Mareike Fallwickl - Und alle so still

Begonnen von Esmeralda, 05. August 2024, 09:08:34

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Esmeralda

ZitatEin großer feministischer Gesellschaftsroman über Widerspruchsgeist und Solidarität

An einem Sonntag im Juni gerät die Welt aus dem Takt: Frauen liegen auf der Straße. Reglos, in stillem Protest. Hier kreuzen sich die Wege von Elin, Nuri und Ruth. Elin, Anfang zwanzig, eine erfolgreiche Influencerin, der etwas zugestoßen ist, von dem sie nicht weiß, ob es Gewalt war. Nuri, neunzehn Jahre, der die Schule abgebrochen hat und versucht, sich als Fahrradkurier, Bettenschubser und Barkeeper über Wasser zu halten. Ruth, Mitte fünfzig, die als Pflegefachkraft im Krankenhaus arbeitet und deren Pflichtgefühl unerschöpflich scheint.

Es ist der Beginn einer Revolte, bei der Frauen nicht mehr das tun, was sie immer getan haben. Plötzlich steht alles infrage, worauf unser System fußt. Ergreifen Elin, Nuri und Ruth die Chance auf Veränderung?

Mein Leseeindruck:
Mit "Und alle so still" hat Mareike Fallwickl einen gesellschaftskritischen, feministischen und zeitgenössischen Roman geschrieben, der unter die Haut geht und zum Nachdenken anregt.

Kernthema: Was passiert, wenn auf einmal alle Frauen einfach streiken - weder ihrer Care-Arbeit, noch ihrer regulären und zumeist schlecht bezahlter Arbeit nachkommen - und sich hinlegen – ganz leise, ohne großen Aufstand und ohne Gewalt?
Genau dieser Frage ist die Autorin in ihrem aktuellen Roman nachgegangen.
Dabei erzählt sie die Geschichte abwechselnd aus der Sicht von Elin (einer Influencerin, mit der ich einfach nicht warm geworden bin), Nuri (Sohn einer sri-lankischen Mutter und einem deutschen Vater, der in einer sehr prekären Lebenssituation steckt) und Ruth (einer bis ans Limit aufopferungsvollen Krankenschwester).

Sehr authentisch weist die Autorin auf die wichtige Schwachstelle in unserem aktuellen System in der Pflege und dem restlichen sozialen Bereich hin: damit das System aufrechterhalten bleibt, wird gespart und auf den Rücken der vorrangig weiblichen Mitarbeitenden dennoch die Arbeitslast erhöht.

[note 2+]
Life is too short to read bad books. 

SilkeS.

#1
Wir haben das Buch ja im Lesekreis gelesen und hatten gestern abend besprochen.

Es war für mich das erste Buch der Autorin.
Ein gutes Buch, guter Schreibstil und wichtiges Thema, dieses auch sicherlich gut recherchiert ABER ich fand es unterm Strich einfach echt zu konstruiert um die schon sehr spannende Frage:
Was wäre wenn?

Ich setze mal in Spoiler zur Sicherheit: 

Spoiler
Thema Krankenschwestern: Es gibt auch noch einige männliche Personen im Medizinischenbereich. Habe z.B. im direkten Verwandtschaftkreis Ärzte und Krankenpfleger  mehr als in weibliche. Demnach bricht kein Krankhaussystem zusammen, weil die weiblichen Kräfte ausfallen. Es ist ja schon eh meist durch zu wenige Kräfte eh kurz vor Kollaps, aber es wären noch ein  paar Leute da, die arbeiten, und nicht wie in dem Fall nur Ruth, ein Arzt und 2-3 andere Menschen... 


Nuri als Person: Ich stehe auf dem Standpunkt, dass er als Schulabbrecher sich selbst in seine Lage gebracht hat und somit nur bedingt ein Recht hat auf das System dem er ausgeliefert ist zu schimpfen.
Er könnte z.B. nun über zweiten Bildungsweg noch Schulabschluss nachholen und eine Ausbildung beginnen und dann einen Beruf ergreifen, von dem er sich selbst finanzieren kann.
Ich rechne ihm aber hoch an, dass er sich nicht einfach auf die Straße sitzt und bettelt, sondern alles an Jobs annimmt was er bekommen kann und sich für nichts zu schade ist.
Hier habe ich gestern echt ziemlich Shitstorm bekommen, denn eine LEhrerin erzählt, dass genau solche Personen wie Nuri momentan nicht grad selten seien und es läge eben, wie bei Nuri sehr am Elternhaus. Würde er da nicht betreuut und aufgefangen, käme dann eben das Teeanageralter und der REbell und dann diese "Null Bock auf Schule-haltung" und oder eben die Fallen so lange durch, bis sie eben ohne Schulabschluß gehen müssen.
Auch hier habe ich auch im direkten Verwandtschaftskreis jemandnen, die den Schulabschluß ersta auf den 2. Anlauf nachgeholt hat und nun auf 520  € und Bürgergeld lebt. Sie ist echt ziemlich allein für ihre Situation verantworlich, denn ich denke auch dass neben dem Elternhaus, evtl. Großeltern und Freunde Einfluß nehmen können und evtl. unterstützen können.
Eine andere aus dem Kreis hat nämlich genau das erzählt. Ihre Tochter hat jemanden aus der Klasse untestrützt, immer wieder Teamarbeit gemacht, nachmittags zu HAuse mit ihr Hausaufgaben gemacht, der KLassenkamerad war viel bei den zu Hause etc... Er hat es die Chance trotzdem nicht nutzen können. Es muß halt jeder auch für sich selbst etwas den Ehrgeiz entwickeln.
Klar Nachhilfe kostet wieder Geld, was nicht jeder hat, aber auch sozialbenachteiligte  haben ja auch hier finanzielle Vorteile und könnte da so weit ich weiß Unterstützung bekommen. Und selbst wenn, ich hatte damals auch NAchhilfe bei einer Freundin...  :nixweiss1:  Wenn der Wille da ist, findet sich auch ein Weg.
Ich sehe auch, dass wenn die Eltern wenig Interesse dem Kind gegenüber bringen, wie z.B. Nuris Eltern:
Vater nie da, Mutter ist alleine, weil sie vermutlich als "Ausländerin" )( kommt ja aus SriLanka) nicht wirklich angekommen ist und sich einfach in ihr Rolle fügt) ebenso schwierig ist, wie Eltern die sehr hohen ERwartungsdruck haben, wie es bei mir war oder bei meiner Schwester. Sie hat den Druck aus Ihrer Kindheit an ihre Kinder weitergegeben. Ist unterschiedlich gut aufgenommen worden  :dong:


Generell fand ich die Frage eben auch spannend:
Diese Fahrradkuriere, werden ausnutzt, keine Frage: Aber ist es besser solche Dienste dann nicht mehr in Anspruch zu nehmnen? Dann haben Nuri und Co nichts zu tun.  Wenn man sie aber in Anspruch nimmt, unterstützt man das System und da hilft es auch ncihts, wie eine andere aus der Runde sagte: ein RIEßEN Trinkgeld geben...


Auch die Geschichte um die Frauen, dass mit einer die protestiert und sich auflehnet schnell eine Ansammlung werden kann, haben wir schon durch Greta Thunberg gesehen, aber mir war das mit den Frauen alles zu harmonisch, es ging zu glatt, es haben sich die Männer aufgelehnt, die ihr Haus von den Fauen besetzt gesehen haben, und später der vAter. Aber es gab zu wenig Menschenn/Männer die sich über die Haltung der Frauen aufgeregt haben, zu wenig "kritische" Stimmen.
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So, ich wollte meine Eindrücke noch schreiben solange sie frisch sind.



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Inge78

"Wenn die Welt kippt, auf welcher Seite willst Du dann stehen?"

Die Frauen beginnen, zu revoltieren. Sie legen ihre Arbeit nieder, und ihre Körper. Weigern sich, aufzustehen, zu funktionieren. Wie soll es weitergehen?

Die Geschichte wird anhand von 3 Charakteren erzählt, der Influencerin Elin, dem Schulabbrecher Nuri und der Krankenschwester Ruth. Drei völlig verschiedene Leben, drei völlig verschiedene Meinungen. Durch die Drei kommt Vielfalt ins Buch, man bekommt viele verschiedene Sichtweise dargestellt.
Das Szenario, was die Autorin aufstellt ist sicherlich extrem und bewusst provozierend gewählt. Aber man kommt als Leser ans Denken und das ist sicherlich der wichtigste Grund, dieses Buch zu lesen. Wahrscheinlich ist nicht alles realistisch, wobei ich denke, dass viele Lebenswahrheiten schon der  Realität entsprechen.
Ich finde es gut und passend, dass es mit Nuri auch eine männliche Hauptperson gibt wobei auch er natürlich in einer Situation ist, die nicht alltäglich ist. Ich hätte da noch gerne mehr männliche Meinungen im Buch gelesen.

Spannend sind auch zwei "Nebencharaktere", die zu Wort kommen, die eigene Kapitel haben, eine Pistole und eine Gebärmutter. Ein wirklich interessantes Stilmittel, das den Spannungsbogen aufrecht erhält.

Insgesamt lässt sich das Buch super rutschig lesen, ich fand es durchweg spannend und das Ende habe ich so nicht kommen sehen. Lange nicht alle Fragen werden am Ende beantwortet, aber dafür sind diese Fragen auch zu gesellschaftskritisch um einfach gelöst zu werden.

Ein Buch über Equal Care, über Gleichberechtigung, über Schwachstellen in der Pflege. Ein hochaktuelles Buch. Vielleicht etwas überzogen dargestellt aber dadurch umso schmerzhafter.

Note 2
Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore

Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
(aus "ES" von Stephen King)

Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf