Pip Williams - Die Sammlerin der verlorenen Wörter/The Dictionary of lost words
ISBN: 9783453292635
Seiten: 526
Verlag: Diana
ET: 04/2022
Ein etwas ungewöhnlicher historischer Roman
Am Ende des 19. Jahrhunderts begann man damit, das erste English Dictionary in England zu erstellen. Zu dieser Zeit wuchs Esme in Oxford auf. Ihr Vater war maßgeblich an diesem Wörterbuch beteiligt. Ihre Kindheit hat die junge Frau unter dem Schreibtisch ihres Vaters verbracht und konnte so mit in die Welt der Wörter eintauchen. Doch irgendwann erkennt sie nicht alle Wörter werden auch aufgelistet, einige werden einfach fallengelassen, vor allem Wörter, die die Welt der Frauen betreffen. Esme beschließt, ihr eigenes Wörterbuch der Frauen zu schreiben. Sie macht sich auf die Suche und findet nicht nur verlorene Wörter, sondern auch das Leben, die Liebe und einen Freiheitskampf, dem sich keiner entziehen kann.
Die Autorin Pip Williams lebt im Süden Australiens. Geboren ist sie zwar in London, ist aber in Sydney aufgewachsen und Australien sehr verbunden. Mit dem historischen Roman ,,Die Sammlerin der verlorenen Wörter/The Dictionary of Lost Words" legt sie ihr Debüt vor. Das Buch wurde ja bereits von der Presse hochgelobt und eigentlich kann ich mich diesem Lob nur anschließen. Auch mir hat dieser Roman gut gefallen. Die Autorin hat ein gutes Gespür für Wörter entwickelt. Auch wenn die Handlung jetzt nicht im eigentlichen Sinne als spannend zu bezeichnen ist, ist die Geschichte von Esme trotzdem wert gelesen zu werden. Es geht auch nicht nur um den trockenen Stoff der Findung eines Wörterbuchs. Vielmehr wird das Leben einer jungen Frau geschildert, die sich in einer Welt der Männer behaupten muss.
Pip Williams hat es gut verstanden, die Arbeit an diesem Buch mit der fiktiven Lebensgeschichte von Esme zu verbinden und gleichzeitig erzählt die Autorin von dem Wandeln in dieser Zeit. Esme wird zunächst als Kind geschildert, man ist beim Lesen dabei, wie sie langsam zur jungen Frau wird und dann im Erwachsenenalter ihr Leben gestalten muss. Gleichzeitig erfährt man aber auch von den Ereignissen dieser Zeit. Es ist die Zeit des Wandels, die Frauen fordern ihre Rechte ein. Die Suffragetten treten ihren Kampf um das Wahlrecht der Frauen an, und dann bricht der Krieg über Europa und England herein. All diese Ereignisse prägen das Leben von Esme und werden von der Autorin geschickt in Szene gesetzt. Mir hat dieses Zusammenspiel von historischen Ereignissen, der Entstehung des Wörterbuchs und dem fiktiven Leben der jungen Frau gut gefallen.
Ein Nachwort zum Schluss klärt Fiktion und Wahrheit und gibt einen kleinen Einblick darüber, was die Autorin dazu bewogen hat, diesen Roman zu schreiben. Am Ende steht dann sogar noch eine Zeittafel, die die Ereignisse von 1857-1928 zusammenfast.
Noch ein Wort zum Cover, welches ich wirklich toll finde. Es passt wunderbar zu dieser Geschichte der Wörter und hat mir ausnehmend gut gefallen.
Fazit:
,,Die Sammlerin der verlorenen Wörter" ist ein einfühlsamer Roman über eine junge Frau, die ihren Platz im Leben finden muss. Ich habe diese Geschichte sehr gern gelesen. Der Erzählstil ist facettenreich und vielschichtig. Ich konnte mit der Protagonistin mitfühlen und erleben, wie sie die Welt gesehen hat. Ihre Suche nach den verlorenen Wörtern hat mich gut unterhalten und mir die Welt ihrer Wörter nähergebracht. Nicht vergessen sollte man bei dieser Lektüre, dass es um das englische Wort geht. Also werden hier natürlich auch englische Wörter erklärt, zwar immer auch in der Übersetzung, aber im Schwerpunkt eben beruhend auf der englischen Sprache. Ich fand dies interessant und unterhaltsam zugleich zu lesen.
[note2+]
"Wörter definieren uns, sei erklären uns, und manchmal dienen sie auch dazu, uns zu kontrollieren oder zu isolieren."
Esme wächst im sogenannten Skriptorium auf, am Arbeitsplatz ihres Vaters, der an der Entwicklung des "Oxford English Dictionary" (OED) beteiligt ist. Von Anfang nimmt sie teil an der Suche und der Definition der Worte und möchte Teil davon sein. Doch auch jenseits der offiziellen Worte, die ins OED übernommen werden, gibt es Worte, die Esme auffallen ... was ist an diesen Worten anders? Eine ganz eigene Suche beginnt.
Der Roman handelt von der Liebe zur Sprache, von der Liebe zu Wörtern, ihren Bedeutungen,ihrer Kraft. Eine Kraft, die nicht immer nur positiv ist, sondern auch ausgrenzen und verletzten kann. Autorin Pip Williams erzählt unaufgeregt aber sehr eindringlich Esmes Lebensweg. Dabei ist nicht nur die historische Entwicklung des OED Thema des Buches, sondern auch Emanzipation und Gleichberechtigung der Frauen zu Beginn des 20.Jahrhunderts. Der Kampf der Sufragetten um das Wahlrecht für Frauen und der 1.Weltkrieg. Ein sehr hilfreiches Nachwort der Autorin hilft dabei, historisches Wahrheit und Fiktion zu unterscheiden und macht das Buch authentisch.
Der Schreibstil der Autorin hat mir sehr gefallen, das Buch ist ruhig erzählt, manchmal fast poetisch. Ich bin den Personen sehr nahe gekommen, habe auch die ein oder anderen Nebenfigur ins Herz geschlossen. Und das ein oder andere Tränchen ist auch geflossen.
Besonders interessant fand ich die vielen ins Buch eingeflochtenen Wörter und deren Bedeutungen. Diese werden erst immer im englischen Original genannt und dann ind er deutschen Übersetzung. An dieser Stelle sei auch besonders die Arbeit der Übersetzerin Christiane Burkhardt erwähnt, die nicht nur den Text, sondern auch die Worte und ihre Definitionen übersetzt und in den richtigen Zusammenhang bringt. Dazu gibt es auch ein paar erklärende Hinweise zum Ende des Buches.
Und schier unglaublich ist, was man sich für eine Arbeit gemacht hat, das OED zu entwicklen, was weit mehr ist als der "Duden" es im Deutsche ist. Und doch ist auch das OED unvollständig und spiegelt den Zeitgeist wieder, in dem es entstanden ist. Deshalb wird es auch bis heute ständig überarbeitet.
"Die Sammlerin der verlorenen Wörter" war für mich ein sehr ungewöhnliches, historisches Leseerlebnis, was mich berühren und begeistern konnte. Ich bin immer wieder überwältigt, wie magisch Worte sein können und welche Kraft sie entwicklen können.
[note1]
Wie schön, dass ich es noch auf meinem SUB habe und mich drauf freuen kann...wann auch immer ich es lesen werde.
Ja, das Buch ist difinitiv ein Highlight in diesem Jahr :schmacht:
Das möchte ich auch unbedingt noch lesen.
Nach Euren positiven Rezis erst recht. :funkey:
Mein Leseeindruck:
Eine recht interessante Geschichte über die Entstehung des 'Oxford English Dictionary'.
Ich hab zwar ein wenig gebraucht, um ins Buch hineinzufinden, aber sobald sich die Geschichte entfaltet und Fahrt aufgenommen hat, habe ich es sehr gerne gelesen.
Oft ist die Stimmung melancholisch, fast schon traurig, und manchmal fand ich die Schicksalsschläge, die die Protagonistin erleiden musste, fast schon zu viel.
Dennoch ist "Die Sammlerin der verlorenen Wörter" eine schöne Geschichte über eine unglaublich starke und beeindruckende Frau, die trotz vieler Schicksalsschläge niemals aufgegeben hat.
[note2]
Ich hatte mich ja wirklich sehr auf dieses - allein schon optisch so grandios gestaltete - und schöne Buch gefreut und zu Beginn konnte mich die Geschichte auch wirklich noch gut abholen. Doch irgendwann hat mich das Buch verloren. Letztlich passierte mir zu wenig, ist es zu ruhig erzählt worden. Für mich bewegte sich die Handlung nicht von der Stelle, zumindest solange, wie ich in dem Buch gelesen habe, irgendwie passierte immer das gleich. Vielleicht hätte ich länger durchhalten sollen, aber wenn ich alles lieber mache, als lesen (z.B. putzen, bügeln) obwohl ich Zeit zum Lesen gehabt hätte, dann ist das kein gutes Zeichen für ein Buch.
Abgebrochen nach 179 Seiten
Schade, Kathrin. :schmusen:
Aber manchmal ist das so - hatte ich auch schon des Öfteren, dass die eigenen Erwartungshaltungen so hoch waren und ich letztlich vom Buch enttäuscht war.
Ja, irgendwas hat dem Buch für mich einfach gefehlt. Ich habe ja kein Problem damit, wenn ein Buch ruhig erzählt ist, aber dann muss es etwas anderes haben, das mich fesseln, berühren oder interessieren kann und das war hier einfach nicht der Fall.
Ich bin allerdings gerade am überlegen, was ich mit dem Buch habe. Es ist halt echt schön und sieht toll aus neben einem anderen Buch im Regal, aber eigentlich behalte ich ja keine Bücher, die ich abgebrochen habe. Mal schauen, wie ich mich entscheide. Momentan steht es im Regal mit dem Cover nach vorne ...
Ich mag das ja im Rückblick immer noch arg gerne ... aber ja, zwischenzeitlich passiert schon recht wenig :nixweiss1:
Zitat von: Inge78 in 15. August 2024, 16:49:19Ich mag das ja im Rückblick immer noch arg gerne ... aber ja, zwischenzeitlich passiert schon recht wenig :nixweiss1:
Rückblick an sich, finde ich auch nicht schlimm. Aber wenn es zu ruhig erzählt ist und zu wenig passiert, dann bin ich irgendwann von einem Buch genervt und das ist ja auch doof.