Tabea Koenig - Hurenglück Die Lilien von London

Begonnen von Sagota, 06. März 2020, 01:12:09

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Sagota

London, 1908:

Im dritten Band der interessanten, leicht und flüssig sowie spannend zu lesenden Romanreihe um die "Flowers of Scotland" - hier "Hurenglück - die Lilien von London" entführt Tabea Koenig ins viktorianische Zeitalter nach London, wo sich die von den Vorgängerbänden bekannten Hauptprotagonisten Emily und Liam, sonst im Norden Schottlands wohnend mit dem befreundeten Ehepaar Christine und John Pike zur "Saison", der Zeit gesellschaftlicher Bälle und Ereignisse, in London treffen:

Die HauptprotagonistInnen sind hier die bereits erwachsenen Kinder von Emily, deren bewegte Geschichte in "Hurentochter" unter die Haut ging, und Liam, ihrem Ehemann, der seine adlige Frau aufrichtig liebt und sie auch hier nach Kräften unterstützt. Wärend Margery, die älteste Tochter, den Debütantinnenball besuchen und dem König vorgestellt wird, reiht sich Ines, die jüngste Tochter, in die Reihen der Sufragetten ein, die für das Wahlrecht der Frauen in England kämpfen und bis zu dessen Durchführung zahlreiche Opfer bringen.
Victor, der Sohn der beiden, durchlebt eine verbotene Liebe und könnte damit seine ganze Familie in Gefahr bringen. Hier kommt ein mächtiger Mann ins Spiel, der schon seit langer Zeit ein Feind der Familie ist und das Böse glaubwürdig verkörpert: Atticus Fitzgerald. Letzterer sucht mit allen Mitteln, an seine Ziele zu gelangen. John Pike, der Karriere bei der Polizei machte, muss erkennen, wie mächtig die Hintermänner sind, die Morde zu verantworten haben. Wird es ihm dennoch gelingen, diese aufzuklären?

Der Roman gliedert sich in drei Teile; die Personen sind authentisch und nah gezeichnet, so dass man sich in die Beweggründe und Gefühle gut hineinversetzen kann. Das Hauptthema ist die Selbstbestimmung der Frau, was in Zeiten vor 100 Jahren denkbar schwierig war, was auch an Christines Lebensweg gut erkennbar ist. Auch die Bewegung der Sufragetten mit Emmeline Punkhurst als authentische Hauptstreiterin für das Frauenwahlrecht, nimmt breiten Raum ein, der von der Autorin gut recherchiert wurde. Es wird deutlich, welche sozialen Folgen eine Inhaftierung der Frauen hatte, wie schlecht sie behandelt wurden und mit welcher Angst vor Strafe sie ihre Rechte dennoch durchsetzten. Neben den Kriminalfällen, denen man mit Spannung folgt, ist klar, dass diese Thematik ein Anliegen für Tabea Koenig war: Das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben als Frau wie auch das Frauenwahlrecht, das in England einige Jahre früher gesetzlich verankert wurde als hierzulande. Weitere Themen sind Freundschaft, Liebe, aber auch Armut und Verbrechen, Missgunst - alle Facetten menschlicher Gefühle, die die ProtagonistInnen glaubhaft und authentisch werden lassen. Auch der Niedergang des Adels durch gesellschaftliche Veränderungen, der industrielle Wandel, Homosexualität und Strafbarkeit in dieser Zeit werden im Roman aufgegriffen.

Fazit:

Tabea Koenig gelingt es auch im dritten Romanteil, Unterhaltung und Spannung mit fiktiven und auch historisch belegten Persönlichkeiten und Ereignissen, die sie im Nachwort aufzählt, miteinander gekonnt zu verweben. Eine atmosphärische, sehr lesenswerte Romanreihe, die ich gerne weiterempfehle, jedoch chronologisch lesen würde. 4*