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Anspruchsvolles & Klassiker => Rezensionen => Thema gestartet von: Inge78 in 10. Februar 2020, 07:23:32

Titel: Ulrike Draesner - Kanalschwimmen
Beitrag von: Inge78 in 10. Februar 2020, 07:23:32
ZitatDass er »zu sicher gelebt hat«, begreift Charles mit Anfang 60, kurz vor seinem Ruhestand. Als seine Frau Maude ihm eröffnet, dass ein anderer Mann fortan das Haus mit ihnen teilen soll, setzt er ihrem Traum zunächst einen eigenen entgegen: einmal im Leben durch den Ärmelkanal zu schwimmen. Das Wasser – stark, anziehend, gefahrvoll – verändert Charles' Sicht auf sein Leben: auf die drei Sommer der Liebe in den Siebzigern, menschliche Leidenschaften, gescheiterte Utopien.
Mit beeindruckender poetischer und psychologischer Intensität, sinnlich und humorvoll erzählt Ulrike Draesner die Geschichte einer Kanalüberquerung, die äußere wie innere Grenzen testet. Ein Aufbruch im Alter, ist das möglich? Gelten die frühen Ideale noch – oder wieder? Der Kanal ist kalt, die Strömung mächtig. Am Ende wird Charles klar, dass er nicht über seinen Schatten springen muss. Er kann ihn durchschwimmen.

Wir begleiten in diesem kleinen aber feinen Buch Charles, der den Ärmelkanal durchschwimmen will. Und während er schwimmt, denkt er über sein Leben nach, seine Vergangenheit und seine Zukunft. Seine Frau hat einen alten Freund eingeladen, zukünftig das Haus mit dem Ehepaar zu teilen. Kann Charles das? Seine Frau teilen? Wie steht er Silas gegenüber, einen Mann, den er schon Jahrzehnte kennt und mal seinen besten Freund genannt hat. Welche Entscheidungen aus der Vergangenheit haben sie alle wieder zusammengeführt?
Das Buch hat nur 176 Seiten, aber diese sind so intensiv, dass ich recht lange dran gelesen habe. Zum Einen ist die Sprache und auch der Aufbau des Buches etwas sperrig. Wir als Leser müssen Charles Gedankensprüunge mitmachen, wechseln zwischen Passagen im Ärmelkanal, der Gegenwart und der Vergangenheit hin und her, oft auf einer Seite. So musste ich mich als Leser oft orientieren. Und somit habe ich das Buch auch sehr sehr bewusst gelesen. Was die ganze Geschichte einfach unglaublich intensiv macht. Man lernt auch viel über das Reglemen für eine gültige Ärmelkanal Durchquerung. Und die ganze Zeit zittert man als Leser mit. Wird Charles es schaffen? Wird er den Ärmelkanal durchschwimmen? Schafft er es überhaupt lebend, denn nicht wenige Schwimmer bezahlen einen Versuch mit dem Leben. Und wie wird er zukünftig sein Leben leben? Könnte man selber so eine Entscheidung treffen? Auf wessen Seite will man sich schlagen?
Am Ende sind nicht alle Fragen bewantwortet , ja , ich habe die letzten Seiten sogar zweimal gelesen um alle Facetten zu entdecken.

Das Buch ist teilweise sehr grüblerisch, wir sinken tief in Charles Gedankenwelt. Aber ich liebe diese Liebe zum Wasser und habe den "swim" sehr genossen

[note2]