Kester Schlenz & Jan Jepsen - Der Bojenmann

Begonnen von Christiane, 15. März 2023, 00:18:06

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Christiane

Diesmal war mein Vorablesen-Gewinn leider ein Flop, der den positiven Eindruck aus der Leseprobe nicht bestätigen konnte  :nixweiss1: .

Klappentext:
So einen exzentrisch exponierten Toten hat der Hamburger Kommissar Thies Knudsen, leitender Ermittler des LKA in Altona, noch nie gesehen: Die hölzerne Kunstfigur ,Bojenmann', die bei Övelgönne im Fluss auf einer Tonne steht, ist über Nacht abgesägt und ausgetauscht worden. Durch eine ähnlich aussehende, besonders makabre Leiche. Knudsen und sein Team, die toughe Dörte Eichhorn und die Forensikerin ,,Spusi" Diercks, sind ratlos. War hier ein Spinner am Werk? Oder steckt mehr dahinter? Schon bald ist klar: Ein Serientäter sucht Hamburg heim, denn weitere kunstvoll hergerichtete Opfer folgen.
Kommissar Knudsen tut schließlich das, was er immer tut, wenn er nicht weiter weiß: Er fragt seinen alten Freund Oke La Lotse Andersen um Rat. Der ehemalige Lotse lebt direkt an der Elbe in Övelgönne, unweit vom Tatort, hat Elbwasser im Blut, kennt sich bestens aus im Hafen der Hansestadt, ist außerdem belesen und denkt scharf. Andersen bringt Knudsen und sein Team schließlich auf die richtige Spur. Sie führt zu einem Mann, der seit Jahren verschwunden ist – und einer internationalen Seemannsmission, dem Duckdalben. Hier laufen alle Fäden zusammen. Doch können sie den Mörder stoppen, bevor er erneut zuschlägt?


Mein Eindruck:
Die Leseprobe zu diesem Krimi vom Autoren-Duo Kester Schlenz und Jan Jepsen hatte mich wirklich neugierig gemacht  und ließ auf eine spannende Geschichte mit hanseatischem Flair, urigen Typen und einigem Humor hoffen. Leider konnten die Autoren die Erwartungen nicht erfüllen. Das Lokalkolorit glitt immer wieder ab in langatmige Einschübe wie aus einem Reiseführer für einen Hamburg-Kurztripp, so zum Beispiel bei einem für die Geschichte völlig bedeutungslosen Exkurs über das Miniatur Wunderland. Bei der Ausgestaltung der Protagonisten wurde vielfach zu dick aufgetragen, wurden zu viele Klischees bedient, geriet der Witz zum Klamauk: Hauber, der latent rassistische Kripobeamte und Möchtegern-Rambo, die Forensikerin mit Spitznamen Spusi, die Kollegin Dörte mit Mops und Karate als Hobbies und natürlich der nervige Staatsanwalt. Auch Kommissar Knudsen, der mir als urige und authentische Type anfangs gefiel, hatte leider immer wieder schwache Passagen, in denen die Autoren überzogen.
Zwischendurch gab es durchaus gute Szenen, der ein oder andere Witz saß und ließ mich schmunzeln, und ab und zu kam sogar etwas Spannung auf. Da blitzte auf, was aus dem Plot hätte werden können.
Aber leider waren das nur kleine Lichtblicke. Die Rückblenden auf die Kindheit des Täters nahmen mich nicht wirklich mit und so blieb auch die Entwicklung des Kindes zum Verbrecher kaum nachvollziehbar.
Das i-Tüpfelchen auf diesen mittelmäßigen Krimi, das mich wirklich geärgert hat, ist der Schluss des Buches. – Nein, ich werde es hier jetzt natürlich nicht verraten. Aber eine Leseempfehlung kann ich für den ,Bojenmann' nicht aussprechen und den Folgeband sicher nicht lesen.


Fazit:
Vielversprechender Anfang, in Teilen netter Mittelteil, wenn da nicht die Passagen wären, in denen die Autoren ,Reiseführer durch die Hansestadt' spielen oder sich in der eigenen Formulierkunst zu sehr gefallen. Gekrönt wird das Ganze von einem extrem unbefriedigenden und ärgerlichen Schluss. Schade um die an sich guten Grundideen.

Note: 3-  :Box1:  :Box1:  :Box_halbgrau1:  :Box_grau1:  :Box_grau1:


PS.: Wer sicher ist, dass er das Buch nicht lesen will kann gern auch lesen was mich am Schluss des Buches so geärgert hat. Aber da ich damit quasi auch die Pointe verrate steht das natürlich nur im Spoiler.

Spoiler
Auf der Rückseite des Buches wird zwar erwähnt, dass dies der Start zu einer neuen Krimiserie ist. Dass aber die Auflösung des Falls in Teilen erst in einem Folgeband zu finden sein wird, dass der Täter ebenfalls noch weiter verfolgt werden muss, dass man quasi mitten in der Story mit einem Cliffhanger und ein paar flapsigen Worten im Nachwort verabschiedet wird, das weiß man erst wenn man diese letzte Seite des Buches liest. Echt nervig - zumal das Buch nicht gut genug war, um Lust auf einen zweiten Band zu machen  :rollen:.
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Staunt euch die Augen aus dem Kopf, lebt, als würdet ihr in zehn Sekunden tot umfallen. Bereist die Welt. Sie ist fantastischer als jeder Traum, der in einer Fabrik hergestellt wird.
Ray Bradbury (1920 - 2012)

Annette B.

Danke Christiane für diese klare Rezi!

Der Klappentext hätte mich echt neugierig gemacht und da ich Hamburg liebe, wäre es ein "must have" für mich gewesen.
Allerdings hast du sehr schön deutlich gemacht, dass man nicht jedes Buch über Hamburg lesen muss.
Schon mal sowieso nicht auch noch einen zweiten Teil, wenn man am Ende des Buches enttäuscht ist.
Liebe Grüße Annette

Inge78

Ich habe auch den Spoiler gelesen, das würde mich auch echt ärgern
Von daher auch für mich ein eindeutig: ach, nö, muss ich nicht lesen
Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore

Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
(aus "ES" von Stephen King)

Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf