Charlotte Roth - Als wir unsterblich waren

Begonnen von nirak, 27. Mai 2014, 20:10:47

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nirak

[isbn]9783426512067[/isbn]

Die Geschichte beginnt am 9. November des Jahres 1989. Es ist der Tag an dem die Mauer in Berlin geöffnet wurde. Die Studentin Alexandra gerät mitten in den Strudel der Menschen. In diesem Durcheinander lernt sie Oliver kennen und lieben. Doch irgendetwas scheint nicht zu stimmen. Ihre Momi ist entsetz als sie den Namen des Mannes erfährt und verbietet Alexandra den Umgang mit ihm.
Dann geht es weiter im Jahre 1912 mit Paula Thomas und ihrer Familie. Es ist kurz vor dem 1.Weltkrieg und Paula und ihre Freunde müssen sich dem Leben stellen. Paula setzt sich für die Frauen- und Arbeiterrechte ein. Clemens, ein junger Student, kämpft mit Leidenschaft und Hingabe für die Rechte der Arbeiter.

Beide Handlungsstränge scheinen auf den ersten Blick nicht zu einander passen zu wollen, doch es gibt eine Verbindung, die sich dem Leser erst nach und nach erschließt. Eindrucksvoll erfährt der Leser von dem Leben dieser Zeit. Von den Schwierigkeiten der Menschen, von ihren Ängsten und Nöten. Paula ist ganz ein Kind dieser Zeit, aber sie muss schnell erwachsen werden und lernen zu überleben. Charlotte Roth schildert eindrucksvoll und gleichzeitig gefühlvoll von dem Leben vor dem ersten WK.  Der vielschichtige Erzählstil der Autorin entführt den Leser in die Zeit von 1912 und in die 20iger Jahre. Sie nimmt ihn mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Frau Roth schafft es scheinbar mühelos die Stimmung der Zeit einzufangen, fast ist es als könnte man Paula und ihre Freunde am Wannsee baden sehen. Ihre Lebenslust ist greifbar. In leisen Tönen erzählt sie aber auch von den Schrecken dieser Zeit, von der Armut der Menschen. Von der Ungerechtigkeit gegenüber der Arbeiterklasse. Von dem Kampf der Studenten gegen die Oberschicht und gegen die Kriegstreiber, und nicht zu Letzt auch von den Schrecken des Krieges.

Die Charaktere könnten unterschiedlicher und vielschichtiger kaum sein. Da ist die Lebenslustige Paula, die nichts klein zu kriegen scheint. Clemens, der so gut reden kann, dass man einfach zuhören muss. Paulas Bruder Manfred, der seinen Kampf scheinbar allein auszufechten scheint. Und noch viele Freunde und Verwandte mehr der Protagonisten, die einem irgendwie alle beim Lesen ans Herz wachsen. Frau Roth erzählt von der Liebe, und von dem Leid der Menschen in diesen schweren Jahren, aber auch von der Hoffnung und vor allem von den Menschen, die nicht aufgegeben haben und bis zu Letzt um ihre und damit auch unsere Freiheit gekämpft haben.

,,Als wir unsterblich waren" erzählt nicht nur einfach eine Geschichte von Krieg und Leid, von Menschen die verzweifelt dagegen an gekämpft haben.Sie erzählt auch unsere Geschichte, wie aus dem deutschen Kaiserreich letztendlich eine Republik und Demokratie wurde. Die Höhen und Tiefen und vor allem das Schicksal dieser Menschen sind so gut wiedergegeben, dass es schwer fällt überhaupt mal mit dem Lesen innezuhalten. Am Ende bleibt dem Leser nur sich die Tränen aus den Augen zu wischen und die Hoffnung, dass sich solche Schicksale nicht wiederholen.
Das Pseudonym Charlotte Roth werde ich mir merken und ich hoffe, es kommen noch einige Geschichten aus der Feder dieser Autorin. Für mich war ,,Als wir unsterblich waren" ein absolutes Lesehighlight dieses Jahres.

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