Die kleinen Wunder von Mayfair - Robert Dinsdale

Begonnen von Inge78, 13. Januar 2021, 13:03:27

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Inge78

ZitatEntdecken Sie mit Robert Dinsdales "Die kleinen Wunder von Mayfair" Londons einzigartigen Spielzeug-Laden und einen ergreifenden Liebes- und Familien-Roman zum Anfang des 20. Jahrhunderts.
Alles beginnt mit einer Zeitungsannonce: »Fühlen Sie sich verloren? Ängstlich? Sind Sie im Herzen ein Kind geblieben? Willkommen in Papa Jacks Emporium.« Die Worte scheinen Cathy förmlich anzuziehen, als sie nach einer neuen Bleibe sucht. Denn im England des Jahres 1906 ist eine alleinstehende junge Frau wie sie nirgendwo willkommen, zumal nicht, wenn sie schwanger ist – und so macht Cathy sich auf nach Mayfair. In Papa Jacks Emporium, Londons magischem Spielzeug-Laden, gibt es nicht nur Zinnsoldaten, die strammstehen, wenn jemand vorübergeht, riesige Bäume aus Pappmaché und fröhlich umherflatternde Vögel aus Pfeifenreinigern. Hier finden all diejenigen Unterschlupf, die Hilfe bitter nötig haben. Doch bald wetteifern Papa Jacks Söhne, die rivalisierenden Brüder Kaspar und Emil, um Cathys Liebe. Und als der 1. Weltkrieg ausbricht und die Familie auseinander reißt, scheint das Emporium langsam aber sicher seinen Zauber zu verlieren ...

Nostalgisch, rührend und zauberhaft romantisch erzählt Robert Dinsdales "Die kleinen Wunder von Mayfair" von einer jungen Frau, zerrissen in ihrer Liebe zu zwei Männern mit einzigartigen magischen Talenten. Ein Liebes-Roman für alle Leserinnen und Leser von Erin Morgenstern und Jessie Burton und alle, die sich von einem Spielzeug-Laden voller Wunder verzaubern lassen.

Jeden Winter öffnet Papa Jacks Emporium seine Toren, Tore zu einem Spielwarenladen voller kleiner Wunder. Auch Cathy findet hier eine Bleibe, als sie in Not ist. Doch die harte Realität lässt sich nicht außen vor halten.

Ich tue mich schwer mit dieser Rezension. Dieses Buch ist gleichzeitig so zauberhaft und unglaublich grausam und voll harter Realität. Die Wunder, die der Spielzeugladen, genannt Emporium, von Papa Jack zeigt, sind einfach nur magisch und mehr als einmal habe ich mich in diesen Laden hineingesehnt und wäre dort gerne eine Wintersaison lang geblieben. Die Ideen der Spielzeuge sind wunderbar und wunderbar auch der Zauber, der ihnen innewohnt. Papierbäume, die, einmal aus der Packung entlassen, in den Himmel schießen, täuschend echte Vögel aus Pfeifenreinigern, wilde Schaukelpferde und die Zinnsoldaten, die im langen Krieg kämpfen. All diese Spielzeuge sind aus Sicht von Kindern beschrieben, sie wirken lebendig, auch die Uhren gehen zum Beispiel mal langsamer, mal schneller, denn jedes Kind kennt die Stunden, die nie vergehen wollen, ebenso die Stunden, in denen die Zeit wie von Zauberhand verfliegt. All dies ist voller Magie beschrieben.
Doch Papa Jack und seine Söhne Kaspar und Emil plagen auch ganz weltliche Sorgen und insbesondere die Söhne führen einen kleinen "Kriege" gegeneinander, wetteifern um die Gunst des Vaters und später auch um die Gunst Cathys, der neuen Aushilfe im Eporium. Als dann noch der 1.Weltkrieg Einzug hält ist es bald vorbei mit der Idylle.
Und auch das Kriegsgeschehen und die nachfolgende Rezession werden detailliert beschrieben. Auch Kriegstraumata werden in diesem Roman thematisiert.
Auf diesen Spagat muss man sich als Leser einlassen. Robert Dinsdale schreibt sehr fesselnd, so dass ich immer im voll im Buch war. Mein Problem waren oft die Figuren, der zu nebelhaft beschrieben Papa Jack, der zu wenig von sich preisgibt, der ältere Sohn Kaspar, der das Leben zu leicht nimmt und der jüngere Sohn Emil, der das Leben oft zu ernst nimmt. Nicht immer konnte ich ihren Entscheidungen nachvollziehen oder gar gut heißen. Cathy bleibt den Roman über Fix- und Angelpunkt zwischen den Männern, ist mir aber manchmal zu passiv und zu blass. Ich finde die Story toll, mich hat die Entwicklung der Geschichte sehr überrascht, aber auch begeistert. Ich mag, dass man bis zuletzt nicht weiß wie viel Magie wirklich in der Geschichte steckt, dass viel Platz für eigene Interpretationen bleibt. Das Ende ist zauebrhaft, aber auch echt hart, ich msuste wirklich schlucken und habe diese Entwicklung auch niemals vorausgesehen.
Man muss wissen, dass man sich hier keine rosarote Liebesgeschichte ins Haus holt, das Buch ist in meinen Augen alles andere als "rührend und zauberhaft romantisch"
Ich finde dadurch und auch durch das Cover werden völlig falsche Erwartungen geweckt. Im englischen Original ist ein Spielzeugsoldat abgebildet und der passt VIEL besser zum Inhalt des Buches. Was wirklich schade ist, weil hier wahrscheinlich die falsche Zielgruppe angesprochen wird, dies ist kein "Mädchen-/Ballerina Buch" sondern schon eher was für jüngere Erwachsene und vor Allem auch für Jungs und Männer. Und natürlich auch für uns Frauen hier.
Ich kan eine klare Leseempfehlung aussprechen, wenn man sich auf die Geschichte einlassen kann. Allemal zauberhaft schreiben kann der Autor

[note2]
Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore

Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
(aus "ES" von Stephen King)

Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf

Kathrin

Tolle Rezi, Inge. Wenn das Buch nicht schon auf meiner Wunschliste stehen würde, dann würde es jetzt spätestens darauf landen.
Rock the Night!

Nerolaan

Ich habe es ja schon zu Hause liegen...es macht mich nur noch neugieriger  :smilie_les_0081:

Kathrin

,,Aushilfe gesucht!
Fühlen Sie sich verloren? Ängstlich? Sind Sie im Herzen ein Kind geblieben? Dann sind Sie bei uns genau richtig. Das Emporium öffnet beim ersten Winterfrost seine Tore. Keine Erfahrung erforderlich. Kost und Logis inbegriffen. Willkommen bei Londons größtem Spielwarenhändler. Papa Jacks Emporium, Iron Duke Mews, London Mayfair WIK."

Ich entschuldige mich schon einmal vorab: die Rezension zu ,,Die kleinen Wunder von Mayfair" von Robert Dinsdale wird recht lang ausfallen, aber ein so grandioses Buch verdient es einfach, dass ich darüber bis in den Himmel und zurück schwärme.

Robert Dinsdale erzählt in seinem Roman die Geschichte der fünfzehnjährigen  Cathy,  die im November 1906 ihr Elternhaus für immer verlässt, weil ihre Eltern sie zwingen wollen, ihr ungeborenes Kind in aller Abgeschiedenen zur Welt zu bringen und anschließend an Fremde abzugeben. Doch Cathy will ihr Kind nicht weggeben und flieht nach London, denn die Annonce von Papa Jacks Emporium scheint perfekt auf sie zugeschnitten zu sein. Und tatsächlich findet sie dort ein neues Zuhause, bei Jekab (Papa Jacks) Goodman und seinen Söhnen Kasper und Emil, die unterschiedlicher nicht sein können, aber beide mein Leserherz tief berühren.

In die Welt von Papa Jacks Emporium und somit in Robert Dinsdales Geschichte einzutauchen hat sich angefühlt wie der erste Anblick der Winkelgasse in den Harry Potter-Büchern. Mit offenem Mund habe ich die magischen Spielsachen bestaunt und mich in den Fleckenhund Sirius verliebt. Das Kopfkino ist sofort angesprungen und am liebsten wäre ich sofort beim ersten Frost (ich musste tatsächlich in der Zeit, in der ich das Buch gelesen habe, zum ersten Mal mein Auto freikratzen) nach London gereist, um diesen wundervollen Spielzeugladen mit eigenen Augen zu sehen. Mag sein, dass nicht jede Idee des Autors brandneu ist, aber die Art wie er sie erzählt und vor allem wie er sei mit der harten Realität des Ersten Weltkriegs verknüpft, die ist neu – zumindest für mich. Für mich hat der Autor den Spagat zwischen der vorfreudigen Weihnachtsstimmung in der zauberhaften, magischen, märchenhaften Welt des Emporiums und der furchtbaren, grausamen Realität des Ersten Weltkriegs und der traumatischen Folgen für viele Soldaten perfekt hingekriegt. Und das schafft der Autor ohne die Grausamkeiten zu sehr und bis ins kleinste Detail auszuschlachten.

Doch nicht nur diese zwei Gesichter des Buches sind grandios und perfekt zu einem großen Ganzen verwoben worden, wir bekommen hier auch ganz viele wundervolle, fast schon alltägliche kleine Weisheiten präsentiert, die sich vor allen in Cathys Gedanken, Gefühlen, Worten und Taten widerspiegeln. Cathy ist eine unvergessliche, starke Hauptfigur mit einem unendlich großen Herzen, die sich so grandios echt anfühlt, die ich das ganze Buch hindurch gefeiert habe. Als sie ihr noch ungeborenes Baby zum ersten Mal in sich spürt, wie es um sich tritt, das habe auch gespürt, obwohl ich keine Kinder habe und ich habe dabei die gleichen Glücksgefühle gehabt, wie sie. Das hat der Autor fantastisch zu mir als Leserin transportiert. Aber ich liebe auch Papa Jacks (wer liebt ihn nicht) und diese beiden so unterschiedlichen, mit einander konkurrierenden Brüder Kaspar und Emil, die sich so wunderbar ergänzen würden, wenn sie nur öfter mit einander sprechen und sich zuhören würden. Auch sie sind warmherzige Figuren, die ihre Wärme nur nicht immer zeigen können.

Auf den letzten 100 Seiten hatte ich permanent Pipi in den Augen. Und so sehr ich es auch feiere, wenn ich mal auf ein alleinstehendes Fantasy-Buch treffe, so hätte dieses Fantasy-Buch für Erwachsene doch nie enden sollen. Ein Buch mit zwei Gesichtern, mitunter schwer zu verdauen und zum Nachdenken anregend. Ein Buch voll von der großen wunderbaren Magie, die in Papa Jacks Emporium gewirkt wird, aber auch voll von der kleinen alltäglichen Magie, z.B. zwischen zwei sich Liebenden oder zwischen einem Vater und seinen Kindern. Mich hat diese Spielzeug-/ Schatzkiste von einem Buch, in dem so viel verborgen ist, restlos begeistert. So sehr, dass ich sogar verhasstes Konfetti und Papierschnipsel jetzt mit anderen Augen sehe, weil man daraus mit ein bisschen Fantasy wunderbare Schneelandschaften bauen kann. Ein Buch, dass ich in der Vorweihnachtszeit sicherlich noch das ein oder andere mal re-readen werde. Danke Robert Dinsdale, danke!!!

Bewertung:
[note1]********
Alle Sterne des Universums reichen für die Bewertung nicht aus!
Rock the Night!

Firnsarnwen

Ihr beide hattet mich ja mit Euren Rezis schon sehr neugierig gemacht und so habe ich dann im Dezember endlich angefangen es zu lesen. Dass ich vor einigen Tagen erst fertig geworden bin, lag zum Teil dann doch an zu wenig Zeit, aber auch daran, dass ich es häppchenweise verdauen musste. Die Spielzeugsoldaten und vor allem das Focussieren der beiden Brüder darauf fand ich von Anfang an ziemlich spooky. Und wie sich gegen Ende zeigt, lag ich richtig, wenn auch auf eine andere Art als gedacht.


Zitat von: Kathrin in 02. Dezember 2021, 14:22:28Mag sein, dass nicht jede Idee des Autors brandneu ist, aber die Art wie er sie erzählt und vor allem wie er sei mit der harten Realität des Ersten Weltkriegs verknüpft, die ist neu – zumindest für mich. Für mich hat der Autor den Spagat zwischen der vorfreudigen Weihnachtsstimmung in der zauberhaften, magischen, märchenhaften Welt des Emporiums und der furchtbaren, grausamen Realität des Ersten Weltkriegs und der traumatischen Folgen für viele Soldaten perfekt hingekriegt. Und das schafft der Autor ohne die Grausamkeiten zu sehr und bis ins kleinste Detail auszuschlachten.
...
Doch nicht nur diese zwei Gesichter des Buches sind grandios und perfekt zu einem großen Ganzen verwoben worden, wir bekommen hier auch ganz viele wundervolle, fast schon alltägliche kleine Weisheiten präsentiert, die sich vor allen in Cathys Gedanken, Gefühlen, Worten und Taten widerspiegeln. Cathy ist eine unvergessliche, starke Hauptfigur mit einem unendlich großen Herzen, die sich so grandios echt anfühlt, die ich das ganze Buch hindurch gefeiert habe.
...
Ein Buch voll von der großen wunderbaren Magie, die in Papa Jacks Emporium gewirkt wird, aber auch voll von der kleinen alltäglichen Magie, z.B. zwischen zwei sich Liebenden oder zwischen einem Vater und seinen Kindern.

Ich kann mich diesen Aussagen nur anschließen. Mir fällt auch nichts Vergleichbares ein, das ich schon gelesen habe und das mich auf den Verlauf der Geschichte hätte vorbereiten können.
Für mich ist es kein Buch, von dem ich sagen würde: "Das lese ich sicher noch mal". Dazu hat es mich dann doch zu sehr mitgenommen. Aber es ist auf jeden Fall ein kleiner Buchschatz, wie Kathrin es ja auch schon genannt hat.
9/10
What we do in life, echoes in eternity

Kathrin

Ach Firni! Das freut mich sehr, dass Dir das Buch auch so gut gefallen hat.
Rock the Night!