Rob Hart - Der Store

Begonnen von Inge78, 10. Oktober 2020, 11:32:08

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Inge78

ZitatDu bekommst alles im Store.
Aber es hat seinen Preis.

Der Store liefert alles. Überallhin. Der Store ist Familie. Der Store schafft Arbeit und weiß, was wir zum Leben brauchen. Aber alles hat seinen Preis.

Paxton und Zinnia lernen sich bei Cloud kennen, dem weltgrößten Onlinestore. Paxton hat dort eine Anstellung als Security-Mann gefunden, nachdem sein Unternehmen ausgerechnet von Cloud zerstört wurde. Zinnia arbeitet in den Lagerhallen und sammelt Waren für den Versand ein. Das Leben im Cloud-System ist perfekt geregelt, aber unter der Oberfläche brodelt es. Die beiden kommen sich näher, obwohl sie ganz unterschiedliche Ziele verfolgen. Bis eine schreckliche Entdeckung alles ändert.

»1984« und »Schöne neue Welt« waren gestern – die Zukunft von »Der Store« ist jetzt

Schwierig, das Buch zu bewerten. Schwierig, es überhaupt einem Genre zuzuordnen. Es handelt sich um eine düstere Zukunftsprognose, die aber vielleicht gar nicht so weit mehr von unserer jetzigen Lebenssituation entfernt ist. Ein großer Konzern schluckt kleine Unternehmen, macht Regierungen und Wirtschaft von sich abhängig, die Umweltzerstörung greift um sich, die Menschen leben in einer Scheinwelt und bekommen per Drohne alles geliefert, was sie brauchen (oder eben nicht brauchen, aber haben wollen).
Gleichzeitig hat es auch Krimianteile, denn Drogendelikte müssen aufgeklärt werden. Aber es geht auch um Wirtschaftsspionage, um Widerstand, um fragwürdige Methoden in verschiedenen Bereichen.

Zinnia und Paxton kommen aus unterschiedlichen Gründen in die Mother Cloud. So nennt der Gründer des Stores, Gideon Wells, seine "Städte", die sich rund um seine Lager aufbauen. Dort gibt es Wohneinheiten, Restaurants, Einkaufsläden, Unterhaltung, Krankenversorgung und eben Arbeit beim Store. Also eben augenscheinlich alles, was man braucht. Aber hinter der glitzernden Fassade lauern Abgründe.
Die Einblicke ins Arbeitsleben, in die Führung eines so großen Unternehmens, in den Charakter des Firmengründers, der auch im Buch selber oft zu Wort kommt. All dies war spannend. Auch Zinnia und Paxton fand ich als Charaktere wirklich spannend und ich habe ihre Entwicklung interessiert verfolgt. Leider bleiben mir einige Aspekte zu oberflächlich. Gerade im letzen Drittel, wenn es "ans Eingemachte" geht und wir durch die Hintertüren den Store betreten, gerade da habe ich mir mehr erhofft. Auch einige Fragen zum Ende hin wurden nicht beantwortet. Einiges kann man sich denken, anderes ist gut, dass es offen geblieben ist. Aber so ein bisschen mehr Antworten wären schön gewesen.

Rob Hart kann schreiben, ich konnte das Buch wirklich in einem Rutsch lesen. Weil es auf einem konstant spannenden Niveau bleibt, weil man immer wieder wissen will, was dahinter steckt.

Wer Verschwörungstheorien mag, wer Kritik am System durch die Zeilen schimmern sehen mag und wer sich gerne Gedanken macht über offene Fragen, dem sei "Der Store" ans Herz gelegt. Gute Unterhaltung bietet er allemal

Und die Parallelen zum großen A sind nicht von der Hand zu weisen. Auch wenn ich hoffe dass wir doch noch ein ganzes Stück von der Realität im Buch entfernt sind. Aber genau das macht das Buch auch so erschreckend realistisch, dass man ahnt, ja, genauso könnte es sein. Ja, genau da sind die Probleme. Ja, genau da lässt man sich einlullen, hinterfragt nicht mehr, sondern konsumiert ungefragt. Ich habe mir da schon das ein oder andere Mal an die Nase gepackt und wüsste auch nicht, wie ich reagieren oder agieren würde. Und ob nicht das bequeme Leben in der MotherCloud doch wünschbar wäre. Da spielt der Autor gut mit den Wünschen der Menschen nach einem leichten Leben.



[note2-]
Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore

Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
(aus "ES" von Stephen King)

Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf

Christiane

Danke für Deine Eindrücke. Das wandert nun auf meine 'Weihnachts-Verschenkbuch-Liste'!
Staunt euch die Augen aus dem Kopf, lebt, als würdet ihr in zehn Sekunden tot umfallen. Bereist die Welt. Sie ist fantastischer als jeder Traum, der in einer Fabrik hergestellt wird.
Ray Bradbury (1920 - 2012)