Ken Follett - Sturz der Titanen

Begonnen von Kathrin, 22. Dezember 2010, 07:58:53

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Kathrin

[isbn]3785724063[/isbn] Verlag: Bastei Lübbe
ISBN: 3785724063
Seiten: 1022
Ausgabe: Hardcover
Preis: € 28,00

Kurzbeschreibung:
Drei Länder. Drei Familien. Ein Jahrhundert. Europa 1914. Eine deutsch-österreichische Aristokratenfamilie, die unter den politischen Spannungen zerrissen wird. Eine Familie aus England zwischen dem Aufstieg der Arbeiter und dem Niedergang des Adels. Und zwei Brüder aus Russland, von denen der eine zum Revolutionär wird, während der andere in der Fremde sein Glück sucht. Ihre Schicksale verflechten sich vor dem Hintergrund eines heraufziehenden Sturmes, der die alten Mächte hinwegfegen und die Welt in ihren Grundfesten erschüttern wird.

Meine Meinung:
,,Sturz der Titanen" ist der neueste Roman des Erfolgsautors Ken Follett und zugleich der Auftakt einer großen dreiteiligen Familiensaga, die den Leser in die Geschichte des 20. Jahrhunderts eintauchen lässt. In diesem ersten Teil erzählt uns der Autor die Ereignisse rund um den Ersten aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln: angefangen bei der walisischen Bergarbeiterfamilie Williams mit Billy und Ethel, der dritten Generation die wir kennenlernen,  in der Hauptrolle über die britische Adelsfamilie Fitzherbert mit den Hauptcharakteren Fitz (der Earl) und seiner russischen Frau Bea sowie seiner rebellischen Schwester Maud, die für das Frauenwahlrecht in Groß Britannien kämpft, über die deutsche Adelsfamilie von Ullrich bis hin zum russischen Brüderpaar Lev und Grigori, welcher als Soldat den Krieg und als Lenin-Anhänger die russische Revolution miterlebt, während seinem Bruder Lev die Flucht nach Amerika gelingt. Durch Lev sowie durch Gus Dewar, der eng mit dem amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson zusammenarbeitet, kommt zusätzlich noch die amerikanische Sicht auf den Ersten Weltkrieg hinzu, die bei so einem umfassenden Roman natürlich nicht fehlen darf. Geschickt verknüpft der Autor die Schicksale der einzelnen Figuren miteinander, so dass der Leser wirklich viele verschiedene Eindrücke, Probleme und Schicksale der damaligen Zeit kennenlernen und auch das Wissen rund um den Ersten Weltkrieg auffrischen kann.

Die Grundidee des Autors zu diesem Buch (und auch zu den geplanten Fortsetzungen) finde ich außerordentlich spannend, da er mich in eine Zeit entführt, von der überraschend wenig aus dem Geschichtsunterricht hängengeblieben ist. Die Umsetzung finde ich jedoch nur bedingt gelungen. Das gesamte Buch war letztlich für mich eine Berg-und-Talbahnfahrt der Gefühle, teilweise zu oberflächlich und zu wenig Tiefe, teilweise jedoch auch überflüssige oder zu ausführliche und dadurch langatmige Szenen. Auf der anderen Seite gab es auch wieder Szenen (lustige, sehr emotionale, traurige und bedrückende Szenen), in denen mich der Autor total begeistert und mitgerissen hat. Nur leider blitzte dieses Erzähltalent für mich viel zu selten durch. Durch diese ständig schwankenden Empfindungen fühlte ich mich mal mehr, mal weniger zu dem Buch hingezogen, habe diverse Passagen nur noch quergelesen und am Ende einfach nur noch gefreut, dass ich den Schinken nun endgültig zuschlagen konnte.

Auch hinsichtlich des historischen Hintergrunds bin ich zwigespalten. Einerseits finde ich diese Zeit extrem spannend, gerade auch die Vorkriegszeit zu Beginn des Buches, die vielen Frontszenen hätte ich jedoch (mit Ausnahme des Weihnachtsfriedens) jedoch nicht gebraucht. Die politischen Hintergründe (aus Sicht der Mächtigen) fand ich hingegen auch während der Kriegsjahre interessant, teilweise jedoch auch wieder nicht ausführlich genug. Die russische Adel-Sicht beispielsweise wurde so gut wie gar nicht betrachtet, die Hinrichtung der russischen Zarenfamilie gar nur in einem Halbsatz erwähnt und die war ja nun auch für das ,,normale" Volk äußerst bedeutend. Ich habe mich manchmal gefragt, ob es nicht doch sinnvoller gewesen wäre, einen reinen Russland-Roman in der Buchstärke zu lesen, oder eben einen Roman lediglich aus sich der Briten oder Amerikaner. Da fand ich die Sturmzeit-Trilogie (allerdings nur Band 1 und 2) von Charlotte Link deutlich besser! Durch den Ansatz, möglichst viele Sichtweisen und Ansichten in dem Roman unterzubringen leiden sowohl das Buch inhaltlich als auch die Figuren generell unter fehlender Tiefe. Dadurch werden zwar alle Seiten des Krieges getrachtet und man bekommt einen ganz guten Gesamtüberblick über die Nationen, die Ereignisse, aber irgendwie empfinde ich das alles als zu oberflächlich.

Die Figuren, die Charaktere wirken nicht ausgereift, nicht ausgefeilt genug. Als würden sie hinter dem Ziel Folletts zurückstehen, möglichst viele Sichtweisen des Krieges zu zeigen.  Nur stellt sich dadurch für mich einfach keine Nähe zu den Figuren ein, sie wirken oberflächlich auf mich, manche werden sogar sträflich vernachlässigt, wie Robert oder Bea zum Beispiel und desöfteren hab ich mich gefragt, warum die ein oder andere Figur überhaupt auftauchen und mitspielen musste. Nichtsdestotrotz gibt es auch in diesem Buch, Figuren, die ich sehr mochte, mit denen ich mitfiebern konnte (Maud und  Ethel) oder die einfach nur super interessant zu beobachten wenn auch nicht wirklich sympathisch waren (Lev). Dennoch finde ich es auch schade, dass manche Figuren so extrem typisch dargestellt wurden: Gus der gute Amerikaner, wie man ihn sich vorstellt, Fitz der stocksteife und konservative britische Adelsspross und dann die zwar supersympathischen, aber dennoch extrem aufmüpfigen typischen Follett-Frauen wie Maud und Ethel.

Alles in allem klingt meine Meinung zu diesem Buch nicht gerade berauschend und wenn dann auch noch hinzukommt, dass die Mischung zwischen Politik/ Weltgeschehen und persönlichen Schicksalen unausgegoren ist und stellenweise die Figuren und ihre Schicksale nahezu vergessen scheinen, dann trübt das das Lesevergnügen nur noch mehr. Dennoch gab es für mich auch wunderbare und äußerst lesenswerte Passagen, in denen das Kopfkino sehr gut funktioniert. Nur passt für mich die Mischung einfach nicht. Follett kann das wirklich besser!

Bewertung:
[note3+]

lg
kathrin
Rock the Night!

ClaudiC

Gestern Abend habe ich endlich das Hörbuch beendet. Ungekürzt. Was zum Teil erklärt, warum ich ziemlich lange gebraucht habe.
Philipp Schepmann liest über 30 Stunden vor. Ich war teilweise genervt - von der Handlung und seiner Stimme.
Zu Letzterem zuerst: Alle Frauen haben eine weinerliche Kopfstimme. So reden Männer nur, wenn sie Frauen nachahmen, die sie nicht ernst nehmen.
Dennoch waren meine Sympathien natürlich bei Ethel und Maud. Und ehrlich gesagt, war der einzige männliche Charakter, der mich durchgehend interessiert hat, Walter. Bei den Kapitel über alle anderen, insbesondere über die russichen Brüder Lev und Grigori, bin ich zwischendurch auch mal in den Keller gegangen, um die Wäsche hochzuholen.
Schön fand ich die ersten und die letzten Stunden, wo es um die Figuren und deren Zusammenleben, deren Schicksal im Alltag ging. Der Mittelteil erzählt mir viel zu viel Details von der Front und Politik, von der russischen Revolution und ewig langen Verhandlungen zwischen Revolutionären, Politikern und Beratern und Diplomaten. Da habe ich, obwohl ich Geschichtslehrerin bin, manchmal nicht mehr durchgeblickt.
Aber vielleicht lag auch das an der Wäsche. :->
Zum Schluss fand ich dann doch den Handlungsstrang um
ZitatMaud und Walter
ziemlich spannend. Aber die Rezensionen zum Nachfolgeteil lassen erahnen, dass Ken Follett mich auch mit Teil 2 nich umhauen  :umfall: wird. Ich glaube, Ken Follett ist eher ein Autor für Männer.
[note4+]
LG
Claudi