Am Ende des Schweigens - Charlotte Link

Begonnen von Kathrin, 18. Oktober 2013, 14:50:39

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Kathrin

[isbn]3764501782[/isbn] Verlag: Blanvalet
ISBN: 3764501782
Seiten: 602
Ausgabe: Taschenbuch (Weltbild-Ausgabe)

Inhalt:
Stanbury - ein kleines Dorf im Südwesten Yorkshires. Eine eigenwillige, romantische Landschaft, die einst die Heimat der Brontë-Schwestern war. Und ein Ort, an dem drei eng befreundete deutsche Ehepaare seit vielen Jahren ihre Ferien verbringen. Sommer, Weihnachten, Ostern - regelmäßig treffen sie sich im alten Stanbury House mit seinem weitläufigen, verwilderten Park und dem brüchigen Charme lang vergangener Zeiten. Die jeden Streit, jeden Konflikt ausschließende Idylle zwischen den Freunden, die sich als große, glückliche Familie empfinden, trügt - wie die junge Jessica Wahlberg, die neu hinzugekommen ist und daher mit unbefangenem Blick hinter die Fassaden blickt, bald herausfindet. Nichts ist so, wie es scheint. Und niemand ist der, der er vorgibt zu sein. Hinter dem lächelnden Schweigen, das über dem Haus und seinen Bewohnern liegt, haben sich längst Angst, Hass, Eifersucht und Verzweiflung ausgebreitet. Jessica, die diese Verlogenheit zunehmend schwer erträgt, flüchtet immer öfter in lange, einsame Wanderungen. Doch wer ist der seltsame Fremde, der Wiesen und Wälder um Stanbury House durchstreift und plötzlich - unter Berufung auf lang zurückliegende Geschehnisse - Eigentumsansprüche auf das Anwesen durchsetzen will? Noch während Jessica sein Geheimnis zu ergründen sucht, bricht die so mühsam gewahrte heile Scheinwelt von Stanbury House in sich zusammen: Ein furchtbares Verbrechen beendet das Jahrzehnte lange Schweigen und konfrontiert die Überlebenden mit ihrer ganz persönlichen Wahrheit.

Meine Meinung:
Schon seit vielen Jahren verbringen die eng miteinander befreundeten Ehepaare Jessica und Alexander, Evelin und Tim sowie Patricia und Leon zusammen mit ihren Kindern ihre Urlaube in England auf Patricias Anwesen ,,Stanbury House". Doch die Idylle und Freundschaft zwischen den Familien trügt und ist nur oberflächlich. Dies spürt vor allem Jessica sehr deutlich, die sich als zweite Ehefrau von Alexander in dem Freundeskreis nie richtig wohl und willkommen gefühlt hat. Während Patricia allen ihren Willen und ihre Meinung aufzwingen will, verheimlicht ihr Ehemann seinen finanziellen Ruin. Evelin leidet unter der Gewalt und vor allem des psychischen Terror ihres Mannes und Ricardas, Alexanders Tochter aus erster Ehe pupertiert wild vor sich hin und findet die Erwachsenen nicht nur extrem verlogen, sondern hasst sie regelrecht, allen voran ihre Stiefmutter Jessica. Jessica sondert sich gerne von der Gemeinschaft ab und genießt ihre Spaziergänge in der Natur, doch als sie eines Tages von einem Spaziergang zurückkommt, findet sie Patricia und ihre zwei Töchter, Alexander und Tim brutal ermordet auf dem Anwesen.

,,Am Ende des Schweigens" ist ein typischer Charlotte Link-Krimi, fesselnd geschrieben und leicht und flüssig zu lesen. Auf den ersten Seiten merkt man bereits, dass das Buch spannend zu werden verspricht, treffen wir doch gleich im Prolog auf Patricias Leiche. Nach dem Prolog wird die Zeit jedoch erst einmal ein wenig zurückgedreht und die Geschichte beginnt wenige Tage vor dem erneuten Urlaub der Freunde in Stanbury House. Charlotte Link erzählt die Geschichte aus unterschiedlichen Erzählperspektiven, ein Stilmittel, dem ich in letzter Zeit immer häufiger begegne. Damit  verbunden ändert sich auch den Erzählstil, jeweils passend zur jeweiligen Sicht. Jessica wirkt eher distanziert, auch wenn sie extrem feine Antennen für ihre Umwelt und ihre Mitmenschen hat und dabei auch meist sehr feinfühlig agiert. Ricardas Sicht auf die Dinge ist da viel offener und ehrlicher. Ihre Sicht lernen wir durch ihre Tagebucheinträge kennen, die in einem sehr trotzigen und pupertätsbedingt wütenden Stil verfasst sind. Mit der Erzählperspektive von Philip Bowen stößt ein weiterer Charakter zum Personenkreis, der behauptet mit der Hausherrin Patricia verwandt zu sein und nun seine Rechte auf Stanbury House geltend machen will. Da er dies nicht immer mit rechtlich einwandfreien Schritten probiert, wird er schnell zu Haupt-Tatverdächtigen. Nur was wäre sein Motiv für die Ermordung Alexanders oder Tims?

Wie ich es nicht anders erwartet habe, gefällt mir auch dieser Krimi von Charlotte Link wieder richtig gut, aber ich habe schon bessere von ihr gelesen. Der Fall an sich ist spannend, die Figuren jedoch etwas überzogen. Dadurch sind ihre Emotionen zwar extrem ausgeprägt und für den Leser deutlich spürbar und verständlich, aber sie sind ihrer Charakterisierung einfach zu extrem. Diese starken Emotionen, die die Figuren durchleben, lassen einen zwar atemlos die Seiten umblättern und die Geschichte inhalieren, aber dennoch gibt es leider nur schwarz und weiß. Grauschattierungen sehe ich keine. Ich fand ziemlich erschreckend, wie böse, wie gemein Menschen sein können (okay, solche Typen mag es tatsächlich geben, wenn auch nicht in meiner kleinen, heilen Welt) aber ich finde sie übertreibt hier einfach, was schade ist, wo ich doch weiß, dass sie das besser kann.

Nichtsdestotrotz hat mir das Buch spannende Lesestunden verschafft und es wird auch nicht mein letzter Roman der Autorin sein.

Bewertung:
[note2]
Rock the Night!