Das Geheimnis der Hebamme - Sabine Ebert

Begonnen von Lannie, 22. Juni 2007, 21:31:20

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Lannie

Verlag: Knaur
ISBN: 978-3-426-63412-7
Seiten: 656
Ausgabe: Taschenbuch
Preis: € 8,95
ET: 11.2006

[isbn]3426634120[/isbn]

Deutschland zur Zeit von Kaiser Barbarossa:

Weil sein Sohn tot geboren wurde, will Burgherr Wulfhart der jungen Hebamme Marthe Hände und Füße abschlagen lassen. Nur mit knapper Not gelingt ihr die Flucht aus dem Dorf. Um zu überleben, schließt sich das Mädchen einer Gruppe Siedler an, die ostwärts ziehen, um sich in dem noch unerschlossenen Gebiet ein neues, freies Leben aufzubauen. Angeführt werden sie von dem edlen Ritter Christian, der sofort von Marthe fasziniert ist. Doch ihre Schönheit und ihre besondere heilende Gabe haben auch die Aufmerksamkeit von Randolf erregt, Christians erbittertstem Feind ....

Meine Meinung

,,Das Geheimnis der Hebamme" ist das Debut von Sabine Ebert und erzählt die Geschichte von der 14jährigen Marthe, die von einem Moment auf den anderen aus ihrem Dorf fliehen muss und sich aus der Not heraus einem Siedlertreck anschließt, der in der Nähe von Meißen ein neues, besseres Leben beginnen möchte. Nicht nur auf dem Weg in ihre neue Heimat treffen die Siedler auf Probleme. Bald müssen sie feststellen, dass auch dort Gewalt, Willkür und Hass ihr Leben bedrohen...

Ich bin innerlich sehr zerrissen, was dieses Buch angeht. Einerseits habe ich es kaum aus der Hand gelegt und mehr als 600 Seiten in drei Tagen verschlungen, andererseits ist der Roman nichts Besonderes im Genre der historischen Romane. Es ist zu befürchten, dass ,,Das Geheimnis der Hebamme" in der Masse gleichwertiger Romane untergehen wird. Dabei lohnt sich das Lesen auf jeden Fall in Hinblick auf leichte, kurzweilige Lesestunden.

Sprachlich gefällt mir das Buch sehr gut. Es ist leicht verständlich und Sabine Ebert hat sehr darauf geachtet, dass sich keine zu modernen Begriffe einschleichen. Gleich auf den ersten Seiten wird man Mitten ins Geschehen gestoßen, so dass keine Zeit bleibt, sich zu langweilen. Daher ist der Roman auch vom Aufbau her recht gelungen. Störend ist allerdings die Einführung der Figuren, zu viele Namen und schwache Beschreibungen auf einmal.

Damit bin ich auch schon bei den Charakteren. Während sich die Autorin bei den Protagonisten sehr viel Mühe in ihrer Ausgestaltung gemacht hat, unterscheiden sich viele der Nebenfiguren kaum voneinander. So konnte ich so manche Siedler nicht einmal nach 600 Seiten auseinander halten und auch unter den Rittern hatte ich Zuordnungsschwierigkeiten und das, obwohl es ein Personenverzeichnis zu Beginn des Buches gibt. Auch fehlte es allen Figuren leider an ausgewogenen Facetten. Sabine Ebert bedient sich sehr der Schwarz-Weiß-Malerei und man kann im Prinzip alle Figuren in zwei Lager aufteilen: Gut und Böse.
Die 14jährige Marthe war mir zwar sympathisch, aber sie ist mir eindeutig zu perfekt. Sie ist stark, heilerisch übermäßig begabt und mit mehr als nur einem sechsten Sinn gesegnet. Insgesamt ist ihr Verhalten eher einer Frau als einem Mädchen zuzuordnen und leider recht unglaubwürdig. Das männliche Gegenstück, der Ritter  Christian, gehört ebenfalls zu den unfehlbaren, perfekten und unfassbar guten Menschen. Auch wenn an ihm kein Makel zu finden war, hab ich mich in diesen strahlenden Helden ,,verliebt", das muss ich ehrlich zugeben.
Die Bösen sind nicht nur ein klein wenig, sondern abgrundtief schlecht, so wie man es aus dem guten alten Märchen kennt und keinesfalls zu den Guten bekehrbar.

Die Handlung ist unsagbar voraussehbar und voller Klischees . Die Männer sind alle Opfer ihrer Triebhaftigkeit , der große Held ist nicht unterzukriegen und voller Edelmut, die Heldin ist schön, begehrt und übermäßig begabt in allem, was sie tut. Im Grunde findet sich hier eigentlich alles, was man aus vielen historischen Romanen kennt, vereint wieder. Allerdings wurde ich ab und an doch noch überrascht und es gibt auch einige Opfer zu beklagen, so dass der Bezug zur Realität wenigstens gelegentlich gewahrt bleibt
Da Sabine Ebert Marthes Geschichte mit der Entstehung Freibergs verbindet, erhält man interessante Einblicke in die Gründung eines Dorfes im 12. Jahrhundert. Allerdings hätte die Autorin noch ein wenig mehr über die neue Siedlung einbringen können, so bleibt die Gründungsgeschichte doch nur ein kleiner Teil des Romans.

Neben des erwähnten Personenregisters enthält die Taschenbuchausgabe von Knaur noch ein Glossar und ein lesenswertes Nachwort. Eine Karte der Umgebung Meißens/Freibergs hätte ich durchaus hilfreich für die Anschaulichkeit gefunden.  Auch wenn man keinen sehr anspruchsvollen Roman erwarten darf, möchte ich ,,Das Geheimnis der Hebamme" jeden ans Herz legen, der gerne auch leichtere, nicht allzu tiefgehende historische Romane liest, denn eine äußerst kurzweilige Unterhaltung bietet dieser Roman in jedem Fall. Und gerade weil Sabine Eberts Erstling ein wahrer Pageturner ist, fällt meine Bewertung trotz meiner Kritik recht hoch aus.

Meine Bewertung

[note2]
Liebe Grüße
Lannie aka Cait

The Viewfinder

Annette B.

Hallo Lannie,

danke für deine Rezi, sie macht mir Mut, denn ich habe im Okt. eine LR zu diesem Buch!

Nur ein Wort in deiner Rezi irritiert mich:

ZitatPageturner

Was bitte bedeutet dieses Wort ?????? :kopfkratz:
Das ist mir noch nie begegnet!

Liebe Grüße
Annette
Liebe Grüße Annette

Lannie

Hallo Annette,

echt? Das kanntest Du noch nicht, dann entschuldige ich mich dafür. Das bedeutet eigentlich nur, dass sich das Buch wegliest wie nichts und Du es nicht mehr aus der Hand legen magst.

LG
Lannie
Liebe Grüße
Lannie aka Cait

The Viewfinder

Annette B.

Hallo Lannie,
du mußt dich nicht entschuldigen.
Es gibt immer mal hier Begriffe die ich hinterfragen muß. Das sind halt so kleine Bildungslücken, die ich aber hier locker schließen kann. Ich frage einfach, wenn ich etwas nicht verstehe! :-)
Vielen Dank für die kurze Erklärung. :knuddel:
Liebe Grüße
Annette
Liebe Grüße Annette

Wuschl*

Nachdem ich das Buch auch gerade beendet habe, ganz kurz meine Meinung dazu:

Als allererstes mußte ich während der ganzen Lektüre feststellen, daß für ein Hebammenbuch eindeutig zu wenig Babys vorkommen (wobei ich vielleicht auch grad sehr auf dem entsprechenden Trip bin - trotzdem würd ich mir das vom Titel her erwarten).
Die Hebamme selbst - Marthe - ist zwar wie Lannie schon geschrieben hat ein sehr klar ausgebauter Charaktewr, aber auch mir war sie einfach zu perfekt, genau wie ihr Ritter Christian.

Sehr gut fand ich an dem Buch, daß zum Schluß nicht alles Friede / Freude / Eierkuchen war, sondern der Landesfürst nach wie vor geldgeil und vollkommen uninteressiert an seiner Frau, seinen Leuten - solange er sich eienn Nutzen davon verspricht und daß der Böse Charakter nicht zum Schluß stirbt sondern (genau wie halt auch im richtigen Leben) irgendwo noch vorhanden ist, um einem bei gegebener Zeit das Leben dann doch nochmal schwer zu machen.

Hinter ein Geheimnis bin ich bei allen Geheimnissen aber nicht gekommen: Was war denn nun das Geheimnis der Hebamme? Spoiler: Daß sie heilen kann?
Ah ja, und noch ein Geheimnis, das ich nicht ergründen konnte: Der Hintergrund der Fehde zwischen Christian und seinem Widersacher. Der angebrachte Grund hat mch gar nicht überzeugt.

Ansonstne hat sich das Buch sehr gut und spannend gelesen, ich mochte wie die Autorin die geschichtlichen Hintergründe mit einbezieht und freue mich eigentlich schon auf die Fortsetzung, die bei Amazon bereits angekündigt wird.

Meine Bewertung: [note2+]

Liebe Grüße,
Wuschl
uro nun luceo

uschi

Hallo zusammen,

na denn, da lasse ich mich mal überraschen. Ich habe nämlich das Buch vor ca. 1 Woche bei booklooker gebraucht gekauft, ist aber bisher noch nicht bei mir eingetroffen.

Liebe Grüße
Uschi
Liebe Grüße
Uschi

Ein schönes Buch ist wie ein Schmetterling. Leicht liegt es in der Hand, entführt uns von einer Blüte zur nächsten und lässt den Himmel ahnen. (Lao-Tse)

Katha

,,Das Geheimnis der Hebamme" habe ich vor kurzem gelesen.

Ähnlich wie Lannie und Wuschel hatte ich das Buch nach wenigen Tagen durch, da ich unbedingt wissen wollte was Marthe und Ritter Christian erleben.

Marthe war mir für ein 14 jähriges Mädchen schon fast zu erwachsen, aber sehr sympathisch, ich hab mit ihr gelitten und mich mit ihr gefreut. Ritter Christian, ihn hatte ich gleich in mein Herz geschlossen, er war mein Held.  :held:
Die Bösen sind in diesem Buch klischeehaft durch und durch böse, aber ich wollte sie auch nicht bei den Guten sehen.

Den Nachfolgeband ,,Die Spur der Hebamme" werde ich mir aber auf alle fälle kaufen, da ich wieder einen kurzweiligen historischen Roman erhoffe.

[note2+]

Viele Grüße
Katha

@Wuschl: Gute Frage?  :detektiv: Welches der Geheimnisse war DAS GEHEIMNIS?
"Es gibt nur wenige Situationen jedes menschlichen Lebens, in denen man keine Bücher lesen kann, könnte, sollte...."
Kurt Tucholsky 1890-1935

Wuschl*

Zitat von: Katha in 22. August 2007, 13:06:03
@Wuschl: Gute Frage?  :detektiv: Welches der Geheimnisse war DAS GEHEIMNIS?

Vielleicht ist das Geheimnis, daß man eben ned draufkommt?  :->

Sherlock-Wuschl  :detektiv:
uro nun luceo

Katha


Zitat von: Wuschl* in 22. August 2007, 15:10:20
Zitat von: Katha in 22. August 2007, 13:06:03
@Wuschl: Gute Frage?  :detektiv: Welches der Geheimnisse war DAS GEHEIMNIS?

Vielleicht ist das Geheimnis, daß man eben ned draufkommt?  :->

Sherlock-Wuschl  :detektiv:

Oder erst wenn wir die "Die Spur der Hebamme" verfolgt haben.


Dr. `Katha`Watson  :detektiv:
(die sich gerade wegschmeißt  :wieher:)
"Es gibt nur wenige Situationen jedes menschlichen Lebens, in denen man keine Bücher lesen kann, könnte, sollte...."
Kurt Tucholsky 1890-1935