Das Spiel der Könige - Rebecca Gablé

Begonnen von Kathrin, 21. Oktober 2007, 00:58:24

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Kathrin

[isbn]3431037216[/isbn]   Verlag: Ehrenwirth
ISBN: 3-431-03721-6
Seiten: 1196
Ausgabe: Hardcover
Preis: € 24,95
ET: 09.2007


Klappentext:
England 1455: Der achtzehnjährige Julian of Waringham ist der Schandfleck der Familie, weil er lieber den Duke of York auf dem Thron sähe als den jämmerlichen König Henry aus dem Hause Lancaster. Erst als der Kampf um Englands Krone offen ausbricht und Julian unverhofft Earl of Warinham wird, erkennt er, auf welche Seite in diesem bitteren Konflikt zwischen Lancaster und York er gehört. - Auch Julians Zwillingsschwester Blanche ist ein schwarzes Schaf: Auf der Flucht vor dem englischen Gesetz verschlägt es sie nach Wales, wo sie ausgerechnet mit Jasper Tudor, König Henrys Halbbruder, eine Liaison eingeht. In England wie in Wales führen die Lancastrianer einen verzweifelten Kampf, bis schließlich mit Edward IV. der erste König aus dem Hause York die Krone erringt. Für Julian und Blanche brechen schwere Zeiten an, und mit dem Widerstand gegen das neue Regime riskieren sie nicht nur ihr eigenes Leben. Denn in den Klauen der Yorkisten wächst in Wales ein Junge heran, der Englands letzte Hoffnung sein könnte ...


Meine (etwas längere :->) Meinung:

Lange hat es gedauert, doch die Wartezeit wurde belohnt und wieder war es ein riesengroßer Genuss, den neuesten historischen Roman von Rebecca Gablé in den Händen halten und lesen zu dürfen. Es war nicht nur lesetechnisch ein Hochgenuss, sondern auch wieder layout-technisch, die Ehrenwirth-Hardcover sind einfach wunderschön gestaltet, feines, nahezu weiches Papier aber eben auch wieder diese von mir so sehr geliebten Extras wie Stammbäume, Personenregister und langes Nachwort der Autorin. Da geb ich das Geld wirklich gerne für aus!!!

Bei jedem anderen Buch von Rebecca Gablé käme jetzt der Satz ,,Der Einstieg in das Buch fiel mir sehr leicht", aber hier war es dann doch eher so, dass ich das Buch nach 20 Seiten an die Wand pfeffern und nicht weiterlesen wollte. Zunächst musste ich ja nur leise schniefen, dann wurde das Schniefen immer lauter, dann musste ich erstickungsähnlich schluchze. Das wurde selbst in Gegenwart einer sehr sehr guten Freundin langsam peinlich und so hatte ich schon ein Tempo in der Hand und wollte leise vor mich hinbrabbeln, dass ein Buch doch nicht SO anfangen kann. Raus kam aber kein leises Vorsichhinbrabbeln, sondern ein hysterischer, schriller Schrei  "SO KANN DOCH KEIN BUCH ANFANGEN", schrill, laut und hysterisch, total unkontrolliert...und dabei war John doch noch nicht mal mein Liebling, das war doch Raymond...wie sollte das bloß weitergehen, das Buch hat doch noch über 1100 Seiten und auch wenn ich in Geschichte kein Ass war, so weiß ich doch, was mit den Rosenkriegen in England so alles auf uns Leser zukommen würde.

Letztenendes habe ich das Buch natürlich nicht zur Seite gelegt, wie auch, ich hab mich ja schließlich zwei lange Jahre auf diesen dritten Teil der Waringham-Trilogie gefreut. Und wie gesagt zu recht gefreut, denn das Buch war im Gegensatz zu den anderen Büchern von Rebecca Gablé erfrischend anders. Wo man zwischen ,,Das Lächeln der Fortuna" und ,,Die Hüter der Rose" vielleicht noch zu viele Parallelen gefunden haben kann, so sind hier doch einige wesentliche Punkte unterschiedlich und ein absoluter Plus-Punkt dieses Romans. Durch die Wirren der Rosenkriege ist das Buch sehr geschichtlich und politisch geworden und die Geschehnisse  in Waringham, dem Gestüt und dem Dorf treten ein wenig in den Hintergrund, sind allerdings keineswegs vergessen. Vermutlich ebenso bedingt durch die Wirren der Rosenkriege fehlt in meinen Augen die dominierende hochadelige Hauptfigur, wie John of Gaunt oder Kardinal Beaufort, am ehesten schlüpft vielleicht der Earl of Warwick in diese Rolle, aber er dominiert lange nicht so wie ein John of Gaunt, aber wer kann schon gegen den ,,anstinken".

Auch die männliche Hauptfigur auf Seiten der Waringhams ist im Gegensatz zu seinem Großvater Robin und Vater John doch mit ziemlich vielen Ecken und Kanten ausgestattet, es dauert, bis er erkennt, warum seine Ahnen Lancasterianer waren und er selbst sich dazu bekennt. Aber diese Unentschiedenheit, die in ihm deutlich wird, die Tatsache, dass er in Henry VI einen schwachen und geisteskranken Mann auf dem englischen Königsthron erkennt und vermutlich ein wunderbarer Freund für den späteren Yorkistenkönig Edward IV hätte werden können, ist gering im Gegensatz zu seinem Verhalten gegenüber seiner Frau. Himmel, bis kurz vor Schluss hätte ich Julian in seinen Allerwertesten treten können, so bescheuert hat er sich da teilweise verhalten. Seine Verhaltensweisen machen ihn manchmal zu einem Buch mit sieben Siegeln und das macht ihn soooo spannend, wenn auch nicht zwingend sympathisch. Es ist erfrischend, dass er mal kein so ein Waringham-Held ist, wie Robin oder John. Klar, auch John und Robin hatten ihre Fehler, aber ich kann mich nicht erinnern, dass ich einen von ihnen mal so richtig bescheuert fand. Ich finde, dass Julian am realistischsten von allen Waringhams gezeichnet ist ... John und Robin, na und vor allem Raymond hab ich immer gleich alles wieder verziehen. Aber Julian...neee, der ist echt ein anderes Kaliber! Ich glaub ich bin ein wenig auf diese schwierigen und vor allem "Nicht-Schwiegersöhne-Typen" gepolt. Julian ist einfach so spannend.

Eine weitere Neuheit war die zweite Hauptrolle auf Seiten der Waringhams, die durch Julians Zwillingsschwester Blanche verkörpert wurde und mit ihr ist Rebecca Gablé eine absolut tolle Figur gelungen. Blanche hab ich mit ihrem ersten Auftreten liebgewonnen und das hat gehalten bis zu Schluss, auch wenn ich extreme Angst um sie hatte! Das schöne hier ist, dass wir nicht nur eine zweite Hauptfigur auf Seiten der Waringhams haben, sondern dass diese auch mal weiblich sein darf, denn bislang kennen wir bei Gablé ja nur männliche Helden.

Bei den wichtigen Nebenfiguren, wenn man sie überhaupt als Nebenfiguren bezeichnen kann, haben mir vor allem Jaspar Tudor und Lucas Durham gefallen. Jaspar Tudor ist mindestens mal so klasse wie seine Vater Owen *hach* und dass Rebecca Gablé eine Verbindung zu den Durhams aus ,,Der König der purpurnen Stadt" hergestellt hat, dafür werde ich ihr für immer und ewig dankbar sein. Mir kommt es hier so vor, als ob sie nochmal alle liebgewonnenen Nebenfiguren aus Teil 1 und 2 mit ihren Nachkommen auf die Bühne holt um den Kreis zu schließen. Mit Julians Rittern (Algernon Fitzroy, Lucas Durham und Frederic of Harley) wurden Edward Fitzroy und Leofric nochmal "lebendig", mit Lucas wie gesagt Jonah und dann lernen wir auch noch Mortimer Welles kennen, ein Nachfahre von Mortimer Dermond bzw. eher seinem Sohn, den wir Gablé-Leser ja viel lieber mochten als seinen Vater.

Aber auch bei den noch kleineren Rollen sind einige dabei, die ich wirklich mag, u.a. Annabel und Kates Sohn Roland, aber gut, der ist ja auch wieder ein Waringham *hach*, aber der hat wirklich einen ganz tollen Charakter und ein großes Herz!!!

Neben den vielen Nachkommen der liebgewonnenen Charaktere aus ,,Das Lächeln der Fortuna" und ,,Die Hüter der Rose", hat mir besonders gut gefallen, dass Rebecca Gablé auch andere ,,Kleinigkeiten" aus diesen Büchern wieder an Tageslicht geholt hat, so beispielsweise eine Nachricht John of Gaunts an Robin oder Mortimers Gedichteband. Das war herrlich, ebenso der alte Baum im Kloster St. Thomas, der Robin bei seiner Flucht und jetzt Julian so nützlich war. Und dann hat Julians Sohn Robin auch noch wie sein Urgroßvater an Dreikönig das Licht der Welt erblickt.. Ach ja, irgendwie schließt sich der Kreis, auch wenn ich es nicht so richtig wahrhaben will, dass jetzt erst mal mit den Waringhams Schluss sein soll. Ich bilde mir ein, das eine oder andere offene Hintertürchen in dem Buch gefunden zu haben und vielleicht kehrt die Autorin ja doch irgendwann wieder zu den Waringhams zurück. Es wäre so schön, denn irgendwie ist Waringham wie ein zweites Zuhause für mich und die Familie ein Teil der Familie geworden. Und außerdem will ich nur mal eins anmerken, der alte Bergfried von Waringham ist NICHT hässlich, auch wenn die Bewohner das immer wieder standhaft behaupten. Aber wer wissen will wie die Burg aussieht sollte mal bei Rebecca Gablé auf der Homepage nachschauen, da gibt es weitere schöne Extras!

Es ist ein wunderbares Buch, das mir viele Nächte meinen Schlaf geraubt hat und ich hätte wirklich nichts gegen eine Roman zur Zeit der Tudors, vielleicht mit einem Robin junior, der von all unseren Lieblingen ganz viel mitbekommen hat:
Den Namen vom Uropa, er kämpft auf dem Feld wie sein Opa John, er versteht die Wirren der Politik wie sein anderer Opa, Bischof Beaufort, er ist ein Herzensbrecher wie Raymond *hach* und und er wird wohl als Ältester Waringham erben. Und wenn Edward dann noch im Dienste Seiner Majestät Seefahrer spielen darf, dann würde ich mich echt auf eine Wiederlesen freuen, aber was auch immer die Autorin in den nächsten Jahren angehen will: ich freu mich drauf!!!

Bewertung:
[note1] mit ***

lg
kathrin
Rock the Night!

Lannie

Hallo Kathrin,

ich hab das Buch letzte Nacht ausgelesen und bin unendlich tarurig, dass erstmal keine Fortsetzung geplant ist. Eine ausführliche Rezi wird irgendwann folgen (wenn ich einen anständigen Arbeitsplatz habe), aber ich muss jetzt schon loswerden, dass mir der dritte Teil nicht ganz so gut gefiel, wie die beiden Vorgänger. Keine Frage, das Buch ist immer noch sehr, sehr gut, also bitte nicht steinigen. Vielleicht fehlte mir ein Lancaster als Sympathieträger, vielleicht verwirrten mich die unzähligen Namen manchmal, ich weiß es nicht genau, aber vielleicht komm ich ja noch dahinter...

LG
Lannie
Liebe Grüße
Lannie aka Cait

The Viewfinder

Kathrin

Hey Lannie,

hab ich Dir schon mitgeteilt, dass ich nicht mehr mit Dir rede, wenn Du das Buch nicht so in den Himmel lobst, wie ich ????
Quatsch mit Soße! Ich steinige Dich bestimmt nicht, jeder empfindet Bücher anders und mir gings so beim ersten Mal mit "Die Hüter der Rose".

lg und  :schmusen:
kathrin
Rock the Night!

Lannie

So, hier ist meine nicht ganz so lange Rezi. Ich glaub, ich hab das Pferd auch anders aufgezäumt als Du.  :->

Meine Meinung

,,Das Spiel der Könige" ist der Abschluss der Waringham-Trilogie und hat mir fast genauso gut gefallen wie seine Vorgänger. Rebecca Gablé zeigt wieder einmal, dass sie zu Recht die Königin des historischen Romans genannt wird. Von der ersten bis zur letzten Seite war ich fasziniert, gefesselt und vor allem in das ausgehende Mittelalter Englands versunken.

Julian Waringham - ein Enkel Robins und Sohn Johns - steht im dritten Teil im Mittelpunkt des Geschehens. Julian lebt mitten in den Wirren der Rosenkriege und ist hin und her gerissen, auf welche Seite er sich schlagen soll: auf die der Lacastrianer mit ihrem schwachen König Henry VI., wie seine Ahnen es immer getan hatten, oder auf die der Yorkisten, die ihren Thronanspruch um jeden Preis in die Tat umsetzen wollen. Julian entscheidet sich und steht zu seiner Entscheidung, was mir an ihm am meisten imponiert hat. Wem er seine Gefolgschaft schenkt werd ich nicht verraten, das soll jeder schön selbst herausfinden.

Zu Beginn fehlten mir ehrlich gesagt ein wenig die altvertrauten Gesichter. Mit Julian hatte ich ein wenig Anlaufprobleme, aber mit seiner Zwillingsschwester Blanche war ich sofort warm. Sie zählt definitiv zu meinen Lieblingsfiguren, genau wie der junge Henry VII.
Auch wenn ich Julian erst im Laufe der Geschichte ins Herz schließen konnte, hat Rebecca Gablé wieder einmal bewiesen, welch großartige, facettenreiche Figuren sie schaffen kann. Nie sind sie nur schwarz oder weiß, jede Figur hat ihre guten und auch schlechten Seiten und strahlen allesamt so viel Leben aus, als wären sie real. Ich liebe die Charaktere der Autorin sehr. Nicht nur, dass sie keine Stereotypen schafft, sie versucht auch durch vererbte Charaktereigenschaften die Familienbeziehungen zu verdeutlichen und gibt mir damit das Gefühl, dass die Waringham tatsächlich gelebt haben könnten. Selten habe ich eine so gut durchdachte bis ins kleinste ausgearbeitete Familiensaga gelesen, die drei Generationen umfasst.

Die Handlung, also die der Rosenkriege, ist äußerst fesselnd, wenn auch manchmal durch die vielen ähnlichen Namen etwas verwirrend. Zwar hat sich Rebecca Gablé bemüht, die ganzen Edwards und Margarets so zu charakterisieren und mit Spitznamen zu versehen, dass es dem Leser leichter fällt, ihr zu folgen, aber hin und wieder musste ich wirklich eine Weile überlegen. Zumal ich zu den Lesern gehöre, die die Generationen und Verwandtschaftsbeziehungen aufdröseln müssen. Dank der Stammbäume der York, Neville, Tudor und Lancaster viel mir das nicht allzu schwer.
Die Geschichte ist in sich schlüssig, glaubwürdig und wirklich sehr packend. Zwischenzeitlich musste ich als eingefleischter Lancastrianer doch sehr stark sein, denn auch ich konnte mich dem Charme von Edward IV. nicht ganz entziehen. Ich finde es sehr gelungen, wie Rebecca Gablé versucht, den Leser so zu ,,manipulieren", dass er nachvollziehen kann, warum sich so viele Anhänger des Hauses Lancaster dann doch noch Edward zuwandten.

Was mich ein wenig gestört hat ist, dass es bei diesem dritten Teil am schwersten ist, auseinander zu halten, was erfunden ist und was den historischen Tatsachen entspricht. Gerade die Szenen, in denen es um Richmond (Henry VII.) geht, konnte ich nicht als wahr oder fiktiv einordnen. Was an seinem Exilleben war wohl erfunden? Zwar gibt es auch dieses mal wieder ein Nachwort, aber ausnahmsweise war es mir nicht ausführlich genug und kann meine Frage nicht beantworten.
Ich glaube, aus diesem Grund, kann ,,Das Spiel der Könige" nicht an seinen Vorgänger heranreichen.

Neben der erwähnten Stammbäume und dem Nachwort, hat der Roman ein ausführliches Personenverzeichnis und im Schutzumschlag einen ausklappbaren Stammbaum der Waringham zu bieten. Ich bin froh, dass ich die gesamte Trilogie als Hardcover besitze, sie sind einfach so wunderschön aufgemacht.

Das Ende war gelungen, wenn ich auch nicht ganz zufrieden war. Für mich hätte das Buch durchaus noch ein oder zwei Jahre weitergehen können. Dann wäre ich mit einem zufriedenen Seufzer in die Gegenwart zurück gekehrt. Ich bin unendlich traurig, dass die Trilogie nun beendet ist. Ich kann mich nur schwer von den Waringham und Lancaster lösen und hoffe sehr, dass sich Rebecca Gablé einen Ruck gibt und irgendwann einen vierten Teil schreibt, über Henry VII. und einem Sohn Julians.

Bewertung

[note1]
Liebe Grüße
Lannie aka Cait

The Viewfinder