Anna Basener: Die juten Sitten - Kaiserwetter in der Gosse

Begonnen von Kathrin, 28. Dezember 2021, 14:53:07

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Kathrin

Die juten Sitten - Kaiserwetter in der Gosse
Autorin: Anna Basener
Herausgeber ‏ : ‎ Goldmann Verlag
Taschenbuch ‏ : ‎ 336 Seiten
ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3442490998

Inhalt:
Sex und Lust, Prunk und Schmutz – willkommen im verruchtesten Bordell der deutschen Kaiserzeit!

Berlin, 1935: Schweren Herzens schließt Minna ihr geliebtes Bordell »Ritze«, um in Frankreich ein neues Leben zu beginnen. Auf der Zugfahrt nach Nizza erzählt sie dem jungen Stricher Emil und ihrem alten Konkurrenten Gustav, wie alles begann – damals zur Kaiserzeit: Wie sie es von der mittellosen Arbeiterin zur Lieblingsdirne eines Herzogs brachte, sich Hals über Kopf in den Zeremonienmeister des Kaisers verliebte und schließlich ihr eigenes Bordell eröffnete. Und wie eine Orgie im Jagdschloss Grunewald zu einem Duell mit verheerenden Folgen führte ...

Meine Meinung:
Spätestens 30 Seiten vor dem Ende von ,,Die Juten Sitten – Goldene Zwangziger, dreckige Wahrheiten" von Anna Basener stand für mich unverrückbar fest, dass ich auch Band 2 der Dilogie lesen musste. Und ich hatte Glück, denn ,,Die juten Sitten – Kaiserwetter in der Gosse" war in einer - zugegebenermaßen recht großen - Buchhandlung in Frankfurt vorrätig, so dass ich die beiden Bücher direkt hintereinander weg lesen konnte.

In diesem Band wird die Geschichte von Minna, Hedis Großmutter, erzählt, wie alles damals in der Kaiserzeit, im Jahr 1895 für sie begann und wie sie zu ihrem Hurenhaus, der ,,Ritze" gekommen ist . Minna erzählt diese Geschichte selbst während einer Zugfahrt mit Emil und Gustav im Jahr 1935 von Nazi-Deutschland nach Frankreich, wo sie ihre Enkelin Hedi wiedertreffen will.

Mir ist tatsächlich erst in diesem zweiten Band aufgefallen, dass der Part, der in 1895 spielt und von Minna erzählt wird, im Präsenz geschrieben ist. Dies war auch in Band 1 schon der Fall, als Hedi von ihrer Kindheit im Hurenhaus ihrer Großmutter erzählt, nur ist mir das nicht aufgefallen. In meinen Augen ist es immer ein gutes Zeichen, wenn mir das nicht oder erst spät auffällt, denn eigentlich mag ich den Präsens als Erzählzeit nicht. Dass mir das jetzt allerdings bei Minnas Geschichte aufgefallen ist, lag wohl leider einfach daran, dass mich zumindest die erste Hälfte des Buches nicht so richtig begeistern konnte. Sowohl die Geschichte, als auch die Figuren wirkten deutlich flacher und vorhersehbarer. Hedi, Natalia und Colette fehlten mir sehr und leider fand ich auch die junge Minna lange nicht so grandios wie die ältere Minna. Doch nach gut der Hälfte hatte mich dann auch Minnas Geschichte gepackt. Ich hatte mich in den geschichtlichen Hintergrund die ,,von Kotze-Affaire" (der gute Mann hieß wirklich so) eingelesen, die die Autorin aus dramaturgischen Gründen vom Jahr 1891 ins Jahr 1895 verlegt hat, wie sie in einem Nachwort erklärt.  Und nachdem ich mich an die Verwicklungen mit dem Adel und den dadurch teilweise etwas anderen Ton gewöhnt hatte, konnte ich auch wieder die vielen göttlichen Dialoge und Szenen genießen. Aber mit Hedis Geschichte konnte das Buch dennoch nicht mithalten.

Das klingt jetzt wahrscheinlich wieder deutlich negativer, als ich es tatsächlich empfunden habe, denn alles in allem habe ich das Buch wirklich genießen können und bin auch traurig, dass wir die liebgewonnenen Figuren jetzt verlassen müssen. Da Minna jedoch immer und immer wieder – auch schon in Band 1 – betont, wie wichtig ihr ihre Unabhängigkeit ist und ich der Meinung bin, dass wir noch lange nicht alles von ihr wissen, hoffe ich sehr, dass die Autorin aus der Dilogie noch eine Trilogie macht. Zum einen weil sich die Bücher einfach wunderbar locker und leicht weglesen lassen und zum anderen, weil mich gerade auch das Zerwürfnis mit ihrem Sohn Fritz oder generell Hedis Mutter brennend interessiert.

Bewertung:
[note2-]
Rock the Night!