Naomi Novik: Die Drachenreiter seiner Majestät 05 - Drachenwacht

Begonnen von Kathrin, 18. Mai 2009, 13:06:50

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Kathrin

[isbn]3764530154[/isbn]   
Die Feuerreiter seiner Majestät 05 - Drachenwacht
Naomi Novik   
Fantasy
Seiten: 414
Verlag: Penhaligon

Kurzbeschreibung:
Eigentlich war es eine gute Tat, die französischen Drachen vor einer tödlichen Seuche zu retten aber in den Au gen seiner Landsleute hat Will Laurence dadurch Hochverrat begangen. Er wird angeklagt, degradiert und zurück zur Marine versetzt, während Temeraire in einem Zuchtgehege in Schottland sein Dasein fristen muss.Doch dann überquert Napoleon mit seiner Armee den Kanal, und es wird schnell klar, dass die britische Admiralität es sich nicht leisten kann, auf einen Drachen wie Temeraire zu verzichten. Und so macht Will Laurence sich auf höchsten Befehl auf den Weg nach Schottland, wo er jedoch nur ein verlassenes Gehege vorfindet. Und damit beginnt für den ein samen Feuerreiter die verzweifelte Suche nach dem Freund, der ihm mehr bedeutet als das eigene Leben Ein neues Abenteuer der Bestsellerautorin Naomi Novik voll dramatischer Drachenkämpfe, Heldenmut und großer Gefühle.

Meine Meinung:
Nachdem ,,Drachenglanz", der vierte Band der Temeraire-Serie mit einem bösen Cliffhanger geendet und mich restlos begeistert hat, habe ich mit großer Sehnsucht auf den fünften Band gewartet und alle meine Hoffnungen in dieses Buch gelegt. Leider hatte ich von Anfang an mit dem Buch so meine Schwierigkeiten, wobei ich zunächst annahm, dass es an den etwas zäheren Laurence-Passagen liegen könnte, in denen ich mich ständig nach Temeraire gesehnt habe. Auch hatte ich gewisse Gedächtnislücken meinerseits in Verdacht, weil doch recht viel Zeit zwischen Band 4 und 5 lag, allerdings hat mich dann auch der weitere Verlauf von ,,Drachenwacht" nicht wirklich überzeugen können.

Hauptkritikpunkt ist nach wie vor, wie auch schon in den vorherigen Bänden, dass mich die Umsetzung der hist. Hintergründe nicht wirklich überzeugen kann. Militärische Überlegungen interessieren mich hier weniger, ich muss auch nicht ständig von den vielen Kämpfen und Schlachten gegen Napoleon bzw. die Franzosen lesen, wobei mich das in rein historischen Romanen weniger stört. Gerade die Napoleonischen Kriege finde ich eigentlich sogar super spannend, nur ist Novik halt leider der Spagat zwischen Fantasy und hist. Begebenheiten nicht wirklich gut gelungen, was zum einen daran liegt, dass durch das militärische Mitwirken des Drachen-Flieger-Corps in den napoleonischen Kriegen einiges im hist. Hintergrund entsprechend angepasst werden musste, was mir manchmal zu viel war. Gerade das Ende hier fand ich missglückt, da dreht mir die Autorin zu viel an der hist. Wahrheit. Ich denke, dass hätte sie besser machen können. Außerdem sind die Drachen und ihre Charaktere viel zu faszinierend, als dass der hist. Hintergrund da noch wirklich mithalten könnte. Es war teilweise schon so, dass ich mir keine Mühe mehr gemacht habe, die politischen und kriegerischen Strategien und Handlungsweisen zu verstehen, teilweise habe ich ganze Textpassagen ohne wörtliche Rede einfach komplett überlesen und nur noch nach Schlüsselbegriffen gesucht und bin erst wieder eingestiegen mit dem richtigen Lesen, wenn ich irgendetwas gefunden hatte, von dem ich dachte, jetzt könnte es interessant werden. Ob ich daher wirklich so alles mitbekommen habe, ist fraglich. Noch nicht mal Temeraires Revoluzzer-Gedanken und Ideen, die er ja sogar auch teilweise durchsetzen kann, fand ich überzeugend, auch diese waren mir zu strategisch, zu politisch. Irgendwie hat einfach der typische Temeraire-Charme gefehlt. Zudem fehlt mir das zwischenmenschlich-drachige zu sehr.

Temeraire selbst finde ich nach wie vor zum Fressen süß. Ich liebe es, wenn er revoluzzert, althergebrachte Gewohnheiten auf den Kopf stellt, mit einfachen Fragen auf evtl. Missstände hinweist. Und was er so alles erreicht für sich und die Drachen, das ist schon aller Ehren wert. Allerdings hatte es Temeraire in diesem Band auch nicht immer so einfach. Die Trennung von Laurence setzt den beiden ganz schön zu und Temeraire reagiert teilweise so heftig, dass ich mit den Menschen, die er mitunter so anfährt schon auch mal kräftig Mitleid haben konnte.

Begeistern konnte mich allerdings Iskierka...wieder einmal. Sie ist der Hammer schlechthin. Ein richtig schöner Trouble-Maker und sooo unterhaltsam, ungehalten, draufgängerisch, unbedacht, arrogant und selbstherrlich. Sie muss noch viel lernen, vielleicht auch den ein oder anderen ,,Arschtritt" verpasst bekommen, erwachsen ist sie noch lange nicht.

Allerdings musste ich leider auf die Szene verzichten, auf die ich so sehr spekuliert hatte, denn Teme ist bislang immer noch nicht Papa geworden und darauf freue ich mich schon so sehr. Wahrscheinlich wird er die Rolle der Drachenväter völlig umkrempeln und wenn er es dann noch schaffen sollte, Iskierka ein Ei zu machen, dann werden wir Leser zum einen mit einem Teme-Isi-Kind und zum anderen mit den Dracheneltern einen Heiden-Spaß haben. Hoffen wir mal, dass es dazu noch irgendwann kommen wird.

Dass Temeraires Kapitän neben diesen beiden Drachen ein wenig untergeht, ist eigentlich nichts neues. Wobei ich schon finde, dass er sich, seit er mit Temeraire zusammen ist, sehr gewandelt hat. Allerdings steckt er nach seinem und Temeraires Verrat aus ,,Drachenglanz" in einer persönlichen Krise und ich denke, er hat so ein wenig das Gefühl, als ob alles über ihm zusammenbrechen würde. Hinzu kommt, dass sich zwischen Temeraire und Laurence eine gewisse Distanz aufgebaut hat, was dem Buch auch an vielen schönen Momenten nimmt, denn gerade das innige Verhältnis zwischen den beiden war immer sehr schön zu lesen und zu beobachten. Aber in jeder Beziehung gibt es ja mal Krisen, es wird schon wieder besser werden, hoffe ich.

Alles in allem finde ich es schade, dass Naomi Novik nicht mehr aus diesem Band gemacht hat. Wenn der nächste Band, der hoffentlich bald kommt, ähnlich enttäuschend sein sollte, weiß ich nicht, ob ich dann noch weiterlesen will. Zu der inhaltlichen Enttäuschung kommt übrigens noch hinzu, dass durch den Verlagwechsel, ,,Drachenwacht" so gar nicht mehr zu meinen Ausgaben der ersten vier Bände passt. Das Cover kommt zwar in meinen Augen in Natura wesentlich besser rüber, als wenn man es nur als Bild auf dem Bildschirm sieht, aber schön finde ich es trotzdem nicht, auch wenn der Verlag wohl versucht hat einen Spagat zwischen den zwei alten unterschiedlichen Ausgaben zu machen. Mir persönlich wäre es aber trotzdem lieber gewesen, wenn es beim alten Layout geblieben wäre.

Bewertung:
[note3+]

lg
kathrin

Rock the Night!

Grisel

Eine Gegenstimme. Da ich faul bin, übernehme ich das von einer woanders geschriebenen Rezi.

Ich habe das Buch natürlich gleich gekauft, aber vorerst nicht gelesen, weil ich eigentlich nur eher unbegeistertes darüber gelesen habe. Nun verstehe ich zwar, warum manche ein Problem damit haben, ich aber hatte keines, ganz im Gegenteil, ich halte es für eines der besten bisher.

Es ist hier eine Menge ,,Kriegszeug", aber das hat mich ja noch nie gestört, außerdem ist der Krieg gegen Napoleon hier nun einmal der Hintergrund. Obwohl es doch äußerst schockierend ist, dass Novik ihn tatsächlich in England einmarschieren lässt. Aber, auch wenn sie hier sehr von der Geschichte abweicht, wäre es doch billig, hätte sie einfach die richtige hergenommen und mit Drachen garniert. Mit Drachen muss es anders sein.

Und das führt uns gleich zu Laurence und seinem Verrat, an dem er hier so schwer zu kauen hat. Ohne seine moralisch vollkommen richtige Tat, die französischen Drachen zu retten, hätte die Invasion nie stattfinden können. Es ist damit ganz und gar seine Schuld und es ist verständlich, dass er das verbunden mit dem Verlust seiner Ehre nicht einfach so abtun kann, auch wenn Temeraire es naturgemäß nicht verstehen kann. Denn Novik hat Laurence so geschaffen, wie er als englischer Gentleman und Offizier zu sein, zu fühlen und zu handeln hat. Ohne seine Ehre ist er nichts, daran kann auch Temeraire nichts ändern. Die weiteren Ereignisse hier sind dabei auch nicht hilfreich, als er Taten begeht, die er verabscheut, bis er an seine Grenzen stößt.
Das alles macht das Buch nicht fröhlicher und weit schwermütiger als die vorherigen. Aber, es ist konsequent.
Spoiler
Ich bin daher fast geneigt, das bittere Ende gutzuheißen, denn es bringt Laurence nicht die Vergebung, aber eine Strafe, die er abbüßen kann. Vielleicht kommt er so selbst irgendwann mit sich ins reine. Ein Happy End mit Vergebung allseits konnte es hier nicht geben und es spricht für Novik, dass sie keines hingebogen hat. Der Krieg ist ja auch noch nicht zu Ende.
[Schließen]

Konsequent finde ich auch die Entwicklung von Temeraire, der einen großen Schritt auf dem Weg der Anerkennung der Drachen gemacht hat, indem er Colonel bzw. Commodore Temeraire wird. Gleichzeitig bemerkt er auch, dass es nicht immer einfach ist, Kommandant zu sein, vor allem wenn Iskierka zu seinen Untergebenen gehört! Armer Granby!
Aber bei den Drachen kamen auch wieder die liebenswerten Eigenschaften ihrer Drachen zu Tage. Diese Szenen fand ich wie immer allerliebst.

Ich war sehr gespannt, wie Novik Wellesley/Wellington darstellt und wurde nicht enttäuscht, denn ich habe ihn wiedererkannt, den begabten, aber unfreundlichen und harten General.
Zitat,,I can and will deny any man, or beast, the right to tear apart the foundations of our state. ..." (S. 335)
Das ist Wellington wie er leibt und lebt. Und doch musste er nachgeben und den Drachen endlich ihre Rechte gewähren, für die Temeraire so sehr gekämpft hat. Auch das ist konsequent, denn so wie Novik Temeraire erschaffen hat, konnte er nicht aufgeben, ehe er das erreicht hat.

Schade fand ich nur, dass sie keine Verwendung für dieses Zitat des echten Wellington gefunden hat: ,,I don't know what they'll do to the enemy; but, by God, they frighten me." Ich hätte mir das so schön vorstellen können beim Anblick von Temeraires Trupp.

Ich glaube, es zeigt sich am deutlichsten, wie sehr mir dieses Buch gefallen hat, dass ich kaum aufhören kann, zu schreiben, während ich bei den vorherigen Bänden relativ kurz angebunden war, so sehr sie mir auch gefallen haben.

[note1]

Zur Kurzbeschreibung oben, das stimmt so ja eigentlich nicht, Laurence wird nicht zur Marine zurückversetzt, sondern nur von einem Gefängnis zum anderen geschleppt und das eben zeitweise an Bord eines Schiffs. Hätte man ihn zum gewöhnlichen Matrosen degradiert und in den Dienst gepresst, das wäre eine ganz andere Geschichte geworden, auch nicht uninteressant.

Grisel

Noch ein kurioses Detail am Rande. Mir ist hier beim Lesen erst aufgefallen, daß ich das Motiv dieses Verrats, der nur moralisch keiner ist, auch woanders gesehen habe, und zwar bei "Battlestar Galactica", 3. Staffel. Da wird eine Seuche gefunden, die die Erzfeinde der Menschen, die Zylonen, ein für alle Mal vernichten und den Krieg beenden würde. Ein Genozid, wie der, der bei Novik mit den Drachen außer den englischen geplant war. Auch bei BG ist der Verräter einer aus Liebe, denn seine Frau ist Zylonin. Ihm aber wird mehr oder weniger vergeben, da jeder weiß, wer es gewesen sein muß, aber die Angelegenheit wird nicht weiterverfolgt, wohl weil sich bei dem Plan keiner wohlgefühlt hat. Schuldgefühle scheint er auch keine zu haben. Aber, dort sind wir auch nicht im England des frühen 19. Jahrhunderts und den strengen Regeln über Ehre. Laurence kann gar nicht anders fühlen und behandelt werden.
Jedenfalls ein interessanter Zufall, zumindest halte ich es für einen. Oder war der Drehbuchautor Novik-Leser oder andersrum sie BG-Fan?