[isbn]3423251697[/isbn]
Englischer Orginaltitel: ,,The Daughter of Time" (London 1951)
Deutsche Übersetzung erschienen im Juli 2000 (dtv Verlag)
Zitat von: Klappentext aus dem Buch
Richard III. in neuem Licht – ein Meisterstück geistvoller britischer Kriminalliteratur.
In England lernt man schon als Kind, dass Richard III. ein finsterer Schurke war, der seine beiden kleinen Neffen im Tower ermorden ließ.
Bis sich fast fünfhundert Jahre später ein Inspektor in einem Londoner Krankenhaus langweilt und beim Lesen zufällig über ein Bild von Richard III. stolpert.
Dessen Physiognomie macht ihn neugierig, und je mehr er über die Geschehnisse im fünfzehnten Jahrhundert liest, desto sicherer wird er:
Nicht Richard war das mordene Scheusal.....
Bei der Erstveröffentlichung in London 1951, erregte dieser ebenso amüsante wie intelligente Detektivroman Aufsehen in England weil er der offiziellen Geschichtsschreibung massive Verfälschung vorwirft.
Über die Autorin:Josephine Tey (1897 – 1952) wurde in Incerness (Schottland) geboren. Sie besuchte die Royal Academy in Inverness und das Anstey Physical Training College in Birningham, areitete als Sportlehrerin und machte sich als Verfasserin zahlreicher Romane und Theaterstücke einen Namen.
Meine Meinung:Das dieses Buch einen Aufschrei der Empörung in England herausgefordert hat kann ich mir - mit einem grinsen im Gesicht - sehr lebhaft vorstellen.
Es ist ein kleines Büchlein mit nur 298 Seiten und in Großdruck-Buchstaben gedruckt.
Aber es hat es in sich!!!!
Inspektor Alan Grant vom Scotland Yard, ist peinlicher Weise, bei der Verfolgung eines Gauners durch eine Falltür gefallen. Er hat sich ein Bein gebrochen und ein paar Wirbel geprellt.
Nun liegt er ganz flach im Bett in einem Einzelzimmer im Krankenhaus und langweilt sich.
Gute Freunde bringen ihm Bücher um ihm eine Freude zu machen. Diese Bücher sprechen den armen Kranken aber nicht an und die Autorin beginnt zu diesem frühen Zeitpunkt im Buch, sich die ersten Feinde unter ihren Kollegen zu machen. Sie legt ihrem kranken Protagonisten recht bissige Kommentare zu diesen Werken bekannter Schriftsteller in den Mund.
Als eine gute Freundin Alan Grant eine Tüte voll mit Porträtbildern bringt, stolpert er über das glatte und freundliche Gesicht Richard III.!
Der Inspektor erbittet sich nun Infomaterial und Geschichtsbücher zu diesem Mann. Er will ganz objektiv und unpateiisch versuchen diesen scheußlichen ,,Neffenmord" aufzuklären, nur an Hand der Fakten.
Auch bei dieser Aussage musste ich schmunzeln, denn schon als er das Porträt von Richard anschaute und sich seine Gedanken dazu machte, wusste ich wo das Buch mich hinführen sollte und auf welcher Seite die Autorin steht. Wahrscheinlich standen weiße Rosen auf ihrem Schreibtisch als sie das Buch schrieb.
Dennoch machte es mir unheimlich viel Spaß, die Überlegungen des Inspektors und seines jungen amerikanischen Freundes vom Britischen Museum, weiter zu verfolgen.
Die beiden Männer überführen die Geschichtsschreiber des 15 bzw.16 Jh. und alle nachfolgenden Historiker tatsächlich der Lüge.
Sie halten sich bei ihren ,,Ermittlungen" wirklich ganz streng an die Daten und Jahreszahlen, oder an Einträge in Rechnungsbüchern, Parlamentsunterlagen, Handlungsorte u.s.w.
Diese Fakten stellen sie den allgemein bekannten Behauptungen aus anerkannten Geschichts- und Schulbüchern gegenüber.
So wie wir es heut zu Tage von den Krimi-Serien im Fernsehen kennen arbeiten sich die beiden Männer langsam in die Zeit Richard III ein.
Da man von Anfang an ahnt auf welcher Seite die Autorin steht, überrascht es den Leser auch nicht, dass natürlich nur die positiven Ereignisse aus der Zeit der York-Regentschaft ausgegraben werden. Logisch das dementsprechend schlecht die Taten des Lancaster-Lager dagegen aussehen. Aber damit kann man in diesem Buch ganz gut klar kommen, da auf schmalzige und mitleiderregende Szenen grundsätzlich verzichtet wird.
In diesem Buch von J. Tey wird über weite Strecken ein sehr klares Bild der Brüder Eduard, Georg und Richard gezeichnet und auch der nüchterne politische Hintergrund beleuchtet. Jedenfalls bis ca. 25 Seiten vor dem Ende. Da kam nämlich der Punkt an dem der Inspektor nur einen einzigen Mörder der Kinder fand und DER war es bestimmt nicht! Jedenfalls bin ich davon überzeugt, denn dieser angebliche Mörder war erstens noch ein halbes Kind als die Neffen von Richard starben und zweitens hatte er aller Wahrscheinlichkeit nach gar keine Möglichkeiten diese Morde in die Wege zu leiten.
Hätte die Autorin auf diese These verzichtet, dann hätte ich gesagt: OK, dieses Buch zeigt die Seite der Yorks mal in einem klaren und objektiven Licht, aber mit der Anklageschrift, die der Inspektor auf den letzten Seiten verfasst hat, muss ich leider sagen, hat die Autorin ihr eigenes Werk zerstört. Schade!!!
Wer weiß, vielleicht plante die Autorin noch ein weiteres Werk um diese Anklage auch aus Sicht der Lancaster-Fraktion zu beleuchten, aber leider ist sie in dem Jahr nach der Veröffentlichung dieses Buches gestorben.
Zumindest aber hat sie eine Tatsache ganz deutlich herausgearbeitet, nämlich den Nachweis, dass viele der angeblich ,,sicheren zeitgenössischen Überlieferungen", jeder seriösen Grundlage entbehren. Alle großen historischen Werke und Geschichtsbücher über die Regentschaft Richard III, berufen sich auf eine schriftlichen Überlieferung, deren Verfasser (Morus) beim Tod Richard III. gerade mal 8 Jahre alt war! Andere Historiker berufen sich auf Dokumente von Mönchen, die in weit entfernten Klöstern ( z. B. in einem Kloster in Croyland) die Gerüchte aufgeschrieben haben die ihnen erzählten wurden.
Der Inspektor nannte diese Überlieferungen ,,Hintertreppenklatsch" da es keine gesicherten Zeugenaussagen waren und das fand ich passend! Die Historiker in England werden meine Meinung natürlich nicht teilen.
Das Buch war wirklich über weite Strecken spannend und witzig zu lesen. Allerdings sollte man eben auch ein wenig ,,Hintergrund-wissen" zu den Rosenkriegen mitbringen, bevor man dieses Buch in die Hand nimmt, sonst versteht man diese ganzen chaotischen Machtrangeleien überhaupt nicht. Nur alleine schon die Frage in wieweit der Thronanspruch Richard III überhaupt gerechtfertigt war und welche Rolle später der Woodville Clan und die Bischöfe Englands spielten, ist sehr verwirrend, wenn man damit nicht vertraut ist.
Da dieses nicht mein erstes Buch zu dem Thema Richard III ist konnte ich jedoch den ,,Ermittlungen vom Krankenbett" recht gut folgen.
Was mich etwas gestört hat beim Lesen waren die vielen Fremdwörter, die immer wieder in der deutschen Übersetzung benutzt wurden. Leider hatte ich an meinem Urlaubsort kein Internet und auch kein Fremdwörterlexikon und musste mir den Sinn dieser Fremdwörter aus der Handlung heraus zusammenreimen.
Wie gesagt, ich finde es schade, dass ein solches Buch nicht auch mal aus der Sicht der Lancaster-Fraktion in den Handel gekommen ist. Es wäre sicher genauso spannend gewesen den Nachweis zu erbringen, dass der beschuldigte Mörder am Ende dieses Buches die kleinen Prinzen auch nicht auf dem Gewissen haben kann.
Na ja, und bei genauerer Betrachtung wissen wir ja bis heute noch nicht, ob die beiden Kinder-Skelette, die im Tower gefunden wurden, wirklich die Prinzen waren. Die Queen verweigert nach wie vor ihre Einwilligung zur DNA Analyse.
Wer weiß, vielleicht sind sie auch gar nicht umgebracht worden, sondern haben an einem geheimen Ort gut versorgt weitergelebt. Denn es gibt auch keine gesicherten Unterlagen das die Prinzen wirklich noch im Tower waren als Heinrich VII dort einzog.
Das Geständnis, welches ein gewisser ,,Sir James Tyrrel" fast zwanzig Jahre später angeblich vor seiner Hinrichtung abgelegt haben soll, ist auch in keiner gesicherten historischen Überlieferung niedergeschrieben worden. In dem Protokoll seiner Hinrichtung soll es angeblich auch nicht erwähnt worden sein.
Somit bleibt am Ende dann doch wieder alles beim Alten und jede neue These ist nichts anderes als Spekulation. Die Wahrheit ist mit den Menschen gestorben, die vor mehr als 400 Jahren wirklich dabei waren als Richard III. den Thron bestieg.
Meine Note: [note3]
Hallo Kathrin
Du hast in deiner Rezi die Schwachpunkte des Buches noch besser auf den Punkt gebracht als ich. Ich stimme deiner Kritik zu.
Es war für mich auch keine große Geldausgabe mit diesem Buch verbunden, denn wie gesagt, ich habe es in einer Wühlkiste vor einem Restaurant für 50 Cent gekauft und später unserer Kirchen-Bücherei gespendet.
Zitat von: KathrinAber wenn ich mir Annettes Meinung hier so durchlese, dann merke ich, dass wir uns in der Bewertung gar nicht so arg voneinander unterscheiden und ich die angebliche Empfehlung anscheinend komplett in den falschen Hals bekommen hatte.
Ja so etwas passiert halt immer wieder in der virtuellen Welt des Internets.
Das geschriebene Wort - ist trotz diverser Smileys - nicht so ausdrucksstark, wie eine bestimmte Betonung im persönlichen Gespräch.
Liebe Grüße
Annette
Ich glaube auch nicht, Annette, dass ich das Buch aufgrund Deiner Rezi hier gelesen habe, sondern dass Du es an anderer Stelle mal erwähnt hattest, nur frag mich nicht wo. Kann gut und gerne mal in einer LR gewesen sein. Ich weiß es nicht mehr.