[16. Jh., Italien] Die Lagune des Löwen - Charlotte Thomas

Begonnen von Kathrin, 05. Juli 2008, 18:45:58

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Kathrin

[isbn]3431037445[/isbn]   Verlag: Ehrenwirth
ISBN: 3431037445
Seiten: 957
Ausgabe: Hardcover
Preis: € 19,95


Klappentext:
Venedig zu Beginn des 16. Jahrhunderts. In den Gassen der Lagunenstadt begegnen sie einander zum ersten Mal - Laura, die vor den Nachstellungen ihrer Feinde flieht, und Antonio, der sich mit Diebstählen über Wasser hält. Von Anfang an fühlen sie sich trotz aller Gegensätze zueinander hingezogen. Und beide sind erfüllt von der Sehnsucht, Not und Armut hinter sich zu lassen. In den folgenden Jahren kreuzen sich Lauras und Antonios Wege immer wieder, und ihre Begegnungen sind geprägt von tödlichen Intrigen und verzehrender Leidenschaft. In der von Sinnenfreude überbordenden Lagunenstadt treffen sie auf Maskenträger und Meuchelmörder, Gaukler und Genies. Zwischen Licht und Schatten wandelnd, begeben sie sich auf abenteuerliche Streifzüge und trotzen verhängnisvollen Gefahren. Triumphe kennzeichnen ihren Lebensweg ebenso wie bittere Niederlagen, doch am Ende dieses wechselvollen Spiels gibt es für sie beide nur ein Ziel - den Sieg über ihre Vergangenheit

Meine Meinung:
Nachdem ich vor einigen Monaten bereits den ersten historischen Roman von Charlotte Thomas ,,Die Madonna von Murano" mit voller Begeisterung gelesen habe, fühlte ich mich auch mit dem neuesten Roman der Autorin ,,Die Lagune des Löwen" von Anfang an von der Atmosphäre her wie zu Hause und unendlich wohl. Die Serenissima und Venedig entstehen auch mit diesem Roman nicht zuletzt durch wunderbare Beschreibungen der Stadt, Plätze und Kanäle vor meinem inneren Auge, so dass sich das Buch und seine Geschichte wie im Kopfkino vor mir abspulen wie ein Film. Venezianische Bräuche wie beispielsweise die symbolische Hochzeit des Dogen mit dem Meer sind kleine oder auch manchmal größere Details, die die Atmosphäre eines Buches für mich noch sehr verstärken. Das zeigt mir, dass die Autorin sich mit dem Stoff auskennt und einfach weiß wovon sie schreibt. Ich habe bislang nicht sehr viele historische Romane gelesen, die in Italien spielen und war auch noch nie der große Italien-Fan, aber Charlotte Thomas wie auch der/die ein oder andere Schriftstellerkollege/in hat es geschafft, dass mich jetzt die Sehnsucht nach Städten wie Venedig und Florenz gepackt hat.

Von der ersten Seite an hat mich das Buch gefesselt und zu den wildesten Spekulationen verleitet, dass ich gar nicht bemerkt habe, wie schnell ich seitentechnisch vorangekommen bin. Ein Buch in das man wunderbar versinken kann, bei dem einem aber auch in der ein oder anderen Situation die Haare vor Entsetzen zu Berge stehen, und das man ungern ausliest und weglegt.  Vor allem aber fiel mir der Abschied von meinen liebgewonnen Romanfiguren sehr schwer. Charlotte Thomas hat über Haupt- und Nebenfiguren verstreut wunderbare Charaktere geschaffen, die alle sehr vielschichtig und farbenfroh und mir sehr ans Herz gewachsen sind. So viele waren dabei, denen ich von Herzen alles Glück dieser Welt gewünscht habe, mit denen ich traurig war und gelacht und mich gefreut habe. Wenn man mich jetzt fragen würde, welche Romanfigur (aus allen Büchern, die ich gelesen habe) ich gerne treffen würde, dann wäre Mansuetta sicherlich bei den Top 5-10 dabei, und dabei spielt sie doch ,,nur" eine größere Nebenrolle. Warum diese wunderbare, warmherzige Frau zu meiner persönlichen Heldin wurde, versteht man, wenn man das Buch kennt, mehr kann und will ich an dieser Stelle nicht verraten.

Die Hauptfiguren sind Antonio, Carlo, Valeria und Laura. Diese vier lernen wir bereits sehr früh im Buch kennen: Antonio und Valeria hausen zusammen mit Carlo, einem entflohenen jungen Sklaven in einem baufälligen Haus und leben von der Hand in den Mund, in dem sie stehlen bzw. ihren Körper verkaufen. Laura wächst hingegen erst einmal behütet bei ihren Eltern auf, die ihr allerdings innerhalb weniger Stunden beide genommen werden. Und nicht nur ihre Eltern verliert sie, sondern auch ihr Zuhause und so wird sie zusammen mit ihrem neugeborenen Bruder, Matteo ebenfalls ein Straßenkind und schließt sich der ,,Bande" um Antonio an. Ich gebe zu, dass ich schon seit ,,Die rote Zora und ihre treue Bande" einen Faible für solche Kinder/ Jugendbanden habe, aber gerade in diesem Buch ist das Erwachsenwerden der vier und die damit verbundenen Schwierigkeiten wunderbar mitzuverfolgen.

Am besten ist der Autorin dieses Erwachsenwerden in meinen Augen bei den beiden Jungen, Antonio und Carlo gelungen, bei Antonio vielleicht sogar noch mehr, obwohl mir Carlo von Anfang an lieber war, da ich mich über Antonio doch das ein oder andere mal sehr aufgeregt habe. Aber er vereint so viele Eigenschaften in sich und ist sehr vielschichtig. Antonio ist schon als 12-jähriger recht gewitzt, clever und erfolgreich bei seiner Stehlerei und schafft es oft spielerisch, sich aus schwierigen Situationen herauszumanövrieren, vor allem, weil er auch einfach nicht auf den Mund gefallen ist. Sehr schnell wird klar, dass Antonio ein ziemlich eifersüchtiger Charakter ist und in Bezug auf die holde Weiblichkeit erst noch lernen muss, seine Gefühle zu verstehen und mit ihnen richtig umzugehen. Dass er oftmals auch überreagiert und dabei nicht immer super sympathisch rüberkommt, macht ihn für mich aber um so lebendiger und natürlicher. Er wächst zu einem ansehnlichen Kerl heran, mutiert dabei jedoch nicht automatisch zum Superhelden, was mir vor allem bei einer Szene mitten im Buch sehr positiv aufgefallen ist, wofür ich der Autorin sehr dankbar war. Teilweise verhält sich Antonio so was von dämlich, dass man ihn am liebsten nur schütteln möchte.

Aber auch bei Laura dürfen wir wunderbar miterleben, wie sie die schwierige Zeit nach dem Tod der Eltern meistert, mit dem kleinen Bruder ,,an der Backe", den sie zu zumindest im ersten Augenblick nicht lieben kann, weil seine Geburt den Tod der Mutter verursacht hat. Aber gerade das Zusammenwachsen der Geschwister und der Kampf Lauras um ein gutes und glückliches Leben für sich und Matteo hat mich unheimlich bewegt und es war schön zu lesen, wie sie Freundschaften schließt und ein neues Zuhause und ihre große Liebe finden darf.

Sehr spannend war für mich das Lösen der vielen Rätsel in diesem Roman. Ähnlich wie in ,,Die Madonna von Murano" gibt es auch um Lauras Herkunft ein Rätsel, das mich sehr fasziniert und zu den wildesten Spekulationen verleitet hat. Außerdem muss der Leser die perversen und schrecklichen Machenschaften von Cattaneo und der Nonne Arcanzola miterleben, (bei denen es mir richtig schlecht geworden ist beim Lesen), die sich immer wieder in der Leben der Hauptfiguren einmischen. Im Laufe des Buches werden die Verstrickungen immer wirrer, laufen aber deutlich immer mehr zusammen, so dass es mir am Ende kaum mehr möglich war, das Buch aus der Hand zu legen. Ich finde wirklich, dass dieses Zusammenlaufen und Zuspitzen der Ereignisse süchtig machen kann. Ich war jedenfalls um meinen Schlaf gebracht! Vielleicht war das Gespann Antonio, Carlo und Laura etwas zu heldenhaft am Ende, im allesentscheidenden Kampf und leider war ich auch mit der Teufelsmesse nicht wirklich glücklich. Aber ich glaube, die stören mich grundsätzlich, da war ich auch meiner Lieblingsautorin schon gram deswegen. Ich mag so was einfach nicht lesen. Auch wenn es zum Buch und zur Auflösung der Geschichte passt. Aber ich will das einfach nicht lesen. Das ist für mich auch der Grund für den Punktabzug in der Bewertung (den sieht man aber nur, wenn man zwischen 1+, 1  und 1- einen Unterschied macht ;-) ).

Dafür war ich mit der Schlussszene so was von versöhnt!!!! Ich werde der Autorin für immer dankbar für den Löwen sein, der sowohl für Laura als auch für Carlo immer wieder als Symbol durch das Buch pirscht. Das ist wirklich ganz ganz wunderbar gemacht!!!

Alles in allem ein nicht nur optisch wunderschönes Buch, in dem Humor, Liebe, Freundschaft und Zusammenhalt miteinander kombiniert werden und es trotz aller schrecklichen Szenen mit Cattaneo zu einem Wohlfühlbuch für mich macht. Das Buch wird seinen Ehrenplatz neben ,,Die Madonna von Murano" haben und direkt daneben ist auch schon Platz geschaffen für den nächsten Venedig-Roman von Charlotte Thomas, auf den wir uns freuen dürfen!

Bewertung:
[note1]

Lg
Kathrin
Rock the Night!