Oliver Hilmes - Schattenzeit: Deutschland 1943: Alltag und Abgründe

Begonnen von Esmeralda, 19. Mai 2023, 08:26:50

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Esmeralda

ZitatDas Unheil nimmt seinen Lauf bei Kaffee und Kuchen. Der Krieg sei längst verloren, der »Führer« geisteskrank: Karlrobert Kreiten, 26 Jahre alt, ein hochbegabter Pianist mit goldener Zukunft, verliert im März 1943 ein unbedachtes Wort zu Gast bei einer Jugendfreundin seiner Mutter. Sechs Monate später stirbt er am Galgen.
Kreitens tragisches Schicksal steht im Mittelpunkt von Oliver Hilmes' grandios erzähltem Buch über Deutschland im Jahr 1943. Als bei Stalingrad eine ganze Armee vernichtet wird und Goebbels den totalen Krieg ausruft. Als die Kinder zur Sicherheit aufs Land gebracht werden und Millionen Deutsche ins Kino strömen, um Hans Albers als Münchhausen zu erleben. Als die Städte schon in Trümmern liegen, und noch immer getanzt wird. Als die NS-Vernichtungsmaschinerie auf Hochtouren läuft, die einen vom ,,Endsieg" fantasieren und andere versuchen, sich der Diktatur entgegenzustellen. In einem Mosaik von Geschichten und Porträts, kunstvoll komponiert und glänzend recherchiert, lässt Hilmes das dramatische Jahr 1943 wieder lebendig werden.

Mein Leseeindruck:
Mit "Schattenzeit: Deutschland 1943: Alltag und Abgründe" hat Oliver Hilmes ein grandios recherchiertes, zeitgeschichtliches Werk geschrieben.

Dieses Buch ist absolut fesselnd, denn hier werden nicht nur Geschichtsfakten aneinandergereiht, sondern in einen Kontext mit dem deutschen Alltag jener Zeit gesetzt.

Darüber hinaus ein sehr berührendes Buch über das Schicksal von Karlrobert Kreiten, einem jungen, aufstrebenden Pianisten und die Ereignisse des Jahres 1943, die sich zur gleichen Zeit oder zeitnah abspielten: wie z.B. Görings Geburtstagsfeier in Völlerei, während zur gleichen Zeit in Stalingrad die Soldaten wie Fliegen starben oder von Goebbels Rede des totalen Krieges, welches das Publikum hysterisch willkommen hieß, während die Geschwister Scholl zeitgleich zum Tode verurteilt wurden.

Wir begleiten Hans Rosenthal, Victor Klemperer oder Erich Kästner durch dieses schreckliche Jahr 1943.
Auch misslungene Attentatsversuche und deren Vertuschung auf Hitler werden ausgeführt.

Und inmitten all diesem Karlrobert Kreiten, der für ein paar wahre Worte am falschen Ort, denunziert und dadurch zum Tode verurteilt wird.
So surreal und doch Wirklichkeit.

Ganz große Leseempfehlung!

[note1]
Life is too short to read bad books. 

Kathrin

Das klingt echt so gut, Sandra. Ich hatte die Rezi schon auf FB gelesen und da ist das Buch direkt auf die WuLi gewandert.
Rock the Night!

Inge78

Klingt echt richtig gut  :knuddel:
Meine Buchhändlerin hatte es mir auch schon mal empfohlen , aber irgendwie ist es hinten über gerutscht
Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore

Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
(aus "ES" von Stephen King)

Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf

Esmeralda

Das freut mich, dass ich Euch mit meinem Leseeindruck neugierig machen konnte.  :flirt:
Ich musste gestern erst mal einen Tag "Lesepause" machen, da das Buch noch so nachgehallt hat, dass ich kein anderes Buch danach lesen konnte.

Von Oliver Hilmes habe ich vor 5-6 Jahren auch schon Berlin 1936 gelesen; aber leider nie einen Leseeindruck verfasst.
Aber ich habe es noch sehr gut in Erinnerung und habe damals ähnlich empfunden.
Life is too short to read bad books. 

leseschnecke

Danke, Esme, für die tolle Rezi.
Habe das Buch gleich auf meine WuLi gepackt.