Christian Berkel - Ada

Begonnen von Inge78, 16. Oktober 2020, 13:48:34

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Inge78

          Mit "Ada" präsentiert uns Schauspieler Christian Berkel seinen zweiten Roman, der auch wieder autobiographische Züge aufweist. Haben wir Leser in " Der Apfelbaum" die Geschichte seiner Eltern miterleben dürfen, so erzählt uns Berkel nun das Leben der fiktiven Tochter Salas und Ottos. Für eine Lektüre von Ada muss man vielleicht nicht unbedingt den "Apfelbaum" kennen, es könnte aber für einige Bezüge sinnvoll sein.
Ada wird 1945 geboren, ihre Mutter Sala ist als Halbjüdin während des 2.Weltkrieges nach Argentinien geflohen und kehrt nach 10 Jahren zurück nach Deutschland. Ada fühlt sich zerrissen zwischen den beiden Ländern, fühlte sich in Argentinien nie zu Hause, kann aber auch in Deutschland keine Heimat finden. Auch in ihrem Glauben wird sie hin und hergezerrt zwischen Judentum und Christentum und kann Beides nicht richtig verstehen oder annehmen. Auch wenn der Vater zurückkehrt zu ihnen, findet sich nie ein richtig enges Familienverhältnis. Erst der Zweitgeborene wird der "Star " der Familie und Ada gerät ins Abseits,fühlt sich abgeschoben, als sie ins Internet gehen soll. Gefühlt irrt sie durch ihr Leben, sucht Antworten und findet doch nur Fragen und Schweigen. Wir erleben Adas Leben durch ihre eigenen Erzählungen, das Buch ist in ICH-Perspektive geschrieben. Dadurch ist man sehr nahe dran an Ada und ich habe viel mit ihr erlebt, die 68er Bewegung, Woodstock, den Mauerbau, den Mauerfall. Das war interessant und auch lehrreich. Ein lebendiges Stück Geschichte.
Ada wird depressiv und leider zieht sich diese depressive Grundstimmung durch das Buch, was es mir teilweise schwer gemacht hat, das Buch zu lesen. Ich mag Christian Berkel Erzählsprache grundsätzlich schon. Und ich verstehe auch, dass er in diesem Buch die Sprachlosigkeit einer Generation deutlich machen wollte, in der niemand über die Vergangenheit reden wollte. Aber mir war hier Einiges zu schnörkellos abgearbeitet. Mir fehlten dann doch ein paar Tiefen, ein paar Erklärungen und nicht zuletzt ein paar Jahre der erwachsenen Ada. So konnte ich nie warm mit ihr als Charakter werden.
Ein gutes Buch über ein spannendes Kapitel deutscher Geschichte, eine Charakterstudie eine Familie, die zerrissen wurde durch den 2.Weltkrieg.
       
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Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore

Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
(aus "ES" von Stephen King)

Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf