Olga Grjasnova: Der Russe ist einer, der Birken liebt

Begonnen von Kathrin, 28. November 2022, 16:29:36

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Kathrin

Der Russe ist einer, der Birken liebt von Olga Grjasnova

Herausgeber ‏ : ‎ dtv
Taschenbuch ‏ : ‎ 288 Seiten
ISBN-10 ‏ : ‎ 3423142464

Inhalt:
Mascha ist jung und eigenwillig, sie ist Aserbaidschanerin, Jüdin, und wenn nötig auch Türkin und Französin. Als Immigrantin musste sie in Deutschland früh die Erfahrung der Sprachlosigkeit machen. Nun spricht sie fünf Sprachen fließend. Sie plant gerade ihre Karriere bei der UNO, als ihr Freund Elias schwer erkrankt. Verzweifelt flieht sie nach Israel und wird von ihrer eigenen Vergangenheit eingeholt. Ebenso tragisch wie komisch, mit Sinn für das Wesentliche erzählt Olga Grjasnowa die Geschichte einer Generation, die keine Grenzen kennt, aber auch keine Heimat hat.

Meine Meinung:
,,Ich räumte alles wieder in die Kiste, drehte einen Joint und stellte mein Notebook auf den Küchentisch. Ich hatte Elischas Drang, mich zu verstehen, unterschätzt. Wir hatten uns viel gestritten, es ging oft um Elischas Eifersucht auf Sami, er hatte mir irgendetwas nicht verziehen. Meistens ging es jedoch um mich. Er dachte, ich würde ihm nicht vertrauen, aber ich war einfach der Meinung, dass dies keine Rolle für uns  spielte. Ich wollte nicht, dass ein Genozid nötig ist, um mich zu verstehen."

Was habe ich mich auf das Buch ,,Der Russe ist einer, der Birken liebt" von Olga Grjasnova gefreut, es hat perfekt für die Bücher-Bingo-Challenge für 2022 gepasst und der Klappentext klingt so unfassbar gut. Nur leider habe ich nicht das bekommen, was ich mir von dem Buch erhofft hatte. Ich hatte auf eine Brilka aus Aserbaidschan gehofft, hatte gewünscht, dass ich ähnlich wie bei Nino Haratischwili über Georgien hier mehr über Aserbaidschan und seine Geschichte erfahre, aber dafür ist das Buch zu dünn und außerdem war das auch sicher nicht die Intention der Autorin.

Tatsächlich bin ich mir ziemlich sicher, dass ich das Buch abgebrochen hätte, wenn es nicht so kurz wäre, denn im ersten Teil dümpelt die Geschichte ganz schon vor sich hin, kommt nicht richtig in Schwung. Das hätte man durchaus kürzen können. Andere Dinge hätte ich dafür lieber ausführlicher gehabt, da hat die Autorin Potential liegen lassen. Auf der anderen Seite ist es manchmal vielleicht auch gut, wenn man als Leser nicht alles hautnah miterlebt oder erzählt bekommt. Maschas Trauma funktioniert tatsächlich auch ohne die ganzen grausamen Details gut genug.

Leider fand ich auch die Figuren ziemlich anstrengend, nicht wirklich nahbar, schon gar nicht Mascha, die Protagonistin. Aber das sicherlich genau so beabsichtigt. Denn es geht hier in diesem Buch um die Generation der Entwurzelten, die zwar z.B. in Deutschland aufgewachsen sind, aber ihre Wurzeln in anderen Ländern haben und sich nirgendwo richtig dazugehörig fühlen. Dankbar war ich der Autorin aber für Cem, Maschas besten Freund. Einen besseren Freund kann man sich für die Protagonistin nicht wünschen, wenn man schon nicht selbst ins Buch kriechen kann, um sie mal in den Arm zu nehmen oder für sie da zu sein.

Sprachlich hat mir das Buch gut gefallen. Ich fand es sehr intensiv, auch wenn ich nicht an die Figuren rangekommen bin. Es konnte mich ab dem zweiten Teil wirklich in seinen Bann ziehen, u.a. auch weil ich da endlich zumindest ein bissl mehr Zugang zu Mascha bekam. Aber ich habe an einer oder zwei Stellen ein wenig an der Logik gezweifelt und fand auch die Dialoge oft schwierig, weil sie mitunter sehr zusammenhanglos in die Geschichte geworfen worden sind. Was aber auch wieder ganz gut passt, weil sie genauso in der Geschichte vor sich hintreiben, wie Mascha es auch tut.

Auch wenn ich mit dem Buch nicht so glücklich war, wie ich mir es erwünscht habe, bin ich froh, dass ich es beendet habe. Ich muss einfach irgendwie versuchen, ohne Erwartungen an Bücher heran zugehen. Aber das ist leider leichter gesagt als getan.

Bewertung:
3+
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