Susan Fletcher - Florence Butterfield und die Nachtschwalbe

Begonnen von Sagota, 19. November 2023, 00:22:15

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Sagota

Der Roman "Florence Butterfield und die Nachtschwalbe" von Susan Fletcher erschien (HC, geb., 494 Seiten) im Verlag Kindler (Rowohlt Verlagsgruppe). Die mir bis dato unbekannte britische Autorin entführt hier ihre Leser in eine Seniorenresidenz namens "Babbington Hall". Ein umgebauter Herrensitz im ländlichen Oxfordshire mit großem Garten, das man sich recht zauberhaft vorstellen kann.


Hier lebt seit Kurzem Florence Butterfield (87), genannt Florrie, die Hauptprotagonistin des Romans, deren Vater Polizist war und die ihrem geliebten Bruder Bobs (im 1. Weltkrieg umgekommen) versprochen hat, die Abenteuer in ihrem Leben zu suchen, die er nicht mehr verwirklichen konnte. Florrie verlor durch einen Unfall ein Bein, was sie an den Rollstuhl fesselt und ist ohne ihre Hörgeräte stocktaub. Doch sie ist auch ein Mensch, der dem Positiven stets zugewandt ist und für den jeder Tag wie ein kleines Wunder ist. Trotz ihrer Malaisen ist sie lebenslustig, liebt Lavendel und ihr Sonnenblumenbild sowie das Teetrinken im Bett. Mit ihrer neuen Situation im Senioren- und Pflegeheim hat sie sich bestens arrangiert und lässt den Leser in Rückblicken ihr erfülltes Leben sehen, in dem sie weit gereist ist und 6 Männer von Herzen liebte.


Doch etwas kommt Florrie merkwürdig vor: Wieso verunglückte der liebenswerte Arthur Potts im Garten der Residenz tödlich? Und wieso sollte Renata Green, die zurückhaltende, aber liebenswerte Heimleiterin von Babbington Hall, sich durch einen Sturz aus ihrer im 3. Stock befindlichen Wohnung stürzen? Hatte sie ihr doch kurz zuvor erzählt, dass sie sehr gerne Paris besuchen würde und erstmals in ihrem Leben verliebt ist; sich gerne über Männer und die Liebe mit Florrie unterhalten würde? Diese Ungereimtheiten passen für Florrie nicht zusammen und sie findet in Stanhope, einem rüstigen, ebenfalls liebenswerten ehemaligen Lateinlehrer, unvermutet einen Verbündeten, der auch nicht an einen Freitod von Renata glauben mag: Die Handlung bekommt fortan Krimielemente und Florrie und Stanhope könnten entfernt an Miss Marple und Mister Stringer erinnern: Sehr findig (immerhin ist Florrie die Tochter eines Polizisten) versuchen sie nun, die Puzzleteile zusammenzusetzen, die das Gegenteil eines Suizids im Falle von Renata beweisen können: Einen Mord!


Sehr viele Personen bevölkern diesen Roman, der in Rückblicken Florries Leben beschreibt: Orte und die Männer, die sie geliebt hat wie auch ihre Eltern und ihr Bruder, den sie in kindlichem Alter verloren hat. Auch gibt es ein Geheimnis namens "Hackney-Vorfall", das erst ganz am Romanende gelüftet wird (für mich irgendwann etwas vorhersehbar war). Florrie muss man mit all' ihrer Lebensfreude und Lebenslust bis ins hohe Alter einfach ins Herz schließen; ebenso wie Stanhope, der ein liebenswürdiges Pendant zu Florrie ist und sie in den Ermittlungen der "Ungereimtheiten" erfinderisch unterstützt. Dennoch muss ich bei all' der Fülle der Themen sagen, dass mir persönlich dieser Roman in vielerlei Hinsicht zu ausufernd und von Längen durchzogen war, der meine Lesefreude zuweilen verringerte. Thematisch geht es um Freundschaft (hier war Pinky, die lebenslange Freundin von Florrie, ein menschlicher Leuchtturm), um Glück und Liebe, aber auch um Ängste, Traumata und Verluste, die das Lebensglück verhindern oder schmälern können. Schön fand ich die tief empfundene Dankbarkeit Florries für die Begleitung vieler netter Menschen in ihrem Leben und die "Pakete voller Liebe", die sie stets an diese absendete - sogar an die demente Tabitha, die einen Stock über ihr im Seniorenheim wohnt.


Fazit:


Eine wirklich schöne Buchidee in malerischer Atmosphäre, der Seniorenresidenz Babbington Hall, die jedoch allzu oft in Nebensächlichkeiten stilistisch 'ausufert' und durch langatmige Passagen die Lesefreude bei mir schmälerte. Daher von mir knappe 3*.