Wolfgang Borchert: Das Gesamtwerk

Begonnen von AnjaB, 20. Februar 2008, 00:09:55

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AnjaB


[isbn] 3498090275 [/isbn]

Gebundene Ausgabe:
348 Seiten
Verlag: Rowohlt, Reinbek (1998)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3498090275
ISBN-13: 978-3498090272


Der Inhalt:
Bei diesem Buch spricht der Titel für sich, es ist Wolfgang Borcherts Gesamtwerk.
Es enthält seine Prosatexte, sein Drama ,,Draußen vor der Tür" und seine Gedichte.


Meine Einschätzung, meine Ausführung und weitere Gedanken:

Um zu erklären warum ich dieses Buch so sehr mag, muss ich etwas ausholen und den Autor  näher vorstellen.

Wolfgang Borchert war ein junger Buchhändler und Schauspieler der im Alter von zwanzig Jahren, wegen einiger schonungsloser Soldatenbriefe 1941 in die Mühlen des Krieges und der Nazi-Diktatur geriet und er sollte ihnen  bis zum Ende des Krieges nicht mehr entkommen, weil er unbeugsam und gradlinig gewesen sein muss und  das Pech hatte immer wieder an Denunzianten zu geraten.

Er erkrankte in der Haft schwer und die Haftbedingungen ließen eine Heilung nicht zu, so  dass er 1947, grad mal 26 Jahre alt, an den Spätfolgen der  Krankheit und der Haft verstarb.

Seine Prosatexte waren Schullektüre und faszinierten mich sofort. Es sind Kurzgeschichten die ein eindringliches Bild der direkten Nachkriegszeit zeichnen.
Auch sein Drama ,,Draußen vor  der Tür" nahm mich sofort gefangen. Nicht das es mir gefallen hätte, aber es hat mich gefesselt.

Wer gerne ,,etwas Schönes" lesen möchte sollte um Borchert einen großen Bogen machen. Borchert ist nicht schön.

Borcherts Prosa ist anstrengend zu lesen – auf eine fesselnde Weise. Es sind Momentaufnahmen aus dem Krieg und  aus der Nachkriegszeit. Es sind schonungslose Texte, die einen gefangen nehmen mit ihren eindringlichen Bildern und ihrer ausdrucksstarken Sprache. Es sind die Geschichten einer verlorenen Generation, Borcherts Generation.

Wenn ich Borchert lese, dann  habe ich das Gefühl, er hat versucht alle Worte die für ein langes Leben gereicht hätten, in der kurzen Zeit die ihm noch blieb  aufzuschreiben und zu benutzen.

Wenn er etwas beschreibt, dann reicht ihm  ein Wort nie aus. Es sind immer zwei und mehr Worte die er benutzt um etwas genauer zu beschreiben. Er hat einen sehr hektischen Stil, zu mindestens empfinde ich es so, ich habe immer das Gefühl er will etwas auf- oder einholen wenn er schreibt.
Woran es liegt kann ich nicht benennen, je später die Texte entstanden sind, desto hektischer und gedrängter werden sie.

Seine Lyrik mag ich nicht so sehr, ich habe sie sehr schnell verdrängt, Borchert ist für mich zu wortgewaltig, als das er Sprache ,,verdichten" könnte, ohne dass etwas verloren geht.

Das Buch endet mit einem biographischen Nachwort, das ich persönlich sehr spannend fand und das meine Eindrücke über Borcherts Werk  bestätigte.

Für mich ist dieses Buch eines der wichtigsten deutschen Bücher, weil es wenig so eindringliches, unter die Haut gehendes über die Kriegs- und Nachkriegszeit gibt. Es sind unreflektierte authentische Eindrücke die ein dichtes und beängstigendes Bild entstehen lassen, wie es kein Nachkriegsroman je wird erreichen können.
Daher bekommt es von mir die volle Punktzahl [note1]


Da dies meine erste Rezension ist, habe ich mich an Wuschls  Homo Faber Rezension orientiert. Ich hoffe ich habe alles richtig und neugierig gemacht auf diesen Autor

LG
AnjaB

P.S. ich hab grad gesehen es gibt eine neue revidierte und erweiterte  Auflage die 2007 erschienen  ist, mit gut 200 Seiten mehr.
[isbn]3498006525[/isbn]

Verliebte sehen sich an, Liebende blicken in die gleiche Richtung
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