Die Magier von Montparnasse - Oliver Plaschka

Begonnen von Kathrin, 07. Oktober 2011, 13:05:50

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Kathrin

[isbn]3608938745[/isbn]  
Die Magier von Montparnasse
Oliver Plaschka
Fantasy
Seiten: 479
Verlag: Heyne Verlag
Preis: 8,99 Euro

Kurzbeschreibung:
Man sieht Magie nur mit dem Herzen - ein betörender Roman

Paris 1926, ein Varieté am Montparnasse. Eigentlich hatten der Bühnenzauberer Ravi und seine Assistentin Blanche nur ihr harmloses Zauberkunststück im Sinn. Dann aber wird der große Ravi gezwungen, die älteste Regel der Zaubererzunft zu brechen: Vor aller Augen setzt er echte Magie ein.

Meine Meinung:
Wir schreiben das Jahr 1926, es ist das letzte Wochenende im September und wir befinden uns mitten Paris im Künstlerviertel Montparnasse. Im Variété-Theater Bobino geben der Bühnenmagier Ravi und seine Assistentin Blanche ihre letzte Vorstellung, doch dieses Mal geht einiges schief und um seine Assistentin zu retten, ist Ravi gezwungen echte Magie anzuwenden. Da dies von der dubiosen Société strengstens bestraft wird, greifen Ravi und Blanche nach der Vorstellung zu ihrem Notfallplan: Blanche isst von einem Apfel und fällt in einen tiefen Schlaf...Ähnlich wie in ,,Und täglich grüßt das Murmeltier" wiederholt sich der folgende Tag nun einige Male, doch mit jedem neuen Tag bekommt der Leser neue Details und Begebenheiten auf eine neue Art und Weise erzählt und die totale Verwirrung – mein persönlicher Untertitel dieses Buchs – nimmt ihren Lauf.

Paris in den 20er-Jahren und dann noch mitten unter den Variétékünstlern...das sollte doch genau mein Ding sein, dachte ich mir, aber die unterschiedlichen Meinungen zu diesem Buch haben mich doch etwas verunsichert und leider zähle auch zu den Lesern, die mit dem Buch nicht ganz so glücklich waren. Oliver Plaschka erzählt seine Geschichte aus unterschiedlichen Erzählperspektiven, ein Phänomen, dass mir in letzter Zeit öfter untergekommen ist und das ich in der Regel sehr mag, da so sehr deutlich wird, wie unterschiedlichen man eine Situation betrachten kann und wie vielschichtig einzelne Begebenheiten doch sind. Leider kommen für mich in diesem Buch die unterschiedlichen Erzählstile der jeweils erzählenden Figur nicht deutlich genug rüber. Gerade die Passagen die von Ravi dem Bühnenmagier und Barneby, dem Gesandten der Société erzählt werden, sind für mich nicht klar zu unterscheiden, immer wieder musste ich mir ins Gedächtnis rufen, wer denn nun gerade erzählt – und die Verwirrung wurde größer und größer.

Die Sprache des Autors gefällt mir sehr gut, das Kopfkino funktioniert hervorragend: das Paris der 20er Jahre wird lebendig, die Atmosphäre kommt gut rüber, ich kann den Apfel, von dem Blanche isst riechen und eigentlich sollte es mir da schon gelingen, vollends in das Buch und die Geschichte einzutauchen, aber es klappt einfach nicht. Das fängt letztlich schon damit an, dass ich viele Anspielungen auf Märchen, Symbolik, Legenden oder Persönlichkeiten entweder nicht sehe oder nicht verstehe, weshalb ich sie nicht genießen kann. Oder aber ich vermute hinter jedem Satz, den ich erst einmal nicht verstehe viel mehr, als er letztlich bedeuten mag. Oftmals habe ich mich da gefragt, ob ich zu viel wissen will und ob solche Anspielungen/ Andeutungen noch geklärt werden, ob sie es wert sich geklärt zu werden bzw. ob es überhaupt Andeutungen waren.
Da ich aktuell etwas müde geworden bin, das Internet als Sekundärliteratur zu meinen Romanen zu nutzen, was ich für die Anspielungen hätte tun können/ sollen, ist mir hier ein wenig der Spaß genommen worden. Letztlich haben sich mir somit auch nicht alle Andeutungen von alleine erschlossen, weshalb ich froh war, dass ich dieses Buch mit anderen Lesern, Leserinnen und Autor in einer Leserunde gelesen habe, so dass sich mit deren Unterstützung tatsächlich am Ende alle Puzzleteile zusammensetzen ließen.

Da die Verwirrtheit mit jeder neuen Version des sich wiederholenden Tages nur noch größer wurde, war es für mich essentiell, dass ich das Buch voller Konzentration und ohne Ablenkung lese. Oft habe ich mich gefragt, ob eine bestimmte Begebenheit nun am 3. oder 4. Tag stattgefunden hat. Das kann man durchaus auch faszinierend finden, aber mich hat es etwas mürbe gemacht, denn irgendwie hatte ich zwar die ganze Zeit über eine Ahnung, dass mir die Auflösung gefallen könnte, aber bis es dazu kam, war ich mehrere Male kurz davor, das Buch abzubrechen. Auch war ich mir bis zum Schluss nicht sicher, ob ich wirklich immer alles mitbekommen habe, was ich wissen oder verstehen sollte.

Dennoch konnte mich der Autor desöfteren mit faszinierenden, gruseligen, grausamen oder aber auch schönen Wendungen in der Geschichte überraschen. Gerade die Weiterentwicklung der Romanfiguren hat mir sehr gut gefallen. Somit war gerade das doch eher offene Ende des Roman ein Highlight für mich, nein, ein klassisches Happy-End gab es in dem Sinne für mich nicht, aber jeder kann sich die Geschichte ja nach seinem Gutdünken weiterspinnen und somit konnte ich mir für Justine, Gaspard, Esmée, Alphonse, Ravi und Blanche mein perfektes Ende weiterspinnen und mich für sie freuen.

Der für mich faszinierendste Charakter war Celeste bzw. Serafina, die mir das komplette Buch über nicht geheuer war. Die Idee, dass sich Celeste in eine Katze verwandeln kann gefällt mir als Katzenhalterin natürlich extrem gut, auch wenn Celeste immer dubioser und undurchschaubarer wurde. Seit ich weiß, wie Celeste aussehen soll und wie Serafina aussehen soll, beäuge ich die Nachbarskatze mit ganz anderen Augen, irgendwie auch ein wenig skeptisch und wundere mich nicht, wenn meine eigenen Katzen, den schwarzen kleinen Nachbarsteufel nicht leiden können 

Dass ich mit dem Buch nicht allzu glücklich war, geht aus meiner Rezension wohl deutlich hervor, dennoch denke ich, dass das Buch großes Potential hat und mir ggf. bei einem Re-Read besser gefallen könnte, wenn ich schon alles weiß und die Sprache und Besonderheiten mehr genießen kann.

Bewertung:
[note3]
Rock the Night!