Buchrebellin Forum

Unterhaltung => Rezensionen => Thema gestartet von: nirak in 09. März 2022, 18:45:53

Titel: Rachel Givney - Das verschlossene Zimmer
Beitrag von: nirak in 09. März 2022, 18:45:53
Rachel Givney - Das verschlossene Zimmer
ISBN: 9783785727867
Seiten: 541
Verlag: Lübbe
Ausgabe: HC
ET: 01/22


Das Geheimnis meines Vaters

Marie lebt im Krakau des Jahres 1939. Noch wägen sie sich in Sicherheit, doch das Deutsche Reich bereitet seinen Angriff auf Polen vor. Doch für Marie ist das nicht wichtig, sie treibt schon seit Jahren die Frage um, wer war meine Mutter und warum verschwand sie? Ihr Vater ist ein bekannter Arzt und beliebt, aber auf ihre Fragen gibt er ihr keine Antworten. Schließlich beschließt die junge Frau, nicht länger zu warten. Sie öffnet gewaltsam die Tür zum Zimmer ihres Vaters und durchsucht es immer in der Hoffnung, auf Hinweise zu stoßen. Was wird sie finden? Welches Geheimnis verbirgt ihr Vater vor ihr? Und kann sie mit dem entdeckten Leben?     

Die Autorin Rachel Givney war mir bisher unbekannt und ,,Das verschlossene Zimmer" ist ihr erster Roman, der auch in deutscher Sprache erschienen ist. Mir hat das Buch gut gefallen. Maries Geschichte war bewegend zu lesen. Die Handlung spielt zum größten Teil im Jahre 1939, es gibt aber auch kleine Rückblenden, die aus dem Leben der Mutter von Marie erzählen. Die Geschichte von Marie und ihrer Mutter geht durchaus unter die Haut.

Das Leben von Marie selbst gestaltet sich als nicht so einfach. Sie muss damit kämpfen, dass sie eine Frau ist. Ihr Berufswunsch wird im Krakau dieser Zeit nicht ernst genommen. Sie will Ärztin werden, da ihr Vater ihr ein großes Vorbild ist. Dann kommt der drohende Krieg dazu. Der Autorin ist es gut gelungen, diese Ängste und Sorgen der Menschen wiederzugeben. Marie fühlt sich zwar selbst nicht so davon betroffen, ihr gehen andere Gedanken durch den Kopf. Sie ist noch sehr jung und naiv, die Frage nach ihrer Mutter ist ihr für den Augenblick wichtiger.

Erst so nach und nach klärt sich eben diese Frage. Mir hat der Weg dahin gut gefallen. Die Menschen, die Marie auf ihrem Weg begleiten, haben ihre eigenen Besonderheiten und bereichern die Geschichte ungemein. Marie trifft zudem ihren Freund aus Kindertagen wieder und sie verlieben sich ineinander. Einzig dass Ben jüdischen Glaubens ist, würde eine gemeinsame Zukunft verhindern. Marie beschließt spontan zum Judentum überzutreten. Dass sie ihr Handeln nicht mit ihrem Vater abspricht, wirkt ein klein wenig unglaubwürdig, zumal die zwei ein gutes Verhältnis zueinander hatten. Auch dass dies alles heimlich geschehen kann, ohne dass irgendjemand im Umfeld von Marie etwas merkt, scheint mir doch eher unglaubwürdig, aber die Umstände und was es für die Zukunft bedeuten würde, hat die Autorin gut eingefangen.

Der Erzählstil von Rachel Givney lässt einen nur schwere los und so war das Buch in nur einigen Tagen ausgelesen und lässt einen etwas nachdenklich zurück, gerade in unserer jetzigen Zeit.

Was sich mir allerdings nicht erschlossen hat, war die Frage, warum man diesem Buch einen neuen Titel geben musste. Im englischen Original heißt es ,,Secrets my father kept", also hätte es doch wunderbar zum Beispiel: ,,Das Geheimnis meines Vaters" heißen können, denn der englische Titel passt perfekt zu der Geschichte.

Fazit:

,,Das verschlossene Zimmer" ist ein bewegender Roman aus dem Jahre 1939 mit Handlungsraum Krakau/Lemberg. Ich habe ihn gern gelesen, es war eine spannende Reise in die Vergangenheit und die Frage, was macht uns eigentlich aus. Auch das sich das Geheimnis um Maries Mutter erst so nach und nach klärte und für mich nicht offensichtlich war, fand ich gut. Ich hoffe nun auf weitere Bücher dieser Autorin, mir gefällt ihre Art zu erzählen.

[note2]
Titel: Aw: Rachel Givney - Das verschlossene Zimmer
Beitrag von: Kathrin in 05. August 2025, 16:44:11
Oh spannend, ich hatte gar nicht mehr im Kopf, dass es hier schon eine Rezi zu gibt.
Meine Meinung fällt allerdings gänzlich anders aus :rotwerd:

Puh, der Roman ,,Das verschlossene Zimmer" von Rachel Givney war ein hartes Stück Arbeit und eigentlich hätte ich es abbrechen, denn meine wenige freie Zeit, die ich habe, ist mir eindeutig zu schade, um sie mit Büchern zu verbringen, die mir nicht gefallen. Dieses Gefühl hat sich bereits relativ früh herauskristallisiert und dass, obwohl die Grundidee – auch wenn es schwere Kost ist - so gut klingt, und ich Geschichten, die während des zweiten Weltkriegs spielen, wirklich echt ,,gerne" (wenn man das so sagen kann) lese, aber das hier war nix für mich!

Ich bin mir sicher, dass das Buch begeisterte Leser*innen finden wird, vermutlich ist es auch eher ein Buch für Menschen, die weniger lesen als ich und die vielleicht im Genre der historischen Romane nicht so oft unterwegs sind. Aber ich persönlich fand Vieles hier in diesem Buch an den Haaren herbeigezogen und unglaubwürdig, nicht realistisch. Es gibt hier zwei Dinge, die ich richtig schlecht fand: zum einen die Andeutung, wer Lolek (ein Freund/ Bekannter von Marie) ist und dann die Auflösung! Bei der Auflösung hat es mir echt die Schuhe ausgezogen. Vielleicht war ich schon viel zu genervt von dem Buch und den Figuren, denen ich überhaupt nicht nah gekommen bin, um von selbst auf die Auflösung zu kommen, aber auf der anderen Seite, hätte ich geahnt, worauf es hinausläuft, wäre ich schreiend weggelaufen oder hätte das Buch zumindest abgebrochen. Auch so habe ich die letzten 100 Seiten nur noch quer gelesen.

Für mich müssen Autor*innen wirklich nicht immer das Rad neu erfinden und Rachel Givney berichtet hier auch von Ereignissen, von denen ich nicht bzw. nur wenig wusste, aber trotzdem hätte das alles mehr Hintergrund, mehr Tiefe haben können. Eigentlich sollten knappe 550 Seiten genügend Raum für mehr Tiefe und ausgefeilte Charaktere bieten. Da es optisch aber echt hübsch ist, bringe ich es gerne in einen öffentlichen Bücherschrank und hoffe, dass es dort jemand findet, der/ die sich darüber freut und der/ die es auch besser findet als ich.

Bewertung:
:Box1:  :Box1:  :Box_grau1:  :Box_grau1:  :Box_grau1: