Die Säulen der Erde - Ken Follett

Begonnen von Lannie, 08. April 2008, 11:10:07

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Lannie

[isbn]3404118960[/isbn]   Verlag: Lübbe
ISBN: 3-404-11896-0
Seiten: 1151
Ausgabe: Taschenbuch
Preis: € 9,95
ET: 11.1992

England 1123-1173

Es ist eine Zeit blutiger Auseinandersetzungen zwischen Adel, Klerus und einfachem Volk, das unter Ausbeutung und Not leidet. Philip, ein junger Prior, dessen Eltern von marodierenden Söldnern abgeschlachtet wurden, träumt den Traum vom Frieden: der Errichtung einer Kathedrale gegen die Mächte des Bösen. Er und sein Baumeister Tom Builder, dessen Stiefsohn Jack und die Grafentochter Aliena müssen sich in einem Kampf auf Leben und Tod gegen ihre Widersacher behaupten, ehe Kingsbridge Schauplatz des größten abendländischen Bauwerks, der ,,Säulen der Erde" wird ...

Meine Rezension

,,Die Säulen der Erde" habe ich anlässlich des Erscheinens der Fortsetzung ,,Die Tore der Welt" nun zum zweiten Mal gelesen. Ich hatte es in guter Erinnerung und kann nun sagen: zu recht. Ken Folletts Stil gefiel mir auf Anhieb und ich war schnell mitten im Geschehen und in der Geschichte eingetaucht. Die Seiten fliegen trotz kleiner Schrift nur so dahin und es ist schwierig, das Buch aus der Hand zu legen. Der Autor hat ein großes Erzähltalent, keine Frage. Seine Beschreibungen von Orten und Figuren haben mir deutliche, sehr lebendige Bilder vors innere Auge gezaubert und eine wunderbare Atmosphäre geschaffen. Einzig bei architektonischen Detailbeschreibungen musste ich passen. Mit diesen konnte ich rein gar nichts anfangen und habe irgendwann darüber hinweggelesen, weil ich immer verzweifelt und vor allem vergeblich versucht hatte, mir das Beschriebene vorzustellen.

Die Handlung ist sehr spannend gestaltet, allerdings vielleicht ein klein wenig einfallslos im Aufbau. Denn immer planen die Missgünstigen und Machthungrigen irgendeine Intrige, die dann von den Gottgefälligen und Liebenswürdigen doch recht schnell entweder entlarvt oder verhindert wird oder ohne große Folgen bleibt.  Nur selten bricht der Autor aus diesem Muster aus, was mich zum Ende hin dann doch etwas genervt hat.  Allerdings ist Ken Follett sehr einfallsreich, was die Details der bösen Machenschaften und der auf den Fuß folgenden Lösungen angehen. Voraussehbar ist nie, wer was als nächstes genau plant und oft war ich restlos schockiert über die Skrupellosigkeit der Bösen und entzückt über den genialen Einfallsreichtum der Guten. ,,Die Säulen der Erde" ist schon irgendwie ein Buch über den Kampf zwischen den Guten und den Bösen, und schrammt auch gelegentlich  an schwarz/weiß Malerei vorbei, aber es wirkt dank der großartigen Figuren nie eindimensional. Auf jeden Fall hat es Ken Follett geschafft, das Mittelalter wieder lebendig werden zu lassen, mit all seinen Facetten. Dabei geht er schonungslos mit dem Leser um. Brutalität und Grausamkeit  finden in diesem Roman genauso Platz wie Liebe und Freundschaft.

Meiner Meinung nach sind die Figuren die große Stärke des Autors. Sie haben mich alle fasziniert und einige sind mir sehr ans Herz gewachsen und wurden fast schon zu Freunden. Die Charaktere sind äußerst facettenreich und unglaublich lebendig. Man meint fast, sie sehen, hören und spüren zu können. In einigen konnte ich mich restlos verlieren. Ken Follett hat Figuren erschaffen, die sich einprägen, ja vielleicht sogar einbrennen. Prior Philipp z.B. war mir fast zehn Jahre lebhaft in Erinnerung, die ich nun nochmals aufgefrischt habe. Nicht viele Figuren schaffen es, so lange in meinem Gedächtnis zu überleben.

Das Ende hat mich leider ein wenig enttäuscht zurück gelassen. Für mich blieben einfach zu viele Fragen unbeantwortet, als dass ich zufrieden gewesen wäre und so wirkt es irgendwie nicht ganz rund. Ich bin gespannt auf die Fortsetzung...

Meine Bewertung

[note2+]
Liebe Grüße
Lannie aka Cait

The Viewfinder

Kathrin

Meine Meinung:
Ich habe dieses Buch nun zum zweiten Mal gelesen, quasi als Vorbereitung für den neuen Roman ,,Die Tore der Welt", der ebenfalls in Kingsbridge spielen wird und als Fortsetzung zu ,,Die Säulen der Erde" gilt. Ich habe das Buch vor ca. 9-10 Jahren das erste Mal gelesen und wenn ich ehrlich bin, kann ich meine damalige totale Begeisterung nicht mehr wirklich nachvollziehen, auch wenn ich inzwischen eine Erklärung für die leichte Enttäuschung hab, die ich bei diesem Re-Read empfunden hab: ich bin älter geworden und hab in der Zwischenzeit viele, viele historische Romane  - u.a. sämtliche historischen Romane von Rebecca Gablé - gelesen und vermutlich sind mir heute auch andere Dinge in Büchern wichtiger als damals. Ich würde behaupten, ich habe in der Zeit gelernt, was mir gefällt und was nicht, was ich damals, als ich DIE SÄULEN zum ersten Mal gelesen hab, noch nicht gewusst hab. Insofern kann ich jetzt, mit etwas mehr Wissen über die damalige Zeit und mit mehreren vergleichbaren Romanen sagen, dass mir DIE SÄULEN nicht mehr so gefallen, wie damals.

Zunächst einmal gefällt es mir wieder äußerst gut, dass meine Ausgabe wieder mit den wundervollen Zeichnungen von Jan Balaz geschmückt sind. Inzwischen erwarte ich schon fast bei jedem hist. Roman, der bei Luebbe erscheint, Zeichnungen von ihm, sie sind wirklich ein schönes Special, das ich nicht missen will. Auch der Einstieg in den Roman fiel mir sehr leicht, da auf den ersten 40 Seiten in etwa schon so viel passiert, dass man regelrecht in die Geschichte reingeschleudert wird und direkt Sympathien und Antipathien vergibt: wir erleben zunächst im Prolog eine Hinrichtung mit und lernen eine junge schwangere Frau kennen, die diejenigen verflucht, die den Hingerichteten auf dem Gewissen haben. Dann springen wir ca. 12 Jahre weiter und lernen William Hamleigh kennen und müssen miterleben, wie er zum einen fast die kleine Martha über den Haufen reitet und dann ihren Vater Tom, einen Baumeister, entlässt, der sein Haus bauen sollte. Anschließend  wird Martha von einem Outlaw niedergeschlagen, der der Familie ihr Schwein und damit ihre Überlebensgrundlage für den Winter stielt. Heftig, dieser Anfang, aber von Anfang an so fesselnd, dass ein Buch-Weglegen quasi unmöglich wird.

Seinem Sprachstil der ersten Seiten bleibt Ken Follett auf weiten Strecken den Romans treu, sehr temporeich und atemberaubend, dass wirklich kaum einmal Zeit zum Verschnaufen bleibt. Allerdings kommt mir die Sprache und Erzählweise teilweise zu sehr mit der Holzhammermethode. Er ist teilweise widerwärtig brutal und beschönigt nichts. Das mag hinsichtlich der damaligen Zeit zwar glaubwürdig erscheinen, aber ich muss nicht ständig und immer wieder auf die Brutalität und Grausamkeit eines William Hamleighs hingewiesen werden, ich hab eigentlich schon mit seinem ersten Auftritt in dem Buch kapiert, dass er zu den ,,Bösen" gehört, ich brauch nicht all seine Gräueltaten live und in Farbe miterleben. Das hat für mich ein wenig was von Effekthascherei zu tun und das gefällt mir einfach nicht mehr so sehr. Das ist genauso, wie ich bei einem Liebesroman nicht ständig mit den Protagonisten in die Kiste springen muss. Manchmal ist weniger in meinen Augen einfach mehr.

Die Geschichte selbst finde ich teilweise etwas vorhersehbar, was natürlich daran liegen könnte, dass ich das Buch schon mal gelesen hab :-), aber auf der anderen Seiten kann ich auch sagen, dass ich doch einiges vergessen habe, nur dass mich eben die Wendungen und Schicksale, die Ken Follett seine Figuren erleben lässt, nicht mehr wirklich überraschen können. Außerdem stört mich ein wenig, dass eine Intrige der Gegenspieler unserer ,,Helden" die andere jagt und die ,,Guten" fast immer eine passende, schlaue, gewitzte Antwort haben. Natürlich will ich auch nicht, dass die ,,Bösen" gewinnen, aber irgendwie hatte sich dieses ,,Böse Intrige – aber die Guten haben die bessere Antwort"-Spiel auch zwischendrin mal ziemlich gehäuft. Das mag zwar für das Tempo des Romans und den Lesefluss gut sein, aber mich hat mich teilweise ein wenig genervt, zumal die Figuren dadurch schon auch ziemlich ,,schwarz-weiß gemalt" worden sind. Tempo hat der Autor dann immer mal wieder aus dem Roman genommen, indem er fast schon detailverliebt auf die architektonischen Besonderheiten der verschiedenen Kathedralen hingewiesen hat. Das hat mir zwar gezeigt, dass er sich über das, was er schreibt, informiert hat, aber letztlich war mir das auch meist schon wieder zu extrem, ich konnte ihm in seinen Beschreibungen leider nicht immer folgen und zwischenzeitlich war ich davon so genervt, dass ich da nur noch quergelesen hab, bis es wieder interessant wurde.

Auch was den historischen Hintergrund des Romans angeht, bin ich ein wenig enttäuscht. Meines Erachtens hätte er da ruhig etwas intensiver drauf eingehen können (auch wenn das wie ein Widerspruch zur Detailverliebtheit bei den architektonischen Feinheiten klingt), aber mir war das irgendwie zu wischiwaschi. Er hat sich informiert über den hist. Hintergrund, ja, aber sehr viel mehr, als das was mir wikipedia über den Erbfolgekrieg zwischen Mathilde von England und Stephen von Blois erzählt, kam für mich in dem Roman nicht an. Die Schlacht um Lincoln wurde etwas länger erzählt, was mich aber irgendwie auch nicht zufrieden stellen konnte. Ist jetzt zwar ein wenig plump, aber andere Autoren können das in meinen Augen einfach besser und auch das mag ein wenig böse klingen, aber man merkt in meinen Augen, dass er, im Gegensatz zu anderen Autoren Geschichte nicht studiert hat. Es tut mir ja auch leid, dass ich das jetzt so sagen muss, zumal ich das Buch ja auch wirklich gut und zügig durchbekommen habe und mich gut unterhalten fühlte und die Bösen auch richtig hassen konnte, aber der geschichtliche Hintergrund in ,,Die Säulen der Erde" ist für mich ein Minuspunkt, da hätte er mehr rausholen können (und dafür weniger Architektur).

Leider finde ich auch die Gestaltung der Figuren nicht ganz so gelungen, da sie mir, wie schon kurz angerissen einfach zu sehr in die Schwarz-Weiß-Malerei geht. Die Bösen sind mir zu intrigant, zu mies, zu brutal, zu widerwärtig und die ,,Guten" schon zu perfekt und gut. Natürlich mag ich Prior Philip und Aliena, die nun wirklich auf's heftigste gebeutelt wird und viele Schicksalsschläge in dem Roman hinnehmen muss, aber mir ist das zu eindimensional und zu langweilig. Weitaus mehr Profil haben da für mich Waleran Bigod, wobei der natürlich schon ein ,,Darf-nicht-sein" in sich ist: ein böser, intriganter, eigennütziger Geistlicher und meine ganz besonderen Lieblinge Jack und vor allem Ellen. Ellen ist für mich eindeutig die schillerndste Figur des Romans und ich hab mich über jeden ihrer Auftritte diebisch gefreut, weil das immer schöne Action versprach und Ellen einfach vor nichts zurückgeschreckt ist. Eine tolle Frau, aber im Zusammenleben bestimmt kein einfacher Mensch. Sie ist mir eindeutig zu kurz gekommen und hätte ruhig noch eine größere Rolle einnehmen können. Auf ihre Umsetzung in der geplanten Verfilmung bin ich echt super neugierig. Ebenfalls zu kurz ist mir Martha gekommen. Da dachte ich auf den ersten 40 Seiten, dass sie eine der Hauptfiguren wird, weil sie wirklich gleich zu Beginn fast niedergeritten und dann tatsächlich niedergeschlagen wird, doch dann muss sie ein Schattendasein fristen und dient nur dazu, um Alfreds (ihr Bruder) Grausamkeit durch seine Faustschläge gegen die Schwester zu verstärken und später dann als die gute Tante, die auf die Kinder aufpasst, wären Mama und Papa ihrer Arbeit nachgehen. Aber ein eigenes Leben darf sie nicht haben, sondern wird in einem Halbsatz abgetan, dass sie sich nie sonderlich für Männer interessiert habe. Das finde ich traurig und unfair Martha gegenüber.
Nun ja, man sieht jetzt eindeutig, dass ich von dem Buch nicht mehr ganz so hingerissen bin, wie vor gut 10 Jahren, aber nichts desto trotz lässt es sich meist gut lesen und hat auf alle Fälle viel Spannung und Unterhaltung geboten. Aber es gibt in meinen Augen einfach bessere Romane und ein weiteres Re-Read wird wohl so schnell nicht mehr erfolgen, dann lese ich lieber zum x-ten Mal ,,Der König der purpurnen Stadt" (musste doch noch mal betont werden :-) )

Bewertung:
[note2-]

lg
kathrin
Rock the Night!

wingfoot

Meine Meinung:

Nun habe ich also endlich "Die Säulen der Erde" gelesen, nach vielen Jahren, die es im Regal verstaubt ist. Dass ich ein wenig enttäuscht war, war wahrscheinlich nicht zu vermeiden, denn obwohl ich es nur herumstehen hatte, hat sich doch eine Erwartungshaltung aufgebaut, es wird ja auch viel geschwärmt von dem Buch. Ich hatte Probleme, mich einzulesen, was teilweise an mir lag (ich habe in letzter Zeit hauptsächlich dünnere und temporeichere Bücher gelesen), teilweise aber auch am Buch selbst. Der Anfang so mitreissend und dann erstmal ein paar Hundert Seiten, die mit den entstandenen Fragen auf den ersten Blick wenig zu tun zu haben scheinen!? Seltsam und ein wenig anstrengend. Trotzdem kam ich nicht in Versuchung, das Buch aus der Hand zu legen, denn irgendwas war schon immer zumindest interessant, wenn auch nicht unbedingt immer spannend. Und am Schluss ergibt sich dann eben doch ein Bild aus alledem- auch wenn die eigentliche Auflösung, mit der sich der Kreis schließen soll, reichlich schwach ist.

Dass die Charaktere zu schwarz-weiss gemalt wären, kann ich nicht unbedingt unterschreiben. Ich finde sie nachvollziehbar und in dem Mittelalterbild, das Follett uns hier malt, durchaus passend. Darüber hinaus beschreibt er sie (bis in ihre Gräueltaten hinein) so schön emotionslos, dass man wirklich selber Stellung beziehen MUSS, was man jetzt von ihnen hält- das hat mir sehr gefallen. Und auch das Mittelalterbild an sich, ob es nun bis ins letzte Detail korrekt sein mag oder nicht, ist doch zumindest nicht idealisiert, was für mich die schlimmste Sünde eines Historischen Romans ist.

Die architektonischen Einzelheiten... Nun ja. Ich weiss nicht, ob Autor oder Übersetzer mir das Verständnis erschwert haben, aber ich dachte eigentlich, ich kenne mich einigermaßen mit Architektur aus; trotzdem konnte ich mir manches nicht vorstellen. Und was sie der Handlung gebracht haben, weiss ich immer noch nicht. Ich dachte, das Leben und die Kathedrale hätten irgendwas miteinander zu tun, würden sich irgendwie spiegeln... Aber so hätten die Baumeister vielleicht auch irgendeine andere Passion haben können, die man vielleicht verständlicher hätte beschreiben können.  :kopfkratz:

Nichtsdestotrotz hat mich das Buch gut unterhalten, auch wenn ich ausser ein bisschen Geschichte (ich hoffe, die historischen Hintergründe sind wenigstens im Großen ok) nicht viel mitnehmen werde aus dem Buch. Aber Unterhaltung ist ja auch ein Selbstzweck. Ach ja, und meine Arme sind für weiter dicke Bücher vorbereitet.  :->

Bewertung:

[note3]

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"Schweigsam und unschuldig breiten sich die Bücher im ganzen Haus aus und es gelingt mir nicht, sie aufzuhalten." - Carlos M. Dominguez