Julie Cohen - Das geheime Glück

Begonnen von Sagota, 24. Februar 2019, 17:39:26

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Sagota

"Das geheime Glück" von Julie Cohen erschien 2018 (TB, broschiert) im Diana-Verlag und überzeugt nicht nur durch das wirklich farblich sowohl symbolisch zauberhafte Cover, sondern auch durch den Romaninhalt - und den Schreibstil der Autorin, der sehr authentisch, klar, emotional und in diesem Falle außergewöhnlich zu nennen ist.


Die beiden Hauptprotagonisten, die man kennenlernt (und dies im Verlauf der Geschichte sehr gut!) sind Robert (Robbie) Brandon und Emily Greaves, die erstmals in einem englischen Bahnhof aufeinandertreffen, als Emily ihre jüngere Schwester Paulina (Polly) vom Bahnhof abholen will... Beide erstarren und treffen sich wieder, da etwas "Besonderes" zwischen ihnen war. Hier nimmt die Geschichte ihren Verlauf, der sich über 5 Jahrzehnte erstreckt...

Robbie, ein Schiffsbauer und passionierter Segler ist am Anfang dieses Romans bereits so lange mit Emily zusammen, dass es oftmals keiner Worte mehr bedarf. Emily ist Ärztin für Geburtshilfe und arbeitet für eine Weile in Bolivien, wo sie in ihrem Fachgebiet betroffenen und mittellosen Frauen helfen kann. Die beiden verstehen sich blendend - und lieben sich zeitlebens sehr. Bis sich eines Tages alles ändert: Bei Robbie setzen Gedächtnislücken ein, die unübersehbar sind und die ihn sehr belasten: Beide hüten seit Jahrzehnten ein Geheimnis aus der Vergangenheit....

Meine Meinung:

Der sehr berührend und emotional, jedoch auch auf mich meist sehr authentisch wirkende Roman von Julie Cohen zieht den Leser bereits auf den ersten Seiten in seinen Bann: Das Geheimnis von Robbie und Emily will gelüftet werden und die Autorin hat sich in diesem Fall dafür entschieden, die Beziehung zwischen ihnen (wie auch den Reaktionen der Familie Emily's, die nicht sehr positiv war) rückwärts zu erzählen. So hat die Story eine Entwicklung, die uns in 5 Romanteilen an verschiedene Orte (Bundesstaat Maine, USA, Clyde Bay, Miami (Florida) und Cambridge (England) führt, eine unglaubliche Dramatik und Spannung inne, je weiter man zurückgeführt wird. William und Adam spielen bei diesen "Ortswechseln" auch eine Rolle und es gibt einen verdienten Seitenhieb auf kriminelle Machenschaften diverser Menschen und Organisationen, was Adoptionsmöglichkeiten betrifft; dies macht betroffen und sprachlos, da auch hier in gewisser Weise mit Menschen gehandelt wird. Man lernt auch den Jugendfreund und Kommilitonen Christopher kennen, den die Eltern von Emily sehr schätzen, da er wie Emily's Vater dem ehrbaren Beruf eines Chirurgen nachgeht.

Doch neben Robbie wirkt Christopher eher langweilig und blass; Robbie hingegen war mir noch eine Spur sympathischer als Emily, da er stets zu seinen Gefühlen steht, ehrlich ist, forsch und direkt ist, was auch in seiner Liebe zum Meer, zum Segeln und zur Freiheit zum Ausdruck kommt.

Selten habe ich in einem Liebesroman mehr Tiefe gefunden, die die starke und unbezwingbare Verbindung, die man auch Liebe nennt, zwischen zwei Menschen so treffend zu beschreiben verstand. Die ungewöhnliche, besondere Struktur des Schreibens mit der rückwärts erfolgenden Erzählweise haben mich ebenfalls beeindruckt und steigerten natürlich sehr die Spannung. Berührend fand ich die Beschreibung der magischen Anziehungskräfte eines Menschen, dem man sich verbunden fühlt - und der man sich in der Tat zuweilen nicht zu entziehen vermag: Dies ist die Basis, auf dem diese Geschichte, die teils romantisch ist, aber in der auch Bitterkeit nicht fehlt, beruht.

Das Geheimnis klärt sich zum Romanende hin - und wirft in jedem Leser Fragen auf. Sollten eigene und gesellschaftliche Moralvorstellungen nicht überdacht werden? Mir ging es jedenfalls so - und danke Julie Cohen für diese außergewöhnliche und großartige Geschichte zwischen Robbie und Emily: Beide haben einen Platz in dem Bereich meines Herzens gefunden, der für gute Literatur zuständig ist - und die Erinnerung an Robbie und Emily stets wachhält.

Fazit:

Ein ungewöhnlicher Liebesroman, dem es an Tiefe und Spannung nicht fehlt und der am Ende durchaus aufwühlt: Sind die Werte der Gesellschaft unumstößlich und immer richtig? Mir hat der Roman sehr gut gefallen, zumal er wundervoll und authentisch geschrieben wurde, die Figuren lebendig waren und der Stil der Rückwärtserzählung hier sehr passend war! 4*

Inge78

ZitatEs ist ein Morgen wie jeder andere, als Robbie neben seiner schlafenden Frau Emily erwacht. Wie immer steht er vor ihr auf und kocht Kaffee. Doch an diesem Morgen schreibt er einen Brief und tut damit etwas, was Emily das Herz brechen wird. Robbie weiß: Er muss diesen Preis bezahlen, um ihre Liebe zu schützen. Denn niemand darf erfahren, welches Geheimnis Emily und er seit fünf Jahrzehnten hüten ...

Ich bin schon bei der Kategorie, in die ich dieses Buch einordne, hin-und hergerissen. Aber ich denke, es passt unter Liebesromane, denn es geht im Grunde um die Liebe von Emily und Robbie.
Aber es gibt noch einige andere, recht kontroverse Themen, über die man sehr geteilter Meinung sein kann.

Die Geschichte wird rückwärts gezählt, was wirklich spannend ist. So bekommen wir nach und nach Details angeboten, die sich immer mehr verdichten. Und es gibt nicht nur ein Geheimnis in der Vergangenheit von Emily und Robbie, die Beiden hatten kein einfaches Leben.
Ich habe das Buch in einer Leserunde gelesen und wir haben da doch recht viel drüber diskutiert, was richtig und was falsch ist.
Gerade diese Überlegungen bzgl moralischer Bedenken machen einen Großteil des Buches aus.
Und eben die Art und Weise, wie das Buch geschrieben ist, die Zeitsprünge rückwärts, das hat die Autorin genial gelöst.

Ich stimme nicht mit allen Überlegungen und Entscheidungen überein, die die Beiden treffen aber das Buch liest sich toll und regt zum Nachdenken an
Eine Passagen waren etwas kitschig und ein bisschen drüber, da konnte ich aber mehr und mehr drüber hinwegsehen

[note2-]
Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore

Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
(aus "ES" von Stephen King)

Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf

Kathrin

Ich habe die beiden Threads zu dem Buch mal zusammengeführt und kann jetzt - nachdem ich das Buch heute Morgen beendet habe nun auch meine Meinung dazu schreiben (wird etwas länger, ist gerade halt noch sehr präsent)

Auf das Buch ,,Das geheime Glück" von Julie Cohen war ich mehr als gespannt, zum einem weil es mir mehrfach ans Herz gelegt wurde, zum anderen aber auch, weil die Liebesgeschichte von Robbie und Emily rückwärts erzählt wird. Wir beginnen also an einem Punkt in ihrer Geschichte, als Emily und Robbie schon älter sind und Robbie durch eine beginnende Demenz droht, ein langgehütetes Geheimnis zu verraten. Wir gehen dann im weiteren Verlauf in einigen Zeitsprüngen rückwärts durch ihre gemeinsames Leben bis hin zu dem Punkt, an dem sie sich kennenlernen. Dadurch wird große Spannung aufgebaut, da man Andeutungen und so manche Reaktion diverser Nebenfiguren nicht immer verstehen kann und erst zum Schluss das große Geheimnis gelüftet wird.


Leider war der Spätsommer und Herbst für mich lesetechnisch nicht gerade erfolgreich verlaufen. Ich habe wenig gelesen (privat und beruflich bedingt) und die Bücher, zu denen ich gegriffen habe, waren zum größten Teil nicht wirklich packend und enttäuschend. Deshalb war ich mir auch nicht sicher, ob eine Liebesgeschichte (bei meiner ,,Vorliebe" für Liebesgeschichten) jetzt das richtige für mich war, aber das Cover hat mir so unfassbar gut gefallen und die Idee war so toll – deshalb habe ich einfach angefangen.

Und was soll ich sagen, ich war sofort drin in dem Buch, ich habe Robbie und Emily in ihrem Alter direkt gefühlt, ich war so nah an ihnen dran und habe Robbie beim Aufstehen und Frühstück machen beobachtet, wie er sich um die Hunde kümmert und dann ... den Freitod wählt. Und die Nähe blieb auch lange Zeit erhalten, allerdings nicht bis zum Schluss. Je näher wir dem Zeitpunkt ihres Kennenlernens kommen, desto mehr haben mich Emily und Robbie und ihre Geschichte verloren. Sie waren mir zwar nie unsympathisch, aber so wirklich mit ihnen mitgefühlt habe ich nicht. Ich wurde zusehends emotionsloser. Tatsächlich war mir das Kennenlernen und die erste Verliebtheit sogar zu lang erzählt worden. Da wurde in meinen Augen an den falschen Punkten zu viel und zu lang erzählt. Mit dem Ende und dem Geheimnis, das hinter der Geschichte steht, habe ich kein Problem, ich wäre zwar nie auf diese Lösung gekommen, aber letztlich macht es nur so Sinn. Und trotzdem fühlte ich am Ende einen fahlen Beigeschmack zu der Geschichte.

Vielleicht wäre es anders gewesen, wenn ich das Buch nicht für einige Tage zur Seite gelegt hätte, wenn ich mich zum Weiterlesen hätte aufraffen können, aber die lange Pause hat mir und dem Buch nicht gut getan.

Grundsätzlich wirkten die meisten Figuren in diesem Roman sehr echt, ein Vierzehnjähriger benimmt sich seinem Alter entsprechend und einen Alkoholiker beim Trinken zu beobachten fühlt sich als Leser nicht gut an. Aber manche Reaktionen – gerade von Nebenfiguren – kann ich nach wie vor nicht nachvollziehen.

Auch die Tatsache, dass verhältnismäßig viele Themen aufgemacht werden, finde ich schwierig, denn auch wenn ich das Geheimnis natürlich kennen wollte, hatte ich auch oft das Gefühl, dass ich in manche Themen und Szenen gerne tiefer eingedrungen wäre und lieber im jeweiligen Augenblick geblieben wäre.

Gut fand ich den leicht und schnell zu lesenden Schreibstil, der trotz Liebesgeschichte in meinen Augen kitschfrei war und auch nochmal das Ende mit dem Postskriptum, als wir in die Gegenwart zu Emily als alte Frau zurückspringen.

,,Das geheime Glück" hat als sehr gutes Buch begonnen, und ich wollte es auch wirklich weiter lieben, aber so richtig glücklich bin ich mit dem Buch dann doch nicht geworden.

Bewertung
 :Box1:  :Box1:  :Box1:  :Box_grau1:  :Box_grau1:
Rock the Night!

Inge78

Ich habe das Buch noch so richtig gut im Gedächtnis und ich glaube, das ist ein Ende, das ich nie vergessen werde.
Im Nachhinein bin ich jetzt überrascht, dass ich nur eine 2- gegeben habe, ich würde da jetzt locker eine glatte 2 geben.
Aber ja, ein gewisser Kitsch ist nicht abzusprechen und ich verstehe auch Kathrins Kritik, dass ziemlich viele Themen aufgemacht werden.

Aber mich hat das Buch so überrascht und mich haben Emily und Robbie gerade als altes Ehepaar so überzeugt, das habe ich sehr geliebt
Und ich erinnere mich an mehrere hitzige Diskussionen zum Buch und wahrscheinlich ist es mir deswegen auch im Gedächtnis
Frag mal Carmen, die hat es abgebrochen weil ihr schon der Anfang zu kitschig war
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Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
(aus "ES" von Stephen King)

Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf

Kathrin

Den Anfang fand ich total toll! Mich verlor es ja eher, je jünger sie wurden.
Rock the Night!

mowala

Wie gut, dass ihr gerade mnoch was geschrieben habt, ich wollte doch auch noch meine meinung Kund tun
:->
Aber bis ich soweit bin, gibt es gar nicht mehr viel zu sagen.
Mir ging es wie euch. Den Anfang fand ich berührend und das Buch hat mich sofort eingefangen.
Die Technik des Rückwärtserzählens hat die Geschichte für mich spannend gemacht, leider ging das auch bei mir ewas verloren, je weiter in die Vergangenheit erzählt wurde.
Ich mochte Emily und Robbie sehr gern, wobei mir Robbie in seinen jungen Jahren mit seiner unbekümmerten Art manchmal fast zu leichtfertig war.

Das Geheimnid hat mich dann überrascht, dachte ich doch eine Zeit lang, es ginge um Adams Herkunft.

Im Großen und Ganzen ist es für mich eine schöne Liebesgeschichte, die durch den Aufbau des Romans eine besondere Dynamik hat, die nur zwischenzeitlich etwas an Schwung verliert.

Note 2


Das Leben ist zu kurz für später

Inge78

ZitatDas Geheimnid hat mich dann überrascht, dachte ich doch eine Zeit lang, es ginge um Adams Herkunft.

Ja, das Geheimnis ist wirklich überraschend und das ist auch sowas was ich nie vergessen werde, auch wenn ich echt gut bin in vergessen von Buchenden
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