Nino Haratischwili: Die Katze und der General

Begonnen von Kathrin, 01. August 2022, 14:48:40

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Kathrin

Die Katze und der General von Nino Haratischwili

Herausgeber ‏ : ‎ Frankfurter Verlagsanstalt
Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 764 Seiten
ISBN-10 ‏ : ‎ 3627002547

Inhalt:
Alexander Orlow, ein russischer Oligarch und von allen »Der General« genannt, hat ein neues Leben in Berlin begonnen. Doch die Erinnerungen an seinen Einsatz im Ersten Tschetschenienkrieg lassen ihn nicht los. Die dunkelste ist jene an die grausamste aller Nächte, nach der von der jungen Tschetschenin Nura nichts blieb als eine große ungesühnte Schuld. Der Zeitpunkt der Abrechnung ist gekommen. Nino Haratischwili spürt in ihrem neuen Roman den Abgründen nach, die sich zwischen den Trümmern des zerfallenden Sowjetreichs aufgetan haben. »Die Katze und der General« ist ein spannungsgeladener, psychologisch tiefenscharfer Schuld-und-Sühne-Roman über den Krieg in den Ländern und in den Köpfen, über die Sehnsucht nach Frieden und Erlösung. Wie in einem Zauberwürfel drehen sich die Schicksale der Figuren ineinander, um eine verborgene Achse aus Liebe und Schuld. Sie alle sind Teil eines tödlichen Spiels, in dem sie mit der Wucht einer klassischen Tragödie aufeinanderprallen.

Meine Meinung:
Ich dachte zuerst, dass es mir schwer fallen würde, eine Rezension zu ,,Die Katze und der General" von Nino Haratischwili zu formulieren, weil ich so viel hätte berichten können, hätte loswerden wollen, aber auch immer Gefahr lief, zu spoilern. Doch genauso wie ich im Leseflow bei diesem Buch war, so war ich auch im Schreibflow für meine Rezi.

Die georgische Autorin Nino Haratischwili hat mich wieder mit einem wirklich großartigen Roman überzeugen können, auch wenn ,,Die Katze und der General" nicht an ,,Das achte Leben – Für Brilka" heranreichen kann. ,,Brilka" war ein Familienepos, im großen und ganzen chronologisch erzählt und im wesentlichen blieb die Autorin dort auch bei der jeweiligen Hauptprotagonist*in pro ,,Leben." Auch ,,Die Katze und der General" ist in mehreren Perspetiven erzählt, allerdings springt die Autorin ziemlich wild in der Zeit herum, so dass ich mich wirklich sehr konzentrieren musste, um alle Fäden in der Hand zu behalten. Hinzu kommt, dass es relativ wenige Abschnitte oder ,,Denkpausen" gibt, die man als Leser nutzen kann, um das Gelesene erstmal zu verdauen. Das mag aber ein individuelles Problem von mir sein, weil ich nur ungern mitten in einem Absatz die Lektüre unterbreche. Die große Anzahl an Figuren, bei denen man lange nicht weiß, ob sie wirklich wichtig sind und nochmal auftauchen, sowie der ausufernde Erzählstil können durchaus auch als anstrengend empfunden werden, so dass man sich vielleicht auch ab und zu wünscht, die Autorin würde mal zum Punkt kommen und nicht so sehr vom roten Faden der Geschichte abdriften.

Aber gerade diesen ausufernden, intensiven, aber auch herausfordernden und leicht sperrigen und oft schonungslosen Erzählstil finde ich grandios. Es gibt viele ganz wunderbare Szenen, aber auch genügend schlimme Szenen, die kaum auszuhalten sind. Das gilt auch für die Figuren, die alle ausnahmslos Substanz und einen Hintergrund haben, eine Basis, die ihr Verhalten, das ich oft genug verurteilt habe und widerlich fand, aber irgendwie auch – zumindest in einem gewissen Grad – verständlich gemacht hat. Die Figuren sind vielschichtig, entwickeln sich weiter, auch wenn die wenigsten wirklich sympathisch sind. Viele habe ich abgrundtief gehasst, aber selbst bei ihnen gab es Szenen, wo ich ihnen insgeheim recht geben musste mit dem, was sie sagten oder taten. Das machte sie zwar keineswegs sympathischer, zeigt aber einfach, wie gut die Autorin ihre Figuren anlegt und charakterisiert. Letztlich haben mir aber tatsächlich einige Nebenfiguren besser gefallen, als unsere drei Erzählstimmen und Hauptfiguren: die Katze, der General und die Krähe. Von diesen dreien war der General für mich am faszinierendsten und spannendsten, auch wenn ich durchaus auch meine Schwierigkeiten mit ihm hatte und mich maßlos über ihn aufregen konnte.

Auch das Ende fand ich wieder grandios. Vielleicht war der Showdown sogar ein wenig drüber und ich kann mir durchaus vorstellen, dass es Leser*innen gibt, die mit dem wirklichen Ende Probleme haben. Aber ich habe es gefeiert. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass diese Art von Ende ein Markenzeichen der Autorin sein könnte, weshalb ich mich umso mehr auf ,,Das mangelnde Licht" freue, auch wenn ich es vermutlich erst im nächsten Jahr lesen werde.

Bewertung
1-
[note1]
Rock the Night!

Inge78

OK ... das klingt ja wirklich begeistert, ich bin ja so lange um das Buch drum herum geschlichen weil es so anders sein soll als das sehr geliebte "Brilka" aber ich denke, dann sollte ich es doch lesen
Danke für die Rezi
Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore

Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
(aus "ES" von Stephen King)

Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf

nala11

Ich habe es seit über einem Jahr auf dem Kindle....
Es wartet auch noch auf mich.  :zwinker:

Und seine Meinung macht mich doch neugierig.
Lesen ist nicht nur ein Hobby, es ist eine Lebenseinstellung.
Du misst das Jahr nicht in Wochen und Monaten, sondern in Büchern.