Amélie Nothomb - Kosmetik des Bösen

Begonnen von Inge78, 25. Mai 2022, 08:09:52

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Inge78

ZitatEin wildfremder, aufdringlicher Typ spricht den Geschäftsmann Jerome Angust in der Wartehalle eines Flughafens an. Jerome möchte ihn abschütteln, zunächst höflich, dann immer deutlicher, doch der andere , der sich als Textor Texel vorstellt, gibt nicht auf. Er will ihm sein Leben erzählen, das Leben eines Menschen, der aufgrund seiner Häßlichkeit von Kindheit an ausgeschlossen wurde. Und Jerome Angust muß zuhören, ob er will oder nicht.
Tatsächlich ist die Lebensgeschichte von Textor Texel auch für Jerome interessant. Jerome hat nämlich etwas mit Textor gemeinsam: Beide haben Dreck am Stecken. Der eine - Textor - brüstet sich damit, der andere - Jerome - möchte es mit aller Gewalt vertuschen.

   "Kosmetik ist die Lehre von der universellen Ordnung, die allerhöchste, weltbeherrschende Moral, Sie Ignorant, Sie."
Jérôme Angust sitzt am Flughafen fest. Ein Unbekannter, der sich Textor Texel nennt, verwickelt ihn in ein Gespräch dass sich als zu einer Gedulds- und Nervenprobe entwickelt. Jérôme wird den Mann nicht mehr los. Wer ist dieser Mann, der so viel über seinen Gesprächspartner weiß und was will er?
Ein Wortgefecht 1. Güte. Das Buch besteht fast nur aus wörtlicher Rede, außer diesem Gespräch passiert nicht viel auf den gut 100 Seiten. Die eigentliche Handlung lässt sich in wenigen Sätzen zusammenfassen. Aber diese drückende Atmosphäre, diese Ahnung einer düsteren Spannung baut sich immer mehr auf, um sich in einem unerwarteten Finale plötzlich zu entladen. Amélie Nothomb ist gewohnt redegewandt und verpackt das Böse sehr klug und poetisch. Der Schreibstil ist nüchtern, so erschreckend und ernüchternd der Inhalt auch sein mag. Die Autorin schreibt sperrig, man liest die Bücher nicht so nebenbei weg. Die eigentlich Ausgangssituation wirkt absurd und trotzdem irgendwie aus dem Leben gegriffen, der zutiefst unsympathische Texel nervt nicht nur Jérôme sondern auch mich als Leser. Ich bin mal wieder fasziniert von einem Buch der Autorin und ich diese Geschichte wird mir im Gedächtnis bleiben. Grotesk, faszinierend, psychologisch dicht und voller menschlicher Abgründe, unsympatisch und entnervend und doch fesselnd. Ein typischer Nothomb

[note2]
Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore

Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
(aus "ES" von Stephen King)

Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf

mowala

Ich sag ja immer: " Lass dich nicht von Fremden anquatschen..." :-> Ist irgendwann mal in Irrer drunter :->
Das Leben ist zu kurz für später

Inge78

Zitat von: mowala in 25. Mai 2022, 08:45:18
Ich sag ja immer: " Lass dich nicht von Fremden anquatschen..." :-> Ist irgendwann mal in Irrer drunter :->

:-)

Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore

Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
(aus "ES" von Stephen King)

Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf