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Titel: Köster-Lösche, Kari: Die Hakima - Ärztin zwischen Kreuz und Halbmond
Beitrag von: Dante in 27. Juli 2025, 16:38:01
Die Hakima – Ärztin zwischen Kreuz und Halbmond
Kari Köster-Lösche
Ehrenwirth 01.08.1994
394 Seiten
978-3-431-03352-0

Klappentext:
Anfang des 13. Jahrhunderts: eine junge Frau gerät unter Mordverdacht. Auf abenteuerlichen und beschwerlichen Wegen flieht sie aus Norddeutschland über Frankfurt am Main nach Südfrankreich, mitten hinein in die Katharerkriege, und weiter bis nach Toledo. Unter schwierigsten Bedingungen gelingt es ihr, Schülerin des dortigen Hospitalarztes zu werden. Sie wird die Hakima, die Ärztin von Toledo. Währenddessen stürmt ein Kreuzzugsheer die Stadt; Unduldsamkeit und Fanatismus gegenüber Juden und Muslimen beginnen übermächtig zu wachsen. Nur knapp der Exkommunikation entgangen, kann sich die junge Ärztin unter großen Gefahren zurück in ihre Heimat durchschlagen und sich dort mit der Leitung des neugegründeten Hospitals ein segensreiches Wirken beginnen.
In diesem Roman wird die schillernde Welt des Mittelalters wieder lebendig. Er zeigt die kulturelle Vielfalt jener Zeit, die Wirren der Kreuzzüge und Glaubenskriege mit Pest und Hunger, mit blindem Gottesglauben und unbarmherziger Verfolgung der Andersgläubigen.

Mein Eindruck:
,,Die Hakima" erzählt die Geschichte der Lübecker Kaufmannstochter Ymme in zwei Teilen: Ihre Reise nach Toledo über Frankfurt und Okzitanien (1208-1209; Kreuzzug gegen die Katharer) zum einen und ihr Aufenthalt und ihre Ausbildung in Toledo (1210-1212; Kreuzzug gegen die Sarazenen, Beginn der Reconquista) zum anderen. Dabei taucht man ein in eine Welt fanatischer Mönche, umtriebiger Händler, zwielichtiger Quacksalber, blutrünstiger Kreuzritter, aber auch menschenfreundlicher Heilerinnen und fähiger Ärzte. Der Roman beschreibt bildreich und wortgewaltig die Konflikte zwischen Christen aber auch das Miteinander von Christen, Juden und Muslimen – bis die katholische Kirche dem ein grausames Ende setzt. Besonders gut gefallen haben mir die Schilderungen der alltäglichen Gepflogenheiten der einzelnen Volksgruppen: ,,deutsche" und ,,französische" Franken, Okzitanier, jüdische und arabische Andalusier etc.

Das Personenregister am Anfang hilft, sich später besser zurechtzufinden. Die in anderen Rezensionen bemängelte Oberflächlichkeit der Personen ist mir persönlich nicht aufgefallen, ich konnte mir die Hauptfigur Ymme und auch die Nebenfiguren wie z.B. Cornelius, Al-Walid oder Bruder Berthold sehr gut vorstellen. Dass man bei einem Roman, der sich mit der Reconquista (Teil II) aber auch dem Kreuzzug gegen die Katharer, dem einzigen Kreuzzug gegen Christen (!) (Teil I), beschäftigt, mit kirchlichen Inhalten konfrontiert wird, sollte Leser:innen nicht verwundern – zumal der Klappentext hier sehr eindeutig ist ...

Vielen Kapiteln ist eine für die folgende Szene relevante Vorgeschichte in kursiver Schrift vorgestellt, der Erzählstil ist einem historischen Roman angemessen, mit hie und da gespickten älterem Wortgebrauch; das ist mir persönlich lieber als anachronistischer Sprachstil mit zu modern angehauchten Begriffen. Auch scheinen medizinische aber auch kulinarische Kenntnisse sehr gut recherchiert.

Mein Fazit:
Wer einen gut recherchierten historischen Roman mit angemessenem Sprachstil sucht, interessiert ist an kirchlichen Themen wie ,,Katharer-Kreuzzug" sowie die Anfänge der Reconquista, und sich einlassen will auf die Reise einer an Medizin interessierten Frau quer durch Westeuropa dürfte große Freude an diesem Roman haben. Leser:innen der Danteztrilogie insbesondere Band III "DANTEZ - Die Rückkehr des Verbannten" empfehle ich die Lektüre im Hinblick auf Ymmes Zeit in Okzitanien und Toledo - besonders gegen Ende von Teil II der "Hakima" wird sehr schön beschrieben, wie das Leben bzw. die Gräueltaten waren, die Dantez nur aus Erzählungen kannte (Stichwort Bezier!) und warum Dantez sich bei seiner Rückkehr nach Cordoba so fremd gefühlt hat.

Es war mir eine Freude, diesen Roman zufällig entdeckt zu haben.

5,0 Sterne von 5 Sterne

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