Die Spionin - Corina Bomann

Begonnen von Tintagel, 10. Juni 2008, 19:28:05

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Tintagel



Die junge Alyson steht vor der schwierigen Aufgabe, für das Leben und überleben ihrer Geschwister und sich selbst zu sorgen. Gar nicht so einfach im winterlichen London 1585. Und noch viel schwieriger, wenn man seinen Lebensunterhalt durch Raubzüge auf den Märkten bestreitet. Als Alyson eines Morgens auf dem Rückweg zu ihrem Versteck ungewollt Zeugin eines Mordes wird, ändert sich ihr Leben schneller, als ihr lieb ist.

Die Raben im Tower

Während die Mörder, die sie bei ihrer Tat beobachten konnte, hinter ihr her sind, gerät sie in die Fänge ihr fremder Männer. Eine seelige Ohnmacht übermannt sie, aus der sie erst einige Zeit später wieder erwacht – im Tower von London. Sie wird zum Sekretär der Königin, Sir Francis Walsingham, gebracht, der ihr ihre missliche Lage verdeutlicht. Wenn er sie schon nicht wegen Diebstahls verhaftet und inhaftiert, dann bleiben ihr nur noch zwei Möglichkeiten. Entweder sie geht zurück in ihr Versteck und zu ihren Geschwister, was ihren sicheren Tod bedeuten würde, denn die Männer, die sie bei ihrer blutigen Tat überrascht hat, sind spanische Meisterspione, die Zeugen gar nicht gebrauchen können; oder sie schließt sich Sir Walsingham und seinem kleinen Spionagering an.

So kommt es, dass Alyson ihr Leben als Diebin aufgibt und in den Dienst ihrer Königin tritt – als Spionin. Ihre Ausbildung übernimmt Walsingham selbst, auf seinem Landsitz in Barn Elms. Dort lernt Alyson nicht nur die Grundlagen der Spionage, sie wird auch in Allgemeinbildung und höfischem Benehmen unterrichtet. Außerdem lernt sie einige der anderen Spione kennen, die sie selbst ,,Walsinghams Raben" nennt. Während ihrer Ausbildung muß Alyson allerdings erfahren, dass das Leben eines Spions ein recht einsames ist...

Historische Begebenheiten und künstlerische Freiheiten


,,Die Spionin" ist das Debüt von Corina Bomann, und dieses ist der Autorin durchweg gelungen. Glaubwürdige Protagonisten bevölkern den Roman und lassen ihn lebendig werden. Eine gründliche Recherche ist hier die Basis von Alysons Abenteuern, die den Leser quer durch England und letzten Endes sogar bis nach Spanien führt. Die Autorin selbst weist in ihrem Nachwort darauf hin, dass nicht alles historisch korrekt ist, sondern die eine oder andere Änderung der Geschehnisse zu Gunsten Alysons Geschichte vorgenommen wurde.

Dennoch trifft man auf viele historische Persönlichkeiten, die ihren Platz in diesem Roman gefunden haben. Sir Francis Walsingham, der tatsächlich den Englischen Geheimdienst begründete und nachweislich mehrere Attentate auf Elisabeth I. von England vereitelte, findet sich hier neben Elisabeth I sowie Maria Stuart wieder. Auch haben Seefahrergrößen wie Sir Francis Drake und Techniker wie Adam Dreyling ihren Weg in diese Geschichte gefunden.

Was ,,Die Spionin" zu einem wirklichen Lesevergnügen macht, ist die Tatsache, dass Corina Bomann einen außerordentlich mitreißenden Erzählstil pflegt. Es fällt einem überhaupt nicht schwer, Zugang zu den Charakteren oder den Ereignissen zu finden. Die Schauplätze sind so plastisch beschrieben und die Charaktere so Facettenreich, dass sie einen sofort in ihren Bann schlagen. Dabei ist es vollkommen unerheblich, ob man sich gerade mit Alyson durch die Straßen von London schlängelt, mit Elisabeth und ihren Hofdamen zu einem Ball geht oder ob man - getarnt als Küchenmagd - dem Prozess Maria Stuarts beiwohnt. Außerdem hebt sich dieser Roman in einem Punkt entschieden von anderen diesen Genres ab: Alyson bleibt trotz all ihrer Fähigkeiten, die sie sich hart erarbeiten musste, normal und mutiert nicht zu einer Art Wonderwoman. Sie macht durchaus auch mal Fehler, auch in Situationen, wo sie sich eigentlich keine leisten dürfte.

Dieses Buch lässt einen nicht mehr los, bis man es ausgelesen hat. Und trotz eines ,,runden" Endes bleiben Fragen offen, die einen hoffen lassen, dass es – irgendwann – ein Wiedersehen mit Alyson geben wird.

[note1]

Annette B.

Die Spionin von Corina Bomann

Meine Meinung:


In diesem Buch vereint Corina Bomann auf wunderbar leichte Art, eine fiktive Story mit geschichtlichen Tatsachen aus dem Mittelalter.
Mit ihrem flüssigen Erzählstil und dem überaus bildlichen Sprachgebrauch, zeichnet die Autorin eine sehr lebendige mittelalterliche Atmosphäre, die dem Leser das damalige Leben in den Straßen von London vor dem inneren Auge erscheinen lässt.
Die junge Heldin Alyson erlebt einen wahren Albtraum, als sie in einem dunklem Torbogen einen Mord beobachtet und anschließend im Tower wieder zu sich kommt.

Mit der temperamentvollen jungen Heldin Alyson und dem disziplinierten Sir Francis Walsingham treffen  direkt zu Beginn des Buches zwei Charakter aufeinander, die allein schon durch ihre charakterlichen und gesellschaftlichen Gegensätze, für Spannung und >Zündstoff< in der Story sorgen.
Corina Bomann verleiht ihren Hauptdarstellern durch kluge und manches mal auch witzige  Dialoge, tiefe menschliche Gefühle. Dabei verzichtet die Autorin darauf  nur besonders Gute oder besonders bösartige Charakter zu erschaffen.
Auch der fieseste Bösewicht hat noch einen sympathischen Charakterzug, den er in einer kleineren Szene auch zeigen darf. Umgekehrt hat auch der netteste Liebhaber dunkle Charakterzüge. Eine wunderbare Mischung in den Charaktereigenschaften der Protagonisten, die in der Handlung zu immer neuen Überraschungen führt.
Die junge Alyson entwickelt sich im Laufe der Story zu einer charmanten und ideenreichen Spionin, die jedoch nicht zum >Super-Girl< mutiert, sondern auch Skrupel hat und Fehler macht. Als Leserin konnte ich Alysons Gefühle oft sehr gut nachvollziehen und ich habe mit Alyson geliebt, gelitten und gelacht.
Alyson geht bei Sir Sir Francis Walsingham durch eine verdammt harte Ausbildung, aber der aufmerksame Leser bemerkt auch am Ende des Buches warum.  Die Autorin versteht es sehr gut, mit kleinen, aber  hoch sensiblen Szenen und Gesten, auch einem strengen, verstaubten Aristokraten wie Walsingham, väterliche Gefühle zu verleihen. 
Auch wenn Königin Elizabeth I nicht so ausführlich charakterisiert wurde von der Autorin, so hat man als Leser schon sehr deutlich gespürt, welch angespannte Atmosphäre am engl.Hof herrschte. 
Der Leser begegnet in diesem Roman nicht nur Elizabeth I sondern auch Maria Stuart und vielen anderen realen Persönlichkeiten des 16 Jh.
Welch ausgeklügeltes Spionagenetz damals schon existierte und mit welchen Tricks gearbeitet wurde, dass hat mich echt verblüfft. Durch Alyson habe ich erfahren wie gut durchdacht damals die Spionagearbeit war.
Ich denke hinter all` diesen interessanten Informationen zum Leben am Hof, zu den damals real existierenden Persönlichkeiten, zu den Intrigen und auch zu der damaligen Spionagearbeit, steckt eine sehr gründliche und aufwendige Recherche.
Die Sprache in dem Roman ist dem heutigen Sprachgebrauch angepasst, was jedoch in keiner weise störend wirkt.
Der Spannungsbogen ist mal mehr und mal weniger straff gespannt, ohne dabei jedoch so flach zu werden, dass  die Story langweilig oder langatmig wirken könnte. Corina Bomann sorgt geschickt dafür, dass nach furchtbar dunklen und grausamen Szenen auch wieder hellere und heitere Szenen den Leser in den Bann ziehen.

Dieser Roman enthält eine überaus fesselnde Story mit sehr hohem Unterhaltungswert.

Auf die ausführliche Beschreibung besonders blutiger oder grausamer Folter- und Gewaltszenen, verzichtet die Autorin genauso, wie auch auf kitschige Liebesszenen oder geschmacklose Sex Szenen. Klar gehören in einem histr. Roman derartige Szenen hinein, aber in diesem Buch halten sie sich in einem sehr angenehmen und niveauvollen Rahmen.
Die Story wirkte für mich am Ende rund und in sich abgeschlossen. Dennoch würde ich mich sehr freuen, wenn die Autorin sich zu einer Fortsetzung dieses Romans entschließen könnte und ich mit Alyson, LaCroix und Gilbert Gifford wieder in die Welt der mittelalterlichen Agententätigkeit eintauchen könnte.

Die Anzahl der Protagonisten hat Corina Bomann in einem überschaubaren Rahmen gehalten. Dafür war ich der Autorin sehr dankbar, da in dem Buch ein Personenregister fehlt.
Ein ausführliches Nachwort von der Autorin habe ich ebenfalls in diesem Buch vermisst.

Die Gestaltung des Buches hätte ich mir schon etwas stilvoller gewünscht. Es gibt historische Romane in dieser Preisklasse, in denen Karten, Personenregister und auch ein ausführliches Nachwort des Autors die Story wunderbar ergänzen.

Corina Bomann hat mich jedoch mit ihrer fantasievollen Story und ihrem Schreibstil sehr beeindruckt.
Sie hat mich aus dem grauen Alltag entführt und eintauchen lassen in eine sehr stimmungsvolle mittelalterliche Welt.

Dieses Buch ist auf jeden Fall ein Geheimtipp für alle Freunde von spannenden historischen Romanen.

[note1]
Liebe Grüße Annette

nirak

[isbn]978-3-426-63846-0[/isbn]

Buchrückentext

London 1585. Als die junge Straßendiebin Alyson in den Tower gebracht wird, scheint ihr Schicksal besiegelt zu sein. Doch dann erkennt man ihre besonderen Fähigkeiten und macht ihr ein unglaubliches Angebot: sie soll Sir Francis Walsingham, dem Ersten Minister von Elisabeth I., als Spionin dienen. Aber das bringt Alyson schneller, als sie für möglich hält, in tödliche Gefahr...

Meine Meinung

Die Spionin ist mein zweiter Roman den ich von Corina Bomann gelesen habe.
Das Buch ist in der Ich-Form verfasst worden und spiegelt das Leben der Hauptfigur Alyson  im Rückblick wieder. Am Anfang viel es mir etwas schwer, mit diesem Schreibstil zurecht zu kommen, aber nach den ersten 50 Seiten hatte es sich gelegt und danach habe ich es quasi nicht mehr aus der Hand gelegt.
Der Roman ist unterteilt in vier Bücher und diese wieder in einzelne Kapitel, die von angenehmer Länge sind.

Die Autorin entführt uns in die Zeit des Sir Francis Walsinghams, der der Sekretär seiner Majestät war und die Geheimpolizei anführte. Es ist ihr glaubhaft gelungen diese Geschichte mit den damaligen Gegebenheiten zu verflechten.
So lernen wir Alyson kennen, die als Diebin in London lebt, und dann von Sir Francis selbst zur Spionin ausgebildet wird. Wir erleben ein junges Mädchen, das lernen muss sich zu behaupten und so manch gefährliches Abenteuer bestehen muss. Sie muss lernen, das eine Spionin niemandem trauen darf. Denn Spione leben einsam.
Gemeinsam mit Alyson erleben wir ihre Ausbildungszeit zur Spionin und dann ihren ersten großen Auftrag, der uns an den Hof der Königin Elizabeth I. führt. Die Eindrücke die Corina Bomann hier schildert sind so glaubwürdig gelungen, dass ich das Geschnatter der Hofdamen deutlich hören konnte. Ich konnte Alyson quasi durch die Flure des Schlosses schleichen sehen.
Auch im weiteren Verlauf  verliert die Geschichte nichts von ihrer  Spannung.
Alysons nächster großer Auftrag führt sie zur Hinrichtung von Maria Stuart. Und dann weiter nach Spanien und immer wieder begegnen uns Geschichtlich Reale Personen, wie z.B Sir Francis Drake und Maria Stuart um nur einig zu nennen. Auch hier ist es der Autorin gelungen die Geschichte authentisch zu vermitteln.
Immer wieder konnte ich die Protagonisten in ihren verschieden Rollen deutlich vor mir sehen und sie begleiten. Bei mir hatte das Kopfkino gut funktioniert.
Ich jedenfalls hatte sehr unterhaltsame Lesestunden und wandelte eine kleine Weile auf den Spuren einer Spionin.
Corina Bomann hat sich auch noch ein kleines Hintertürchen offen gelassen, so dass wir hoffen können der Spionin Alyson irgendwann einmal wieder zu begegnen.


Leider fehlt ein ausführliches Nachwort und es wurde nicht darauf eingegangen was der Wahrheit entspricht und was nur Fiktion ist. Eine Karte zur Orientierung ist leider auch nicht vorhanden.
Deshalb auch nur [note2+]