Anne Gesthuysen - Mädelsabend

Begonnen von Inge78, 22. Januar 2019, 07:37:38

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Inge78

ZitatOma und Enkelin – zwei starke Frauen vom Niederrhein und die Frage: Wie viel Ehe verträgt ein erfülltes Leben?
Eine Ehe steht nach sechzig Jahren vor dem Aus – und eine junge Mutter ringt um eine Entscheidung, die nicht nur ihr Leben bestimmen wird. Ruth und Walter leben seit Ruths Sturz im Seniorenheim Burg Winnenthal. Walter möchte am liebsten sofort zurück nach Hause, die vielen lebenslustigen Witwen hier sind ihm unheimlich. Ruth hingegen genießt die Gesellschaft von Gleichgesinnten. Sie lauscht den Lebensgeschichten der anderen Frauen und singt endlich wieder im Chor. Keine zehn Pferde werden sie hier wegbringen. Als ihre Enkelin Sara, Mutter eines kleinen Sohnes, die Zusage für ein Forschungsstipendium in Cambridge erhält und von ihrem Mann vor eine Entscheidung gestellt wird, sucht sie Rat bei Ruth. Geschickt verwebt Anne Gesthuysen Gegenwart und Vergangenheit und erzählt von einem bewegten Frauenleben am Niederrhein, das den Bogen vom Zweiten Weltkrieg über die piefigen Fünfziger- und die wilden Siebzigerjahre bis in die Jetztzeit spannt. Von der Liebe und kuriosen Hochzeitsbräuchen, von Karnevalstraditionen und Anti-AKW-Treckerfahrten. Von den Herausforderungen einer Jahrzehnte währenden Ehe, von patriarchalen Machtstrukturen und gesellschaftlichen Umbrüchen. Humorvoll, warmherzig und feinfühlig spürt sie der Frage nach, was zwei Menschen zusammenhält und welche Bedeutung Freiheit und Selbstverwirklichung haben. Eindrücklich zeigt sie, dass es keine einfachen Antworten gibt, nur individuelle Wege zum Glück.

Ruth kommt nach einem Unfall zu Hause ins Pflegeheim und fühlt sich dort wirklich sehr wohl. Ihr Mann Walter leider nicht.
In Rückblenden erfahren wir die Geschichte ihrer Ehe. Gleichzeitig begleiten wir Ruths Enkeltochter Sara die zu Gunsten ihrer Karriere eine Entscheidung treffen muss.

Ich habe mir das Buch hauptsächlich deswegen gekauft weil die Handlung wirklich bei mir "um die Ecke" spielt. Die meisten Orte sind mir persönlich bekannt und auch das wunderbare niederrheinische Platt ist mir bestens bekannt. Von daher ist der Roman ein Stück  "Heimat" für mich.
Ich muss zugeben, ich bin überrascht über die Tiefe der Handlung. Für mich ist dies der erste Roman von Anne Gesthuysen und aufgrund des Titels und des Klappentextes habe ich eine locker leichte Geschichte mit viel Humor erwartet. Viel Humor habe ich gefunden, auch einiges locker-leichtes. Aber auch viele schwere Zeiten , viele Probleme werden beschrieben die das Buch nicht nur unterhaltsam sondern auch sehr interessant machen. Und dabei geht es um viel mehr als um Ehe und Liebe. Es geht um Familie, um die Rolle der Frau, um tyrannische Ehemänner, um Gewalt und Entscheidungen.
Anne Gesthuysen hat zudem einen , wie ich finde, wunderbaren Schreibstil, so dass die Seiten nur so dahin flogen.

Das Buch macht nachdenklich. Und auch dankbar für dass, was man hat und auch halten sollte. Zusätzlich habe ich quasi nebenher noch eine kleine Geschichtsstunde des linken Niederrhein erhalten.

Defintiv nicht mein letztes Buch dieser Autorin

[note2+]
Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore

Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
(aus "ES" von Stephen King)

Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf

Inge78

Carmen und ich waren gestern auf einer Lesung der Autorin zu diesem Buch
Wer die Chance hat, Anne Gesthuysen live zu sehen sollte diese unbedingt wahrnehmen. Sie ist so nett  :schmacht:
Sie erzählt total viel, es ist lustig und kurzweilig. Aber auch sehr persönlich. Und auch die ernsten Themen werden angesprochen, in diesem Fall zum Buch passend die Emanzipation der Frau, Karriere und Mutter sein unter einen Hut bekommen , Patriarchiat in der Ehe. Das regt schon auch zum nachdenken an.
Dabei hat man aber das Gefühl dass sie wirklich eine "wie du und ich" ist. Sie erzählt locker, flockig. Klar, sie kommt wirklich von hier aus der Ecke und vieles was im Buch vorkommt kenne ich halt auch wirklich aus 1.Hand. Die Orte, auch die Leute.
Ich habe die Lesung sehr genossen
Und werde bestimmt auch noch ihre anderen Bücher lesen
Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore

Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
(aus "ES" von Stephen King)

Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf

nala11

Dem kann ich nur zustimmen!
Wir haben gestern viel gelacht ... aber da ich "Wir sind doch Schwestern" gehört habe, weiß ich, dass es auch viel Tiefgang geben wird.
Ich freue mich riesig auf das Buch, das signiert zuhause liegt. Außerdem wird es schön sein, beim Lesen ihre Stimme im Kopf zu haben. Sie hat echt toll gelesen.
Burg Winnenthal, wo ein Teil der Handlung spielt, kenne ich.
Ich habe da im 3. Lehrjahr einer Florist-Meisteranwärterin bei der Vorbereitung ihrer praktischen Prüfung geholfen.
Zu dieser Zeit wurde da umgebaut und dadurch konnte die Prüfung dort stattfinden.Ein schönes Fleckchen Erde ...
Lesen ist nicht nur ein Hobby, es ist eine Lebenseinstellung.
Du misst das Jahr nicht in Wochen und Monaten, sondern in Büchern.

Christiane

#3
Ich hab das Buch fürs 2020er Bingo gelesen und war positiv überrascht! Ich hatte irgendwann die Autorin in einer TV-Talkshow gesehen, wo sie eines ihrer Bücher vorstellte. Und warum auch immer, sie hat mich da auf dem falschen Fuß erwischt. Ich fand sie nicht sympathisch, sie wirkte auf mich an dem Abend eher affektiert-aufgesetzt-eingebildet. Aber so ist das mit ersten Eindrücken, noch dazu so via Glotze: die können auch mal falsch sein. Die können einen auch mal von Büchern abhalten, die zu lesen sich wirklich lohnt. Und so bin ich sehr froh, dass ich übers Bingo jetzt doch 'Mädelsabend' gelesen hab.

Deiner Rezi, Inge, kann ich mich nur anschließen: ein Buch, das einem viel Stoff zum Nachdenken gibt und das einen dankbar sein lässt für all die Kämpfe, die unsere Mütter und Großmütter ausgefochten haben. Und das einem zeigt, wie unglaublich viel sich innerhalb weniger Generationen im Zusammenleben der Geschlechter gewandelt hat, wie viel Freiheit die Menschen gewonnen haben! Es zeigt aber auch die Kehrseite der Medaille, dass nämlich mit der Freiheit auch mehr Eigenverantwortung kommt - man muss Dinge für sich selbst entscheiden, bei denen man früher einfach keine Wahl hatte. Und weder ist es immer einfach, da zu einer Entscheidung zu kommen, noch ist es immer einfach, hinterher mit dieser Entscheidung zu leben.
Überrascht war ich auch, wie nahe mir die Sprache, der Dialekt des Niederrheins ist. Das hatte ich so nicht erwartet. Ich komme ursprünglich von der Ruhr, aus Wickede. Mein Vater war Düsseldorfer. Klar, das ist nicht sooo weit weg vom Niederrhein, aber ich hatte mir die Unterschiede doch größer vorgestellt. Viele der Redewendungen, der 'Dialektvokabeln' waren mir sehr geläufig und fühlten sich für mich nach 'zuhause' an.
Ich hab das Buch innerhalb von 2 Tagen durchgesuchtet und es ist sicher eines der Highlights dieses Jahres. Ich denke, dass ich nun auch nochmal nach anderen Büchern der Autorin schauen werde.

[note1]
Staunt euch die Augen aus dem Kopf, lebt, als würdet ihr in zehn Sekunden tot umfallen. Bereist die Welt. Sie ist fantastischer als jeder Traum, der in einer Fabrik hergestellt wird.
Ray Bradbury (1920 - 2012)

Inge78

Oh Mann, ich musste gerade echt überlegen, ob es wirklich Dialekt in dem Buch gab  :-)
Aber das war wohl für mich normale Alltagssprache  :zwinker:
Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore

Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
(aus "ES" von Stephen King)

Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf

Christiane

Ja klar, ist es ja auch (eben auch nah dran an der Sprache, die ich von daheim kenne) - aber 'von außen betrachtet' ist es der Dialekt, der zu dieser Region gehört.  :zwinker:
Staunt euch die Augen aus dem Kopf, lebt, als würdet ihr in zehn Sekunden tot umfallen. Bereist die Welt. Sie ist fantastischer als jeder Traum, der in einer Fabrik hergestellt wird.
Ray Bradbury (1920 - 2012)

mowala

Was soll ich sagen, was ihr nicht schon gesagt habt...
Ich hatte ja schon einiges erwartet dank der Vorschusslorbeeren, aber war dann doch noch mal angenehm überrascht, WIE gut es mir gefallen hat.
Bisher kannte ich Anne Gesthuysen nur als Moderatorin, da gefällt sie mir schon recht gut, als Autorin hat sich mich vollends überzeugt.
die Geschichte um ruth und ihre Familie fand ich sehr lebendig und fesselnd geschrieben, auch an Humor lässt die Autorin nichts missen..
Ihre Figuren sind authentisch und vor allem vielschichtig.
Ist man erst versucht, Walter als engstirnig und unsympatisch einzustufen, wächst nach und nach ein gewisses Verständnis für seien Art zu handeln. Abgesehen davon, dass es "andere Zeiten2 waren, ist er ein großes Stück weit ein Opfer der Erziehung seines Vaters .
Auch blitzen immer wieder Momente auf, in denen er fast sympathisch ist, solange er dem direkten Einfluss des Vaters entzogen ist. Ich finde ihn immer noch nicht nett, aber er tut mir auch leid.
Ebenso ist Ruth nicht durchweg nett, all die Jahre beugt sie sich der Herrschaft von Mann und vor allem Schwiegervater, als sie dann den Rückhalt der anderen alten Ladies in der Seniorenresidenz bekommt, hatte ich fast den Eindruck, sie will es Walter heimzahlen, dass er zu schwach war gegen die Umstände und seinen Vater aufzubegehren und auch sie selbst nicht den Mut hatte, mit den Konventionen zu brechen.
Aber sicher das Problem vieler Frauen damals und auch heute noch.. wie soll ich mich und das Kind denn durchbringen.
Wie sie ihm Demenz "unterschieben" wollte, fand ich schon fast  garstig.
Berthold van Rennings allerdings schafft es, so gar nichts Nettes an ihm zu finden. alle anderen haben ihre hellen und dunklen Seiten, was Frau Gesthuysen wunderbar herausgearbeitet hat.

ein buch ab von meinem "Beuteschma2 aber ein wahrer Lesegenuss. Man kann sich doch immer wieder auf euch verlassen. :dance:



Das Leben ist zu kurz für später

sisquinanamook

Ich habs die Woche bei rebuy bestellt.
Bin gespannt....
Viele Grüße
Daniela

sisquinanamook

Ich habe das Buch heute beendet und mir hat es auch sehr sehr gut gefalllen.
Ihr habt ja eigentlich schon alles gesagt bzw. geschrieben.

Am Anfang plätscherte es so ein bisschen dahin für mich, aber je weiter man in die Geschichte einsteigt, desto mehr wird man in sie hineingezogen und kann das Buch wirklich nur schlecht aus der Hand legen.

Wahnsinn, wie das Leben der Frauen noch in den 50igern war - das können wir uns heute ja gar nicht mehr vorstellen.... Dass der Mann z.B. bestimmen konnte, ob frau arbeiten darf oder nicht und auch über das Vermögen der Schwiegermutter bestimmen darf, wenn sie Witwe ist (das wusste ich z.B. gar nicht).

Wirklich ein sehr empfehlenswertes Buch.
Volle Kistenanzahl von mir:[note1]
Viele Grüße
Daniela