Tod und Teufel von Frank Schätzing

Begonnen von Annette B., 26. Dezember 2007, 15:26:39

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Annette B.

Hallo ihr Lieben

In den letzten Tagen habe ich das Buch Tod und Teufel gelesen, welches schon viel zu lange ungelesen in meinem Schrank stand! :->


[isbn]3442455316[/isbn]


Klappentext:
Köln im Jahr 1260. Durch die Gebeine der Heiligen Drei Könige, die der Erzbischof Rainald von Dassel als Kriegsbeute mitgebracht hat, hat sich in die einstmals kleine Stadt zu einem der größten Pilgerorte der Christenheit entwickelt -- einen Pilgerort zudem, den mit dem Dom eine (wenn auch unfertige) Kathedrale krönt.
Aber nicht nur Gläubige zieht das fromme Treiben an, sondern auch Verbrecher, Strolche oder Mörder. Darunter sind eher liebenswerte Streuner wie Jacob, der aufgrund seiner roten Haare ,,der Fuchs" genannt wird, aber auch wahrhaft diabolische Gestalten wie der Schatten, den Reisende schon einmal gern mit dem Leibhaftigen oder einem Wolf verwechseln. Die Wege von Fuchs und Wolf kreuzen sich, was Jacob zum Verhängnis zu werden droht. Denn ausgerechnet er beobachtet, wie jemand den Dombaumeister vom Gerüst stürzt -- und verrät sich selbst dadurch, dass im selben Moment der Ast jenes Baumes bricht, auf den Jacob zum Apfelstehlen gestiegen war. Von nun an muss Jacob um sein Leben fürchten, und nicht nur das: Jeder, mit dem er spricht, stirbt eines unnatürlichen Todes ...

Meine Meinung:

Tod und Teufel von Frank Schätzing
Ein Krimi aus dem Mittelalter.........

So steht es auf dem Buch!!!!

Meiner Meinung nach ist das jedoch nicht ganz korrekt! Ich würde eher sagen das ist ein Psycho-Thriller aus dem Mittelalter und eine Liebeserklärung an die Stadt Köln mit ihren recht eigensinnigen, aber pfiffigen Bürgern.

Vor diesem Buch muss unbedingt gewarnt werden, denn der Autor fordert den Verstand seiner Leser heraus. Man kann dieses Buch nicht einfach mal so nebenher oder zwischendurch lesen, denn sobald man es zur Hand nimmt wird man gefesselt von dem phantasievollen mittelalterlichen Sprachgebrauch des Autors. Als Leser wird man dadurch zum konzentrierten lesen animiert.
Frank Schätzing bedient sich einer verständlichen und auch sehr bildhaften Sprache. Er lässt lateinische Redensarten und uralte Begriffe wohl dosiert einfließen in diese angenehme mittelalterliche Ausdrucksweise.
Ich habe bisher nur sehr wenige historische Romane gelesen, in denen es der Autor von der ersten bis zur letzten Seite geschafft hat, sich ausschließlich und ohne Fehler dieser historischen Sprache zu bedienen, ohne das die Handlung oder die Dialoge steif und unverständlich gewirkt hätte.
Bei diesem Buch trifft sogar das Gegenteil zu; die Dialoge sind witzig und voller Charme. Ich habe oft laut lachen müssen oder vor mich hin geschmunzelt beim lesen der Dialoge.
Zugegeben, manches mal nervt es, wenn man immer wieder zum Anhang des Buches blättern muss, in dem der Autor die Übersetzungen der alten Begriffe bzw. lateinischen Redensarten erklärt.
Dennoch, der Schreibstil des Autors ist unheimlich flüssig und fesselnd, er fordert die gesamte Aufmerksamkeit des Lesers.

Das hat mir wirklich gut gefallen.

Der Autor hat die Anzahl seiner Protagonisten in einem überschaubaren Rahmen gehalten, so dass er auf ein Personenregister locker verzichten konnte. Dafür ist eben der besagte Anhang zur Erläuterung der alten Begriffe beigefügt und ein Stadtplan von Köln bis Mitte des 13 Jahrhunderts  im Bucheinband enthalten.

Die Charakter der Hauptdarsteller sind sehr schön gezeichnet mit allen menschlichen Stärken und Schwächen.

Jacob der Fuchs wächst einem genauso schnell ans Herz wie auch der Dechant, Doctor und Physikus Jasper Rodenkirchen Ordinarius und Lektor für Canonisches Recht an den Franziskanern und Magister der sieben freien Künste !!!!!!! 
Auch der Färber Goddert von Weiden und seine Tochter Richmondis sind als waschechte Kölner wundervoll beschrieben worden vom Autor.

Bettler und Gelehrter, Handwerker und Patrizier, Jäger und Gejagte....das sind die Schicksale und Charakter mit denen Frank Schätzing hier geschickt jongliert.  Dabei erzählt der Autor einen Kriminalfall mit Tiefenpsychologie und Thrillerqualität.

Während der Gelehrte lange philosophiert und lamentiert, ist ihm der Bettler schon mit seinem praktischen und überlebensorientierten Denken einen Schritt voraus. Umgekehrt braucht der Bettler die Erklärungen des Gelehrten um zu verstehen, wo er als nächstes Handeln muss. Ein ungleiches Paar, der Bettler und der Gelehrte, die jedoch zu verblüffenden Erkenntnissen gelangen und sich wunderbar ergänzen.

Frank Schätzing erzählt eine fantastische Geschichte aus fundiertem Wissen, gesunden Menschenverstand und logischer Konsequenz!

Indem der Autor die Lebensbedingungen seiner Protagonisten beschreibt, lässt er für den Leser das mittelalterliche Köln lebendig werden. Die dunklen Gassen, der laute Markt, der stinkende Unrat und die großen Unterschiede zwischen Arm und Reich. Die Angst der einfachen Menschen vor der Obrigkeit und den Kirchenfürsten mit der Macht Gottes gegen den Teufel.
Mit viel Humor und Ironie stellen die Protagonisten Fragen und suchen Antworten zum Sinn des Daseins. Die Diskussionen zu existenziellen Fragen des Lebens und der Politik sind spannend, tiefsinnig und pfiffig.

Auch wenn manche Stellen im Buch zäh erscheinen, durch die langen Erklärungen des Gelehrten, sollte man diese Passagen nicht ,,Quer lesen", denn jede Information in diesen Passagen ist Wichtig um die Handlung zu verstehen.

Ein wenig enttäuscht hat mich die zarte Lovestory in diesem Roman, aber ich hoffe sehr, dass der Autor sich hiermit nur eine Hintertür für einen weiteren Roman offen gehalten hat, mit diesen unglaublich sympathischen Protagonisten.

Wie und vor allem ob es diesen liebenswerten Protagonisten am Ende gelingt ,,Tod und Teufel" ein Schnippchen zu schlagen will ich hier nicht verraten.

Statt dessen empfehle ich jedem Fan von historischen Büchern dringend dieses Buch zu lesen.
Es ist ein Hochgenuss in diesem Genre.

Daher meine Benotung:

[note1] + mit *
Liebe Grüße
Annette
Liebe Grüße Annette

Kathrin

Tolle Rezi, Annette!!!! Und ich hab Dir ja gesagt, dass das Buch was für Dich ist!!! Wäre so schön, wenn Schätzing noch mehr von der Sorte geschrieben hätte. Auf der anderen Seite finde ich seine Vielseitigkeit auch total bewundernswert, nur leider gehen Bücher wie "Der Schwarm" halt so gar nicht an mich.

lg
kathrin
Rock the Night!

Karthause

Einen Schätzing habe ich noch nie gelesen. "Der Schwarm" steht aber immerhin im Regal, den bekam ich geschenkt und habe so gar keine Lust darauf. Aber Anettes schöne Rezi hat mich so richtig neugierig gemacht. Mein Vorsatz fürs neue Jahr, ein Schätzing wird gelesen, am besten dieser.

Danke fürs neugierig Machen.
Liebe Grüße
Karthause


"Abbitte" von  Ian McEwan

Karthauses bunte Bücherwelt

Annette B.

Hallo Kathrin,

danke für dein Lob, bei dieser Rezi habe ich offen gestanden lange überlegt wie ich meine Begeisterung zum Ausdruck bringe, ohne zu übertreiben. Du hast recht, das Buch war genau das Richtige für mich. :schmusen:

Das Buch der Schwarm ist auch nicht so mein Dingen, aber ich denke dieser historische Krimi ist garantiert nicht sein letzter. Ich habe ein bischen im I-Net recherchiert über den Autor und ein Interessantes Interview gefunden, welches er gegeben hat.

Guckst du hier, wirst du staunen was er zu seinen Büchern und sich selbst so sagt.
http://www.xn--klninside-07a.de/INTERVIEWTEXTE/SCHAETZING/FRANK%20SCHAETZING%201.htm

Ich hoffe der Link funktioniert, ich habe das noch nicht so raus. :kopfkratz: Aber jeder Versuch macht klug.... :-)

Liebe Grüße
Annette

Liebe Grüße Annette

Susanne

Hallo Annette,

Deine Rezi finde ich auch sehr ansprechend. Aber irgendwie streubt sich bei mir irgendetwas einen Schätzing zu lesen. Der Mann ist mir nämlich leider irgendwie ziemlich unsympatisch, nachdem ich ihn einmal in einer Talkshow oder so etwas ähnlichem erlebet habe.
Vielleicht war es aber auch nur Zufall, daß er da für mich so "rübergekommen" ist.

Liebe Grüße
Susanne