mich sagen kann. Ich lese (wie schon gesagt) sehr viel hist. Romane, lege aber für mich persönlich schon viel Wert drauf, dass das Buch nicht einfach nur im Mittelalter spielt und ich dann eine fiktive Geschichte lese, sondern ich hab gerne hist. Persönlichkeiten dabei, erfahre gerne viel über die damalige Zeit, die politische Situation und finde es immer spannend, was ein Autor aus den bekannten Fakten über eine Persönlichkeit macht und wie er sie in den Roman verwebt.

lg
kathrin
Titel: Re: Reden wir mal über Histos im Allgemeinen
Beitrag von: jaqui in 05. Januar 2009, 21:07:51
Eine sehr interessante Frage.

Ich lese sehr gerne historische Romane und manchmal ärgere ich mich auch sehr über diese Dinge, die du aufgezählt hast, aber ich befürchte, dass der Großteil, wenn nicht gar alles, der Wahrheit entspricht.

Frauen wurden in der Geschichte oft nur als Ware behandelt. Die Männer waren auch sehr oft sauer, wenn ihre Frauen nur Mädchen geboren haben, weil sie dann eine Mitgift zahlen mussten, um die "Gören" wieder los zu werden.

In sehr vielen Romanen habe ich aber auch gelesen, dass viele Frauen sogar froh waren, dass sich ihre Männer Mägde genommen haben. Für die gehörte das leider zum Leben dazu. Sie gehörten den Herren und mussten nun mal bei allem mitmachen, war ja auch in der Sklaverei so. Schwarze wurden einfach als Ware auf dem Markt ge- und verkauft. Von anderen Dingen ganz zu schweigen.

Und die ganzen Vergewaltigungen wurden, so denke ich, als Machtspielchen benutzt. Die Männer wollten den Frauen einfach zeigen, dass sie mächtiger sind als sie selber und dass die Frauen nichts dagegen machen konnten.
Noch vor einigen Jahren wurde Vergewaltigung in der Ehe nicht mal als Verbrechen angesehen. Da gab man dann eben den Frauen die Schuld, weil sie den Männern ihr Recht verwehrt haben mit der Frau zu schlafen. Also hatten diese das Recht es sich zu nehmen.

Wenn ich an solche Dinge denke, dann kann ich mir sehr gut vorstellen, dass die ganzen geschilderten Dinge in den historischen Romanen sehr wohl der Wahrheit entsprechen.

Katrin
Titel: Re: Reden wir mal über Histos im Allgemeinen
Beitrag von: Steffi in 05. Januar 2009, 22:57:39
Hallo Ihr Lieben!

Was mir gerade noch so einfällt - ich denke die Frauen hatten damals auch rein rechtlich einen schweren Stand. Wenn Du auf einmal mit nichts als den Klamotten am Leib dastehst, überlegst Du es dir zweimal, ob Du nicht doch weiter vor Deinem Ehemann duckmäuserst.

Dann gibt es noch jede Menge andere Beispiele. So durften Frauen oft keine Mitglieder in Zünften werden. Was willst Du als Bäckerin machen, wenn Du keiner Zunft beitreten kannst?  Irgendwo habe ich mal gelesen, das Frauen, die verwitwet waren, nur ein zwei Jahre Zeit hatten, um erneut zu heiraten, damit sie ihr Geschäft nicht verlieren.

Nichts desto trotz haben sich sicherlich viele mutige und intelligente Frauen gewehrt und haben dabei noch mehr die Feindseligkeit der Männer auf sich gezogen.

Grundsätzlich kann man das alles nicht mit heute vergleichen und ich empfand das Geschehen z.B. in "Die Wanderhure" durchaus glaubwürdig. Oder ich erinnere mich gerade an die vieldiskutierte Szene, als Jamie Claire den Hintern versohlt. Bringt heute großes Aufheulen, muss man aber im Kontext der damaligen Zeit sehen. Das macht das Geschehen zwar nicht besser, aber erklärbar.

Ich mag allerdings auch historische Romane, die mal ohne übermäßige Brutalität und Vergewaltigungen auskommen, aber ich kann auch gut mit. Ich bin da nicht so zimplerlich und viele Autoren schlachten das ja auch nicht aus, sondern berichten recht sachlich über solcherlei Szenen.

Liebe Grüße,
Steffi
Titel: Re: Reden wir mal über Histos im Allgemeinen
Beitrag von: DG7NCA in 05. Januar 2009, 23:21:46
Hallo,

dann klinke ich mich in dieser Diskussion doch auch mal ein.
Als erstes..es gibt zwei verschiedene Arten von Hist. Romanen, schlecht und gut recherchierte.
Und es kommt auf die Zeit an in denen ein hist.Roman spielt.
Historische Romane gehen ja vom alten Ägypten bis zum 19Jahrhundert.

Was nun die Stellung und Behandlung der Frau angehtkommt es auf die Sichtweise des Autors/der Autorin an, und was sie in ihrem Buch zum Thema macht.

Man kann nämlich auch die Frauen beschreiben welche sich durchgesetzt haben und ihre "Frau" standen. Und die gabs in jeder Epoche.Ob Buärin Magd, Hebamme oder auch Kauffrau Handwerkerin Edle oder Königin.
Und egal welche Kriegszeit es war, immer haben die Frauen alles am laufen gehalten, das kommt leider nur viel zuwenig in diesen Büchern vor.

Und JA es gab auch die schlimmen Gräultaten wie Vergewaltigung, Unterdrückung, körperliche Gewalt.
Allerdings waren dies je nach Zeitalter auch gewalttätigere Zeiten und es wurde damit anders umgegangen.

Ich glaube aber was Xandi stört und hin und wieder auch mich ist dieses Klischee, oder auch Hauptaugenmerk auf genau diese Begebenheiten wie Vergewaltigungen etc.

Wobei ich möchte darauf hinweisen das auch heute noch Massenvergewaltigungen in Kriegen als Druckmittel eingesetzt wird. Das ist also gar nicht sooo historisch.

Oder das eine Magd einem Herren zu "gehorchen" hat. Sorry ich bin 63 geboren und genau so entstanden!!! Also heute geschieht ähnliches nur unter einem anderen Namen, wie sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz etc. oder Ausbeutung von Untergebenen oder abtreiben von weiblichen Föten. Kinderarbeit wie Sklavenhaltung auf der Welt. Also soooooooooo zivilisiert ist die Menscheit auch wieder nicht.

Das manche Bücher sich da richtig  "immer um so ein Thema kreisen" zeigen, ist für mich eher ein Zeichen nur einseitig recherchiert zu haben,.

Ich weiß jetzt nicht wer von euch das Thema "Starke Frauen" in der Geschichte angesprochen hat.
Aber da gäbe es auch noch Mathilde die Frau Wilhelms des Eroberers, die für ihn das Land/Normandie regiert hat, oder auch die Kaufmanns und Handwerkerfrauen im Mittelalter die auch in den Zünften vertreten waren. Meist haben sie das Geschäft weitergeführt wenn Ehemann oder Vater gestorben waren.
Bäurinnen die die Höfe weiterführten oder auch Edelfrauen welche die Ländereien verwalteten wenn ihre Männer mal wieder ihrem Hobby dem Kriegführen nachgingen oder auf Kreuzzug waren.
Und diese Liste könnte man unendlich weiterführen.

Natürlich gab es die unterdrückten, verprügelten, mißhandelten Frauen und davon sicher noch mehr als heutzutage.
Und ja eine Frau war Besitz und hatte kaum eigene Rechte, aber nicht zu allen Zeiten, das differenzierte je nach Zeit und Stand erheblich.

Und auch die Sexszenen in Büchern. Gut da gibts gut geschriebene und echt sauschlecht geschriebene. Manchmal passt nur eine Andeutung sicher besser als eine explizit beschriebene. Aber auch das kommt wieder auf die Qualität an.
Beispiel von echt tollen und gut recherchierten historischen Romanen ist Angelique. Die sind in jeder Hinsicht ausgewogen.
(Kathrin)
Oder die drei Romane über Wilhelm den Eroberer. Die sind mir jetzt spontan dazu eingefallen.

Miese Romane vergesse ich glücklicherweise sofort.

Nun dazu Xandi ob es wirklich so war.
JA und NEIN. Es gab solche schrecklichen Schicksale, aber es kommt in manchen Romane einfach zu extrem vor, oder das Thema des Romans legt extra auf diese Darstellung Wert.
Warum sich Frauen das gefallen ließen? Warum lassen sich heute noch Frauen so eine Bahnadlung gefallen? Warum gehen sie erst nach Jahren wenn überhaupt in ein Frauenhaus oder zur Polizei?

Warum stehen die Mägde nach einer Vergewaltigung einfach auf und gehen ihrem Tagwerk nach als sei nix passiert?
Frag mal die ganzen Frauen aus dem zweiten Weltkrieg die genau das gleiche gemacht haben?Oder die Frauen im ehemaligen Jugoslawien?

Frauen waren eine Versicherung und Wertvoll. Durch sie kam man an Besitz, Land, Arbeitskraft die Sicherheit durch die Jungfernschaft das der Nachkomme auch von einem selbst stammte.
Nicht alle Frauen wurden deshalb verdammt sondern auch geschätzt. Aber immer kam es auch auf den Mann an wie er das gesehen hat oder was für ein Typ er war. Scheusal oder Vernünftig.

Und bedenke die Emanzipation die wir als moderne Frauen haben, ja auch das Wahlrecht oder selbstbestimmung über uns und unsere Habe....wie lang gibts das denn? Das Frauen wahlrecht in Deutschland seit 1919!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
In der Schweiz sogar erst seit 1971 auf Bundesebene!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Und das Frauen über ihr eigenes Geld bestimmen können ist auch erst seit Anfang des vergangenen Jahrhunderts möglich.

Also bitte so lange haben wir unsere "Freiheit" noch nicht.
Entschuldigt aber EMMA, Schwarzer und der Frauenbewegung verdanken wir echt so ziemlich alles!!!!!!
Diese toughen Frauen haben das für die Mädchen ab den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts möglich gemacht.

Sorry bin jetzt etwas vom Thema abgeschweift.
Zurück zu den Hist. Romanen.

Ich denke man sollte vergleichen, und sehen das man die Themen der hist. Romane wechselt, dann hat man nicht den Eindruck das alle "Gleich" sind oder nur die schlimmsten Zeiten und Schicksale liest.

So und wie Kathrin werde ich mich sicher noch einigemale zu dem Thema äußern.

Gruß Carola
Titel: Re: Reden wir mal über Histos im Allgemeinen
Beitrag von: Grisel in 05. Januar 2009, 23:35:49
Hi!

Edit: Sehe, daß es hier generell um "Frauen in der Geschichte" geht, habe es aber aufs MA bezogen, weil das ja ein in dem Genre besonders beliebter Zeitabschnitt ist.

Ich muß hier auch ein bißchen Einspruch einlegen. So simpel ist es nicht.
Ich habe mal ein ziemlich feines Buch zu dem Thema gelesen, "Die Frau im Mittelalter" von Shulamit Shahar. Leider ist das bei solchen Büchern immer so, daß man theoretisch, wollte man alles wichtige aufschreiben, das ganze Buch abtippen müßte. Ich habe darauf folgendes festgehalten:

Die Quintessenz ist, daß Frauen jeden Standes ihren männlichen Zeitgenossen gegenüber benachteiligt waren. Interessanterweise hatten Jungeselinnen und Witwen teilweise mehr Rechte als Verheiratete, die unter der Vormundschaft ihrer Ehemänner standen. Zumindest bei den Jungesellinnen überrascht mich das, allerdings war das von Region zu Region unterschiedlich.
Friedrichs II ,,Liber Augustalis" [Königreich Sizilien, 13. Jhdt.]wurde mehrmals zitiert, als es um Frauen betreffende Gesetze ging. Die erwähnten Beispiele sind nach heutiger Sicht natürlich extrem frauenfeindlich, für die damalige Zeit waren sie es aber eher nicht. So wurden Prostituierte zwar gezwungen, in eigenen Vierteln zu leben und sich von ,,ehrbaren" Frauen fernzuhalten, jedoch wurden Angriffe auf sie und Vergewaltigungen unter strenge Strafen gestellt. Ich weiß nicht, ob das ungewöhnlich war, aber mir erscheint es so.

Oder, aus Regine Pernouds "Frauen zur Zeit der Kreuzzüge":
Was die Stellung der Frau in dieser Zeit und in diesem Land [Outremer - auf französischem Gesetz beruhend] betrifft, so war die doch recht beeindruckend, gemessen an dem Bild vom ,,finsteren Mittelalter" und vor allem an den Lebensumständen der Frauen in späteren Jahrhunderten, wo sie kaum noch Rechte hatten. Scheinbar war es so üblich, daß ein Mann, der Güter verkaufen oder verschenken wollte, dazu die Zustimmung seiner Frau und seiner Kinder brauchte. Frauen waren ebenso geschäftsfähig wie Männer, und konnten auch erben, wie man ja an den Königinnen von Jerusalem sieht. Natürlich sind die auch ein Beispiel dafür, daß es so wunderbar auch nicht war, da sie immer wieder zu Heiraten gedrängt wurden, oder vielleicht sogar gezwungen. Trotzdem hatten Frauen eine Stellung in der Gesellschaft, und wurden auch geachtet. Das war und ist nicht in allen Zeiten und an allen Orten so. Leider.

Es hängt also sehr stark von Zeit und Region ab und dem Status der Frau.

Auch unter den Königinnen und Regentinnen gab es eine Menge starker Frauen, wenn wir mal die allseits präsente Eleonore von A. beiseite lassen. Da hätten wir zB Maude Empress, Blanca von Kastilien, Konstanze von Aragon, ...

Man sollte sich nicht dazu verleiten lassen, einschlägige Romane als maßgeblich für "das Bild der Frau im Mittelalter" zu halten. Es war schon etwas differenzierter.

Bye,

Grisel
Titel: Re: Reden wir mal über Histos im Allgemeinen
Beitrag von: Xandi in 06. Januar 2009, 10:07:28
Hallo!

Na da hab ich anscheinend eine Lawine losgetreten.  :->

Ich wollte mich ehrlich gesagt nicht nur auf die Rolle der Frau versteifen. Hab aber leider nur solche Punkte angeführt.

Mir geht es um die Gewalt im Allgemeinen.
Daß ein Mann einfach den Sohn seines Nachbarn umbringen durfte, weil der halt irgendwas gemacht hat.
Die Hinrichtungen, wo alle zugeschaut haben. Sogar Kinder.
Mord und Totschlag.

War das alles so normal für die Leute damals, das sie gleich wieder zur Tagesordnung übergehen konnten.

Das solche Sachen heute auch noch vorkommen, weiß ich und es ist nach wie vor schrecklich.
Aber heutzutage wird das alles doch anders behandelt, die Opfer werden anders behandelt.

Waren die Leute früher so roh? Abgehärtet?
Ich meine, daß heute keiner den Weg forsetzt, wenn er an einem im Baum aufgehängten Menschen vorbeikommt. Oder?

Ich hab auch kein Problem, wenn ich solche Szenen lese. Das hat nichts mit zartbesaitet zu tun.
Mich hat es halt sozial interessiert.

aber Danke für Eure bisherigen Antworten.

Xandi
Titel: Re: Reden wir mal über Histos im Allgemeinen
Beitrag von: Grisel in 06. Januar 2009, 11:23:46
Hi!

Zitat von: Xandi in 06. Januar 2009, 10:07:28
Na da hab ich anscheinend eine Lawine losgetreten.  :->

Sind doch interessante Themen.

ZitatIch wollte mich ehrlich gesagt nicht nur auf die Rolle der Frau versteifen. Hab aber leider nur solche Punkte angeführt.

Aber gerade das steht ja viel zu oft im Mittelpunkt der einschlägigen Romane. Ist von daher kein so falscher Anknüpfungspunkt, scheint mir.

ZitatMir geht es um die Gewalt im Allgemeinen.
Daß ein Mann einfach den Sohn seines Nachbarn umbringen durfte, weil der halt irgendwas gemacht hat.

Ich glaube nicht, daß es irgendwann eine Zeit gab, wo irgendwer irgendwen einfach umbringen durfte, wenn wir von Kriegszeiten mal absehen, ohne daß es Konsequenzen gibt.

ZitatDie Hinrichtungen, wo alle zugeschaut haben. Sogar Kinder.
Mord und Totschlag.

Ich glaube, daß Tod einfach sehr viel mehr ein Teil des Lebens war als für uns heute, nicht so tabuisiert, weggeschoben. Besonders wenn immer wieder Kriege und sonstige Auseinandersetzungen vorbeikommen und es schon Pech sein kann, nur in der falschen Stadt belagert zu sein.

Und was die berühmten Hinrichtungen betrifft.
Computerspiele? Filme? Internet? Presse? Auch nicht so kuschelig, nur daß man jetzt als Eltern zumindest anfangs ein wenig filtern kann, wenn man will.

ZitatWar das alles so normal für die Leute damals, das sie gleich wieder zur Tagesordnung übergehen konnten
.

Ich würde sagen, normaler als für uns.

ZitatDas solche Sachen heute auch noch vorkommen, weiß ich und es ist nach wie vor schrecklich.
Aber heutzutage wird das alles doch anders behandelt, die Opfer werden anders behandelt.

Ich glaube, das liegt auch daran, daß "wir" es uns leisten können, anhand von Wohlstand, Medizin, ...
Aber, das ist alles so generell. Welche Opfer wann wo?

ZitatWaren die Leute früher so roh? Abgehärtet?
Ich meine, daß heute keiner den Weg forsetzt, wenn er an einem im Baum aufgehängten Menschen vorbeikommt. Oder?

Wahrscheinlich würde man sich eher kotzend in die Ecke setzen und dann die Polizei rufen. Aber ich schätze, daß auch "damals" - wann auch immer - diejenigen nicht einfach hängen gelassen wurden. Irgendwelche Instanzen gab es immer. Außer, wie gesagt, Kriegszeiten.

ZitatIch hab auch kein Problem, wenn ich solche Szenen lese. Das hat nichts mit zartbesaitet zu tun.
Mich hat es halt sozial interessiert.

Wie gesagt, ich glaube, das Problem ist, daß man es nicht so pauschal sagen kann. Wenn wir von historischen Romanen sprechen, sprechen wir von zig Ländern, Gesellschaften und tausenden von Jahren.
Menschen waren immer schon Menschen und werden grundsätzlich nicht so viel anders getickt haben als wir. Aber sie haben unter anderen Rahmenbedingungen gelebt. Ist heute nicht anders. Ein Mensch in Hausnummer ist genauso einer wie wir, aber er wird vielleicht anders ticken, weil er anders lebt und anders aufgewachsen ist.

Bye,

Grisel hört das Eis fürchterlich laut knacken
Titel: Re: Reden wir mal über Histos im Allgemeinen
Beitrag von: Tintagel in 06. Januar 2009, 18:32:36
Hallo zusammen!

Boah, habt ihr hier schon viel geschrieben.  :umfall: Aber interessant ist es alle Male, was ihr so denkt.

Ich lese gerne historische Romane und übers Jahr betrachtet stellen sie die meisten meiner gelesenen Bücher, Genremäßig gesehen. Das kommt vorallem daher, weil ich es faszinierend finde, mich in der Vergangenheit aufzuhalten. Mich interessieren Gebräuche, Rituale, die Politik der Zeit damals, aber auch viele Persönlichkeiten. Dabei versuche ich, mir vorallem gut recherchierte Romane zu besorgen, und nicht einfach eine Liebesgeschichte vor historischer Kulisse. Sicherlich lese ich auch sowas mal, aber das gehört für mich persönlich schon in die Spalte "ganz seichte Literatur". Ohne einem Autoren zu nahe treten zu wollen, aber es gibt solche und solche Romane.

Im vorletzten Jahr habe ich an einer LR mit Autorenbegleitung zu "Die Nonne mit dem Schwert" teilgenommen. Und da ist mir etwas aufgefallen, dass ich recht paradox finde. Ich mag es nämlich überhaupt nicht, wenn Frauen im Mittelalter gegen alles aufbegehrten, sich ein Paar Hosen anzogen, eine Waffe nahmen und plötzlich zur Superwoman des Mittelalters mutieren. Genau so etwas passierte in aber in dem oben genannten Buch. Catalina, die Hauptperson, hat sich als Mann verkleidet und sich selber in die dümmsten und dämlichsten Situationen gebracht. Und sie ist a) niemals aufgefallen, wenn es ihr hätte ans Leder gehen können und b) mit allem durch gekommen. Nie wurde ihr auch nur ein Haar gekrümmt. Hörte sich für mich von vorne herein nach einem typischen Hosenrollenroman an. Und Hosenrollen lese ich eigentlich überhaupt nicht. Da es sich aber um eine wahre Begebenheit handeln sollte, habe ich mal eine Ausnahme gemacht und das Buch gelesen.... Ich fand die Story fürchterlich konstruiert und habe Lea damit auf die Füsse getreten, weil es nämlich Belege gab, dass alle die Szenen tatsächlich so stattgefunden haben, wie Lea sie dargestellt hat.
D.h. obwohl der Roman korrekt recherchiert war, fand ich ihn fürchterlich. Er hat mir keinen Spaß gemacht und ich habe mich wirklich nur durch gekämpft.

Xandi, du hat gerade Iny Lorentz angesprochen. Ich habe nur "Die Wanderhure" aus der Serie gelesen und das Buch fand ich wirklich gut. "Die Kastellanin" konnte mich allerdings überhaupt nicht mehr überzeugen. Das lag vorallem daran, dass ich die Geschichte um Marie mit dem allzu tollen Happy End der Wanderhure als auserzählt empfunden habe. Mehr hat es nach meinem Empfinden absolut nicht gebraucht. Und darum werde ich mir Band 3 & 4 auch nicht mehr zulegen.

Iny Lorentz Bücher finde ich an sich gut zu lesen, rein vom Stil her. Flüssig, locker und doch so spannend, das man weiter lesen möchte. Allerdings - und da schließe ich mich jetzt Kathrins Meinung über Bettszenen an - sind sie mir durch die Bank weg zu Sexlastig. Wenn mal ein Pärchen in die Federn steigt, finde ich das gar nicht so übel, aber ich möchte nicht jedes Detail davon mitbekommen. Dann könnte ich mir nämlich einen Porno kaufen und mein Interesse an dieser Art Literatur hält sich in argen Grenzen. Da tendiere ich ganz eindeutig zu "weniger ist mehr" und finde prickelnde Andeutungen hundert Mal besser.

Was die Stellung der Frauen im Mittelalter anging, da geht es mir wie jaqui. Frauen wurden früher anders behandelt. Sie hatten nichts oder wenig zu sagen, dafür aber zu funktionieren. Und wenn man mal genau schaut, dann haben Frauen ja auch noch gar nicht so wahnsinnig lange das Recht, für sich zu Entscheiden. So gut wie es uns heute geht, ging es Frauen eigentlich noch nie - jedenfalls soweit ich das weiß.

Mich persönlich stört es auch nicht sonderlich, wenn Frauen in historischen Romanen nicht die großen Kriegerinnen oder Rebellinnen waren. Einfach weil es nicht zu der Zeit und den Konventionen der damaligen Zeit gepasst hat. Ich glaube, das muß man schon im Kontext mit der Zeit sehen, in der die Romane spielen.

Im großen und ganzen muß ich sagen, bin ich eigentlich nicht zimperlich, was das Betragen von Männern gegenüber Frauen in historischen Romanen angeht. Was ich eben - wie schon erwähnt - nicht unbedingt brauche, sind unnötig aufgebauschte und ausgeschlachtete Sexszenen. Wenn mal eine in einem Buch vor kommt, ok. Bei zweien und dreien sage ich auch noch nix. Aber mehr bitte nicht.

Liebe Grüße,
Tintagel
Titel: Re: Reden wir mal über Histos im Allgemeinen
Beitrag von: Xandi in 06. Januar 2009, 20:30:16
Abend!

Jetzt muß ich mal eine nacht drüber schlafen und geb morgen dann meinen Senf dazu!
Xandi
Titel: Re: Reden wir mal über Histos im Allgemeinen
Beitrag von: Steffi in 06. Januar 2009, 21:40:07
Hallo Ihr Lieben!

Mich wunder es ein bisschen das Ihr die ausufernen Sexszenen bei der Wanderhure ansprecht. Ich hab das so überhaupt nicht in Erinnerung. Allerdings ist bei mir Band 1 auch schon sehr lange her. Ich werde das Buch dieses Jahr erneut lesen und werde mal verstärkt darauf achten.

Liebe Grüße,
Steffi
Titel: Re: Reden wir mal über Histos im Allgemeinen
Beitrag von: Tintagel in 06. Januar 2009, 23:48:12
Zitat von: Steffi in 06. Januar 2009, 21:40:07
Hallo Ihr Lieben!

Mich wunder es ein bisschen das Ihr die ausufernen Sexszenen bei der Wanderhure ansprecht. Ich hab das so überhaupt nicht in Erinnerung. Allerdings ist bei mir Band 1 auch schon sehr lange her. Ich werde das Buch dieses Jahr erneut lesen und werde mal verstärkt darauf achten.

Liebe Grüße,
Steffi

Hallo Steffi,

hmm, ich glaub das ist ein kleines Missverständnis. Jedenfalls zwischen uns beiden  :->. So sehr viele ausufernde Sexszenen waren gar nicht in dem Buch enthalten, und wenn doch, dann haben sie mich nicht so fürchterlich gestört, weil der Titel ja schon solche Szenen erahnen lässt. Ich habe mich vor dem lesen jedenfalls drauf eingerichtet, dass es viel Sex geben könnte.

Ich meinte das mit den ausufernden Sexszenen eher generell gesehen. Ich mag es nicht, wenn ich nach 10 Seiten gleich mit den Charakteren in die Kiste springen muß, wie z.B. bei "Die Spur der Hebamme" von Sabine Ebert. Sowas turnt mich eher ab und verleitet mich dazu, das Buch schon nach 20 Seiten weg zu legen. Ich mag auch keinen Sex, der zu irgendwelchen "Heilungen" missbraucht wird. Dazu fällt mir spontan DG ein, die das ja schon mal nutzt. Ich lese Diana zwasr grundsätzlich gerne, aber diese Momente mag ich nicht.  Was die Wanderhuren - Reihe im allgemeinen angeht: Ich fand das Ende von der Wanderhure vollkommen überzogen. Das war mir einfach zuviel "erzwungenes Happy-End" und damit war für mich auch die Reihe zu Ende. Die Kastellanin hab ich dann noch ca. 50 Seiten weit gelesen, aber war dann auch fertig damit. Die Story hat mich einfach nicht mehr angesprochen und Marie und Mann waren mir eigentlich nur noch egal  :rotwerd:.

Gerade eben habe ich von Mara Volkers "Die Tochter der Apothekerin" gelesen und darin (wie wohl auch in den anderen Teufelsromanen) wird Sex ziemlich instrumentalisiert. Das ist mir persönlich einfach wieder viel zu viel des Guten.

Eigentlich ist es vollkommen Autorenunabhängig. Für meinen Geschmack gelten zwei Faustregeln bindend:

Keine Hosenrollenromane (außer vielleicht ganz kurze Stücke, das könnte gehen)
Je weniger ausführlich beschrieben eine Sexszene ist, desto besser gefällt sie mir.

Liebe Grüße,
Tintagel
Titel: Re: Reden wir mal über Histos im Allgemeinen
Beitrag von: Hans in 06. Januar 2009, 23:52:22
Hi Ihr,

das ist ja ein teilweise recht kontroverses Thema, das ihr da habt, aber bestimmt auch mal notwendig. Mal sehen, was mir dazu einfällt. Ich hab eben einen längeren Kommentar angefangen, der allerdings noch einer dringenden Überarbeitung bedarf.

(Also Xandi, musst Du Dich noch etwas gedulden, bis Du meinen Senf zu lesen bekommst, der Dich sicherlich interessiert...  :teufel: :-> )

:winken:
Hans