ZitatDer junge Robert weiß schon früh, dass er wie alle Männer seiner Familie Bergarbeiter sein wird. Dabei ist ihm Enge ein Graus. Er liebt Natur und Bewegung, sehnt sich nach der Weite des Meeres. Daher beschließt er kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, sich zum Ort seiner Sehnsucht, der offenen See, aufzumachen. Fast am Ziel angekommen, lernt er eine ältere Frau kennen, die ihn auf eine Tasse Tee in ihr leicht heruntergekommenes Cottage einlädt. Eine Frau wie Dulcie hat er noch nie getroffen: unverheiratet, allein lebend, unkonventionell, mit sehr klaren und für ihn unerhörten Ansichten zu Ehe, Familie und Religion. Aus dem Nachmittag wird ein längerer Aufenthalt, und Robert lernt eine ihm vollkommen unbekannte Welt kennen. In den Gesprächen mit Dulcie wandelt sich sein von den Eltern geprägter Blick auf das Leben. Als Dank für ihre Großzügigkeit bietet er ihr seine Hilfe rund um das Cottage an. Doch als er eine wild wuchernde Hecke stutzen will, um den Blick auf das Meer freizulegen, verbietet sie das barsch. Ebenso ablehnend reagiert sie auf ein Manuskript mit Gedichten, das Robert findet. Gedichte, die Dulcie gewidmet sind, die sie aber auf keinen Fall lesen will.
Ein Cover wie gemalt, ein Setting wie dahin gezaubert, ein Buch voller Poesie, voller leiser Momente und so grandios und intensiv erzählt.
Die Möglichkeiten eines Lebens, das ist der 1.Satz auf der Rückseite des Buches und genauso kommt mir Roberts Geschichte vor, sie ist voller Möglichkeiten.
Robert hat mit 16 die Schule hinter sich und während er auf die Prüfungsergebnisse wartet, zieht er duch England. Das England im Jahr 1946 ist geprägt vom Krieg, Hunger und Elend an jeder Ecke. Da erscheint im das kleine Cottage der extravaganten Dulcie wie ein kleines Paradies. Kost und Logies verdient Robert sich durch Arbeiten rund um Haus und Garten.
Doch Dulcie scheint ein Geheimnis zu haben. Kann und will Robert dieses Geheimnis lösen, bevor er zurück kehrt in sein Leben und Bergarbeiter wird, wie es Tradition ist in seiner Familie?
Das Buch ist sehr ruhig, aber wirklich wunderschön geschrieben. Es lebt von seiner starken Atmosphäre, von den intensiven und detailreichen Beschreibungen der Natur. Und von der Vielschichtigkeit der Personen. Wobei ich da auch dem Übersetzerduo Ulrike Wasel und Klaus Timmerman ein großes Kompliment aussprechen muss, eine grandiose Sprache. Im Buch gibt es auch diverse Gedichte, was ich mir unglaublich schwer zu übersetzen vorstelle. Wirklich gut gemacht. Und auch wenn ich kein Fan von Poesie bin, hier passt es rein und das Buch ist auch nicht damit überladen. Das Buch ist sehr bildhaft geschrieben, ich kann die Insekten brummen hören, rieche das Meer und schmecke die diversen kulinarischen Genüsse, die Dulcie zaubert. Über Dulcie und ihr wahrhaft ereignisreiches Leben hätte ich gerne mehr erfahren, das Ende kommt hier viel zu schnell und ich konnte mich aus der Story fast nicht lösen und verabschiede mich mit Bedauern.
Ein großartiges kleines Buch was mich nicht mit Abenteuer sondern mit magischen Worten gefesselt hat
[note1]
Zitat von: Inge78 in 03. November 2020, 08:34:48
Alle müssen dieses Buch lesen, es ist toll
Wenn Du "Alte Sorten" magst, dann magst Du "Offene See" auch
Ich habe "Alte Sorten" vorletzte Woche beendet und habe es geliebt. :schmacht:
Die Leseempfehlung dazu kam ja auch von Dir.
"Offene See" ist schon so gut wie gekauft. :-)