Dirk Kurjuweit - Der Ausflug

Begonnen von Inge78, 25. Juli 2022, 08:05:07

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Inge78

ZitatEine aufrüttelnde Reise ins Herz der deutschen Finsternis
Amalia, Josef, Gero und Bodo, Freunde seit Kindheitstagen, haben sich zu einer sommerlichen Kanutour verabredet. Kaum sind sie an ihrem Ausflugsziel angekommen, verdichten sich die Anzeichen, dass sie hier nicht willkommen sind. Vor allem Josef, der Schwarz ist, bekommt die Ablehnung von Menschen zu spüren, die aus Prinzip gegen alles Fremd-Aussehende sind. Doch soll man sich von ein paar ewiggestrigen Provinzlern einschüchtern lassen? Einfach klein beigeben? – Amalia, Josef, Gero und Bodo entscheiden sich dafür, zu bleiben, und ab da gibt es kein Zurück mehr. Jeder Schritt weiter ist einer auf den Abgrund zu. Alle ahnen, dass dieser Ausflug kein gutes Ende nehmen wird. Doch keiner will es wahrhaben. Schon bald geht es nicht mehr um ein sommerliches Abenteuer, sondern nur noch darum, mit heiler Haut davonzukommen.

   "Weite Felder, gelb glänzend, von der tief stehenden Sonne mit Lack überzogen."

Vier Freunde auf einem Kanu Ausflug mitten in der nicht näher benannten deutschen Provinz. Erst wird Joseph nur angepöbelt, weil er dunkelhäutig ist, dieser Rassismus steigert sich im Laufe des Buches. Dirk Kurbjuweit ist ein Spannungsroman gelungen weit jenseits von Genre Grenzen. Kein Krimi, kein Thriller, eher ein Gesellschaftsroman. Was als Idylle beginnt, die 4 Freunde die sich einmal im Jahr zu einem Urlaub treffen, endet in einem Horror Trip. Denn nicht nur die Einheimischen werden zu Feinden, sondern auch in der Gruppe selbst bröckeln die Fassaden. Der Autor beschreibt eine faszinierenden Landschaft, ein Flussdelta mitten im Nirgendwo, kleine Flussläufe, einsam gelegen , die Landschaft geprägt von Verfall, die Menschen geprägt von Vorurteilen. Diese ständige unterschwellige Gefahr, die während des Lesens vor sich hin brodelt, das hat mir richtig gut gefallen. Das Böse ist allgegenwärtig aber nie da. Und wieviel von diesem Bösen steckt in uns selber? Die Ausbrüche von Gewalt erschrecken und scheinen so sinnlos und gleichzeitig fast folgerichtig , so verquer wird das Denken im Laufe des Buches. Manche Nebengeschichte innerhalb der Gruppe erschien mir zu ausgeschmückt, zu viel Raum einnehmend innerhalb des Romans. Mir hätte eine Fokussierung auf die eigentliche Story besser gefallen. Auch wenn auch in diesen Geschichten Dunkles lauert. Auch die Menschen die sie treffen sind so seltsam, ich wusste oft nicht ob ich lachen oder entsetzt sein soll. Ich fand niemanden so richtig sympathisch, bin niemandem nahe gekommen. Dennoch konnte das Ende mich emotional mitnehmen und hat mich sehr nachdenklich zurück gelassen. Ein Buch, auf das man sich einlassen muss, das sich manchmal etwas zieht , ein Buch das sicherlich bewusst übertreibt und dadurch das Thema Rassismus noch mehr ins Zentrum des Geschehens rückt.

[note2]
Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore

Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
(aus "ES" von Stephen King)

Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf