Die Geschichte des verlorenen Kindes - Elena Ferrante (Neap. Saga 04)

Begonnen von Kathrin, 27. Juli 2025, 18:41:44

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Kathrin

Die Geschichte des verlorenen Kindes von Elena Ferrante

Herausgeber: Suhrkamp Verlag
Seitenzahl der Print-Ausgabe: 614 Seiten
ISBN-10: 3518425765

Inahlt:
ZitatElena ist schließlich doch nach Neapel zurückgekehrt, aus Liebe. Die beste Entscheidung ihres ganzen Lebens, glaubt sie, doch als sich ihr nach und nach die ganze Wahrheit über den geliebten Mann offenbart, fällt sie ins Bodenlose. Lila, die ihren Schicksalsort nie verlassen hat, ist eine erfolgreiche Unternehmerin geworden, aber dieser Erfolg kommt sie teuer zu stehen. Denn sie gerät zusehends in die grausame, chauvinistische Welt des verbrecherischen Neapels, eine Welt, die sie Zeit ihres Lebens verabscheut und bekämpft hat.

Bei allen Verwerfungen und Rivalitäten, die ihre lange gemeinsamen Geschichte prägen – Lila und Elena halten einander die Treue, und fast scheint das Glück eine späte Möglichkeit. Aber beide haben sie übersehen, dass ihre hartnäckigsten Verehrer im Lauf der Jahre zu erbitterten Feinden geworden sind.

Meine Meinung:
,,Die Geschichte des verlorenen Kindes" ist der vierte Teil der neapolitanischen Saga von Elena Ferrante und meine Meinung zu diesem Teil ist auch gleichzeitig meine Meinung zur gesamten Saga. Alles in allem muss ich leider sagen, dass mich diese Saga nicht ganz überzeugen konnte. Ich kam zwar auch nicht von ihr los und wollte die ganze Geschichte von Lila und Elena komplett kennen, aber ... hmmm, ich hatte mir mehr erhofft.

Nachdem mich vor allem das Ende des ersten Bands echt in seinen Bann gezogen hat, war für mich klar, dass ich die Reihe als Hardcover haben musste. Und ich bereue den Kauf der vier Hardcover auch nicht, denn es sind nicht nur äußerlich echte Schmuckstücke für das Bücherregal. Auch im Innern hat sich der Suhrkamp-Verlag mit Personenregister, Lesezeichen und Postkarte zum jeweiligen Band nicht lumpen lassen. Insbesondere das Personenregister inkl. der Schilderung der wichtigsten Ereignisse aus den vorherigen Bänden hat mir gute Dienste geleistet, gerade auch jetzt beim abschließenden Band, da doch einige Zeit zwischen Band 3 und Band 4 verstrichen war.

Die Saga erzählt die Geschichte der Freundschaft zwischen Elena und Lila. Aber wenn ich jemanden von den Büchern erzählen würde und vielleicht sogar als Lektüre empfehlen würden, würde ich definitiv betonen, dass es eine toxische Freundschaft ist. Genau das hat mir gut gefallen und genau so war es von der Autorin beabsichtigt. Vor allem dieses Toxische an der Freundschaft, die immerwährende Eifersucht auf beiden Seiten, die Rivalität, das Sich-miteinander-Messen und Vergleichen, die Dynamik zwischen den Mädchen und später den Frauen, fand ich spannend. Ich habe sie gerne in ihrer Entwicklung beobachtet von den kleinen Mädchen, die im Hinterhof des Wohnblocks mit ihren Puppen spielen bis hin zur älteren Frau und Mutter. Im Prinzip haben beide zu Beginn der Saga die gleichen Voraussetzungen. Sie kommen aus einem eher ärmlichen Viertel in Neapel, dem Rione, beide sind intelligent und gut in der Schule, wobei der einen das Wissen eher zufliegt, die andere hingegen für den schulischen Erfolg mehr tun muss. Doch als sich ihnen eine Chance auf eine bessere Bildung bietet und nur Elena diese ergreifen kann und Lila nicht, driften die Mädchen in ihrer Entwicklung und in ihrem Leben auseinander. Die Verbindung reißt zwar nie ganz ab, aber aufgrund der unterschiedlichen Erfahrungen und unterschiedlichen Lebenswege, ist es eigentlich nur natürlich, dass die Verbindung nicht mehr so eng ist, wie in der Kindheit und frühen Jugend. So oft ich von beiden auch genervt oder mit ihrem Handeln oder ihrer Meinung nicht einverstanden war, hat mich doch vor allem Lila schwer beeindruckt, die viel erreicht hat, trotz der schwierigeren Voraussetzungen. Etwas näher (wenn auch nicht wirklich sehr nah) war ich wohl an Elena dran, aber auch ihr konnte ich mich herrlich reiben, wie auch an Lila. An irgendeiner Stelle in der Saga wird sinngemäß gesagt, dass Lila Elenas Leben belagert. Elena lässt sich aber auch belagern und somit ist die Saga in doppelter Hinsicht eine Geschichte der Emanzipation – der Emanzipation der Frauen der 50er/ 60er Jahre (in Italien) an sich, aber auch die Geschichte des Sich-von-Lila-Freischwimmens von Elena.

Neben Elena und Lila verfolgen wir auch den Lebensweg von weiteren jungen Leuten im Rione, Freunde und Nachbarn, mit denen die Mädchen aufgewachsen sind. Mir persönlich gab es jedoch zu viele zwischenmenschliche Verwicklungen in diesem einen ,,Freundes"kreis, dass es am Ende zu einem kaum zu entwirrenden Beziehungsgeflecht wurde. Mich hätte der politische und gesellschaftliche Hintergrund von Italien mehr interessiert als das ,,wer mit wem und warum?" Natürlich mag ich es, Figuren in ihrer Entwicklung zu beobachten, aber ich finde es eben auch spannend, ein Land in seiner Entwicklung zu beobachten, was sich in dem Land tun, wie die Stimmung ist, welche Aufstände es vielleicht gibt. Das wird hier zwar vor allem durch die anderen jungen Leute des Viertels (vor allem Pas    quale) angedeutet, aber mir persönlich war das zu wenig. Auch wenn mir bewusst ist, dass es den Rahmen gesprengt hätte und ich eigentlich sowieso schon finde, dass die Saga auch gut hätte gekürzt werden können. Vier Bände zwischen 480 und 620 Seiten, da muss man sich schon zu aufraffen, vor allem weil es immer wieder Längen in der Geschichte gab und ich mich mitunter zum Weiterlesen richtig gehend aufraffen musste. Es gibt zwar immer wieder ganz wunderbare, packende, spannende Passagen, mit denen mich die Autorin voll und ganz in ihre Geschichte reinzieht, aber sie zeigt ihr Erzähltalent in meinen Augen wirklich zu selten. Außerdem ist mir die Geschichte zu sehr aus der Retrospektive durch Elena erzählt, die ihre besondere Beziehung zu Lila als ältere Frau Revue passieren lässt. Dadurch bin ich  zu wenig im Geschehen drin und an den Figuren dran. Mir fehlt das italienische Temperament, sowohl bei den Figuren in Unterhaltungen, Diskussionen, Streitereien, wie auch im Erzählton der Autorin. Vielleicht hätte ich sogar einen dicken Schicken mit 1200-1400 Seiten bevorzugt und diesen dann lieber in einem Rutsch gelesen.

 :Box1:  :Box1:  :Box1:  :Box_halbgrau1:  :Box_grau1:
Rock the Night!

Inge78

Mich hat die Geschichte irgendwie in Band 2 schon verloren :nixweiss1:
Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore

Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
(aus "ES" von Stephen King)

Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf

Kathrin

Hattest Du das noch gelesen? Irgendwie habe ich die ganze Zeit im Hinterkopf gedacht, dass Du bislang erst Band 1 gelesen hast. Ich fand das Ende von Band 1 so gut, dass ich relativ schnell weiterlesen musste. Aber alles in allem hat es sich dann echt gezogen
Rock the Night!

Inge78

Doch, Band 2 habe ich noch gelesen, bei Goodreads habe ich geschrieben:

ZitatDer fast durchgehend negative Grundton hat mir leider gar nicht gefallen, es war schon wirklich deprimierend und auch wenn Elena als Ich Erzählerin mal was Gutes erlebt macht sie das direkt selbst schlecht. Bin gerade unentschlossen ob ich weiter lesen will.
Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore

Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
(aus "ES" von Stephen King)

Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf

Kathrin

Rock the Night!